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Vita-Test - Digital Foundrys Analyse der PlayStation Vita

Eine tiefgreifende Analyse von Sonys neuestem großen Handheld

Near ist vermutlich die originellste der vielen vorinstallierten Apps. Im Grunde dient es als Logbuch, das drei Dinge aufzeichnet: Spielfortschritt, die Zeit und Distanz, die ihr an einem Tag zurückgelegt habt und die Rekorde anderer, naher Vita-User. Es ist Sonys Äquivalent zum Spot-Pass des 3DS, allerdings macht die Möglichkeit einer Verbindung über 3G es zum verlockenden Angebot für Pendler.

"Die Screenshot-Funktion ist ein weiteres Feature, das von den meisten Spielen unterstützt wird. Ein einfacher Druck auf Start und den PlayStation-Button legt den aktuellen Frame als JPEG auf der Speicherkarte ab. "

Wenn man sich die anderen Apps ansieht, bekommt man das Gefühl, dass sehr viele von ihnen kombiniert hätten werden können, um eine vereinfachte Benutzerführung zu ermöglichen. Besonders die selbsterklärenden Party, Freunde, Gruppennachrichten und Trophäen eint das Wechselspiel der User. Im Sinne der Zugänglichkeit hätten diese zusammengefasst werden können. Stattdessen muss man für jede App einzeln ein Fenster öffnen, wobei die meisten Applikationen bei Bedarf an andere weiterleiten. Das ist dank des schnellen OS deutlich weniger anstrengend als es hätte sein können, und dass man sie alle gleichzeitig parallel zu einem Spiel laufen lassen kann, ist eine große Erleichterung. Aber irgendwo ist es immer noch eine vertane Chance.

Für sich genommen funktioniert jede der zentralen sozialen Apps der Vita gut. Aber viele von ihnen hätten miteinander zu einer größeren ,Social-App' kombiniert werden können.

Medienwiedergabe

Auf Seiten der Medienwiedergabe gibt es individuelle Apps für Musik, Bilder und Videos. Besonders die Wiedergabe letzterer sticht hervor, alleine schon wegen des hochwertigen Bildschirms. Die Vita dekodiert 720p-MP4-Dateien mit Freuden und skaliert sie herunter auf die eigene Auflösung, ohne sichtbare Artefaktbildung, auch wenn die einst versprochenen 1080p-Dateien noch nicht unterstützt werden. Was die Formate angeht, gibt es einige Beschränkungen. Weit verbreitete Video-Container wie AVI oder MKV kann man nicht einmal auf die Konsole transferieren. Ein wenig enttäuschend, auch wenn sich das mit einem zukünftigen Firmware-Update ändern könnte.

Die Foto-App zu öffnen, erlegt euch entweder die Kontrolle der beiden 640x480-Kameras der Vita auf, von denen keine besonders gute Bildqualität gewährleistet. Als lustiger Bonus in Spielen wie dem von WarioWare inspirierten Frobisher Says! funktionieren sie definitiv gut. Bei einem albernen Mini-Spiel wird man gegen Punkte zum Grinsen aufgefordert. In Spielen wie WipEout 2048 werden die Kameras genutzt, um vor den Rennen Schnappschüsse für euren Avatar zu machen, wenn ihr möchtet. Die Körnigkeit der Bilder macht die Anwendung der Kamera in dunkleren Räumen unmöglich, aber qualitativ hochwertige Kameras mit guten Linsen sind für eine tragbare Spielekonsole sicher keine Voraussetzung, hier geht es schließlich nur um Spaß.

Jegliche Videos, Fotos oder Screenshots können auch im Content Manager angesehen werden, einem zentralen Medien-Hub, der zugleich die Verbindung zu PC oder PS3 herstellt. Unglücklicherweise ist es nicht möglich, die Dateien direkt per "Drag and Drop" vom PC zu transferieren, weil Sony die clientseitige Installation eines Programmes verlangt, bevor ihr die Geräte synchronisieren könnt. Die gute Nachricht ist, dass es sich um eine recht schlanke Anwendung handelt, weil das Transferieren selbst mittels der Vita passiert. Zudem könnt ihr über diese App Backups von Spielen, Programmen oder dem kompletten Memory Stick erstellen. Das kann allerdings etwas dauern. 10 GB an Daten machten den Sprung von der einen auf die andere Plattform in rund 40 Minuten.

