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Valhalla Hills - Test

Gestern noch DIE Early-Access-Hoffnung, heute schon draußen.

Anfangs begeistert das traditionelle Siedlern noch. Trotz verzufallter Inseln langweilen die immer gleichen Bauzyklen aber irgendwann.

Was für eine schöne Überraschung Valhalla Hills doch war, als ich es auf der gamescom das erste Mal sah. Auch die Early-Access-Version überzeugte mich im letzten Monat bereits mit viel wuseligem Charme und wunderbar geordneten Basics, denen man die Handschrift von Blue-Byte-Urgestein Thomas Häuser (Die Siedler 2) überdeutlich ansah. Wie spannend, was da noch alles kommen würde, um das Spiel in der Breite flexibler und in der Tiefe fordernder zu machen! Nun, ich bin gelinde gesagt überrascht, dass das Spiel jetzt auf einmal draußen ist und ich offenbar in der Frühzugangsphase auf Steam mehr oder weniger alles gesehen hatte, was es zu bieten hat.

Unfertig wirkt es trotzdem nicht, was Funatics hier abgeliefert hat. Wenn man sich mit der Tatsache arrangiert, dass das Spiel streng darauf ausgerichtet ist, anstatt einer Kampagne oder Multiplayer-Scharmützeln immer und immer wieder stetig größer werdende Berginseln zum Gipfel hinaufzusiedeln, bis die untergebenen Wikinger genügend Ehrepunkte für den Einlass nach Walhalla gesammelt haben, verlebt man eine gute Zeit. Die ersten zehn oder so Stunden auf den immer neuen zufallsgenerierten Karten entdeckt man immer neue Wege seinen Aufstieg zum Portal zu optimieren, lernt Bedienungskniffe, mit denen man die Reihenfolge der zu errichtenden Holzfäller, Sägewerke, Steinmetze, Bauern, Mühlen, Werkzeugmacher, Waffenbauer, Brauerei und so weiter etwas gezielter bestimmt und bekommt auch die Güterverteilung mithilfe des Lager- und Kuriersystems stimmig geregelt.

Holzfäller, Werkzeugmacher, Jäger, Sägewerk, Steinbruch. So geht es im Grunde immer los. Und auch danach gibt es wenig Grund zur Variation.

Man wird immer besser darin, alles in die Wege zu leiten, damit die vollkommen autonom agierenden Kartoffelnasen auch das machen, was ihr von ihnen wollt, ohne dass ihr es ihnen direkt sagen müsstet. Und dann passiert's. Ihr habt den optimalen Weg gefunden jede neue Insel anzufangen und sehnt euch irgendwann danach, die immer gleich ablaufende Aufbauphase überspringen zu können. Es stimmt schon, dass das nach einem Algorithmus generierte Terrain euch hier und da vor interessante Herausforderungen stellt. In einer Situation konnte ich etwa nur einen kleinen Teil des Anfangsgebiets nutzen, weil auf der Ostseite der Insel Frostriesen und Wölfe lauerten. Um die zu besiegen musste ich erst einen Armeeposten und entsprechend ausgestattete Soldaten abstellen und die sind im Grunde fast auf jeder neuen Insel das Ende eurer Bauvorhaben. Ich musste also effektiv den spärlichen vorhandenen Platz nutzen. Es war eine nette kleine Abwechslung, weichte die ansonsten eingefahrenen Abläufe aber nicht in entscheidendem Maße auf.

Insgesamt mangelt es dem Spiel einfach an Herausforderungen, die es erforderlich machten, dass ihr eure Spielweise anpasst. Der Moment, in dem ihr einen kompletten und voll besetzten Armeeaußenposten errichtet, ist fast immer auch der, in dem ihr im Grunde schon gewonnen habt. Dieses Kriegerlager verlegt ihr beliebig oft und noch dazu kostenfrei und und zieht so eure überschaubare Streitmacht mehr oder weniger direkt über die Karte. Den Rest erledigen die wackeren Zottelbärte von selbst. Wenn der Trupp im Verhältnis von etwa 3:2 mit Axtkämpfern und Bogenschützen besetzt ist, erobern sich viele der Inseln im Handumdrehen. Im Zickzack geht es dann den Berg hinauf, unterwegs werden Wölfe, Geisterwikinger und Frostriesen erlegt. Ab und an geht es zurück zum Nachschublager, um mit Gold und Bier (Malzbier natürlich) Moral und Lebensenergie der Kompanie zu stählen, bevor man die Portalwächter erschlägt und auf dem nächsten Eiland von Neuem beginnt.

