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Vampire und Troika Teil 2 - Vergiftete Burger, verprellte Publisher, verlorene Zeit

"Als er eine Woche mit weniger als 80 Stunden einreichte, waren sie nicht gut auf ihn zu sprechen."

Ersten Teil verpasst? Hier lest ihr, wie die Geschichte um Vampire: Bloodlines und all die Probleme ihren Anfang nahmen.

Es gibt ganz sicher schönere Posten als den eines Producers. David Mullich war selbst einmal Entwickler. Ihm gefällt Troikas Designvision, und das ist das Wichtige, denn "einige Leute bei Activision hatten ihre eigenen Vorstellungen davon, wie gewisse Spielmechaniken funktionieren sollen". Dennoch muss ein Producer links das Budget und rechts die Uhr im Auge behalten, wenn die Zeiger nicht gerade nach Valve-Time ticken.

Mullich steht irgendwo zwischen den Fronten der Kreativen, die möglichst keine Einschnitte machen wollen, weder bei der Zeit noch beim Geld, und denen, die das bezahlen sollen. Einige Male muss er berichten, dass der Fortschritt nicht so groß ist wie erhofft, "aber Activision war sehr gut darin, den Zeitplan zu erweitern." Mehrfach.

''Ohne dass Troika Schuld hatte, tauchte ein weiteres Projekt für Activisions Production-Team auf und löste extreme Begeisterung aus. Es bekam schnell die Aufmerksamkeit der Producer, die sich um Bloodlines und dieses neue Spiel kümmerten. Sein Name war Call of Duty.'' - Rik Schaffer

Mullich ist auch gekommen, um die Ausmaße der Entwicklung im Rahmen zu halten und, direkt gesagt, endlich auf die Tube zu drücken. Ein bedauerndes "Hätten wir doch nur mehr Zeit gehabt" wird zum Faktor, der Vampire in seiner Gesamtheit gefährdet. Activisions Angst fußt auf Berichten über Troikas Vergangenheit mit anderen Publishern. Man befürchtet, der Entwickler würde immer mehr Features einbauen, bis keine Zeit mehr fürs Testen da ist.

"Einer meiner Manager bei Activision erzählte mir, Troika hätte einem der früheren Spiele angeblich in letzter Minute Features hinzugefügt, die dazu beitrugen, dass es als 'buggy' kritisiert wurde", erklärt er die Sorge des Publishers und letztlich den Grund, wieso er zu ihnen geschickt wird. "Später irgendwann berichtete mir jemand bei Troika voller Stolz, wie sie es schafften, an einem Goldmaster eine Veränderung vorzunehmen, während der Code zum Publisher hochgeladen wurde", setzt er fort. "Als ich das hörte, entwich mein Gesichtsblut schneller, als es ein Vampir hätte aussaugen können."

"Meine Aufgabe war es, das zu verhindern und 'Stopp' zu sagen, wenn keine Kunst- oder Design-Entscheidungen mehr getroffen werden sollten." Kurz gesagt: Mullich muss alles tun, um die Baustellen endlich zu schließen, statt neue zu öffnen. Ist es dieser Zeitraum, den Tim Cain in Morgan Ramsays Buch "Gamers at Work" als "das Projekt einfrieren" beschreibt?

"Das ist eine Frage der Perspektive. Wenn das [was ich sagte] heißt 'das Projekt einfrieren', nun ja, dann froren wir das Projekt ein. Aber normalerweise sagt man dazu 'sich an den Plan halten'."

Am Ende kommt das Spiel mit vier begehbaren Stadtteilen auf den Markt. Geplant waren noch weitere Gebiete, aber die Zeit reichte nicht.

Ab jetzt soll nichts mehr ins Blaue hinein entschieden werden. Das Spiel muss endlich fertig, die losen Enden entweder sauber verknüpft oder abgeschnitten werden. "Wenn ein Level aus irgendeinem Grund nicht funktionierte, wurde er fallen gelassen."

Das gefällt nicht allen. "Die Stimmung heizte sich auf, als einer der Producer entschied, die Arbeiten an einem Teil des Spieldesigns einzustellen, um die Ressourcen für wichtigere Bereiche einsetzen zu können", kann sich etwa Rik Schaffer erinnern. "Ich glaube, eines der Probleme, die von Activision entfernt wurden, hatte etwas mit der Ästhetik und Augenfarbe einer der Vampir-Clans zu tun. Der Lead-Writer feuerte einen Stuhl durch den Raum, als er hörte, dass es gestrichen wurde."