Der Webbrowser

" Die Vita dekodiert 720p MP4-Dateien mit Freuden und skaliert sie herunter auf die eigene Auflösung, ohne sichtbare Artefaktbildung, auch wenn die einst versprochenen 1080p-Dateien noch nicht unterstützt werden."

Um es kurz zu machen: Das Browsen, das hier geboten wird, ist nicht so gut wie es sein sollte. Sony setzt einmal mehr auf die suboptimale Net-Front-Software, die sich schon auf der PS3 nicht besonders gut geschlagen hat. Die Seiten laden nicht so schnell, wie wir es gerne hätten und ein Schachbrettmuster macht sich jedes Mal eine gute Sekunde lang breit, wann immer wir unsere Aufmerksamkeit per Pinch oder Ziehen auf neuen Content richteten.

Als wäre dies nicht genug, versagt Adobe dem Gerät aktuell offenbar weiterhin den Flash-Support, obwohl Sonys Leiter von Division Two, Muneki Shimada, bereits zu Protokoll gab, dass man noch immer auf eine Kollaboration aus sei. Die andere schlechte Neuigkeit ist, dass dies eine der wenigen Apps ist, die nicht laufen kann, wenn gleichzeitig ein Spiel im Gange ist. Dadurch wird der Browser nutzlos, für den Fall, dass ihr in einem Spiel feststeckt und eben eine Komplettlösung zu Rate ziehen wollt. Wir vermuten, dass es schlicht zu viel RAM erfordert, gleichzeitig mit Spielen zu laufen.

Die Navigation im Web mittels Touchscreen ist sehr funktional, aber das Scrollen dauert bei größeren Seiten viel zu lang, wodurch das Browsen zur Geduldsprobe wird. Auch der fehlende Flash-Support dämpft die Freude.

Hat die App Potential? Ja, sobald man sich an diese Enttäuschungen gewöhnt, ist die Funktionalität des Browsers stimmig. Obwohl sich viele gewöhnliche Hände angesichts der Größe des Geräts wohl strecken müssen, um die Mitte der virtuellen Tastatur zu erreichen, reagieren die Buttons selbst unverzüglich und wenn man einen Link anklickt, wird das selten falsch verstanden. Außerdem: Sobald die Seiten komplett aufgebaut sind, sehen Texte und Bilder sehr scharf und klar aus. Dies ist der Bereich, in dem am dringendsten nachgebessert werden muss, gerade weil es die Gaming-Seite des Vita-Erlebnisses gut ergänzen könnte.

Wie dem auch sei, gegen die Browser von Android- und iOS-Geräten kommt man um die Erkenntnis nicht umhin, dass die Vita hier unter den Erwartungen bleibt, und zwar in einem zentralen Stück Software, das von vorneherein vielleicht ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte.

Abwärtskompatibilität

Auch wenn der UMD-Standard seines Vorgängers mittlerweile der Vergangenheit angehört, macht die Vita der PSP alle Ehre, weil sie deren komplette Spielebibliothek aus dem PSN-Store herunterladen kann. Jedes PSP-Spiel wird mit Hilfe eines eindrucksvollen Emulators unterstützt, bei dem jeder Pixel des ursprünglichen 480x272-Bildschirms durch vier Pixel auf der vierfach höher aufgelösten Vita-Mattscheibe dargestellt wird. Das resultiert in einem direkten Hochskalieren, bei dem die Bildqualität von 3D-Spielen komplett intakt bleibt, ja, sogar verbessert wird, weil der Bildschirm von höherer Qualität ist. Hier findet sich nichts von dem Ghosting oder den deutlichen Scanlines früherer PSP-Screens. Leider kann man von 2D-Spielen oder besonders kleinen Texten (gerade in Kanji) nicht das Gleiche behaupten. Diese werden im Verlauf dieses Prozesses ziemlich verunstaltet. Fettgeschriebene römische Lettern bleiben aber problemlos lesbar.

Die Emulation wird durch Optionen für Full-Screen-Filtering und einen Umschalter für den PSP-Farbraum ergänzt. Diese Kontrollen erreicht man, indem man einen Finger für eine Sekunde auf den Touchscreen hält. Auch die Mapping-Optionen für den rechten Analogstick sind hier versteckt sowie ein Umschalter für die Kamera. Diese Einstellungsmöglichkeiten stellten wir in Metal Gear Solid: Peace Walker auf die Probe, um festzustellen, ob sie für einen spürbaren Unterschied bei der Bildqualität sorgen würden. Leider kann man während des Spielens von PSP-Titeln keine Screenshots anfertigen (warum?), wir müssen daher zur Kamera greifen, um die Unterschiede aufzuzeigen.

