Killerspiele-Diskussion Level 2
USK wehrt sich!
Der niedersächsische Innenminister, Uwe Schünemann forderte vor einiger Zeit, dass Software-Kontrolle die Aufgabe des Staates sein muss. Nebenbei wollte er wieder mal alle Killerspiele verbieten. Eine weitere angekündigte Maßnahme: Zusammen mit dem KfN (Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen) möchte Schünemann bereits von der USK geprüfte Spiele, erneut unter die Lupe nehmen. Unterstellt er der USK dadurch Inkompetenz? Logisch, dass der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle der Kamm schwillt. Die konterte jetzt mit einer Pressemitteilung. Viel Spaß beim Lesen!
USK verwundert über Innenminister von Niedersachsen, Level 2
Nachdem die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 7.8.2006 auf die Kleine Anfrage der FDP der USK ausdrücklich „eine hohe Qualität bei der Altersfreigabe von Computerspielen“ attestiert hat, hören wir nun von einer neuen Initiative aus Niedersachsen. Herr Schünemann schätzt die Selbstkontrolle der Hersteller als unzureichend ein und fordert: „Das muss in staatliche Hand“. Und: "Gewalt verherrlichende Spiele, bei denen es ums Töten geht, gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen." Unterstützt wird er von Herrn Prof. Pfeiffer, vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN): "Ich kann nicht begreifen, dass solche Spiele auf dem Markt sind". Herr Prof. Pfeiffer trägt in diesem Rahmen Ergebnisse eines Forschungsprojekts zur Arbeit der USK vor, das soweit uns bekannt ist, gerade angelaufen ist.
Gewalt verherrlichende Spiele gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen
In einem stimmen wir dem Innenminister und dem Direktor des KFN unbedingt zu: Gewalt verherrlichende Spiele, bei denen es ums Töten geht, gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen. Aber: die Verbreitung Gewalt verherrlichender Spiele ist in Deutschland laut § 131 StGB schon jetzt verboten. Wenn Herr Prof. Pfeiffer entdeckt hat, dass solche Spiele „auf dem Markt sind“, d.h. öffentlich angeboten oder zugänglich gemacht werden, sollte er das der Staatsanwaltschaft melden.
Ehe die USK ihre eigentliche jugendschützerische Aufgabe wahrnimmt, prüft sie, ob ein Spiel gegen die einschlägigen Regelungen des Strafgesetzbuches, insbesondere auch des § 131, verstößt. Eine konkrete Beanstandung dieser Tätigkeit ist der USK bislang nicht bekannt. Zuständig dafür, die Verbreitung solcher strafrechtlich relevanten Spiele zu verhindern, sind zunächst die Sicherheitsbehörden und damit die Innenminister der Länder und des Bundes. Die Prüfung, ob hier Vollzugsdefizite gegeben sind und dann hierfür Zuständige zur Verantwortung zu ziehen sind, ist nicht Aufgabe der USK.
Jugendgefährdende Spiele erhalten ebenfalls kein Kennzeichen. Dabei handelt es sich um Inhalte, die Erwachsenen zugänglich sein können, die Kinder und Jugendliche aber nicht sehen oder haben sollen. Hierfür hat der Gesetzgeber das Instrument der Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) geschaffen. Auch hier haben die Sicherheitsbehörden und damit die Innenminister eine Zuständigkeit: die ver-botswidrige Abgabe von indizierten Medien an Kinder und Jugendliche ist ein Straftatbestand, der durch die Sicherheitsbehörden zu verfolgen ist.
Unterhalb der Stufe der Jugendgefährdungen sieht der Gesetzgeber die Alterskennzeichnung von Spielen vor. Die Alterskennzeichnung liegt ebenfalls schon seit längerem in „staatlicher Hand“, jedoch nicht in der Hand der Innenbehörden, sondern der Obersten Jugendbehörden. Die gutachterliche Entscheidung der USK wird erst durch den Ständigen Vertreter der Obersten Landesbehörden zum Verwaltungsakt, jedes einzelne Bundesland behält weiter ein Appelationsrecht gegen jede einzelne Altersfreigabe. Die Kontrolle darüber, ob dies sachgerecht erfolgt, wird durch den gesellschaftlich plural zusammengesetzten Beirat der USK sowie durch die Obersten Landesjugendbehörden der Länder sichergestellt.