In den letzten Wochen der Produktion ist es dem Team untersagt, Änderungen am Spiel vorzunehmen, wenn diese nicht mit einem Bug-Report zu tun haben. Doch weniger wird die Arbeit nicht.

Im Gegenteil.

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Wollte man die Wichtigkeit des Faktors Zeit auf ein Beispiel reduzieren, dann wäre das die "menschliche Stechuhr". Ungefähr zu der Zeit, als David Mullich Troika zugeteilt wird, besteht Activision auf ein erweitertes Zeiterfassungssystem. Tom Decker ist der Verantwortliche dafür. Er muss festhalten, wann jeder einzelne Troika-Angestellte zur Arbeit kommt und geht. Der erwartete Einsatz ist enorm. "Als einer unserer Künstler, jemand sehr Talentiertes und Wichtiges, eine Woche mit weniger als 80 Stunden einreichte, waren sie nicht gut auf ihn zu sprechen", sagt er.

Jeder Einzelne - Decker betont das noch einmal - arbeitet in der Crunch-Zeit mehr als diese 80 Stunden pro Woche, manche sogar bis zu 120. "Heute ist das für mich schwer zu glauben, aber ich weiß, dass es stimmt, denn ich war dabei", sagt Decker, "ich war 'Die Uhr'".

"Auch wenn es verrückt ist, heute daran zu denken, war es etwas sehr Besonderes, dass so viele Leute auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiteten, so hart, so lange."

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Bloodlines' Schicksal ist eng mit dem von Half-Life 2 verknüpft. Nicht nur, weil es Activision aufgrund der lizenzierten Source-Engine untersagt ist, sein Spiel vor Valves Shooter zu veröffentlichen. Ein besonderer Punkt in dieser Entwicklung ist auch der Diebstahl des Half-Life-2-Quellcodes im Oktober 2003. Zu diesem Zeitpunkt zeigt er der Welt, in welchem Zustand die Engine wirklich ist.

Sie wird aus Sicherheitsgründen nochmals überarbeitet und Half-Life 2 zum zigsten Mal verschoben. Bei Activision macht sich Ungeduld breit. Valve hat die tiefen, vollen Taschen und kann das verschmerzen. Troika nicht. Valve will der Welt ein perfektes Spiel präsentieren, Troika einfach nur in die Spur kommen und Activision endlich Geld verdienen, keines mehr ausgeben.

Durch die ständigen Verschiebungen von Half-Life 2 hängt Bloodlines in der Schwebe. Vorher erscheinen darf es nicht.

"Wir hingen von ihrem Code ab, aber sie hatten weder eine Deadline noch Druck", sagt Tom Decker über Valve. "Activision bezahlte uns und wollte das Spiel bis zu einem bestimmten Termin. Aber wie hätten wir den einhalten können, wenn Valve noch nicht fertig war?" Spätestens irgendwo da scheint Troika einfach auf der Strecke zu bleiben. Der Engine-Code wird nicht mehr auf den aktuellsten Stand gebracht. Wen man auch fragt: Dieser Prozess ist qualvoll. Er ist mit das Schlimmste während der Entwicklung, etwas, das Troika immer wieder zurückwirft. Das Zusammenführen bestehender und neuer Inhalte dauert jedes Mal Monate.

Das Team wird nach mehreren verschobenen Deadlines einfach zermahlen zwischen Valves Perfektionismus und Publisher Activision, der kein Geld mehr nachschießen will.

"Wir wussten mehrere Monate im Voraus, dass Activisions Marketing-Abteilung Bloodlines am selben Tag wie Half-Life 2 veröffentlichen wollte. Ich fragte meinen Manager nach unserer Deadline, um genug Zeit fürs Testen, Herstellen und Ausliefern zu haben", sagt David Mullich.

Troika reicht Mitte September 2004 eine Version ein, die von Activision nach der Qualitätssicherung für die Veröffentlichung abgesegnet wird. Vor Half-Life 2 darf diese nicht in den Läden stehen. "Also überzeugte Troika den Publisher dazu, Geld für eine weitere Woche Entwicklung und noch eine Runde QA-Tests auszugeben", sagt Mullich. "Wir produzierten einige Wochen später einen zweiten Release-Kandidaten, und das war die Version, die Activision auslieferte."

