Warum HBOs The Last of Us Folge 4 die bisher beste Episode ist
Die Zwischensequenzen sind vorbei, wir sind endlich im Spiel angekommen
Spoiler zu Folge 4 von The Last of Us
Bitte nicht den Titel falsch verstehen. Der soll nicht bedeuten, dass The Last of Us auf HBO beziehungsweise Sky beziehungsweise WOW plötzlich zur Actionserie wird, auf einmal nur noch geschossen oder geschlichen wird. Aber man hat nach der gefeierten, wenngleich nach meinem Dafürhalten etwas zu früh eingeschobenen “Flaschen-Episode” um Bill und Frank im vierten Teil endlich das Gefühl, dass wir bei dem angekommen sind, was den Kern des Spiels ausgemacht hat.
Damit ist natürlich der Eindruck gemeint, sich allein und ohne große Hilfe auf einem Trip quer durch die USA zu befinden und sich unterwegs feindlicher Fraktionen zu wehren. Ich muss sagen, auch wenn sie im Grunde nicht wahnsinnig ereignisreich war, fand ich Folge vier bisher am besten, denn exakt dieser Balanceakt zwischen Hoffnung und Verzweifeln “on the road”, hat mich immer schwer mitgenommen. Joel und Ellie wachsen allmählich zusammen, Pascal und Ramseys Chemie ist fantastisch und wenn die 14-jährige “Fracht” des kernigen Schmugglers das Witzeheft herausholt, kann diese Show kaum näher am Spiel sein.
In manchen, dunkleren Szenen verschwimmen für mich Pedro Pascal und der Spiel-Joel zu ein und derselben Person und Ramsey hat das unbedarfte Mädchen, das das erste Mal außerhalb eines Fedra-Lagers unterwegs ist, perfekt raus. Obwohl ich mich wundere, dass die beiden jetzt doch recht plötzlich ziemlich nah miteinander sind – im Spiel hat das gefühlt länger gedauert –, bin ich doch froh, sie sich annähern zu sehen. Die Art, auf die es geschieht, empfinde ich trotz des Tempos als sehr natürlich, was sicher an den Darstellern liegt. Ebenso freue ich mich, dass Ellies Mix aus Teenager-Leichtsinn und gepflegten Ungehorsam in der Szene fortsetzt, nach der Joel ihr die Waffe überreicht. Anstatt wie von ihm gebeten, steckt sie das Schießeisen in ihre Jackentasche, nicht in den Rucksack.
Und dann war da die Szene mit dem Überfall auf das fahrende Auto unserer Helden! Der Shootout mit den Wegelagerern, das Wegschlüpfen durch ein Loch in der Wand, das ist schon eins zu eins das, was die Spiele für mich ausmachte. Gleichzeitig nutzt die Serie diese bekannte Szene aus dem Spiel einmal mehr dazu, dieses Universum um Breite und Tiefe zu erweitern. Diese Banditen stellen sich nämlich nur als Teil der ansässigen Leute heraus, hatten eine Funktion, eine Position in ihrer Gemeinschaft und Leute, die um sie trauern. Diese Menschen hatten sich unter der Führung von Kathleen (Melanie Lynskey) aus der Kontrolle von Fedra befreit und müssen sich nun ordentlich die Hände dreckig machen, um in Freiheit unbehelligt zu leben.
Lynskey spielt Kathleen als Frau, die vielleicht nicht als Anführerin geboren wurde, aber entschlossen genug ist, um in diese Rolle hineinzuwachsen. Damit hat die Serie jetzt schon eine breitere Dimension, als sie das Spiel zu dieser Zeit abbildete. Nicht, dass dies das Spiel schlechter macht, aber einer TV-Sendung bieten sich nun mal mehr Gelegenheiten, die Kamera auch mal von den Schultern des Protagonisten zu lösen. Kathleen will – so scheint es nach den ersten Szenen mit ihr – auch nur ihre Leute am Leben halten, was gut zur Botschaft von The Last of Us passt, dass es selten Gut und Böse gibt, sondern eigentlich nur dich und “die anderen”.
Als Thema rückte das erst im zweiten Teil so komplett in den Fokus, als man mit dem radikalen Perspektivwechsel den Begriff des “Held-seins” so stark relativierte, dass man den Schmerz aller in dieser Gewaltspirale Gefangenen wahnsinnig gut nachfühlen konnte. Die Geschichte Kathleens und der Bewohner der ehemaligen Quarantänezone Kansas City könnte nun ein Vorschuss darauf sein und verleiht den “Gegnern” ein wenig mehr Menschlichkeit, als der erste Teil es zuließ.
Ich freue mich jedenfalls, endgültig aus Expositionsterritorium herauszutreten und bin gespannt, wie die Reise weitergeht. Und das ist bei einer Adaption eines Stoffes, den ich in- und auswendig kenne, eigentlich die größte Überraschung.
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