Eine tolle Art, alte Lieblinge noch einmal anzugehen. 3D-Spiele wie Metal Gear Solid: Peace Walker profitieren sehr von den Steuerungs-Einstellungsmöglichkeiten der Emulation und dem größeren OLED-Bildschirm. In diesen Bildern seht ihr das Spiel auf einer PSP-2000 (oben links), der Vita (oben rechts) und einer Vita mit bilinearem Filtering. Unten rechts seht ihr schließlich einen Schnappschuss der Emulationsoptionen.

"Während der Emulation wird die PSP-Steuerung exakt so auf die Vita umgelegt, wie man es erwartet hätte. Es gibt sogar Optionen, den rechten Analogstick die vier PlayStation-Tasten emulieren zu lassen, das D-Pad oder den linken Analogstick. Toll für Spiele wie Metal Gear Solid: Peace Walker."

Allgemein last sich sagen, dass der weichgezeichnete Look des gefilterten Bildes eine Verbesserung darstellt, das Aliasing an geraden Kanten ist weniger ausgeprägt, auch wenn diese Einstellung leider das Verschwimmen von 2D-Elementen zur Folge hat. Wir empfehlen jedenfalls, mit den Einstellungen zu experimentieren, um für jedes Spiel das Optimum herauszuholen. Die Toggle-Funktion für den PSP-Farbraum ist in Metal Gear Solid: Peace Walker vollkommen ineffizient, vermutlich weil das Spiel nicht das größere Farbspektrum der PSP-3000- oder PSPgo-Modelle unterstützt.

Während der Emulation wird die PSP-Steuerung exakt so auf die Vita umgelegt, wie man es erwartet hätte. Es gibt sogar Optionen, den rechten Analogstick die vier PlayStation-Tasten emulieren zu lassen, das D-Pad oder den linken Analogstick. Das bedeutet, dass die Kamerakontrolle in Peace Walker möglich wird, ohne den umständlichen Affengriff zu bemühen. Mit der Einschränkung natürlich, dass die auf den Stick gemappten Kamerarichtungen strikt digital sind und daher oft am Ziel vorbeischießen, weil man sie zu lange hält. Wir haben im Menü von Peace Walker daraufhin die Kamera-Sensibilität heruntergedreht, wodurch die Spielbarkeit deutlich gesteigert wurde.

Aktuell werden weder PS1- noch TurboGrafx-Spiele unterstützt, aber wir vermuten, dass die PlayStation Suite diesen Mangel beseitigen könnte, wenn der Standard-PSN-Store dem nicht nachkommt. Als erster Schritt ist die PSP-Emulation schon sehr viel versprechend. Die verbesserte Steuerung und (meist) höhere Bildqualität sind Grund genug, die eigenen PSP-Favoriten noch einmal anzugehen, sofern man eine digitale Version besitzt.

Das Wechseln von Benutzerkonten

Die gute Nachricht ist, dass die PlayStation Vita ohne Region Lock daherkommt. Allerdings gibt es einen großen Haken, wenn es um herunterladbare Inhalte geht: Es kann jederzeit nur ein Account pro Konsole aktiv sein. Das bedeutet, dass japanische Spiele nur funktionieren, wenn der entsprechende japanische Account aktiv ist. Und dasselbe gilt für jedes andere Benutzerkonto. Tatsächlich kann man nicht einmal Inhalte von PS3 auf PSP transferieren, wenn nicht beide PSN IDs identisch sind (sobald ein Spiel aber auf einem System ist, bleibt es dort, egal welcher Account gerade genutzt wird).

Dies ist ein offensichtlicher Schritt zurück von der PSP, die es erlaubte, PSN-Benutzerkonten on the fly zu wechseln, sofern man den entsprechenden Internetzugang hatte, um sich anzumelden. Dasselbe Resultat kann auch auf Vita erzielt werden, allerdings muss man dazu eine Systemwiederherstellung in den Einstellungen vornehmen, was den Prozess deutlich weniger bequem und sehr zeitintensiv macht.

