Velocity 2X: Wenn Millionen Downloads nicht für eine Fortsetzung ausreichen
Im Gespräch mit Game Director James Marsden.
"Wenn ihr die Fortsetzung zu Velocity 2X mit allem drum und dran sehen möchtet, an der wir insgeheim seit Jahren arbeiten, ist es nötig, dass ihr Velocity 2X auf der Switch kauft", lautet die klare Ansage von Entwickler FuturLab. Und das hat gute Gründe, die der turbulenten Vergangenheit des Spiels geschuldet sind. Vorneweg: Velocity 2X ist ein gutes Spiel, wie euch zum Beispiel Alex' Test aus dem Jahr 2014 bescheinigt. Gute Bewertungen bedeuten im Umkehrschluss aber nicht immer gute Verkaufszahlen.
Über die Leidensgeschichte des Spiels ließen sich die Entwickler vor kurzem auf Twitter aus. Die Veröffentlichung via PlayStation Plus auf PS4 und Vita sei zwar toll für die Download-Zahlen gewesen, für Publisher zählten jedoch mehr die realen Verkäufe. Eine große Spielerbasis bringt in diesem Fall wenig, wenn die wenigsten dafür zahlten. Die PC-Version des Spiels erschien am gleichen Wochenende wie Windows 10, was für einen verheerenden Bug bei Verwendung einer Nvidia-Karte sorgte. Die Entwickler brauchten ein Jahr, um das zu lösen - bis dahin war die PC-Fassung gefloppt.
Die Zusammenarbeit mit Publisher Badland für Handelsversionen auf PS4 und Vita bezeichnet das Studio als "öffentliches Desaster", mit einem weiteren Cent sei infolge dieser Kooperation nicht zu rechnen. Wiederholt versuchte FuturLab, einen Deal für eine Fortsetzung zu bekommen. Daher arbeitet das Studio jetzt mit Curve Digital zusammen, die die Switch-Fassung von Velocity 2X vertreiben. Ist diese erfolgreich, besteht die Hoffnung, dass Curve eine Fortsetzung finanziert.
"Das ist aller Voraussicht nach unsere letzte Chance auf eine verdiente Fortsetzung", betont das Studio. Was nicht heißt, dass Velocity Supernova - so der geplante Name -, in den letzten Jahren im stillen Kämmerlein entstand. "Wir haben nicht jahrelang am Spiel gearbeitet, sondern daran, es bei einem Publisher unterzubringen", sagt FuturLabs Game Director James Marsden im Gespräch mit Eurogamer.de. "Wir brauchten rund ein Jahr für den Prototyp und unterstützende Video-Assets, sechs weitere Monate, um unser Material für den Pitch in Form zu bringen. Seitdem reisten wir zu all den Konferenzen und trafen all die Publisher. Wir waren viel unterwegs, an der Entwicklung des Spiels arbeiteten wir nicht. Das können wir uns nicht leisten. Wir sind ein kleines Team mit bescheidenen finanziellen Mitteln. Es gilt, an finanzierten Projekten zu arbeiten, damit die Lichter nicht ausgehen."
Eine weitere Möglichkeit wäre, sich über Kickstarter oder Fig via Crowdfunding direkt an die Fans zu wenden. Dazu ist Marsden bislang nicht bereit, möglich sei es jedoch. "Es ist die letzte Option", betont er. Da viele Indie-Spiele auf der Switch Erfolg hatten, ist es im Bereich des Möglichen, dass Velocity 2X dort die verdiente Anerkennung erhält. Hier müsse das Studio abwarten und schauen, was passiert.
Die ursprüngliche Idee für Velocity 2X bestand darin, das Shoot-'em-up-Genre um neue Ideen zu bereichern. "Zuvor hatten wir ein Spiel namens Coconut Dodge entwickelt, in dem eine winzige Krabbe sich in drei verschiedenen Tempostufen bewegte, um herabregnenden Kokosnüssen auszuweichen", erzählt er. "Diese Kernmechaniken konnten wir einfach durch eine Teleportationssteuerung ersetzen. Und aus den Kokosnüssen machten wir eine Raumstation. Klingt bescheuert, doch durch den vorhanden Code war das ein Kinderspiel."
