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Virtua Tennis 4

SEGAs Return

Kaum zu glauben, dass es schon mehr als zehn Jahre her ist, dass man als SEGA-Fan seine Freunde auf ungezählte Flaschen Koffein-Brause einlud, um sich die Nacht mit Virtua Tennis auf der Dreamcast um die Ohren zu schlagen. Wenn man bedenkt, wie viele Konkurrenten SEGAs Vorzeige-Tennis im Laufe der Zeit überlebt hat, könnte man meinen, dass die Marke nach wie vor das Nonplusultra ist, wenn es darum geht, in möglichst rasanter Manier ein gelbes Stück Filz hin und her zu prügeln, bis einer daneben schlägt.

Doch im Grunde ist das schon lange nicht mehr wahr. Schon seit 2003 schickt 2K mit Top Spin einen mehr als würdigen Konkurrenten um die Krone der halbwegs authentischen Tennisspiele ins Rennen, der dafür sorgt, dass sich SEGA richtig anstrengen muss, seine Gefolgschaft bei Laune zu halten. Diese "Qualitätssicherung von außen" bewirkt, dass Virtua Tennis in diesem Jahr sogar mehr tut als in den Ausgaben zuvor. Der Vergleich mit dem unter 2K Czech stark aufspielenden Top Spin 4, das bereits seit Mitte März zu haben ist, fällt aber trotzdem nicht in allen Kategorien positiv für die Japaner aus.

Der Fairness halber muss man sagen, dass die Spiele ihren Sport im Grunde recht unterschiedlich interpretieren. Wo Top Spin 4 Laufarbeit, Schlagtechnik und Stellungsspiel gleichermaßen fordert, mag SEGA sein Tennis schnell und actionreich und gibt damit Reaktionen und flinke Beine als wichtigste Devisen aus.

Die Charaktermodelle können sich sehen lassen. Später auftretende Schweiß-Effekte sehen allerdings... unvorteilhaft aus.

Wie gehabt kommt Virtua Tennis mit erstaunlich wenigen Tasten aus. Dank der neuen "Super Shot"-Funktion sind es nun derer vier. Mithilfe von Topspin, Slice und Lob entwickeln sich zumindest gegen die CPU stante pede schnelle und lange Ballwechsel, für die man nicht großartig üben muss. Eine Tugend aus Spielhallen-Zeiten, die bis heute die maximale Zugänglichkeit gewährleistet.

Dennoch geizt das Spiel nicht mit Tiefe. Das stellt man vor allem fest, wenn man sich dem Online-Modus zuwendet. Hier bekommt man in den wunderbar lagfreien Matches schnell mit (Wartezeiten bis ein menschlicher Kontrahent erscheint, werden cleverer Weise im Arcade-Modus überbrückt), welcher Spieler die Eigenarten der Engine besser verinnerlicht hat, wer Willens ist, das Spiel zu machen, oder wer lediglich reagiert. Es ist durchaus bewundernswert, wie schnell der schlanke Spielablauf des Titels zu befriedigenden Ergebnissen führt. Unterm Strich ist es aber dennoch Top Spin 4, das Spielern auf lange Sicht mehr Raum lässt, zu besseren (Videospiel-)Tenniscracks zu werden.

Wie dort Stellungsspiel und Timing eures Schlages Einfluss auf die Qualität eurer Bälle nimmt, das lässt das vereinfachte Spielmodell des SEGA-Produktes bei all seiner simplifizierten Eleganz ein wenig gestrig wirken. Spätestens, wenn man in Top Spin 4 bemerkt, dass man tatsächlich jeden Ball schon in dem Moment einschätzen kann, in dem der Daumen die Taste verlässt, weiß man, dass hier eine Dynamik und ein Feedback bekommt, das es sonst nirgends gibt.

Das schnellste Tennisspiel auf dem Markt bleibt seinen Wurzeln treu.

Auch resultiert das komplexere Schlagverhalten bei der 2K-Konkurrenz in abwechslungsreicheren Ballwechseln, bei denen die Machtverhältnisse öfter und drastischer kippen. Netz und Auslinien spielen bei VT seit jeher eh nur in absoluten Ausnahmefällen eine Rolle, was die Spannung ebenfalls ein wenig im Zaum hält.

Eine gute Ergänzung des Arcade-Tennis ist allerdings das neue Super-Shot-System. Spielt entsprechend des Stils eures Athleten (starke Rückhand, starke Vorhand, Grundschläge, Starker Aufschlag, etc.) und ihr ladet die Power-Shot-Anzeige oben am Bildschirm auf. Ist die Leiste einmal gefüllt, bleibt es euch überlassen, wann ihr den besonders starken und gezielten Superschlag ablasst. Dadurch kommt ein Quäntchen mehr Unkalkulierbarkeit ins Spiel, was auf hohem Niveau geführte Matches gegen menschliche Kontrahenten eine gewisse Würze verleiht, ohne die Balance zu sehr zu gefährden. Allerdings sollte man als allererstes die hübsch anzusehende, aber Spielfluss-raubende Zeitlupe dieser Schläge abschalten.

Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Virtua Tennis 4

PS3, Xbox 360, PlayStation Vita, Nintendo Wii, PC

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