Unepic - Test
Ein Spiel könnte sich selbst nicht besser beschreiben.
Manchmal frage ich mich, ob Entwickler überhaupt noch versuchen, ernsthaft witzig zu sein. Viele Gags und Anspielungen fühlen sich einfach nur lieblos und unbedacht an. Ohne jeglichen Kontext wirft man Referenzen in den Raum, ruft ein paar bekannte Sprüche hinterher und zählt populäre Internet-Memes auf, die ihren Zenit schon vor einiger Zeit überschritten haben und nur noch peinlich wirken.
Zum Fremdschämen
In Unepic führt es sogar dazu, dass ihr den Protagonisten für den größten Vollidioten überhaupt haltet. Nachdem der Knilch während eines Pen-and-Paper-Abends mit seinen Freunden das Klo besucht, befindet er sich plötzlich in einem gigantischen Schloss und ist von einer bösen Entität besessen, die ab sofort den grimmigen Sidekick spielt. Anstatt sich irgendwelche großen Sorgen zu machen, labert die unsympathische Witzfigur erst einmal über Simon Belmont und hofft, dass er die frisch angezündeten Fackeln nicht mit der Peitsche trifft. Krampfhaft eingeschobene Erinnerungen an bessere Videospiele sind hier leider die Norm, obwohl der Witz gelegentlich sogar zündet. Zum Glück hilft die grauenhafte Übersetzung, um die Arbeit direkt nichtig zu machen. Nach dem Besiegen des ersten Reptils ruft euer Kumpane nämlich nicht “Snake? Snake! Snaaaake!”, sondern es erscheint der deutsche Text “Schlange? Schlange! Schlaaaange!”. Auch die restlichen Dialoge vermitteln den Eindruck, euer Charakter hätte noch nie mit echten Personen geredet. Man verliert sofort jegliche Bindung zu den Figuren und will nur noch so schnell wie möglich die Sprache der Konsole umstellen.
Aber gut. Ignoriert man die Texte und konzentriert sich auf das reine Gameplay, findet man im Kern von Unepic ein zumindest halbwegs kompetentes Rollenspiel, das leider perfekt zu seinem Namen passt. Zwar bietet euch der Titel riesige Gebiete zum Erkunden, doch verfolgte der alleinige Entwickler eher das Motto “Masse statt Klasse”. Aufgebaut in Anlehnung an Castlevania: Symphony of the Night bereist ihr mehrere Gebiete der Burg, deren tiefste Ecken erst im späteren Verlauf begehbar sind. Dabei solltet ihr unbedingt die Karte benutzen, auf der das Spiel alle wichtigen Räume mit den passenden Symbolen verzeichnet. Speicherpunkte, Geschäfte und Portale findet ihr so leicht wieder. Trotzdem verhilft das Anzünden neuer Fackeln zur verbesserten Orientierung. So wisst ihr eher, wo ihr bereits nach Schätzen gesucht habt. Denn die Karte selbst unterteilt die Räume nur in grobe Bereiche und sehr oft vergesst ihr, welcher Treppe ihr schon nach oben oder unten gefolgt seid.
Ich war jedes Mal froh, einen neuen Abschnitt des Schlosses zu betreten, wirkt die Umgebung doch schnell trist und eintönig. Meist bietet euch jedes Gebiet nur ein paar kleine Unterschiede zwischen den Räumen. Ansonsten sehen sie identisch aus, was eurem Orientierungssinn nicht gerade hilft. Besonders verglichen mit dem großen Vorbild Symphony of the Night eine offensichtliche Schwäche, bot Konamis Klassiker dagegen unzählige unterschiedliche Räume, jeder mit einer eigenen Persönlichkeit. In Unepic gewöhnt ihr euch viel zu schnell an eure Umgebung. Es fehlen Überraschungen im Setting und das sterile, fast schon generische Design verschafft keine Abhilfe.
