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WarioWare: Do it Yourself + Showcase

Albern, klein und kreativ

Für viele Spieler ist heute bereits der Begriff „Minispiel“ ein Schimpfwort. Das ist fast nachvollziehbar, wenn man sich vor Augen führt, mit wie vielen uninspirierten Minispiel-Sammlungen so mancher Dritthersteller die Wii- und DS-Regale in den hiesigen Elektromärkten verstopft. Dabei kann man aus dem Minispiel-Konzept doch so viel rausholen... zumindest wenn die richtigen Entwickler, in diesem Fall Nintendo und das wundervolle Studio Intelligent Systems (Paper Mario, Advance Wars), sich des Themas annehmen.

Wer bisher kein WarioWare gespielt hat, dem ist eines der witzigsten und frischesten Konzepte der letzten Jahre entgangen. Alle paar Sekunden bekommt ihr ein neues Minispiel vorgesetzt, das es zu verstehen und meistern gilt. Keines der Spiele ist sonderlich komplex und anspruchsvoll, doch der stetige Wechsel zwingt euch zu permanenter Aufmerksamkeit und Geistesgegenwart.

Macht ihr einen Fehler, verliert ihr einen von vier Versuchen, alle zehn bis zwölf Runden fordert euch das Spiel mit einem etwas komplexeren „Boss“-Level heraus. Seid ihr erfolgreich, wird eure Energie um einen Zähler aufgefrischt. Mit der Zeit werden die Spiele kniffliger und schneller, euer einziges Ziel ist es, soweit wie möglich zu kommen: Klassischstes Videospiel in seiner reinsten Form.

Klassisches Minispiel: Reißt die Mauer ein, um die Männchen dahinter zu finden.

Da die WarioWare-Spiele neben ihrem originellen Grundkonzept vor allem auf herrlich absurden Humor setzen, merkten die japanischen Entwickler irgendwann, dass nicht nur das Spielen der Minigames, sondern auch deren Entwicklung selbst geradezu unanständig viel Spaß macht. Die Idee zu WarioWare D.I.Y. – „Do It Yourself“ – war geboren. Und so bekommt ihr mit dem neuen DS-Titel nicht nur eine Ladung neuer Spiele, sondern auch einen mächtigen Editor, mit dem ihr eigene Werke entwerfen könnt.

Eigentlich ist das keine allzu neue Idee, denn bereits Media Molecules famoses LittleBigPlanet gab die Kontrolle über das Spieldesign aus der Hand und stattete die Spieler mit einem fantastischen Werkzeugkasten an Möglichkeiten aus. Gegen die extreme Flexibilität des kleinen Sackboy wirkt WarioWare D.I.Y. mit seinen Microgames zunächst sehr eingeschränkt. Doch Nintendo versteht es wieder einmal wie kein anderer Entwickler, solche Limitierungen zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Fragt euch einmal selbst... wie viele von euch sind mit großen Plänen an LittleBigPlanet herangegangen? Mit tollen Ideen für selbstgebaute Levels, Herausforderungen und Spielereien. Und wie viele von euch haben die Sache dann tatsächlich durchgezogen und es zu einem vorzeigbaren Ergebnis gebracht? Ich möchte wetten, nur ein Bruchteil aller Sackboy-Fans kann die zweite Frage mit einem ehrlich-enthusiastischen „Hier, ich!“ beantworten. Die Möglichkeiten sind groß, für die meisten Spieler zu groß. Irgendwann ist die Luft raus, eine Idee lässt sich nicht so direkt umsetzen wie gedacht und das Vorhaben erweist sich nach und nach als uferloses Unterfangen.

Bei WarioWare wird euch das nicht passieren. Klar, eure Möglichkeiten sind weit begrenzter als bei LittleBigPlanet, aber dafür schafft es auch jeder Spieler, mit ein wenig Einarbeitungszeit ein paar wirklich vorzeigbare Ergebnisse abzuliefern. Ein Minispiel zu erstellen ist eben weit weniger kompliziert als einen durchdachten Jump’n’Run-Level zu entwerfen. Auch wenn euer ursprünglicher Plan zunächst nicht ganz aufgehen mag, ist der Editor doch so flexibel, dass eure Mühen nur in den seltensten Fällen vergeblich waren – ein wenig umgedacht und schnell habt ihr eine clevere Idee, wie ihr euer Minispiel mit der ein oder anderen kleinen Modifikation retten könnt.

Bei runtergeladenen Spielen sehr ihr auf dem oberen Screen den (Spitz)Namen des Schöpfers.

Dabei sind die Minispiele natürlich wirklich „Mini“. Tippt einen Käfer an, damit er aus dem Bild wuselt. Balanciert einen Ball in der Luft. Futtert ein Reisbällchen. Die meisten Spiele werden mit wenigen simplen Stylus-Aktionen gelöst - und mehr werdet ihr im Editor auch nicht bauen. Kreativität ist also gefragt. Nehmen wir ein simples Stein-Schere-Papier-Spiel als Grundlage. Wenn die Hand der Figur das richtige Zeichen gibt, dann soll euer Spieler auf den Bildschirm tippen um zu gewinnen.

Das ist relativ schnell gescriptet. Die Herausforderung ist nun eher, dieses Spiel auch interessant zu gestalten. Wie wollt ihr es grafisch präsentieren, habt ihr eine Idee für einen cleveren Twist, wie soll die akustische Untermalung aussehen? Die Freiheiten sind dank der flexiblen Editoren riesig und eure Kreativität ist gefragt.

Trotzdem muss ich Nintendo rügen – ein paar tolle Chancen wurden hier nämlich doch verpasst. Durch seine komplexe Natur und seine oft recht vollen Arbeitsfelder ist WarioWare D.I.Y. eigentlich der perfekte Vorzeigetitel des neuen DSi XL, leider unterstützt WarioWare aber weder die eingebauten Kameras, noch den SD-Karten Slot – wie viel freier und kreativer könntet ihr noch vorgehen, könntet ihr eigene Sounds und Grafiken importieren oder selbst aufgenommene Fotos in euer Spiel implementieren... schade, dass Nintendo diese hervorragende Chance verpasst hat, den exklusiven DSi-Features eine echte Daseinsberechtigung zu geben.

Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

WarioWare D.I.Y.

Nintendo DS

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