Warum Age of Empires wieder wichtig für Microsoft ist und was Teil zwei damit zu tun hat
Und für Age 2 ist es nicht das Ende der Fahnenstange.
Nostalgie ist was Schönes. Und was Gefährliches. Jeder erinnert sich an Spiele von früher, als man mit funkelnden Augen vor dem Bildschirm saß und die Grafikpracht auf sich wirken ließ. Und jetzt, 20 Jahre oder mehr später, ist von diesem Zauber häufig nicht mehr viel übrig. Es wirkt verwaschen, verpixelt, alt. Zugegeben, manche Spiele sind zeitlos, andere altern schlecht. Sofern es euch bei Age of Empires 2 so ergeht, dass ihr das Alte von früher nicht mehr sehen könnt, gibt es gute Nachrichten: Die aufgehübschte Definitive Edition ist da!
Ein Spiel, das zeigt, warum Age of Empires als Marke aufs Neue wichtig für Microsoft ist. Die Definitve Edition von Teil zwei ist eine Liebeserklärung an die Fans, die dabei eine maßgebliche Rolle spielten. Die Koordination all dessen - unter anderem auch bei der kommenden Definitive Edition von Age of Empires 3 und bei Age of Empires 4 - übernimmt ein neues, Microsoft-internes Studio, das sich allein um Age of Empires kümmert.
"Es war uns wichtig, ein Team zusammenzustellen, das sich exklusiv um die Pflege der Marke Age of Empires über die verschiedenen Projekte hinweg kümmert", erzählt Studiochefin Shannon Loftis im Gespräch mit Eurogamer.de. Gleichzeitig ist die Community ein zentraler Punkt bei den Bemühungen des Studios, bei denen es darum geht, "das Beste aus allen Ages zu vereinen".
Und das ist ein weltweites Unterfangen. Age of Empires sei in vier verschiedenen Regionen des Planeten beliebt, daher arbeite das Unternehmen mit verschiedenen Partnern rund um die Welt zusammen, darunter Relic, Forgotten Empires und Tantalus. Mit ihnen gemeinsam denkt Microsoft darüber nach, wie sich "das Franchise voranbringen und das Erbe der Age-Titel ehren" lässt. Und das mit einem Ziel: "Bewahren, was die Leute an Age 1, 2 und 3 lieben, und zugleich innovieren", sagt sie.
"Wir möchten die Erinnerungen einfangen, die jeder an das Spiel hat", ergänzt Creative Director Adam Isgreen. "Von Zeit zu Zeit ist es schwierig, sich Spiele anzuschauen, die so alt sind. Die Grafik hat sich verändert und die Erinnerungen in deinem Kopf sind anders als das, was du auf dem Bildschirm siehst."
Daher war es ihnen wichtig, eure Erinnerungen an das Spiel nicht zu verändern. Vielmehr sollten sie wiederaufleben, wenn ihr die Definitive Edition seht. Mit einer Ausnahme: "Rührt das Gameplay nicht an!", fasst Isgreen den allgemeinen Tenor der Community in Bezug auf die spielerischen Aspekte zusammen. Was nicht heißt, dass sich nichts ändert. Neue Assets (über 1.000 Stück), neue Musik, ein Zuschauermodus, ein modernes Matchmaking und Multiplayer-Systeme, die Relic für Age of Empires 4 entwickelte, erwarten euch in der Definitive Edition von Teil zwei.
Dabei kümmert sich das Microsoft-interne Age-Team bei weitem nicht allein um die Koordinierung. Wie Loftis angibt, umfasst das Studio ein "komplettes Entwicklerteam, das sich mit allen Skills und Aspekten der Spieleentwicklung bei Age" beschäftigt. Über die langfristigen Pläne für die Marke spricht der Konzern aktuell nicht, Loftis zufolge ist man "super zufrieden bezüglich der Partnerschaften mit Relic, Tantalus und Forgotten Empires". Was immer in Zukunft passiere, sei eine gemeinsame Sache, bei der die Community eine wichtige Rolle einnehme.
Warum es gerade jetzt zur Formierung des Studios kam? "Ein paar Dinge waren ausschlaggebend dafür", erklärt Loftis. "Der Hauptgrund war, dass wir uns dem Feature-Complete-Status und der Beta-Phase von Age 2 DE näherten und Age wohl der wichtigste der alten Titel war. Und es fühlte sich nach dem richtigen Zeitpunkt an, einige absolut fähige Leute wie Adam mit einer Stimme zur Community sprechen zu lassen. Die Zeit war einfach reif dafür."