"Sobald wir uns entschieden hatten, einen Space-Shooter mit Teleportation zu machen, gab es tonnenweise Probleme zu lösen", ergänzt Marsden. "Jedes davon führte zu einem Durchbruch im Design, sodass wir schnell die Grundpfeiler des Shoot-'em-up-Genres hinter uns ließen und etwas wirklich Neues erschufen. Wir hatten eine Pilotin, de irre Tricks in ihrem Raumschiff vollführte, und stellten uns vor, wozu sie zu Fuß in der Lage wäre."
Die Schwierigkeit bei der Umsetzung dieses Konzepts bestand darin, die Spieler die Umgebung einschätzen und gleichzeitig Teleportationen durchführen zu lassen. Und das auf einem horizontal scrollenden Bildschirm, bei dem nach vorne nicht viel zu sehen ist.
"Wir mussten alles standardmäßig langsam scrollen lassen, damit es dem Spieler möglich ist, das Terrain vor ihm zu erfassen und durchdachte Entscheidungen zu treffen", erklärt er. "Das bedeutete zugleich, dass das Spiel so langsam zu spielen war, vor allem wenn du es erneut spieltest und dir bewusst war, was vor dir liegt. Daher fügten wir den Scroll Boost hinzu, mit dem der Hintergrund unabhängig vom Schiff beschleunigt. Das ist ein sonderbares Feature, das es meines Wissens nach so in keinem anderen Spiel gibt. Den Spielern ist es damit möglich, sich in ihrem gewünschten Tempo durch die Level zu bewegen. Bei mir ging das, als ich die Level gestaltete, immer sehr, sehr schnell vonstatten."
Von der eigentlichen Idee bis hin zum finalen Spiel habe es nach Angaben von Marsden wenig Änderungen am Kern des Gameplays gegeben. Das Team strich einen großen Teil der Geschichte am Ende und ebenso fiel ein weiterer Schauplatz der Schere zum Opfer. Von den geplanten Features sei nahezu jedes im Spiel gelandet.
Als Inspiration für den Grafikstil von Velocity 2X benennt Marsden den Klassiker Flashback und die Tatsache, dass es notwendig war, einen Stil zu verwenden, der mit einem kleinen Team wirtschaftlich sinnvoll umzusetzen war. Unterstützung findet das Geschehen auf dem Bildschirm durch den Electronic-Soundtrack von Komponist Joris de Man.
"Bei elektronischer Musik gibt es keinerlei Verbindungen zur realen Welt", erklärt Marsden. "Bei Gitarren stellst du dir zum Beispiel eine Person vor, die sie spielt. Bei elektronischer Musik kommen dir außerweltliche Kreaturen oder Technologie in den Sinn, sie entfacht sogleich deine Vorstellungskraft, was im Allgemeinen wichtig für Science-Fiction ist."
Dankbar zeigt er sich gegenüber Sony. Das Studio sei in einer glücklichen Position gewesen, um von Sony die für die Produktion nötige Unterstützung zu erhalten. Ohne diese und ihren Glauben an die Ideen der Entwickler wäre das nicht möglich gewesen. Rückblickend wünscht er sich, dass es mehr Spieltests gegeben hätte. So entgingen ihnen einige problematische Stellen, an denen weniger erfahrene Spieler Probleme haben, mit dem Teleporter zu zielen. "Es verlangsamt die Action", merkt er an. "Wenn ich könnte, würde ich definitiv zurückgehen und das ändern."
Schwierigkeiten bei der Portierung auf die Switch habe es nicht gegeben, was der Multi-Plattform-Engine zu verdanken sei. Am Spiel ändert sich dabei nichts, Anpassungen gibt es bei der Tastenbelegung. Die Teleportation gehe damit einfacher von der Hand als auf anderen Plattformen. Ein cooles Feature der Switch-Version sei die Möglichkeit, die Joy-Con abzunehmen.
"Das Spiel erfordert viele schnelle Eingaben, du drückst viele Buttons in schneller Folge", erläutert Marsden. "Das führt zu 'Klauenhänden', wenn du bei den anderen Controllern nicht vorsichtig bist. Mit den Joy-Cons hast du die Möglichkeit, das Spiel mit deinen Händen und Armgelenken absolut entspannt zu spielen. Es ist eine Zen-artige Erfahrung, da das Interface zwischen den Gedanken des Spielers und der Action im Spiel verschwindet."
Das Resultat ist ein tolles Spiel mit einem wunderbaren Soundtrack, das sich entspannt spielen lässt. Wenn ihr euch davon überzeugen möchtet, findet ihr Velocity 2X jetzt im eShop der Switch.