Warriors: Legends of Troy
Und das haben die zehn Jahre durchgehalten?
Man muss sich schon überlegen, ob das eigene Szenario weise gewählt wurde. Auf den ersten Blick wirken die mythischen Schlachten um Troja als Vorstoß gen Westen für die in Japan perfekt etablierte und hier meist ignorierte Warriors-Reihe perfekt. Ein Setting, das den meisten hier – und sei es nur dank des Petersen-Streifens – deutlich näher steht als die Dreiecks-Schlachten des fernöstlichen Mittelalters. Von Figuren wie Odysseus, Achilles und Hektor hat jeder schon mal was gehört und sie sind die absoluten Proto-Helden der westlichen Mythologie. Dazu sind alle gut bewaffnet, beide Seiten ausgewogen, viele große Taten wurden vollbracht und das meist mit sehr vielen Leuten auf dem Schlachtfeld. Perfekt für ein westliches Warriors-Game.
Das Ganze hat dann auch nur einen Nachteil. Zu der Zeit rannte man entweder mit einem nicht besonders beweglichen Speer oder, weit häufiger, mit einem Kurzschwert durch die Gegend. Japanische oder chinesische Fantasie-Waffen ließ man diesmal, übrigens zusammen mit jeder Farbfreude, außen vor und so hackt man als Achilles, Hektor, Ajax, Patroclus, Paris und ein paar Helden aus der B-Riege aus nächster Nähe auf den einzelnen Gegner ein statt gleich wie die fernöstlichen Könige zwanzig mit einem Streich zu erwischen. Dank einer hemmungslos verkorksten Zielmechanik, die einen zu ständiger Neuausrichtung zwingt, einheitlichen Grau-braun-Tönen aller Beteiligten und eher belangloser Kombos erreicht das Ganze dann höchstens in seiner Monotonie epische Ausmaße.
Nicht, dass die Warriors-Games bisher mustergültig für ihren spielerischen Wandel gewesen wären, aber das hier geht ein paar Schritte zu weit. Denkt man anfangs noch, dass man bestimmt etwas übersieht, weil man sich ewig gleich erst in den Mob stürzt und dann mit einem Schild-Rempler und gefolgt vom Finisher den Chef der kleinen Runde ausschaltet, bevor man sich die traurigen Reste vornimmt, dämmert nach ein paar Stunden die Erkenntnis, dass man so das ganze Spiel hinter sich bringen kann. Selbst auf dem hohen Schwierigkeitsgrad gibt es keine Zweifel, dass die teilweise ja verbrieften Halbgötter die Herrscher dieser Schlacht sind und sich wie Sensen durch die normalen Heerschaaren pflügen. Den Sagen nach war das ja auch so, nur eignet sich das als spielerische Beschäftigungstherapie für zehn bis 15 Stunden kaum.
Wer möchte – und in 90 Prozent der Fälle ist das wirklich optional –, darf natürlich ein wenig mit den aus Dynasty Warriors bekannten Charge-Kombos experimentieren. In eine Serie von leichten Attacken werden dabei schwere eingebunden und bei Erfolg ein vernichtender Angriff ausgeführt. Diese machen aber angesichts der Belanglosigkeit der meisten Feinde auf dem Feld eher bei den Bossen Sinn. Selbige stellen sich in der Regel in Schildkämpfen. Beide Seiten bilden einen Kampfring aus ihren Schilden, ihr findet euch mit dem aktuellen Widersacher – beispielsweise ihr als Hektor gegen Patroclus oder später als Achilles gegen Hektor – in dessen Mitte und getreu dem Motto, dass zwei reingehen, kommt nur einer raus. Das wäre ein spannendes Konzept, wenn die KI in irgendeiner Weise adaptionsfähig wäre. Findet ihr jedoch erst einmal einen geeigneten Angriff, rollt ihr ein wenig herum, wiederholt ihn stur und habt den Sieg praktisch in der Tasche.
Das bei der Serie sonst übliche Hochleveln entfällt. Stattdessen sammelt ihr Punkte, die ihr für Fertigkeiten-Steine ausgebt. Diese steigern entweder das Tempo, die Angriffkraft oder geben beispielsweise höhere Schadensresistenz gegen Pfeile. Auf einem erweiterbaren Brett werden diese Steine dann auf Felder verteilt und ergeben Sets, die ihr dann entweder für einzelne Charaktere individuell zusammenstellen könnt oder die ihr einfach immer wieder recycelt. Letzteres bietet sich leider viel zu oft an. Die Charaktere haben zwar schon eigene Stärken und Schwächen - Achilles ist kräftig, Paris verschießt ein paar meist sogar von den traurigen Gegnern geblockte Pfeile, Odysseus wirft zwischendurch mal Dolche -, spielen tut es sich am Ende jedoch immer verwechselbar ähnlich, was eben auch an diesen Level-Sets liegt.
Optisch kann man Warriors: Legends of Troy zumindest technische Kompetenz insoweit bescheinigen, als dass nichts ruckelt und die Charaktermodelle ganz ordentlich aussehen. Die Landschaften um Troja und die Stadt selbst bis hin zum Showdown mit dem Pferd wirken trübe und deprimierend eintönig koloriert. Sonnige Tage scheinen fremd, die Vegetation ist in dieser Ecke der Welt nun mal spärlich, was will man erwarten. Auch die Götter, im Original so präsent, bleiben hier zweitrangig – im Gegensatz zum Film tauchen sie allerdings wenigstens auf – und der gelegentliche Kampf gegen ein Fabelwesen sorgt zwar nicht für spielerische, aber immerhin für grafische Abwechslung. Glaubt mir, in diesem Spiel nimmt man in dieser Richtung alles, was man kriegen kann.
Die Idee des Troja-Settings ist leider die einzig wirklich lohnende in diesem sonst deprimierend reizlosen Aufguss der Warriors-Reihe. Statt die Charaktere und die Welt mit dem gleichen Charme auszustatten, den die besseren Vertreter der Serie versprühen oder gar einen Schritt nach vorn zu wagen, versandet der Spielablauf in kompletter, endloser, Monotonie und Langeweile. Kaum Herausforderungen oder Notwendigkeiten für das eh nicht zu komplexe Kombosystem, schwache Bosse, ein alle Helden gleichschaltendes Level-System und eine trübe Umwelt. Hier ist nichts wirklich Katastrophales, es gibt keine kompletten Aussetzer, nur in einem Ablauf, der an Einmütigkeit kaum zu überbieten ist, würden selbst diese für beinahe gar nicht mal so ungewünschte Aufregung sorgen. Und um durch so ein Spiel hindurchzudämmern und zu hoffen, dass es irgendwann endlich zu einem Ende findet, ist eure Zeit wahrscheinlich auch zu schade.
Warriors: Legends of Troy ist ab sofort für Xbox 360 und PS3 erhältlich.