Einer von Rik Schaffers unbenutzten Tracks, der erst viel später mit einem inoffiziellen Fan-Patch in ein restauriertes Gebiet integriert wurde.Auf YouTube ansehen

Es hätte kein halbes Jahr mehr Zeit sein müssen. Zwei Wochen hätten laut Mullich schon gereicht, um es noch halbwegs rund zu kriegen, einige der flatterhaften Animationen zu fixen, sich in Luft auflösende Items, einige Ecken und Kanten auszuwetzen. "Das Problem war, dass unsere Polishing-Deadline längst verstrichen war. Activision wollte nicht das Risiko eingehen, mit zusätzlichem Polishing wieder neue kritische Bugs zu erzeugen, und das bei einem Spiel, das schon Monate hinter dem ursprünglichen Plan lag."

Diese Zeit frustriert Activision. Und sie frustriert vor allem Troika. Es geht dem Ende entgegen. Die Leute berichten von einer grummeligen Stimmung in der letzten Zeit, besonders da kein neues Projekt in Aussicht steht. Als Rik Schaffer eines Tages durchs Büro läuft, erlebt er einen bittersüßen Moment. Leonard Boyarsky sitzt an seinem Schreibtisch, neben ihm Spieldesigner Chad Moore, Jason Anderson zusammengesackt auf einer Couch. Stille herrscht im Raum, die Tür ist geschlossen. "Ich glaube, den Jungs war bereits bewusst, dass ihre Firma in Schwierigkeiten steckt."

"Von Chad wusste ich, dass er mit Jason und Leonard früher in einer Rockband namens Fez Head war. Also ging ich in den Raum und tat so, als wäre ich Gitarrist und gekommen zum Vorspielen für ihre Band", sagt Schaffer. "Das brachte sie für einen kurzen Moment zum Schmunzeln."

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Auch wenn die meisten Befragten heute nicht von Feindseligkeiten zwischen Entwickler und Publisher sprechen, klingt doch an, wie wenig herzlich das Verhältnis gegen Ende der Entwicklung gewesen sein muss. "Irgendwann gingen die Leute [von Troika und Activision] nicht mal mehr zusammen essen", erinnert sich Jeremiah Jones. Und Essen ist auch das Stichwort für eine sehr schräg klingende Geschichte.

Sie erzählt von einem Burger und sagt allein damit, dass sie kursiert, einiges über dieses Verhältnis aus. Alles endet damit, dass Activision rechtliche Fragen in Richtung Troika stellt. Die Angestellten erfahren erst durch diese Fragen von dem angeblichen Vorfall.

Spielte man die Nosferatu in der Urversion, kam es im letzten Drittel zu einem Absturz. Nur einer von vielen Fehlern, die von der Qualitätssicherung in der Zeitnot übersehen wurden.

"Nachdem einer der zugewiesenen Activision-Producer einen bestellten Burger gegessen hatte, wurde er sehr krank. Es war so schlimm, dass er die Arbeit verlassen und nach Hause gehen musste, und das mitten in einer wichtigen Woche mit vielen Entscheidungen. Er dachte, er könnte vergiftet worden sein", berichtet Schaffer.

Die Spuren des zerrütteten Verhältnisses reichen bis ins veröffentlichte Spiel hinein. Im Tutorial-Level etwa gibt es einen Trigger namens "Activision sucks". Woanders im Code findet man Anmerkungen wie diese: "Noch eine beschissene Tutorial-Tür" oder "Es ist 1.30 Uhr und ich bin besoffen. Ist dieses dumme Spiel immer noch nicht ausgeliefert?".

Das wird es. Am 16. November 2004. Am selben Tag wie Valves Shooter. "Activision dachte, die Beliebtheit von Half-Life 2 würde Bloodlines helfen", sagt David Mullich über einen ebenso fatalen wie legendären Irrtum und versichert, dass die Marketing-Abteilung tatsächlich daran glaubte, dies würde funktionieren.

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Zurück bleibt ein Entwicklerstudio, das sich nicht von dem katastrophalen Launch und den schlechten Verkäufen erholt und praktisch bei null beginnen muss. "Zu unserem Nachteil waren wir Activision gegenüber sehr aufrichtig, was unsere Arbeitsstunden angeht", sagt Tom Decker, "das heißt, wir hatten niemanden irgendwo an einem 'geheimen Projekt' zu sitzen oder so etwas." "Eines Tages kam David Mullich zu mir und sagte, er sei sich sicher, wir würden unser nächstes Projekt ankündigen, sobald Vampire fertig ist. Was irgendwie lustig war, denn ich wusste nicht, was er da zu sehen glaubte."

