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Vampire Rain

Frustiger Schauer!

Wie seine Kollegen schleicht Lloyd aus der Verfolger-Perspektive, sucht Schutz in der Dunkelheit, hangelt sich in halsbrecherischer Manier an Vorsprüngen entlang, schwebt an Seilbahnen über die Dächer und stirbt tausend Tode. Schuld an dieser Misere sind die Nightwalker – zwar habt Ihr anfangs eine Pistole und ein Maschinengewehr zur Hand, sobald Euch ein Nightwalker allerdings mit seinen gierigen Blicken erspäht, ist der Ofen aus. Ihr habt grob geschätzt 3,5 Millisekunden Zeit, um Euch hinter der nächsten Hausecke zu verkrümeln, bevor Euch die Brut auf brutalste Art dahinschnetzelt.

Gestatten, mein Name ist Sam... Ähh Lloyd.

Selbst wenn die Zeit reichen würde, mehrere Schüsse abzufeuern, sind die Nightwalker verteufelt flink und zu widerstandsfähig, um Euch eine Überlebenschance zu gewähren. So wird in den ersten Missionen schnell deutlich, das ein Kampf mit einem Nightwalker zum unweigerlichen Game Over führt. Aha, da steckt bei Artoon also anscheinend ein Konzept dahinter. In der Tat. Es gilt stets, die einzige richtige Route zum auf einer kleinen Karte eingeblendeten Ziel zu finden. Handlungsspielräume gibt es durch die eng begrenzten Missionsgrenzen nicht. Und genau das ist das Problem – unter Umständen wiederholt Ihr eine einzige Mission fünfundzwanzig Mal, bis Ihr den sicheren Weg gefunden habt. Schnell staut sich Frust auf, denn die unfairen Rücksetzpunkte sorgen für zusätzlichen Unmut. Ein perfektes Beispiel, wie schlechtes Gamedesign ein Spiel zerstören kann.

Hat man den Bogen allerdings raus, die ersten drei Missionen überstanden und begriffen, wie vorsichtig man in Vampire Rain agieren muss, hat der Titel durchaus seine kleinen Höhepunkte. Dann kommen auch zusätzliche Waffen wie ein Sniper-Gewehr oder UV-Messer ins Spiel, die endlich auch das Vernichten der Nightwalker ermöglichen.

Nacht in LA – einfach mal den Kopf in den Asphalt stecken!

Wer allerdings bis zu diesem Zeitpunkt spielt, wird über lange Strecken die Erfahrung mit Frust, Verzweiflung und Wut gemacht haben, allesamt treue Begleiter in Vampire Rain. Genau wie die Panik.

Dank der ständigen Gefahr und der visuell schön in Szene gesetzten Schockmomente, die mit wackeliger Kamera das Herannahen eines Nightwalkers signalisieren, schwingt ständig die Angst mit. Angst davor, den Level erneut spielen zu müssen! Plötzlich gewinnt das Wort Präzision eine völlig neue Bedeutung in Spielen und erinnert an alte Brocken wie Rick Dangerous oder Mega Man, die einen einzigen Fehltritt sofort mit dem Tod bestrafen.

Keine Frage, ich will Vampire Rain nicht schönreden, aber zumindest habe ich verstanden, wie die Jungs bei Artoon das Spiel konzipiert haben. Auch wenn es für 99,9% aller Spieler eine herbe Enttäuschung sein wird. Wenigstens der Mehrspieler-Modus sorgt für ein wenig Kurzweil und erklärt auch, warum die Entwickler die im Einspieler-Modus völlig überflüssige Pistole und das Maschinengewehr integrierten – hier ist es von Nutzen.

Das erschreckende Fazit kann also nur lauten: Finger weg von Vampire Rain. Um es über den Durchschnitt zu heben, hat Aarton zu häufig geschludert. Speziell das Einblenden der deutschen Untertitel wirkt durch die asynchron laufende Sprachausgabe lediglich peinlich. Über die grafische Qualität, die selbst zu Xbox-Zeiten nicht für Staunen gesorgt hätte, hüllen wir den Mantel des Schweigens. So gibt es für dieses Spiel kaum eine Daseinsberechtigung, es sei denn, Ihr gehört zu der kleinen Minderheit sadomasochistischer Spieler!

Ich bin ein geduldiger Mensch, aber irgendwann sind auch meine Nerven am Ende. Wer ein ausgeglichenes, ruhiges und beschauliches Leben führt, dem sei Vampire Rain wärmstens empfohlen, denn es wird Euch an den Rande eines Nervenzusammenbruchs führen – Grenzerfahrungen sind eine wichtige Angelegenheit, wenn ich mich allerdings damit zwangsläufig in den Geisteszustand begebe, für den man einen Freifahrtschein in die nächste Klappse bekommt, verzichte ich gerne. Gott sei Dank relativiert sich der völlig verkorkste Ersteindruck nach längerer Spielzeit, kann aber nicht über die Macken und Designfehler hinwegtäuschen.

Angehende Vampirjäger stehen ab dem 29.Juni auf der Xbox 360 im Regen.

4 / 10

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