Die nicht altersgerechte Abgabe von gekennzeichneten Spielen ist eine Ordnungswidrigkeit mit einem hohen Bußgeldrisiko. Allerdings hat es seit Inkrafttreten des JuSchG, soweit uns bekannt, noch kein Verfahren wegen ordnungswidriger Abgabe von Spielen gegeben. Das ist bedauerlich. Alterskennzeichen hätten zweifellos größere Wirkung, wenn die Ordnungsbehörden Verstöße gegen das Gesetz ahnden würden. Ebenso stellt der Markt der Raubkopien und der illegalen Downloads ein großes Problem für den Jugendschutz dar. Hier könnte auch der Innenminister in seiner Zuständigkeit gegenüber Ordnungsbehörden beziehungsweise Sicherheitsbehörden sehr viel für den Jugendschutz tun.
Deutschland hat den verbindlichsten Jugendschutz
Unter den demokratischen Rechtsstaaten der Welt hat Deutschland den verbindlichsten Jugendschutz. Viele Computerspiele gelangen aufgrund des durch die USK und durch die BPjM gestalteten Jugendschutzes gar nicht in die hiesigen Angebote, teilweise auch, weil auf eine Markteinführung hierzulande von vornherein verzichtet wird. Und: in keinem anderen Land wird jedes Spiel vor der Altersfreigabe durch ein Gremium unabhängiger Experten begutachtet und bewertet.
In den Gremien der USK ringen engagierte Menschen; Pädagogen, Eltern, Wissenschaftler, Journalisten, um die richtige Bewertung, die dann in Form des Freigabekennzeichens als Orientierung und Bindung für den Handel und die erwachsenen Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen wirkt. Die jungen Tester, die diese Gremienarbeit unterstützen, sind nicht nur durch den ständigen Austausch mit den erfahrenen Jugendschutzexperten hoch sensibilisiert für die Problematik des Jugendschutzes. Sie unterliegen auch einem in dieser Form einmaligen Qualitätsmanagement, das die von Herrn Prof. Pfeiffer behauptete Beeinträchtigung der Gremienentscheidung ausschließt. Herr Prof. Pfeiffer hat die Einladung der USK, sich vor Ort ein Bild von der Arbeit in den Gremien zu machen, bisher leider nicht angenommen. Sonst hätte er beispielsweise sehen können, dass auch die Arbeit der Tester nachprüfbar dokumentiert ist und hätte sich vielleicht sachkundiger äußern können.
Innenminister Schünemann und KFN–Direktor Pfeiffer schwächen den gesetzlichen Jugendschutz
Wir sehen in den Äußerungen der Herrn Prof. Pfeiffer und Herrn Innenminister Schünemann mehr als nur eine Herabwürdigung dieses zu großen Teilen ehrenamtlichen Engagements. Die Wirkung solcher auf öffentliche Aufmerksamkeit statt Sachlichkeit zielenden Politik geht aber noch weiter: Sie bewirkt die Schwächung dessen, wofür sie vorgibt einzutreten: den Jugendschutz. Denn wieso sollten Handel, Eltern und Pädagogen einem System vertrauen und es unterstützen, das in der Öffentlichkeit als ungenügend gebrandmarkt wird? Wir hoffen, noch immer, dass die Diskussion wieder auf eine sachliche Grundlage zurück findet und sich auf die klaren rechtlichen Regelungen bezieht, anstatt vermeintliche Erkenntnisse aus Forschungsvorhaben zu ziehen, die noch nicht einmal richtig begonnen wurden.