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Alt+F40: Valheim ist das bessere V Rising - und Diplomacy is not an Option das bessere Stronghold

Folge 48: Don't call it a comeback

Da sind wir wieder! Drei Folgen hat die Kolumne ausgesetzt und zu sagen, es hätte mir jedes Mal wehgetan, ist noch untertrieben. Aber zwischen der Koordination und der Durchführung unseres Umzugs, dem normalen Tagwerk und vom neuen Umfeld maximal unrund laufenden Kids hatte ich einen solchen Tunnelblick, dass keine interessanten Artikel dabei herausgekommen wären. Es sei denn, ihr hättet euch gewünscht, dass diese Ecke von Eurogamer zur Survival-Horror-Version von Tine Wittlers Einsatz in vier Wänden mutiert. Mit bröckelndem Putz, aus dem sich Kabelmonster aus vergessenen Zeiten schälen, und kreidebleichen, geschockten Elektrikern.

Okay, jetzt, wo ich das so schreibe, muss ich sagen: Mist! Was für eine verschenkte Chance. Ansonsten geht mal wieder eine Erkältung um, die mir gar nicht gefällt. Wie so oft, wenn sich das Wetter nicht entscheiden kann, ob es uns lieber frieren oder schwitzen sehen will. Abgesehen davon, kommen wir langsam an in unserer neuen Bleibe. Auch wenn mein voll vertäfeltes Büro jetzt mehr nach “wohne noch bei meinen Eltern” aussieht, anstatt nach der Werkstätte eines Vollzeit-Redakteurs. Zuschauer unseres Newscasts werden es schon registriert haben. Egal, die Hauptsache ist immer noch, was auf dem Bildschirm passiert. Und da war die Tage so einiges los. Also, wollen wir?

Inhalt

  • Letzte Ausgabe Alt-F40 verpasst? Hier geht’s zu Folge 47 von Alt+F40: Marauders ist Escape from Space-Tarkov – und ein Grund, warum ich diese Woche bei Verstand blieb
  • V mag "Rising" sein. Aber Valheim thront immer noch ungerührt über ihm

    Etwas über zwei Wochen ist V Rising jetzt raus und man kann wohl sagen, dass der Titel einer der spannenderen dieses Jahr ist. Die Substanz war vom Fleck weg überzeugend, das Konzept reizvoll und kompetent umgesetzt. Und doch muss ich sagen, sind für mich die Flitterwochen ein Stück weit vorbei. Und das hat vor allem mit Valheim zu tun, das nach meiner Rückkehr nach langer Abwesenheit, sich einfach wieder als das bessere Spiel beweist, und das nicht nur um ein bisschen.

    Einmal ist immer das erste Mal. Oft ist es auch das erste Mal, dass man stirbt.

    Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich will hier nicht das bedeutend weiter in seiner Entwicklung fortgeschrittene Valheim mit der jüngst veröffentlichten Early-Access-Version von V Rising vergleichen. Das wäre das Gegenteil von fair. Und natürlich ist das ein Empfinden, das aus meiner ganz persönlichen Befangenheit erwächst, die ich für Spiele habe, die mich näher ans Geschehen bringen. Mein Fazit nach zweieinhalb Wochen wäre wohl: Valheim ist bei aller spielerischer Nähe für mich das bessere, weil atmosphärischere Spiel.

    Die Ähnlichkeiten sind zunächst nicht von der Hand zu weisen. Hüben wie drüben stählt man seine Skills, baut sich ein Zuhause, um immer mehr zum mächtigen Selbstversorger zu werden. Valheim wählt dafür die Sprache eines immersiven Rollenspiels, während V Rising eher die Action-RPG-Route einschlägt und das Geschehen von oben zeigt. Beide Spiele bleiben recht involviert, trotz Moba-artiger Cooldowns wirkt Valheim schön actionreich und direkt. Aber es ist im Direktvergleich etwas unterkühlt, geradezu mechanisch.

    So setzt man sein Schloss in Szene. Ich liebe dich, Zuzuglife! Ich hasse dich, Zugzuglife.

    Ich mag sogar die Welt, in die mich das Vampirspiel wirft. Und ich bin ziemlich sicher, dass sie ein Grund für den Erfolg dieses Spiels ist. Immerhin sind Vampirszenarien trotz aller offensichtlicher Reize ein mehr schlecht als recht beackertes Feld. Aber alle paar Meter wünschte ich, die Kamera würde mal hochschauen, und sie mir von vorne und nicht aus der Draufsicht zeigen. Es ist einfach weniger Staunen als in Valheim. Die Welt macht ihre Größe nicht spürbar, die Imposanz der Spielerbauten wird dem Arbeits- und Zeitaufwand, den die User hineinsteckten, in meinen Augen zu keinem Zeitpunkt gerecht. Und die Gegner nehme ich eher früher als später nur noch als wandelnde Lebensbalken wahr, anstatt als die mich überragenden Ungetüme, die sie eigentlich sind.