"Ehrlich gesagt wollten viele uns uns das seit mehreren Jahren machen, mich eingeschlossen", fügt sie hinzu. "Als wir 2013 Teil eins erneut veröffentlichten, waren wir überzeugt davon, dass in dieser Marke noch eine Menge Potential schlummert und dass wir diesen Weg fortsetzen möchten."
Gleichzeitig sieht sie derzeit eine Art Generationswechsel, was sie auf der E3 bemerkt habe. "Oh, ich habe das als Kind gespielt" oder "Ich spielte das mit meinem Vater oder schaute ihm dabei zu" seien Sätze gewesen, die sie dort von Besuchern hörte. "Wir erreichen jetzt einen Punkt, an dem wir uns in der zweiten Generation der Age-Spieler befinden", sagt sie. "Indem wir die Leute ehren, die Age vor 20 Jahren zu dem machten was es ist, und zugleich die Marke voranbringen, ergibt sich dieser wunderbare Effekt, dass Eltern und Kinder gleichermaßen ihren Beitrag zur Zukunft von Age leisten."
Aktuell tut sich eine Menge in Sachen Age of Empires, nachdem Microsoft die Marke zuvor jahrelang ignorierte. Woher der Kurswechsel? "Microsoft hat sich mehrere Jahre lang fast ausschließlich auf Konsolen konzentriert, aber es gab hier immer einen Kern von Leuten, die nie aus den Augen verloren, was Age so toll machte", erläutert Loftis. Sie verweist dabei auf die Marktentwicklung und die Tatsache, dass die Beliebtheit von Genres Schwankungen unterworfen ist.
"Das Echtzeitstrategie-Genre verlor Mitte der 2000er an Popularität und zu der Zeit konzentrierte sich Microsoft stark auf die Xbox und den Konsolenmarkt. Aber viele von uns hörten nie auf es zu spielen oder mit der tollen Community zu interagieren, daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt für die Rückkehr." Loftis spricht dabei von "drei angekündigten Projekten", an denen derzeit gearbeitet werde. "Wir haben dem Unternehmen und der Community gegenüber ein Versprechen abgegeben und darauf konzentrieren wir uns."
Das Team hofft darauf, dass Age of Empires auf dem heutigen Markt die gleiche Rolle einnimmt wie früher. Auf Steam sei die Reihe sehr beliebt, merkt Loftis an. "Es brauchte einfach mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit von uns sowie mehr Ressourcen", sagt sie. Das angestrebte Ziel: Aus Age of Empires ein "Popkultur-Phänomen für den Massenmarkt" zu machen.
An Adam Isgreen zu gelangen, der früher an allen Spielen der Command-&-Conquer-Reihe und an anderen RTS-Titeln wie Star Wars: Empire at War arbeitete, war nicht schwer. Seit neuneinhalb Jahren arbeitet er bei Microsoft, während der Xbox-360-Ära hatte der die Aufsicht über alle XBLA-Spiele, nachdem Microsoft ihn ursprünglich für die Arbeit am Windows Phone anheuerte. Er war einfach gerade da.
"Sie dachten sich: 'Hm, Strategiespiele? Wer hat mehr RTS-Erfahrung bei Microsoft? Was ist mit diesem Adam? Der Typ hat all die C&C-Spiele und andere Strategispiele gemacht, vielleicht sollten wir ihn holen?'", sagt Isgreen. "Shannon und ich kannten uns von der Arbeit im Vertrieb und ich bin einfach ein Typ, der in der Vergangenheit an vielen RTS-Spielen gearbeitet hat. Für mich ist es eine Ehre, hier zu sein und an Age of Empires zu arbeiten."
"Für mich gab es immer dieses heilige Dreigestirn der Strategiespiele, als das Genre entstand", erzählt er. "Es waren die Spiele von Blizzard, es war Ensemble und es war Westwood mit Command & Conquer. Sagen zu können, dass ich jetzt an zwei von dreien gearbeitet habe, die dieses Genre definierten, ist echt aufregend. Age ist einfach so anders als die anderen Strategiespiele, es legt mehr Wert auf das Bauen und die Wirtschaft und hat ein interessantes Tempo. Es spielt sich einzigartig und das macht es so spannend, zu RTS-Spielen und dem Genre zurückzukommen und an einer komplett anderen Marke zu arbeiten, die sich anders als alles anderen RTS-Titel anfühlt, an denen ich zuvor arbeitete."