Wir empfehlen, beim Accountwechsel mit größter Vorsicht vorzugehen. Und stellt sicher, mit Hilfe des Inhaltsmanagers ein Backup vorzunehmen. Der komplette Vorgang dauert nicht allzu lang, aber es sollte eigentlich auch eine elegantere Lösung dafür geben.

User mit mehreren Benutzerkonten kostet der Wechsel knapp zehn Minuten. Hierbei geht ihr in die Systemeinstellungen, wählt "Formatieren" und dann "PS Vita-System wiederherstellen". Daraufhin werdet ihr aufgefordert, euren aktuell gebundenen Account zu deaktivieren und dann die Systemdaten zu resetten. Beide Aufforderungen solltet ihr bejahen. Ihr werdet gefragt, ob ihr die Memory Card auch formatieren wollt, was ihr problemlos verneinen könnt. Die Vita wird dann wiederhergestellt und fragt euch nach dem Reboot nach einer Internetverbindung. Gebt eure neuen PSN-Account-Daten ein, woraufhin ihr euch einen zweiminütigen, nicht abbrechbaren Intro-Film ansehen müsst. Anschließend findet ihr euch auf dem Startbildschirm wieder, all eure Spiele und Apps bleiben intakt.

"Von der rohen Rechenpower her ist die Hardware mehr als fähig, einen grafischen Standard irgendwo zwischen PS2 und PS3 abzuliefern, der allerdings sehr viel näher an letzterer Plattform liegt und zugleich per Multitasking mehrere Social Apps zu jonglieren."

Mission erfüllt... nach einer Weile. Aber das Fazit aus diesem haarsträubenden Prozess fällt ernüchternd aus: Sony will anscheinend nicht, dass man Inhalte wie spielbare Demos aus anderen Territorien herunterlädt (wie es auf der PS3 möglich ist). Nerviger noch: Die Firma scheint vorzuschlagen, dass sich Gamer, die in derselben Wohnung leben und jeweils eigene PSN-Accounts und Trophäenschränke besitzen, sich eine eigene PS Vita kaufen anstatt sich ein Gerät zu teilen.

PlayStation Vita: Das Digital-Foundry-Urteil

Mit all ihren Features und Kontrollmethoden ist die PlayStation Vita das volle Pfund. Rückblickend muss man sagen, dass Ergänzungen wie die Multi-Touch-Eingabeflächen und der zweite Analogstick vielleicht etwas gewesen wären, das der PSP geholfen hätte, sich von anderen Geräten abzuheben. Es ist eine Freude, all diese Ideen endlich zusammen in einem Handheld vereint zu sehen. Von der rohen Rechenpower her ist die Hardware mehr als fähig, einen grafischen Standard irgendwo zwischen PS2 und PS3 abzuliefern, der allerdings sehr viel näher an letzterer Plattform liegt und zugleich per Multitasking mehrere Social Apps zu jonglieren.

Ob man den Mäkeleien über Vitas Marktchancen nun Glauben schenken mag oder nicht, es kann sich als Traum-Handheld für Spiele-Enthusiasten mehr als sehen lassen. Indem Sony das bekannte Button-Layout mit einem großen kapazitiven Touchscreen kombiniert, bietet das Gerät etwas, das so sonst nirgendwo anders auf dem Markt existiert. Schon die Spiele, die zum Start verfügbar sind, sind breit gefächert und von ordentlicher Qualität. Es ist die Sorte schwergewichtiger First-Party-Unterstützung, die dem 3DS zum Marktstart so schmerzlich fehlte.

Aber kommen wir auf die ursprüngliche Frage zurück: Ist das Gerät euer Geld wert? Wenn ihr die Vita als flexibles Multimedia-Gerät mit dem zusätzlichen Bonus der Internet-Funktionalität haben wollt, seid ihr mit einem der vielen Tablets und Smartphones da draußen ebenso gut bedient. Die Medien-Apps und der Webbrowser lassen in ihrer aktuellen Form noch zu wünschen übrig, doch das ist etwas, das sich durch Firmware-Updates in Zukunft noch ändern kann. Wir hoffen, dass Sony diese mit der Zeit verbessert, so ähnlich, wie das über die Jahre bei der PSP passiert ist. Wenn euch aber der Sinn nach einer echten Gaming-Maschine steht und euch auf Sonys Philosophie einlassen wollt, Heimkonsolen-Spiele für unterwegs erlebbar zu machen, erfüllt die PlayStation Vita genau eure Bedürfnisse.

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