    Valheim auf der anderen Seite ist ein Spiel, in dem man aus dem Staunen selten herauskommt – meistens nur, wenn man in seiner verqualmten Bude steht und sich Gedanken um eine Abluft-Lösung macht. Aber sobald man nur einen Fuß vor die Tür setzt, fällt einem in kurzen Abständen immer wieder die Kinnlade runter. Sei es wegen des Nebels, der morgens eure Knie streichelt, die Wellen, die wild über den Strand vor eurem Haus schwappen oder das Gewitter, das drohend über dem finsteren Wald heraufzieht. Valheims Algorithmus designt – fast wie Minecraft – Welten von erstaunlicher zufälliger Schönheit, die V Risings handgemachte Karte irgendwie nie erreicht.

    Spielerisch befriedigend. In der Wirkung aber einfach nicht dasselbe: V Rising.

    Das Resultat ist, dass ich in Valheim wie ein neugieriges Kind immer tiefer in den Wald spaziere, auf der Suche nach der nächsten Entdeckung, während mich in V Rising eher logistische Gedanken und die Suche nach einem bislang noch nicht besetzten Baugrund in die Welt hinausziehen lassen. V Rising ist schlicht am Abenteuer nicht interessiert, fokussierter auf seine zentrale Gameplay-Spirale. Wer das mag, der wird von mir keine Widerworte hören. Aber ich fand diese Einordnung hilfreich – auch als Erinnerung an ein Spiel, das fast alles kann, was V Rising beherrscht, nur entschieden ausgereifter und "fertiger" ist, als das Vampir-Abenteuer, das man vielleicht noch ein paar Monate reifen lassen sollte.

    Am Ende muss ich mir eingestehen: So schön ich meinen Auftakt mit V Rising fand, so ganz ist es wohl einfach nicht für mich gemacht, weil viel seiner Wirkung für mich aus dieser Perspektive einfach verpufft. Vielleicht sollte ich einfach auf eine gute Vampir-Mod für Valheim warten…

    Das Wichtigste der Woche, KW 22/22, Alex Edition

    In der Rotation: Ich habe dummerweise Outer Range immer noch nicht zu Ende geschaut. Das liegt auch daran, dass auf Amazon Prime eine Serie mit einem meiner Lieblingsschauspieler aufgetaucht ist: Night Sky mit JK Simmons, das einem ähnlichen Ansatz folgt, mir tonal aber noch etwas mehr zusagt. Spacek und Simmons spielen fantastisch, bin gespannt, wo das hinführt. Spielerisch beschäftigt mich immer noch Souldiers, bei dem ich den leichten Forscher-Modus mittlerweile als Pflicht ausschreibe, um das Spiel wirklich genießen zu können. Ansonsten bleibe ich fast täglich auf den Youtube-Videos von Kurzgesagt hängen, aber die dürften für die wenigsten hier neu sein. Zuletzt erschütterte mich regelrecht dieses Video darüber, wie Dinosaurier wirklich aussahen. Warum hatte ich diesen Diskurs nur verpasst? (weil ich zockender Vater zweier Kleinkinder bin, ist die Antwort). Des Weiteren kam die Demo von Wadjet Eyes (The Blackwell Conspiracy, Unavowed) neuem Adventure Old Skies rein, aber darüber mehr nächste Woche.

    Old Skies ist meine größte Adventure-Hoffnung derzeit. Mit Return to Monkey Island teilt es allerdings einen gewöhnungsbedürftig-experimentellen Grafikstil. Wadjet Eye hat die Jahre hindurch konstant fantastische, erwachsene Adventures gemacht, die den Klassikern von einst in nichts nachstehen.

    Musiktipp der Woche: Ich habe die Dame ja schon des Öfteren empfohlen, warum nicht noch einmal mehr? Auf ihrem neuen Album We’ve been going about this all wrong schließt Sharon van Etten mit einem betörend schönen, wenngleich sehr melancholischen Far Away ein Album, von dem ich noch nicht weiß, was ich davon halten soll. Für meine Begriffe singt sie auf der neuen Scheibe zu oft in ihren tiefen Tönen, die für mich nicht so recht nach irgendwas klingen. Dieser Track ist aber fantastische Songschreiber-Kunst, wunderschön arrangiert. Irgendwie ist mit Sharon immer zu rechnen. So auch hier.