"Adam ist ein wenig bescheiden", wirft Loftis ein. "Seiner Präsenz ist es zum großen Teil zu verdanken, dass wir Matt [Booty] und Phil [Spencer] davon überzeugen konnten, dass es eine sichere Wette ist, auf diesem Niveau in Age zu investieren."
"Ja, gut möglich, dass ich damit was zu tun hatte", fügt Isgreen hinzu und lacht.
Die Definitive Edition bringt nicht allein alle früheren Inhalte für Age 2 mit sich, zusätzlich gibt es neue Zivilisationen und eine Kampagne über die Khane. Wichtig war den Entwicklern hierbei, dass sie was Neues finden, das sich rund um ein spezifisches Thema zusammenfassen lässt. Und das mit Zivilisationen, die mehr als 50 Jahre überdauerten und bekannt sind.
"Es wäre merkwürdig, eine Erweiterung zu machen und Zivilisationen in Südamerika und zugleich in Asien zu haben, die einfach nichts miteinander zu tun haben", erklärt Isgreen. "Daher schauten wir uns um und kamen auf das Mongolische Reich, es war so ein mächtiger und wichtiger Teil der Geschichte. Als es in sich zusammenbrach, entstanden daraus all diese verschiedenen Nationen. Für uns war das ein interessanter Bereich und wir befassten uns näher damit, um zu schauen, ob sich damit was anfangen lässt."
Mit den Neuzugängen kommt die Definitive Edition dann auf insgesamt 35 Zivilisationen und damit erreicht sie einen Punkt, an dem es einfach genug ist. "Wisst ihr was? Wir möchten nicht noch mehr Zivilisationen von euch. Es ist gut so, wie es ist", zitiert Isgreen die Pro-Spieler von Age 2. Vielmehr seien neue Spielmodi oder neue Möglichkeiten zu spielen gefragt. "35 sind eine Menge", sagt er. "Daher denke ich, dass wir mit ihnen einer Meinung sind. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem wir alle haben."
Zusammengefasst heißt das: Es gibt keine neuen Zivilisationen nach dem Release der Definitive Edition. Andere Dinge? Ja, damit ist zu rechnen. Nachdem das Spiel erschienen ist, experimentieren die Entwickler Isgreen zufolge mit mehreren neuen Spielmodi, die Age 2 "in alle möglichen Richtungen führen". Dabei spiele erneut das Feedback der Community eine große Rolle. Die Entwickler möchten auf die Fans hören und so erfahren, was sich diese für das Spiel erhoffen, und dann schauen, dass sie ihnen das liefern können.
"Unser Ziel war, Age 2 so aufzufrischen, dass es modern wirkt", erläutert er. "Die HD-Version sah besser aus. Aber vieles von der zugrundeliegenden Technik, vor allem der Multiplayer, entsprach nicht mehr den heutigen Standards. Die Definitive Edition ist die ultimative Ausgabe des alten Spiels."
Was der schwierigste Aspekt bei der Umsetzung der Definitive Edition war? Vor allem der 20 Jahre alte Programmcode des Originals. "Es ist wie eine Art Sprache", führt Isgreen aus. "Eine Sprache entwickelt sich alle zehn Jahre oder so weiter und am Ende schaust du dir den Code an und die Programmierer kratzen sich dabei am Kopf, weil die Leute heute einfach nicht mehr so programmieren und es für sie keinen Sinn ergibt. 'Warum sollte man das so machen?', fragen sie sich. Heute gibt es bessere Wege, wie du zum Beispiel die Grafikberechnung handhabst, die damals einfach nicht existierten, als dieses Spiel entstand."
Als größte Herausforderung bezeichnet er die Wegfindung. An dieser arbeiten die Entwickler von Strategiespielen immer am längsten. "Wann immer eine Einheit nicht das macht, was der Spieler möchte, ist es frustrierend und führt unter Umständen dazu, dass die Leute sich über das Spiel aufregen", erklärt er. "Die Einheiten sollten so reagieren, wie es der Spieler erwartet, wenngleich der Computer vielleicht eine andere Idee hat. Das war bei jedem Echtzeitstrategiespiel, an dem ich arbeitete, immer eine Herausforderung."
