Skip to main content

Viva Piñata: Party Animals

Livin´ la Viva Piñata!

Ich verstehe die knuddeligen Tiere. Ich begreife die bunten Farben. Ich erkenne das überraschend komplexe Spielprinzip. Ich sehe sogar die Notwendigkeit für Namen, die so süß sind, dass sie beim Aussprechen eine Zuckerkruste auf den Lippen hinterlassen. Aber das Konzept, Piñatas, die per Definition zerstört werden müssen, so darzustellen, als würden sie sich darauf freuen, aufgerissen und verspeist zu werden, das erfasse ich nicht.

Es ist ein wenig so, als würden sich die Mitglieder einer religiösen Sekte in fröhlich bunten Roben auf die rituelle Tötung freuen, nach der sie dann verspeist werden… Aber nicht nur dieses etwas morbide Konzept des inzwischen knapp ein Jahr alten Rare-Meisterwerks Viva Piñata erstaunte, auch das außergewöhnliche Spielprinzip bot hinter den Kulissen des Fluffielooks mit Fizzlybears und Bunnycombs eine unerwartete und erfrischende Spieltiefe.

Sollten Euch allerdings die moralischen Fragen des Piñata-Ablebens oder die Vielzahl der spielerischen Möglichkeiten nicht so zugesagt haben, könnt Ihr Euch vielleicht für den demnächst erscheinenden indirekten Nachfolger, Viva Piñata: Party Animals, begeistern. Das Entwicklungshaus Krome, bisher für die letzten Spyros und Ty bekannt, kippte kurzerhand alle Spielelemente aus dem Vorgänger und setzte die komplette Piñata-Crew in ein Mehrspieler-Party-Game, das sich an der mehr oder weniger erfolgreichen TV-Serie orientiert.

Das ist ein Kart-Spiel. Und ja, der Bär hat Schmetterlingsflügel.

Die Zielgruppe von Party Animals sieht dann auch etwas anders aus und tendiert eher in die Richtung von 'vier bis vierzehn' und weniger von 'acht bis achtundachtzig' Jahren. Das liegt nicht an dem immer noch überzuckersüßen Äußeren, in das sich die ca. 50 verschiedenen Minispielchen eingerollt haben, sondern an ihrer größtenteils absoluten Reduktion auf das notwendige Minimum, um ein Spiel noch als solches bezeichnen zu können.

Vom bisher Gezeigten schneidet dabei noch der Piñata-Mario-Kart-Klon am besten ab, der alle paar Spiele wieder auftaucht und die teilnehmenden Piñatas zu Pfote, Huf oder Tatze über einen relativ langen Einbahnstraßen-Parcour schickt. Zahlreiche Extras werden bei dem sehr zügigen Ritt eingesammelt, deren Einsatz meist dank des hohen Tempos nur wenig strategischen Einfluss auf das Rennen hat. Trotzdem könnte gerade dieses Rennspielchen bei vier Spielern höherer Alterstufen noch das größte Potential haben.

Danach geht es mit der Komplexität der derzeit testbaren Minispielchen in den Keller. Party Animals hält sich an die ungeschriebene Regel, dass kein Spiel länger als eine Minute dauern darf und sowohl beim Apfelschnellfressen (ja, „fressen“, es sind Tiere…) als auch dem Papierschiffchenweitrülpsen (Word erkennt das als richtiges Wort an…) ist das auch besser so. Würden diese Spielchen länger dauern, würde einem schnell klar werden, dass man die ganze Zeit eigentlich nur wie ein Besessener auf ein bis zwei Buttons klopft.

Die Besten werden mit Stöcken verhauen und gegessen. Lauf, Horsestacio, lauf…

Zumindest konzipierten die Mannen von Krome eine erstaunliche Vielfalt an diesen Schnelldrück-Spielchen und für die ca. zehn präsentierten funktioniert das Konzept. Natürlich bietet es kaum mehr Anspruch als das Auspacken eines Bonbons, aber andererseits ist schnell verstanden, was von einem verlangt wird und bietet obendrein genug Spaß für ein paar Runden mit Freunden. Der Solospielspaß dürfte sich hingegen nur bei sehr schlicht gestrickten Zeitgenossen einstellen, alle anderen Einzelkämpfer bleiben also besser gleich bei dem Vorgänger.

Hier bekommen sie auch ein wenig mehr für das Auge geboten. In seinem jetzigen Zustand merkt man Party Animals schon nach wenigen Minuten an, dass es nicht von den detailverliebten Rare-Künstlern entworfen wurde. Hässlich wirkt das alles zwar nicht unbedingt, es kommt einfach nur ein wenig sehr generisch daher. Der Grafikstil könnte so auch für jedes andere Partyspiel herhalten und nur die offensichtlich direkt übernommenen Piñatas zeigen sich im alten Glanze.

Viva Piñata gelang es ausgesprochen elegant in vielerlei Hinsicht positiv zu überraschen. Party Animals wird dagegen wohl genau das liefern, wonach es aussieht: Ein einfach gestricktes Partyspiel für eine junge Zielgruppe. Bisher hatte die 360 in dieser Richtung nicht viel zu bieten und so bereichert das Spiel trotz oder gerade wegen seiner Schlichtheit das Angebot. Hier heißt das Motto der Stunde ganz klar „Kindergeburtstag“ und nicht „Kumpelzechabend“, und jeder Haushalt, der von zwei oder mehr kleinen Kindern auf Trab gehalten wird, darf sich auf Party Animals freuen. Schließlich kann man den Kleinen nicht ständig Halo3 und Bioshock anbieten…

Viva Piñata: Party Animals wird Ende Oktober 2007 für die Xbox 360 erscheinen. Weitere Umsetzungen sind bisher nicht geplant.

Schon gelesen?