    Höhepunkt der Woche: Ich habe das hier viel zu lange liegen lassen. Vorgestern wollte ich nur kurz reinspielen, war dann aber dermaßen am Haken, dass dreieinhalb Stunden daraus wurden, was nach 20:00 Uhr für mich nicht unbedingt selbstverständlich ist. Die Rede ist von Diplomacy is not an Option. Dieses Spiel ist ziemlich genau das, was passiert, wenn man einem Sechsjährigen von Stronghold erzählt und ihm anschließend eine Spielzeugkiste voller Ritter und Bauklötze in die Hand drückt. Ein hübscher, temporeicher Mix aus Mittelalter-Städtebau und Burgenverteidigung, der in überschaubaren Missionen immer aufs Neue fordert und dabei das Spektakel nicht außer Acht lässt.

    Bei geschätzt acht Polygonen pro Soldat ist es diesem Spiel nämlich ein Leichtes, die großen Mengen an bemitleidenswerten Männchen bei jedem Katapulteinschlag oder jedem Treffer meines Himmelslasers von Gottes Gnaden wie Ameisen durch die Luft fliegen zu lassen. Auch das passt zum Sechsjährigen, schätze ich. Das verfehlte jedenfalls auch nach Stunden seine Wirkung nicht. Und dass man schon zu Beginn der zweiten Mission die Gelegenheit bekommt, gegen den König zu rebellieren, dessen Kampagne man eigentlich spielt – und damit eine zweite, härtere Aufständischen-Kampagne freischaltet, war mir extrem sympathisch. Das gilt auch für den exzellenten Meta-Witz, dass Diplomatie eben doch eine Option ist. Nur halt in den Menüs, wo man dann neben “is not an Option” auch noch "Nein" und "Aus" anwählen kann. Ich sehe, wir verstehen uns, Spiel!

    Mit dem Laser von oben haben sie nicht gerechnet. Hat überhaupt irgendjemand damit gerechnet?

    Ach, und dass die Telekom nur eine Buchse tauschen musste, damit mein Internet tatsächlich glatte 100Mbit statt wackliger 25 liefert, war ebenfalls diese Woche ein nicht zu verachtender, kleiner Höhepunkt.

    Mittelpunkt (!?) der Woche: Klar, Resident Evil 4 ist das bessere Spiel. Ich hatte trotzdem bis zum Schluss die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Capcom uns vorher vielleicht doch noch einmal eine heute noch gut spielbare Version von Code: Veronica schenken würde. Natürlich wird auch das Resi-4-Remake vermutlich alle Liebe und Mittel bekommen, die es braucht, um zu dem zu reifen, was es für die heutige Zielgruppe sein könnte. Aber CV hätte sie nötiger gehabt. Ich bin gespannt, ob wir mit dieser Reihe jemals wieder in die Antarktis zurückkehren werden.

    Tiefpunkt der Woche: Das wäre wohl die endgültige Erkenntnis, dass wir nach vier Jahren in einer runderneuerten Wohnung auf neuestem Stand jetzt erst mal viele Sanierungsarbeiten des neuen Hauses hinten anstellen müssen. Einiges davon steht vermutlich auf Jahre hinaus nicht in Aussicht. Das war nach unserer Umzugsbestandsaufnahme Mitte der Woche wohl der härteste Schlag ins Kontor. Härter jedenfalls als die Tatsache, dass Final Fantasy 16 zwar bedeutend besser aussieht als bei seiner ersten Vorstellung vor zwei Jahren, insgesamt aber überhaupt nicht dieses opulente Hochglanz-Feeling zwischen Epik und Kitsch aufkommen mag, für das die Serie bekannt ist. Dabei hat die Creative Business Unit 3 von Square Enix an Final Fantasy 14 und der Dragon-Quest-Builders-Reihe eigentlich gute Arbeit geleistet. Ich bin weiter gespannt darauf, bleibe angesichts des (für diese Serie verhältnismäßig) nahen Releases aber skeptisch. Es ist selten, dass ein Final Fantasy mich nicht zumindest über die Optik reizt. Aber jetzt ist es eben passiert.

    Wer über Boden, Tapete und ungeöffnete Kisten im Bild meckert, darf gerne kommen, um beim Renovieren zu helfen. Aber die Banane gedeiht.

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