Die Definitive Edition solltet ihr dabei nicht allein als Grafik-Upgrade betrachten. Was nicht heißt, dass sich dort nicht eine Menge getan hat. Assets und Animationen haben die Entwickler neu gestaltet, die Musik neu aufgenommen. Ohne indes das Spiel im Kern zu verändern, es spielt sich in puncto Tempo und Spiellogik wie früher, was für die Macher enorm wichtig war. "Es sieht jetzt einfach wie ein modernes RTS-Spiel aus und nicht wie eines von früher mit moderaten Verbesserungen", sagt Isgreen. "Einige Leute sagten uns, sie könnten nicht glauben, dass wir daraus ein 3D-Spiel gemacht haben. Und wir antworteten: 'Moment Mal! Das sind alles Sprites, aber jetzt in 4K!'"
Loftis beschreibt die Veröffentlichung der Definitive Edition von Teil eins als eine Art "Einführungsschreiben" an die Community. Zu dem Zeitpunkt war es mit Ausnahme von Minecraft lange her, dass sich Microsoft aktiv mit dem PC-Markt beschäftigte. Gleichzeitig lernte das Team währenddessen "wichtige Lektionen" für die Entwicklung von Age 2, den Unterschied "zwischen nostalgischen Gefühlen und der Realität des Codes, mit dem du arbeitest". "Wir machten zum Beispiel nicht viel mit der KI-Wegfindung", erzählt sie. "Für die damalige Zeit war sie zwar herausragend, aber seitdem hat sich die KI enorm weiterentwickelt. Und das war einer der Bereiche, den wir dann bei Age 2 anpackten."
Fokustests für die Definitive Edition von Age 2 gab es seit mehr als einem Jahr, sie stehen symbolisch für die intensive Zusammenarbeit mit der Community, die Microsoft hier betreibt. Dabei geht es darum, was die Leute sich vom Spiel erwarten und was sie gerne in Age of Empires sehen würden. "Wir haben uns all ihr Feedback in den Jahren, in denen wir das Spiel entwickelten, gründlich angeschaut", merkt Isgreen an. Am Ende ging es darum, dass die Definitiv Edition besser ist als alle anderen Versionen des Spiels, die im Umlauf sind. "Wir hatten eine wechselnde Gruppe von Age-Fans, die wir den Age Council nennen", fügt Loftis hinzu. "Sie halfen uns beim Balancing der Zivilisationen, den Spielmodi im Multiplayer, den Geschwindigkeitsoptionen, schlugen Features vor. Wir unterhalten uns buchstäblich mit ihnen, wie Adam sagte."
Und da gibt es mit Sicherheit einige Vorschläge, die nicht umsetzbar sind? "[lacht] Ja, die gibt es", erzählt Loftis. "Es gab Wünsche, die mehr als 20 Jahre alte Internettechnologie wiederzubeleben. Wir haben zwar definitiv die Absicht, alle damaligen Features aus dem Multiplayer zu übernehmen, aber die damalige Serverarchitektur ist heute einfach nicht mehr nutzbar. Es gibt Gesetze im Hinblick auf die Privatsphäre im Internet, die mit der alten Technologie unmöglich vereinbar sind. Wir haben vor, alle Features der alten Server verfügbar zu machen, die Server an sich können wir aber nicht wiederbeleben."
Wie die Zukunft der Reihe in den nächsten Jahren aussieht, wissen wir. Nach Age 2 folgt eine Definitive Edition von Age of Empires 3, zudem arbeitet Relic derzeit an Age of Empires 4. "Und ich habe in der Vergangenheit gesagt, dass ich gerne zu Myth zurückkehren und damit was anfangen möchte", sagt Isgreen. "Ich liebe Myth und wir finden heraus, was sich damit machen lässt. Was die Zukunft der Marke betrifft, passieren viele aufregende Dinge."
"Du hast eine interessante Frage gestellt ... Warum gerade jetzt?", fügt Loftis hinzu. "Was dies zu einem guten Zeitpunkt für die Rückkehr zum Echtzeitstrategiegenre macht, sind mehr Rechenkapazitäten, leistungsstärkere PCs. Mit KI lässt sich heute so viel mehr anstellen als zum Ende der ersten Runde im Age-Lebenszyklus. Und dann gibt es die aufstrebenden Technologien, die wir uns näher anschauen. Ich bin zum Beispiel daran interessiert, mit Streaming und Project xCloud zu experimentieren."
Eins steht fest: Die Zukunft von Age of Empires ist eine interessante. Hoffen wir, dass es ebenso eine Erfolgreiche ist.