Warum ihr euch in Guardians of the Galaxy nie alleine fühlt, obwohl ihr nur Star-Lord spielt
Die 80er sind vorbeigekommen und haben Guardians of the Galaxy dagelassen. Hier sind Benjamins Eindrücke vom Anspielen.
In aller Ruhe schlendere ich durch die Gänge der Milano, schaue mir jede Ecke des Raumschiffs der Guardians of the Galaxy an. Ich werfe einen Blick in die Kabinen der anderen, führe eine kleine Unterhaltung mit Drax und stehe dann vor verschlossener Tür. Klar, wie so häufig in Spielen ist das Badezimmer mal wieder verschlossen. Aber Moment Mal, ich hör' da doch was. Die Tür geht auf und Rocket steht vor mir. Mit... meiner Zahnbürste in der Hand. Nur damit kommt er beim Reinigen an die schwer zugänglichen Stellen, sagt er mir. Vielen Dank auch, Rocket...
Wer ich bin? Definitiv kein Niemand, denn ich bin Star-Lord und schaue mir im Rahmen einer Online-Preview-Session ein Kapitel des kommenden Titels von Eidos Montreal (Deus Ex: Human Revolution, Shadow of the Tomb Raider) an. Der kleine Rundgang durch die Milano steht stellvertretend dafür, was ihr zwischen den Missionen tun könnt. Ein klein wenig zur Ruhe kommen, mit den anderen plaudern, neue Dinge entdecken und so weiter.
Kapitel fünf spiele ich an diesem Tag, das sollt ihr nach zirka vier Stunden Spielzeit erreichen und laut Publisher Square Enix ist das noch Teil des ersten Drittels des Spiels. Das hier beschäftigt euch am Ende also definitiv länger als die Kampagne eines Call of Duty, so viel dürfte klar sein. Die Reise führt mich in diesem Kapitel zu The Rock, einer Nova-Corps-Station. Die haben den Guardians eine Strafe aufgebrummt, die Milano mit einem Tracker versehen und es bleibt dem Team eine bestimmte Zeit, um diese Summe zu bezahlen. Was sie auf The Rock gerne tun würden, allerdings erweist sich die Station bei ihrer Ankunft als scheinbar verlassen.
Bei den Guardians of the Galaxy wird nicht nur gekämpft
Rocket ist das nicht ganz geheuer, am liebsten würde er direkt umdrehen und verschwinden. Das Problem: Die Milano hängt nicht mehr dort an der Andockrampe, an der die Guardians ausstiegen. Also müsst ihr euch euren Weg durch die Station bahnen. Dieser Weg zeigt euch hier, dass es in Guardians of the Galaxy nicht alleine um Kämpfe geht. Hinter einem Fenster finden die Guardians eine Konsole, die eine Tür öffnet. Also schickt ihr zuerst einmal Rocket über einen Schacht in einem nebenan befindlichen Raum zu dieser. Anschließend nutzt ihr Star-Lords Visor, um die Umgebung zu scannen. Ihr entdeckt ein paar Energieleitungen und müsst hier die richtigen Schaltkreise ausrichten, um die Energie zur Tür zu leiten. Kein mega komplexes Rätsel, aber es bringt Abwechslung rein.
Dahinter... noch immer keine Spur von irgendwem. Außer ein paar Robotern hier und da, die aber auch nichts mit sich anzufangen wissen. Dann endlich finden die Guardians in einem Raum einen aktiven Helm. Star-Lord setzt ihn auf und hört ein paar Gesprächsfetzen mit. Ihr habt nun die Wahl: Belasst ihr es bei diesem kleinen Informationshäppchen oder antwortet ihr kurzerhand? Bedenkt dabei, dass es, wenn ihr einfach so dazwischen grätscht, anschließend schneller zum ersten Feindkontakt in diesem Level kommt.
Solche kleinen Entscheidungen und Interaktionsmöglichkeiten soll es im Spielverlauf immer wieder geben. Zum Beispiel in einem anderen Raum, in dem ihr einen Gefangenen in einer Zelle vorfindet. Er bittet euch darum, ihn freizulassen, er habe ja nicht viel getan. Drückt ihr den Knopf an der Zelle, verschwindet diese im Boden und Rocket beglückwünscht euch zu eurer ersten Exekution eines Gefangenen. Aber ihr seht die Zelle mitsamt Insasse später nochmal bei mehreren Gelegenheiten, während ihr The Rock erkundet. Nicht lange danach gibt es den ersten Feindkontakt. Ein paar Typen mit einer glühenden Aura um sie herum konfrontieren euch. Sie gehören zum Kult der Universellen Kirche der Wahrheit, um die es im Spiel ebenfalls geht. Religiöse Fanatiker, sind sie nicht toll?
