Virtua Tennis 2009
Spiel, Satz, SEGA
Nach Pro Evolution Soccer hat es sich also auch Virtua Tennis im illustren Kreis der Sportspiele mit Jahreszahlen dahinter gemütlich gemacht. Mit dem Unterschied natürlich, dass von Pro Evo ohnehin in jedem Herbst ein neues erscheint - ob es nun eine Seriennummer oder das aktuelle Jahr des Herrn auf dem Cover spazieren trägt. Bei Virtua Tennis war das bislang aber anders.
Die Serie existiert seit 1999 und hat seither nur drei vollwertige Episoden hervorgebracht, mit dem am Freitag erscheinenden 2009er sind es vier. Ob das "2009"-Anhängsel jetzt bedeutet, dass diese Veröffentlichungspolitik ab sofort auf einen Jahresturnus umgestellt wird? Ganz ehrlich: Hoffentlich nicht.
Denn die Änderungen am 2009er rechtfertigen nach knapp zwei Jahren Virtua Tennis 3 durchaus die Neuanschaffung, jährliche Detailverbesserungen muss es bei einem ohnehin schon so gekonnt auf das Wesentliche reduzierten Sportspiel aber wirklich nicht unbedingt geben. Ein Virtua Tennis war bislang immer gut genug, um der Konkurrenz auch ohne drohend angekündigte Geschwister mindestens über zwei Jahre hinweg ein blaues Auge zu verpassen - selbst der erste Dreamcast-Aufschlag spielt sich ja heute noch ganz formidabel.
Das liegt vor allem an dem wunderbaren Spagat zwischen Zugänglichkeit auf der einen und Spieltiefe auf der anderen Seite, den SEGAs AM-3-Studio seinerzeit vorgegeben hat. Und auch wenn die Marke mittlerweile in den Händen der Engländer von Sumo Digital ist, ist es einfach so:
Wirklich jeder kann Virtua Tennis spielen und aus dem Stegreif heraus ansehnliche Ballwechsel auf Rasen, Sand oder blauem Teppich hinlegen, während besonnene Experten weniger versierte Ballprügler jederzeit klar beherrschen. Easy to learn, hard to master - das oberste Arcade-Gebot ist das, das auch auf Heimkonsolen ohne Abstriche toll funktioniert.
In diesem Jahr gibt es sogar noch einen Tick mehr Spieltiefe: Sumo Digital scheint die markanten Hechtrollen herausgenommen zu haben. Allerdings kann ich darin nicht wirklich einen Nachteil sehen. Das neue System beinhaltet zahlreiche verschieden knappe "gerade noch"-Stolperanimationen. Die sehen nicht nur toll aus, sondern kosten Spieler mit schlechtem Stellungsspiel und Timing unterschiedlich viel Zeit und belohnen deren Gegenüber angemessen für harte, platzierte Schläge. Dieser Schritt in die "ernstere Richtung" - ohne jetzt den Begriff Simulation in den Mund nehmen zu wollen - bringt Virtua Tennis 2009 noch näher an den Kern des Sports heran.
Echte Sieger glänzen durch den Willen, das Spiel zu machen, ihr Tempo zu diktieren und Initiative zu ergreifen. Und zuletzt genannte gibt man eben ab, wenn man schlecht zum Ball steht. Man kann nur noch reagieren und den Gegner bedienen, muss sich von ihm dominieren lassen, bis man ihn mit einem ähnlich platzierten Kraftakt überraschen kann und sich die Initiative zurück erkämpft.
Ansonsten ist alles beim schnellen, dynamischen Alten. Virtua Tennis räumt auch 2009 aufmerksamen Spielern zwischen Netz und Grundlinie, Volley und Grundschlag, Slice, Topspin und Lob genügend taktische Entscheidungen auf dem Court ein, dass diese mit ihren Rackets klare Skill-Linien zwischen abgezockten Könnern und Feierabend-Newbies ziehen können. Und zwar ohne dass sich eine der Parteien wirklich Sorgen machen müsste, den Ball ins Netz oder ins Aus zu schlagen. Das passiert nämlich unglaublich selten.
Stattdessen kann man sich vollends auf das Aufladen des Schlages konzentrieren, darauf mit der starken Vorhand zurückzuspielen und - ebenfalls wichtiger als zuvor - den Ball möglichst am höchsten Punkt seiner Flugbahn zu treffen. Denn nur dann packt Euer Filzjäger die richtig harten Bomben aus. Ihr seht: Virtua Tennis 2009 ist auf dem Platz gewohntes Referenzmaterial und man muss nicht Ion Tiriac sein, um ihm ein langes Leben und eine Menge Fanboy-Liebe voherzusagen.