Uncharted 3: Drake's Deception
Karten sind überbewertet
Zusammen mit der Tatsache, dass die Wüste bestätigterweise nicht der einzige Schauplatz sein wird, durch den sich die Weltenbummler Drake und Sully schießen werden, ist es auf Grundlage dieser Indizien durchaus denkbar, dass Drake auch einen Abstecher nach England wagen könnte. Über die unter einem Pass liegenden britischen Pfund-Noten am linken Tischrand und die kaum noch zu entziffernde Londoner Telefonnummer, die an einer Stelle im Teaser aufs Papier gekritzelt stand, haben wir dabei noch gar nicht gesprochen. Und T. E. Lawrences durch den Teaser so mystifizierter Tod ereignete sich nirgends anders als in dessen Heimat England.
Von einem Spiel, dessen größte Stärken sein Gespür für Tempo und Erzählweise sowie die Komposition seiner actionreichen Szenenbilder ist, sollte man im dritten Anlauf sicherlich keine großen Innovationen erwarten. Dennoch erweitert Naughty Dog Uncharted 3 in einigen Bereichen ein wenig. Die Verbesserungen drehen sich natürlich hauptsächlich um Drake selbst. Neue Klettermoves, etwa ein Assassin's-Creed-artiger Satz, um nun auch an Überhängen Halt zu finden, und zusätzliche Positionen, aus denen Drake das Feuer eröffnen kann - etwa auf einem Balken stehend - sollen den Ablauf organischer und krampfloser gestalten.
Die neuen, kontextabhängige Moves klingen in den Ohren vieler zunächst nach QTE- oder Script-Sequenzen, stellen sich dann aber als Mittel heraus, den Spieler in speziellen Situationen natürlicher reagieren zu lassen. An einer Stelle im brennenden französischen Chateau - das einzige Szenario, das neben der Rub al-Chali bisher bestätigt wurde - sehen wir, wie Drake sich von einem Balkon herab auf einen Gegner wirft und ihn dabei schlafen legt.
Andernorts nutzt Drake in einem Faustkampf eine herumstehende Glasflasche kurzerhand als Waffe. Als ihn dagegen ein Feind von hinten packt, tritt er nach vorne in Richtung des zweiten Gegners aus. Mit diesen Mitteln will Naughty Dog dem Spieler mehr und bessere klassische Faustkämpfe liefern, die durch die situationsbezogenen Aktionen bestes Indiana-Jones-Feeling versprühen könnten. Schön auch, dass so nebenbei auch der Bodycount unter Umständen etwas niedriger ausfallen könnte - die eiskalte Killer-Mentalität, die das Duck-and-Shoot-Gameplay beinahe zwangsläufig mit sich bringt, ist das Einzige, was in meinen Augen nicht so recht zum Bild vom smarten Abenteurer passen will.
Interaktionen mit physikalisch korrekt belebten Objekten, wie zum Beispiel als Plattform missbrauchte Kronleuchter, die durch Drakes Gewicht authentisch ins Schwingen geraten, und zur Situation passende Animationen tun ihr Übriges, um den Titel in Sachen kinoreifer Präsentation noch ein Stückchen näher an die Leinwand-Vorbilder heranzurücken. Drake duckt sich in den lodernden Flammen des vergehenden Chateaus unter der Hitze hinweg, hebt die Arme, um sein Gesicht abzuschirmen und reagiert allgemein ganz realistisch und analog auf veränderte Situationen.
Technisch muss man sich natürlich keine Sorgen um das neue Uncharted machen. Das ahnt man zum einen schon aus Erfahrung mit den beiden Vorgänger-Titeln. Wer allerdings befürchtet, dem Entwickler könnte keinerlei optische Steigerung mehr im Vergleich zum blendend aussehenden zweiten Teil gelingen, den verweise ich vertrauensvoll auf einen Tweet von Naughty Dog: "Ja, der Uncharted-3-Trailer war komplett In-Engine + tatsächliches Gameplay".
In den kurzen Gameplay-Ausschnitten am Ende des langen Trailers konnte man bereits einen Blick auf furchterregend nass hereinbrechende Wassermassen werfen. Und auch eine Stelle, in der Nathan bis zur Brust im kühlen Nass stand, bewies, dass sich Naughty Dog nicht allein mit der akkuraten Darstellung des Sandes zufrieden gibt. Uncharted 3: Drake's Deception wird unter Garantie eines der hübschesten Spiele des kommenden Jahres.
Das Einzige, was noch ein bisschen nachdenklich stimmt, ist Naughty Dogs Absichtsbekundung, es in Sachen Mehrspieler-Modi nun mit den "großen Jungs" aufnehmen zu wollen. Wollen wir überhaupt, dass sie das wollen? Solange es das Team nicht davon abhält, Drake eine packende Geschichte mit all den aus der Serie bekannten und beliebten Aufs und Abs zu kredenzen, sollen sie machen, was sie für richtig halten. Die recht prominente Rolle Sullys in jeglichem bisher gesichteten Material könnte außerdem darauf hindeuten, dass die Kampagne auch im Koop spielbar ist. Und das ist etwas, wogegen ich mich im Traum nicht wehren wollen würde.
Nach dem einmaligen zweiten Teil hat sich Naughty Dog jedenfalls eine ganze Menge Vertrauen redlich verdient. Among Thieves war kein Glückstreffer. Kann es einfach nicht gewesen sein. Falls doch, wäre mit Teil 3 nicht nur Drake, sondern auch ich einer gewaltigen Täuschung aufgesessen.
Uncharted 3: Drake's Deception wird am 1. November 2011 für die PlayStation 3 erscheinen.