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Verein 'Mediengewalt': Offener Brief des VDVC 'unglaubwürdig und verlogen'

Verbale Attacken gegen Spieler

Nach dem offenen Brief des VDVC an das Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden und der ersten Reaktion darauf hat sich das AAW nun auch die Meinungen von Dr. Rudolf H. Weiß und Dr. Werner Hopf eingeholt, beide Vorstandsmitglieder des Vereins "Mediengewalt – Internationale Forschung und Beratung e.V."

Zu finden sind darin allen voran verbale Attacken gegen Spieler, unter anderem bezichtigt man den VDVC der Lüge und bezeichnet den offenen Brief als "unglaubwürdig und verlogen".

Die "persönliche Erwiderung" von Dr. Rudolf H. Weiß sieht wie folgt aus:

Abhängige Gamer sind eigentlich bedauernswerte Menschen- fast so wie die Raucher. Letztere werden mitleidig belächelt, wenn sie bei klirrender Kälte vor der Kneipe stehen und an ihrem Glimmstengel ziehen, von manchen werden sie sogar geächtet und gemieden. Viele schämen sich wegen dieser Sucht und manche lassen deshalb sogar von ihrem Laster ab. Warum sollte es bei abhängigen Gamern anders sein, wenn sie bei schönstem Sonnenschein in einem abgedunkelten Raum stundenlang ihrer Leidenschaft frönen , wenn sie nicht mehr merken, dass es Jahreszeiten gibt und im Frühling die Natur erwacht, wenn sie nur noch in ihrem Zirkel von Gleichabhängigen im virtuellen Kriegsgetümmel kommunizieren oder auch gar keine Kontakte mehr haben und andere Lebensbereiche total vernachlässigen – z.B. auch die Freundin oder den Freund – und sich dann noch wundern, wenn man über sie den Kopf schüttelt oder gar verachtet.

In Familien wo sich dies bei vielen Jugendlichen ereignet kommt es nicht selten zu dramatischen Entwicklungen, vor allem dann, wenn die Eltern das „Suchtmittel" wegen der nachlassenden Schulleistungen entziehen wollen. Die meisten Eltern geben dann klein bei, weil sie die folgenden Aggressionen nicht ertragen können, einige bleiben hart und nehmen lieber einen Bruch in Kauf. Aber daraus entwickeln sich viele in Schule und später im Beruf gescheiterte Existenzen. Aus dieser Erkenntnis erkläre ich mir auch die unbeschreiblichen verbalen Aggressionen, die wir als Wissenschaftler erfahren müssen, nicht selten verbunden mit Beschimpfungen und Beleidigungen bis hin zu versteckten Morddrohungen – nur weil wir aufgrund unserer Analysen auf die Ursachen solcher Fehlentwicklungen aufmerksam machen.

Wenn wir dann noch die „Unverschämtheit" besitzen, politische Entscheidungsträger auf solche Zusammenhänge, vor allem in Bezug auf die zunehmende Jugendgewalt, aufmerksam zu machen, eskalieren die Aggressionen. Niemand von uns will die Betroffenen stigmatisieren oder gar kriminalisieren. Schon gar nicht, wenn es sich um Erwachsene handelt. Wenn die sich aber betroffen fühlen, nur weil wir verhindern wollen, dass immer mehr Jugendliche und auch Kinder in diesen Abhängigkeitssog von Gewaltspielen geraten, hat das schon etwas mit einem Realitätsverlust zu tun.

Deshalb wehren wir uns entschieden dagegen, wenn man erwartet, unsere Erkenntnisse für uns in einer Art wissenschaftlichen Elfenbeinturm zu bewahren und sie der Öffentlichkeit vor zu enthalten. Insbesondere die leidgeprüften Eltern des Schulmassakers von Winnenden würden dies nicht verstehen und erwarten sich eine derartige Unterstützung.

Dr. Werner Hopf führt dann noch weitere "Argumente" auf:

Nachdem ich den Offenen Brief las, war mein erster Gedanke: Wieder die alten Kamellen und keine neuen Argumente. Die offensichtlichen Lügen hinsichtlich der Wirkungsforschung werden wiederholt und der Versuch ist mehr als peinlich, die AAW zum Schluss zu umarmen: Wir sind doch alle Pazifisten.

 

Hier einige Argumente:

 

1. Sachlichkeit: Wer die Ergebnisse der Wirkungsforschung zu Computergewaltspielen leugnet, ist unsachlich und ignorant.

 

2. Ein Verbot sei unverantwortlich: Der Begriff mündiger Bürger wird hier missbraucht. Der Begriff ist definiert durch politisch-ethische Inhalte und nicht durch die juristische Altersgrenze des Status des Erwachsenenseins mit 18 Jahren.  Ein mündiger Bürger ist sich der Gefahren und Wirkungen von Mediengewalt bewusst und handelt gesellschaftlich verantungsvoll, indem er die Verbreitung derartiger menschenverachtender und unethischer Medieninhalte verurteilt und verhindert, soweit er kann.

 

3. Ein Hobby, das virtuelles Töten und andere Verbrechen zum Zeitvertreib macht, ist kein Hobby oder Spiel, sondern Simulation von Krieg und Gewalt.

