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Need for Speed: Carbon

Nachtschattengewächs

Im Leben gibt es bestimmte Regelmäßigkeiten - auch beim Autor dieser Zeilen. Morgens sind eine Wagenladung Kaffee und (mindestens) dreißig Minuten Anlaufzeit nötig, bevor aus dem Muffel ein halbwegs umgänglicher Zeitgenosse wird. Electronic Arts ist ebenfalls an einer Art Ritual munter beteiligt. Denn was wäre ein Jahr ohne neue "Updates" der Endlosserien FIFA, NHL oder eben wie in diesem Fall, Need For Speed. Kritiker werfen EA ausgeprägte Abzockermentalität oder Serientätertum vor. Klar, bei manchen Neuerscheinungen kann man die Änderungen im Vergleich zur vorherigen Version mit der Lupe suchen. Oft werden die Titel aber sinnvoll ergänzt oder zumindest grafisch aufpoliert. Für Einsteiger in die faszinierende Welt der Videospiele sicherlich keine schlechte Sache. Nicht alle Zocker haben zehn Tiger (Woods) im Tank bzw. im Schrank. Genug philosophiert, auf zum Wesentlichen.

Eine echte Schönheit

Beim Vorgänger NfS Most Wanted konntet Ihr noch Sonnenstrahlen erhaschen, damit ist es vorbei. Denn wie bei den Underground-Ablegern der Reihe, brettert Ihr bei Carbon in tiefster Nacht durch die Gegend. Vielfältige optische Genüsse fehlen trotzdem nicht. Unter den Höhepunkten befindet sich sogar ein Leckerbissen aus Fleisch und Blut, über den sich speziell männliche Speedjunkies freuen. In diversen Videosequenzen erlebt Ihr den Auftritt der kanadischen Schauspielerin Emmanuelle Vaugier, die im Magazin Femme Fatal zur fünftschönsten Frau der Welt gekürt wurde, und die in Filmen wie 40 Tage und 40 Nächte zu sehen war. Im Game verkörpert sie Nikki, die Ex-Freundin des Hauptcharakters. Emmanuelle/Nikki könnt Ihr voraussichtlich nicht "tunen", wohl aber die - je nach Version - über 50 lizenzierten Vehikel, die auf die Bearbeitung durch geschickte Hände warten. Da der Customize-Bereich bereits zu Underground-Zeiten quasi perfekt war, hat sich das Black-Box-Team ein cooles neues Feature ausgedacht: Die Autosculpt-Funktion ermöglicht es Euch, Spoiler und andere Wagenteile stufenlos zu verformen, wodurch der Kreativität quasi keine Grenzen gesetzt sind. Im Moment ist das Ganze als grafisches Schmankerl anzusehen, sollte allerdings bis zum Release zusätzliche Auswirkungen auf das Fahrverhalten haben. Unterteilt sind die Boliden in die Klassen Tuner, American Muscle und Exoten, wobei das Handling je nach Wagenklasse "spürbar" differenziert ausfällt. Ein Golf verhält sich halt anders als ein Lotus oder ein Porsche. Erwartet jedoch keine Simulation. NfS war nie eine und wird nie eine - was natürlich keine Kritik sein soll. Launige Arcade-Racer haben genügend Fans und zählen auch zu meinen bevorzugten Freizeitvergnügungen.

Der Berg ruft

Die Kurven des Carbon-Canyon sind eng und verlangen Eurem fahrerischen Geschick alles ab.

Mittelpunkt der Raserei sind eine unbenannte Stadt, ein Berg in der Nähe der Metropole sowie drei Rennarten. Die klassischen Straßenraces finden durch Driftabschnitte und die brandneuen Canyon-Flitzereien Ergänzung, wobei insgesamt über 80 Kursvariationen zu umkurven sind. Umkurven ist ein gutes Stichwort, denn speziell mit den wilden Slides durch allerlei Kurven hat sich Black Box viel vorgenommen. Deutliche Verbesserungen bezüglich der Physik und ein ausgeklügeltes Punktesystem stehen auf der Agenda. Zum besonderen Höhepunkt sollen die Canyon-Rennen auf dem schon erwähnten Berg werden, die in zwei grundverschiedenen Phasen ablaufen. In Phase 1 gilt es, so eng wie nur möglich an einem gegnerischen Fahrer dran zu bleiben. In der zweiten hat man sich den Burschen vom eigenen Heckflügel zu halten. Schafft er es Euch zu überholen, ist das Rennen umgehend vorbei. Die verschlungenen, verwinkelten Abschnitte sind zudem mit Barrieren gespickt. Rauscht Ihr durch diese, so heißt es ebenfalls "Race over", denn im Normalfall warten hinter den Barrieren tiefe Abgründe auf Opfer. Für jähe Störungen des Temporausches sorgt bei bestimmten Events wieder die Polizei, die gelegentlich in massiver Formation Jagd auf Euch macht. Die Polizei, Dein Freund und Helfer? Von wegen.

Ram(-m)bo und Konsorten

Verwischeffekte und das gelungene Spiel mit dem Licht werten die Optik auf. Ein Grafikbrett ist NfS Carbon aber nicht.

Auf eure Mannschaft könnt Ihr zählen, die abseits der - und auf den - Strecken wertvolle Dienste leistet. Während der Rennen unterstützen Euch drei Helfer. Die so genannten Blocker versuchen, in Eurem Auftrag gegnerischen Fahrern den Weg zu versperren oder sie von der Strecke zu drängen. Drafter hingegen ziehen Euch quasi in ihrem Windschatten mit und sorgen so für eine zusätzliche Portion an Geschwindigkeit. Der Dritte im Bunde ist der Scout. Dieser findige Bursche hat sich auf die Entdeckung von Abkürzungen spezialisiert. Klingt interessant, muss sich in der Praxis jedoch erst als nützlich erweisen. Neben diesen Cracks wartet die Boxencrew auf Instruktionen und hilft beispielsweise beim Tuning Eurer Wagen. Seid Ihr mit der Leistung bestimmter Mitarbeiter unzufrieden, so könnt Ihr sie gnadenlos feuern und neue anheuern. Wer gerne den Chef spielt, kommt also auf seine Kosten.

Grafisch gibt Need for Speed Carbon speziell auf Next-Generation-Plattformen wie der Xbox 360 aber auch dem PC eine gute Figur ab. Das urbane Szenario ist ansprechend in Szene gesetzt, die Wagenmodelle sind schick und die nächtlichen Szenarien stimmungsvoll. Ultimativ schön kommt Carbon bislang trotzdem nicht rüber, dazu fehlt es an Detailreichtum. Wichtig wäre es zudem, eine stabile Framerate hinzukriegen. Denn an diesem Punkt krankten zahlreiche Teile in der Serienvergangenheit. Es ist übrigens (fast) egal, welche Konsole Ihr besitzt. EA deckt die volle Palette ab. NfSC erscheint somit für DS, GBA, PS2, PS3, PSP, Wii, Xbox und Xbox360. Fast egal, da es natürlich versionsspezifische Unterschiede geben wird. So bieten die Fassungen für PC-, PS3-, und Xbox360 etwa Online-Modi. Und es scheint fraglich, ob die Entwickler es schaffen, die hübsche Emanuelle in den GBA zu quetschen.

Need for Speed Carbon erscheint im November 2006 für DS, GBA, PS2, PS3, PSP, Wii, Xbox und Xbox360

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