Bei den Kämpfen sieht es ähnlich aus. Stellt euch vor den Gegner, hämmert auf die Angriffstaste und wartet, bis sich die Lebensleiste eures Gegenübers leert. Bewegungen sind zu steif, um richtig ausweichen zu können, ihr besitzt kein Verteidigungsmanöver und bei jedem Treffer vermisse ich das Feedback. Ihr seht Zahlen über dem Kopf eures Feindes, aber den Kontakt eures Schwertes spürt ihr nicht. Sprünge erinnern zudem stark an Ghosts 'n Goblins, da ihr das Momentum nicht beeinflussen könnt, was besonders bei vertikalen Aufstiegen zur Qual mutiert.
Axt oder Speer?
Um ein wenig mehr Taktik in das Geschehen zu bringen, verursachen Waffentypen unterschiedlich viel Schaden, passend zum Gegner. Schlangen und Insekten zerschlagt ihr besser mit einem Schwert, während gepanzerte Krieger nach einem dicken Kolben verlangen. Da ihr bis zu zwölf Objekte als Hotkey-Funktionen auf dem Gamepad speichern dürft, gelingt ein flotter Wechsel mühelos. Eine nette Idee, die zu einer erhöhten Experimentierfreude bei neuen Kreaturen führt. Leider sollt ihr beim Aufleveln ebenfalls alle Waffenkategorien einzeln steigern. Nur könnt ihr nie wissen, ob ihr im nächsten Gebiet auf Feinde trefft, die beispielsweise anfällig auf Äxte oder Speere reagieren. Eine Spezialisierung fällt daher aus und ihr verteilt die Punkte letztendlich gleichmäßig, um in keine Sackgasse zu geraten.
Es fehlen Überraschungen im Setting und das sterile, fast schon generische Design verschafft keine Abhilfe.
Dafür schätze ich, dass niemand eure Hand beim Spielen hält. Kurz erklärt euch der Titel die Grundlagen der Steuerung und schon seid ihr auf euch allein gestellt. Wer nicht vorsichtig ist oder bestimmte Hinweise missachtet, den bestraft man mit dem frühzeitigen Tod. Jede Begegnung mit den Feinden muss gut überlegt sein. Schon die ersten Schlangen vergiften euch nach einem Gegentreffer. Diesen Zustand zu heilen, das ist in den Anfangsminuten noch unmöglich. Ihr könnt nur abwarten und zusehen, wie sich langsam eure knappe Lebensanzeige dem Ende zuneigt. Außer ihr schnappt euch einen Heiltrank, den ihr wie eure Waffen besser auf eine Tastenkombination legt. Denn die Zeit bleibt im Inventar nicht stehen und selbst während der Trinkanimation fügt euch das Gift weiterhin Schaden zu.
Später findet oder kauft ihr zusätzliche Rezepte, aus denen ihr unterschiedliche Tränke erstellt, um euch besser gegen die feindliche Umwelt zu rüsten. Genauso lernt ihr Zauber, die sich vor allem bei den Bosskämpfen in eine unerlässliche Notwendigkeit verwandeln. Die nötigen Materialien erwerbt ihr entweder bei Händlern und sammelt sie als verbliebene Reste eurer Gegner auf. Damit trotzdem jeder seinen persönlichen Anspruch findet, wählt ihr vor dem Start einen von vier Schwierigkeitsgraden aus. Diese sagen euch haargenau, welche Veränderungen jede Stufe mit sich bringt, und beeinflussen sogar das Speichersystem.
Letztendlich wird Unepic aber die traurige Wahrheit des eigenen Namens zum Verhängnis. Nichts hebt den Titel aus dem Sumpf der Mittelmäßigkeit heraus. Selbst nette Einfälle wie die unterschiedliche Wirkung von Waffentypen werden von unüberlegten Mechaniken wie dem Aufleveln zurückgehalten. Überall hebeln sich Punkte gegenseitig aus und erzeugen den Eindruck eines Spiels, das weit unter seinem eigentlichen Potenzial verborgen bleibt. Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass alles, von der Musik bis hin zum Inventar, von einer Person ganz alleine erschaffen wurde. Die eigenen Ambitionen lagen wohl ein wenig zu weit über den persönlichen Möglichkeiten. Schade, denn mit der Hilfe von auch nur einer weiteren Person hätte Unepic eine großartige Erfahrung sein können.