 

4. Unkontrollierbarkeit eines Verbots: 50 % der Eltern kümmern sich nicht um den Medienkonsum ihrer Kinder und Jugendlichen. Dies belegen eine Reihe von Nutzungsstudien in den vergangenen Jahren. Das betrifft etwa 3-4 Millionen der Heranwachsenden. Allein sie zu schützen und den Eltern ein klares Signal zu geben - dafür ist ein Verbot notwendig. Weder ist der heutige Verkauf im Einzelhandel kontrollierbar noch das Internet. Jeder Jugendliche bekommt das Gewaltspiel, das er will, weil das Angebot und der Vertrieb ohne wirksame Begrenzung sind. Nur ein Verbot kann eine Grenze setzen.

 

5. Spieler wissen Realität und Virtualität zu unterscheiden: Das behauptet jeder Spieler (third-person-effect). Selbstberichte von Spielern belegen eindeutig, dass die Innenbilder, die durch Mediengewalt geschaffen werden, die Wahrnehmung der Realität stark beeinflussen. Oder glauben die Briefeschreiber, dass ihr Denken und Fühlen durch Werbung, Fernsehen und andere Medien weder geprägt noch beeinflusst sind? Die selbstüberschätzende Alltagspsychologie der Briefeschreiber zeugt von ihrer Bewusstlosigkeit.

 

6. "Wir wissen genau..." Sie wissen eben nicht genau, was in ihrem Unbewussten und in ihrem Gedächtnis gespeichert wird. Daher ist es kein Wissen, sondern ihr Glaube.

 

7. Keine kausalen Zusammenhänge: Eine LÜGE! Allein die letzte Metaanalyse von Anderson et al (2010) belegte die Kausalität von Videogewaltspielen hinsichtlich der  Erhöhung von Aggression und Gewalt bei Jugendlichen in Ost und West. Das zu verschweigen in einem offenen Brief ist Manipulation der Öffentlichkeit.

 

8. Gesellschaftliche Ursachen: Tim K. hatte keine Statusprobleme genau wie viele andere Amokläufer. Ihre schwerwiegenden Probleme sind bei Millionen anderer Menschen vorhanden, die nicht Amok laufen, aber wahrscheinlich keine Gewaltspiele spielen. Die Behauptung, dass allein die gesellschaftlichen Ursachen (in Wirklichkeit sind es familiäre Ursachen) relevant seien, zeigt nur die Problemverschiebung: Mediengewalt ist eine zentrale Ursache für Gewalt im Kontext anderer Ursachen. Mediengewalt kann die Handlungsfolie für den Gewaltausbruch und die Taten liefern.

 

9. Verbot: Es geht um die Brutalisierung der Kinder und Jugend generell. Amokläufe sind nur die Spitze dieser Brutalisierung.

 

10. In der Zeitschrift "making games Magazin" 02/2010 schreibt ein Spieleentwickler: "Es gibt noch einen Grund, warum Spieleentwickler gewalthaltige Inhalte in ihre Produkte integrieren: Die Spieler fordern es! Nennen sie es Blutrünstigkeit oder schieben Sie es auf die abgestumpften, unreifen Brutalos..." Weil die Briefeschreiber nicht über die wirklichen Motive der Killerspieler schreiben, ist der Brief unglaubwürdig und verlogen.

 

11. „Wir sind friedliche Menschen..."  Der Widerspruch zwischen Handeln und „friedlichen" Selbstbildern könnte nicht deutlicher bewiesen werden durch die hasserfüllten Reaktionen der so friedlichen Gamer, wenn ihr Gewaltvergnügen kritisiert oder ihnen weggenommen wird! Die Morddrohungen gegen Christian Berg und andere belegt die Verlogenheit dieses Briefes. Dieses „friedliche" Selbstbild kann nur als Lebenslüge bezeichnet werden.

 

12. Sucht (in Korea und anderen Ländern sind Suchtkliniken für Spieler schon „Normalität"): "Rechnet man auf der anderen Seite die Schätzungen hinsichtlich Abhängigkeit und Gefährdung durch Computerspiele nach den konservativen KFN-Daten auf die 14- bis 18-Jährigen der deutschen Bevölkerung (ca. 3,5 Millionen Personen) um, so beträgt die Anzahl von einer Computerspielabhängigkeit betroffenen Jugendlichen 59 670 und die Anzahl der gefährdeten Jugendlichen weitere 98 280 Personen. Damit sind beträchtliche individuelle und allgemeine Kosten verbunden: Die Chancen auf einen guten Start in das Leben werden aufgrund schlechter Schulleistungen, entsprechender Schulabbrüche und der Chronifizierung von Persönlichkeitsproblemen aufs Spiel gesetzt bzw. auch vertan. Und die Allgemeinheit wird durch Gesundheits- bzw. Therapiekosten beträchtlich belastet." (Lukesch 2010) Wollen die Briefeschreiber von der Suchtproblematik und dem Suchtpotential der Computerspiele nichts wissen oder wird neben den Gewaltwirkungen auch dieses zentrale Problem ignoriert, weil es zu heiß ist?

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