Frühe Gefahren, wie hier die Frostriesen rechts, verändern ein wenig wie man spielt. Derartige Variablen hätte es ruhig häufiger geben dürfen.

Natürlich gibt es auch die friedfertige Version, in der man an einem Opferschrein Waren abliefert, um kampffrei durchs Portal zu gelangen. Welche Variante man wählt, oblag jedoch eher dem eigenen Geschmack als den Gegebenheiten der Karte. Es ist niemals wirklich nötig, sich zu spezialisieren, sofern man die hübsch verzahnten und gut gemachten Warenkreisläufe berücksichtigt, kommt man im Grunde fast immer problemlos zum Ziel. Das endet darin, dass am Ende jede Siedlung mit nur topografisch bedingten Variationen im Grunde in der gleichen Reihenfolge errichtet wird, was irgendwann einfach nicht mehr spannend ist. "Malen-nach-Zahlen"-artig errichtet man eigentlich ohnehin immer so gut wie alle Gebäude. Ob ich nun Fische als Opfergabe abtreten muss oder etwas Anderes macht nicht den größten Unterschied. Und auch wenn mein Geologe eine Weile kein Gold findet, ist das kein Beinbruch, der maßgeblich verändern würde, wie ich spiele. Dann werfe ich halt ein paar mehr Wikingersoldaten auf meine Feinde.

Der Spaß liegt eher darin, auf lange Sicht zu erkennen, welche Gebäude unter Umständen obsolet wurden, welche durch andere ersetzt werden oder einfach nur eingerissen werden können. Zu sehen, wo man etwas optimieren kann und wann es sinnig ist, den Angriff auf die beziehungsweise die Besänftigung der Portalwächter in die Wege zu leiten, diese Dinge sind Brot und Butter von Valhalla Hills. Darin steckt auch nach den oben beschworenen ersten zehn Stunden noch ein bisschen Leben und ich will nicht einmal ausschließen, dass da mit zukünftigen Updates noch einiges passieren kann. So wie das Spiel jetzt aber als vollumfänglich fertig verkauft wird, fehlt schlicht die Flexibilität, die ein Spiel mit handgemachter Kampagne samt Karten mit vorgefertigten, limitierten Voraussetzungen für gewöhnlich mitbringt und dann auch vom Spieler einfordert. Und weil man nichts mitnimmt aus einem geschafften Level, außer der gewonnenen Ehre, hat man auch keine Lust, nach dem Öffnen des Portals auf dieser Karte weiterzuwerkeln, nicht zuletzt, weil mit immer größer werdenden Städtchen auch die Performance ordentlich in die Knie geht.

Es gibt viel zu tun. Packt es gefälligst an!

Valhalla Hills krankt demnach an einer bedeutend kürzeren Halbwertszeit als ich eigentlich erwartet beziehungsweise gehofft hatte. Nichts an diesem Spiel ist schlecht. Ganz im Gegenteil, nach kurzer Eingewöhnungszeit hat man alles im Griff und fühlt sich eine Weile wirklich wohl auf diesen wundervoll ausgeleuchteten und charmant bevölkerten Berginseln. Alles flutscht angenehm und die klugen Warenkreisläufe legen ein schönes Fundament. Zu schade, dass der Spieler fast immer gezwungen ist, darauf im Grunde immer wieder das gleiche Haus zu errichten.

Für den schnellen Siedler-Kick zwischendurch eignet sich Funatics jüngstes Werk sehr wohl, denn es steckt eine Menge nostalgische Macht in diesem beschaulichen Gewusel. Erwartet nur nicht, dass euch dieser Zauber vergleichbar lange gefangen hält, wie seinerzeit das große Vorbild, Siedler 2, es schaffte.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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Valhalla Hills

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