"Du realisiert als Erstes, dass diese wahnsinnigen Arbeitsstunden und all dies endlich, endgültig zu Ende sind", sagt Decker. Die letzten Monate bestehen hauptsächlich daraus, dass manche Leute an den Patches arbeiten und viele kleine Gruppen zugleich versuchen, Demos zu entwickeln, von denen sie hoffen, dass ein Publisher sie mag.

Eines davon ist der Prototyp eines postapokalyptischen Rollenspiels, das nie über Tech-Demo und Pitch-Dokument hinauskommt. "Es sollte dieses Gefühl von Isolation und Überlebenskampf erzeugen, den Mad-Max-Filmen nicht unähnlich", sagt Concept-Artist Chris Glenn. Die Fallout-Lizenz ist im Rennen, geht aber Mitte 2004 woanders hin. "Als wir hörten, dass Bethesda sie kaufen will - lange bevor dies öffentlich wurde -, drängelten wir, um einen Publisher zu finden, mit dem wir es zusammen machen könnten. Aber niemand war interessiert", bedauert Boyarsky. "Nun, sie waren schon interessiert, aber angeblich war der Preis zu hoch. Das könnte natürlich nur eine Ausrede gewesen sein. Wir selbst erfuhren nie aus erster Hand von Interplay, was sie für Fallout haben wollten."

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Andere Troika-Leute arbeiten währenddessen an einer Werewolf-Demo. Es gibt Gespräche mit EA über ein schleichbasiertes Fantasy-Spiel. Dank seiner Interplay-Kontakte kann Tom Decker ein Meeting einberufen, in dem man die Entwicklung von Wasteland 2 diskutiert, das zusammen mit Rechteinhaber Brian Fargo und seinem InXile-Team entstehen könnte, lange bevor die heute bei Spielentwicklern so beliebte Finanzierungsplattform Kickstarter überhaupt existiert.

"Kurzzeitig gab es wirklich die Aussicht, dass wir Wasteland 2 machen könnten", sagt Decker. "Aber es herrschten immer noch kleine Spannungen zwischen den Troika-Gründern und Brian Fargo, und ich denke, diese haben das Projekt getötet, bevor es überhaupt eine Chance hatte".

Eines Tages steht Ubisoft auf der Matte und diskutiert die Möglichkeit eines eigenen Spiels auf Grundlage der Source-Engine. Es hätte ja klappen können: eine damals umwerfende, wahnsinnig attraktive Engine zusammen mit einem Entwickler, der im Umgang mit ihr erfahren ist. Die führenden Troika-Programmierer kommen hinzu - und sagen, sie würden nie wieder mit dieser Engine arbeiten, sondern stattdessen lieber mit einer anderen Third-Party-Technologie. Decker beobachtet: "Man konnte erkennen, wie die Ubisoft-Leute sofort das Interesse in uns verloren".

All die schrägen Typen im nächtlichen Los Angeles sind einer der Gründe, wieso Bloodlines bis heute nicht vergessen ist.

"Solche Dinge haben uns den Todesstoß versetzt", sagt er. "Statt mit einem Publisher an etwas zu arbeiten, was sie wollten, schossen wir uns in den Fuß, indem wir forderten, was wir wollten... und das ist einfach nicht das, was Publisher finanzieren möchten."

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Der größte Fehler Troikas? "Diese Frage stelle ich mir oft", antwortet Boyarsky. Was die Firma und ihre Struktur angeht, vor allem eines: "keinen extra Businesskerl gehabt zu haben", jemanden, der sich nur um Geschäft und Verwaltung kümmert, der Geld ranholt. So einer hätte es vielleicht retten können.

"Jason, Tim und ich waren naiv und dachten, wir könnten den 'Geschäft-führen'-Aspekt minimieren", weiß Boyarsky heute. "Lass uns nicht über die endlos vielen Fehler in dieser Annahme sprechen."

Was Troika nach Vampire eventuell bekommen kann, ist alles nichts Besonderes, nicht groß genug, um eine ganze Firma durchzubringen, und vor allem keine Rollenspiele. "Da war nichts Konkretes. Tim, Jason und ich redeten über Möglichkeiten, von denen wir Gerüchte hörten, eher so im Vorbeigehen und darüber, ob sie spaßig sein könnten, aber keiner von uns wollte Spiele machen, die er nicht selbst gern spielen würde."

