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Warum es gesünder für Fish ist, wenn FEZ 2 wirklich nicht kommt

Wer in tiefen, dunklen Wassern schwimmen will, muss was aushalten können.

FEZ 2 kommt also erst mal nicht mehr, außer das hier ist einer der besten PR-Stunts, die ich seit Längerem gesehen habe. Sollte es das sein, Hut ab. Aus dem Nichts, glaubwürdig inszeniert, der Buzz ist da und das in Hülle und Fülle.

Aber das glaube ich nicht. Fish ist wie sein aktueller Widersacher Beer ein Alpha-Tierchen, das unglaublich von sich überzeugt ist und jeder auf seine Weise ein wenig zu Recht. Fish hat seinen Traum umgesetzt und ist damit vielleicht nicht reich, aber doch wohlhabend geworden. Er wurde zu einem Idol der Indie-Szene für manche, zur Projektionsfläche für ihren Futterneid für Andere und für die meisten zu einem wirklich talentierten Spieledesigner. Beer auf der anderen Seite hat sich den Status geschaffen, um in etwas, das man als den vage intellektuellen Boulevard der Spielepresse bezeichnen kann, sagen zu können, wonach ihm ist. Ist auch eine Leistung. Wenn ihr sie abwägen und gegeneinander aufwiegen wollt, nur zu, ich werde mir das verkneifen. Und schon gar nicht sagen, dass sich der eine das Leben des anderen angucken soll und sich dann umbringen soll. Das wäre schlicht schlechter Stil. Ungefähr so, als würde man jemanden einen Arsch oder Säufer/Wichser nennen, weil er manchmal keine Lust hat, Fragen zu Spekulationen zu beantworten.

Phil Fish

Nein, das Wort, das Beer hätte benutzen sollen, wäre arrogant gewesen, vielleicht auch überheblich, möglicherweise ein wenig zu sehr von sich überzeugt. Wenn er nicht Beer wäre und damit genau solche zahmen Formulierungen nicht sein Ding. Aber das weiß man dann ja. Wenn man jemand anderes als Fish ist. Phil Fish sieht sich seit längerer Zeit nicht nur freundlichen Kommentaren aus der Spielepresse gegenüber, auch wenn es bisher meist doch für Netzverhältnisse vergleichsweise zivil zuging. Aber warum auch nicht? Er ist jetzt selbst kein Trauerkloß, sondern teilte schön in alle Richtungen aus, von der Presse über die Spieler bis hin zur Industrie bekam von ihm jeder sein mitunter wohlverdientes Fett weg. Dass im Gegenzug zurückgeschossen wird, ist Teil des Spiels. Das weiß jeder, der den ersten Schneeball wirft.

Aber nur weinerliche kleine Kinder reiben sich dann nicht den Schnee aus dem Gesicht und fangen an den nächsten Ball zu formen. Weinerliche kleine Kinder heulen, wenn der erste Gegentreffer gelandet ist, und laufen weg. Profis tun so etwas nicht. Bei Phil Fish sieht es nach außen hin jedoch schon so aus. Wer den Überresten seines Twitter-Accounts folgt, sieht, dass das, was da zuletzt passierte, nichts mehr mit einer normalen Debatte zwischen sich nicht leiden könnendem Künstler und seiner Presse gemein hat. Viel mehr mit einem Flame-War zwischen 14 jährigen. So sehr es schmerzt, ich kann nicht mal sagen, dass es ausgewogen ist, Beer bleibt sogar eher noch auf dem Level, der ihm zu eigen ist, während Fish gegen alles und jeden in völligen Overkill geht. Man spürt, wie sehr ihm alles unter die Haut geht, die Tiefschläge, die von irgendwelchen anderen Accounts kommen. Der Shitstorm scheint ihn genuin zu treffen. Aber es gibt schlechte Nachrichten für Fish: Für ihn heißt es nicht nur „Willkommen im Internet", sondern auch „Willkommen in der Welt der Erfolgreichen". Eine gefährliche Kombination.

Dass der Ton nicht nur bei Talkshows rau ist, sondern noch viel deftiger wird, wenn man erst mal im semi-annonymen Raum von Twitter und Co. angekommen ist, sollte inzwischen jedem bekannt sein. Vor allem, wenn man damit sein Geld verdient. Fish hatte bisher dort jedoch nichts als Achtung und Bewunderung vorgefunden. Nicht zu Unrecht, sowohl der Film „Indie Game" als auch sein Spiel FEZ sind großartige Arbeiten. Selbst Leute, die sich nicht so sehr dafür interessieren, wie ich zum Beispiel, geben das gerne zu.

Was von FEZ 2 bleibt?

Wenn man damit aber großen Erfolg hat und das war hier definitiv der Fall, darf man nicht mehr den arroganten Querschläger heraushängen lassen, wenn man nicht bereit ist, mit dem Fallout zu leben. Neid fühlt sich von so etwas angezogen und die fiesen Beleidigungen folgen auf dem Fuße. Fish ist ganz offensichtlich nicht dafür geschaffen. Daher und so leid es mir für die Fans von FEZ tut: Es ist besser, wenn er jetzt aus der Branche aussteigt. Er sagt selbst, dass die „High Road", sprich einfach drüber hinwegzulächeln, nicht sein Ding ist. Wer das in seiner Situation aber nicht kann, muss damit klarkommen, dass immer wieder mal jemand aus der Presse einem einen vor den Bug schießt. Vor allem aber damit, dass das Internet mit pöbelnden selbstgerechten Rechthabern nur so geflutet scheint, die einem Entwickler auch schon mal Unaussprechliches wünschen, wenn er im Millisekundenbereich an der Feuergeschwindigkeit ihrer liebsten CoD-Waffe schraubt. Als jemand, der jede dritte Woche spätestens komplett ahnungslos und/oder gekauft ist, sage ich zum einen „Danke, dass ihr hier auf Eurogamer.de noch so zivilisiert seid, bitte bleibt so" und zum anderen, dass man einfach damit klarkommen muss, will man in solchen Wassern schwimmen. Sei es, indem man einfach mitzankt und es nicht zu nah an sich heranlässt, oder eben, indem man dann doch die High Road nimmt und über den Dingen steht.

Es ist schade, dass Fish sich schmollend davonstiehlt - sollte er es wirklich tun -, denn einige der Dinge, die er sagte, trafen schon den Nagel auf den Kopf. Wenn er jedoch das nicht immer fundierte Echo - um es nett zu sagen - seelisch nicht verkraftet, dann ist es so gesünder für ihn. Dass der Umgangston im Netz sich bessert, ist genauso wahrscheinlich wie ein freundlicher Tonfall von Leuten, die mit einer rauen Wortwahl ihr Geld verdienen.

Es wäre schön, aber das wären Weltfrieden, das Ende des Hungers und Glück für alle auch. Es wird nicht passieren. Sollten das die Voraussetzungen für FEZ 2 sein, dann ist es wohl wirklich abgesagt.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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