Hach, Wasteland 2... Erst vor zwei Wochen erschienen, klasse Spiel, doch wer weiß, was Troika daraus gemacht hätte.

Tom Decker meint: "Die drei hatten eine großartige Vision von dem, was sie erreichen wollten. Es waren diese unerschütterliche Vision und der Widerwille, davon abweichende Jobs anzunehmen, die die Firma von Folgeaufträgen abhielten". Und es klingt im ersten Moment ein bisschen bitter, als er das sagt.

"Ich glaube nicht, dass ich verbittert war", antwortet er zunächst, "nur betrübt". In dieser Zeit, so sagt er, geht viel Talent den Bach runter und etwas mehr Kompromissbereitschaft hätte die Firma vielleicht retten können. "Andererseits empfinde ich großen Respekt für die Gründer, dass sie bei ihren Idealen blieben und fast schon aus Prinzip mit dem Schiff untergingen", meint er und beklagt all die Leute, die plötzlich gehen und einen anderen Job finden müssen. "Heh, ich war ja einer von ihnen", sagt er, "vielleicht war ich doch ein wenig verbittert."

Das letzte Bisschen von Troikas veröffentlichtem Code ist der offizielle Patch 1.2, ein notdürftig die schlimmsten Fehler flickender Verband, der Vampire zum Sterben auf einem Markt zurücklässt, auf dem es nicht bestehen kann. Er erscheint drei Tage vor Heiligabend 2004. Tom Decker ist einer der letzten Verbliebenen in der Firma. Als das Geld ausbleibt, arbeitet er noch einen Monat unentgeltlich im Kampf um einen neuen Deal. Einige bleiben zwei. "Am Ende herrschte eine Menge Traurigkeit... es war die Erkenntnis, dass all wirklich passierte", so Decker.

"Leonard kam zu mir und entschuldigte sich persönlich dafür", sagt er, "das hätte er nicht tun müssen. Solche Dinge geschehen eben, Firmen werden geschlossen. Aber er schien selbst so überrascht, dass das gerade passierte, und es tat ihm ehrlich leid, dass es die Leben so vieler Leute beeinflussen würde."

Am Ende sind nur noch die drei Gründer da. "Es schien sich eine ziemlich große Kluft zwischen ihnen gebildet zu haben, und es schien, als würde es sehr hart werden, diese zu überbrücken, egal was auch passieren mag", beschreibt Decker aus seiner Beobachterperspektive und danach, wie wenig Freundlichkeit zwischen ihnen nur noch herrscht. "Welches Feuer sie auch immer in der frühen Zeit antrieb, es schien verloschen zu sein."

Am 25. Februar 2005 schließt Troika offiziell seine Pforten.

Ihr werdet vermisst.

Vergessen ist die Zeit davor sicher nicht, auch wenn sie bei Boyarsky und seinen Kollegen ein paar der schwersten Wunden hinterließ, für einige gar zum Trauma wurde. "Die schwache Entscheidungsfindung vonseiten Troikas traf auf eine ebenso schwache Entscheidungsfindung von Activision. All das gipfelte im Niedergang einer Firma, die zum großartigen Entwicklungsstudio für einen damals schon gigantischen Publisher hätte werden können", meint Jeremiah Jones. "Im Rückblick war es eine fantastische Lernerfahrung, wie man Videospiele nicht entwickeln sollte."

Rik Schaffer wird wohl trotzdem sein ganzes Leben von diesem Job schwärmen. "Du kannst nie genau vorhersagen, wann du deine beste Arbeit abliefern wirst, doch genau das ist Bloodlines geworden: meine beste Arbeit. Selbst heute noch bekomme ich fast jede Woche Post von Leuten, denen die Musik gefällt", erklärt er. "Mein Leben war ein Wrack, als einige der Bloodlines-Kompositionen entstanden. Ich führte ein Leben voller Verzweiflung und ohne Hoffnung, fast so wie ein Vampir."

Leonard Boyarsky arbeitet nun schon seit Jahren in führender Position bei Blizzard Entertainment, und das ganz ohne Zwang, sich um Investoren kümmern zu müssen. "Zu lesen, was die Leute heute mit dem Spiel anstellen oder welche Aspekte sie daran liebten, macht mich immer glücklich", sagt er.

"Es erinnert mich daran, dass unsere Bemühungen nicht komplett vergebens waren."

Hier beginnt die Geschichte von einem deutschen Chemiker und seinen Bemühungen, diesen Klassiker zehn Jahre lang am Leben zu halten.

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