Viele Möglichkeiten im Kampf
Egal, ob ihr nun früher oder später - abhängig von der Helm-Entscheidung - auf diese Leute trefft, jetzt geht's erst einmal zur Sache. Falls ihr es noch nicht wisst, wobei ihr es spätestens seit der Überschrift bemerkt haben solltet: ihr spielt in Guardians of the Galaxy nur Star-Lord, jedenfalls als aktiven Charakter. Die anderen Guardians sind aber immer um euch herum und kämpfen ihrerseits mit, ihr habt zudem bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über sie. Visiert ihr Gegner an, könnt ihr über die linke Schultertaste und die Buttons auf der rechten Seite des Pads verschiedene Attacken auslösen, einzelne eurer Mitstreiter und Mitreiterinnen so auf bestimmte Feinde hetzen.
Jeder von ihnen lernt mit der Zeit neue Fähigkeiten hinzu, indem ihr im Spielverlauf Erfahrungspunkte anhäuft. Das vergrößert das Repertoire an verfügbaren Attacken, wodurch Star-Lord zum Beispiel in die Luft springt und einmal im Kreis um sich herum nach unten feuert. Praktisch, wenn ihr von mehreren Gegnern umrundet seid. Darüber hinaus hat Star-Lords Blaster noch alternative Funktionen, beim Anspielen war es mir damit möglich, Gegner einzufrieren. Zum einen hilfreich, wenn ihr so stinknormale Feinde in Eisblöcke verwandelt und sie anschließend ohne Gegenwehr mit ein paar Schlägen oder Tritten in zahlreiche kleine Teile zerspringen lasst. Zum anderen nützlich gegen Gegner mit Schilden, um diesen Schutz schnell loszuwerden.
Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs ein wenig verwirrt fühlte von den Kämpfen. Das lag aber primär daran, dass die Tutorials hier nicht verfügbar waren (da sie ja nicht erst in Kapitel fünf kommen) und wir vorab nur ein kurzes Übersichtsvideo zur Steuerung und den Möglichkeiten im Kampf sahen. Aber okay, learning by doing klappt ja immer. Je mehr Zeit ich damit verbrachte, desto mehr ging es ins Blut über - und ich rede hier von maximal zehn Minuten im Kampf. Wenn ihr alle Feinheiten verinnerlicht habt, gelangt ihr so in einen Flow, in dem ihr zum einen eure Teammitglieder effektiv herumkommandiert und gleichzeitig mit euren Blastern um euch ballert.
Sci-Fi trifft 80er Musik: Bühne frei für die Guardians of the Galaxy
Hier und da gibt's zudem kontextsensitive Optionen, zum Beispiel lasst ihr Drax explosive Fässer durch die Gegend werfen oder Gamora schneidet mit ihrer Klinge eine herumhängende Kiste frei, die Feinde unter sich begräbt. Obendrein baut ihr während des Kämpfens Momentum auf, was ihr ebenso für kontextsensitive Attacken einzelner Guardians oder des gesamten Teams einsetzt. Oder für die Huddle-Mechanik. Huddle? Was ist das? Nun, ihr löst damit eine kleine Sequenz inmitten eines Gefechts aus, als Vergleich kommt mir da ein Timeout beim Football in den Sinn, bei dem sich das Team im Kreis versammelt. Die Guardians gruppieren sich rund um Star-Lord und es ist an der Zeit für eine kleine Ansprache. Ihr habt hier stets die Wahl zwischen zwei Optionen.
Es geht darum, die richtigen Worte zur richtigen Zeit zu finden. Wirken die Guardians auf euch zu übermütig, solltet ihr sie ein wenig auf den Boden zurückholen. Machen sie einen demotivierten Eindruck, dann spornt sie an. Gelingt's euch nicht, erhält wenigstens Star-Lord einen Kampfboost, schafft ihr es aber, gewinnt das gesamte Team an Stärke für die bevorstehende Aufgabe. Und das ist nicht alles, da fängt der Spaß erst an, denn Star-Lord packt nach einem solchen Huddle-Moment seine Musik aus. Was gibt es schöneres, als sich mit Aliens zu kloppen und mit Blasterkanonen um euch zum ballern, während im Hintergrund 80er-Jahre-Klassiker wie Bonnie Tylers Holding Out For A Hero, Hot Chocolates Every1s A Winner sowie Musik von Iron Maiden, Kiss, New Kids on the Block oder Rick Astley erklingen? Und davon gibt's noch einige mehr, sogar eine fiktive Band namens Star-Lord inklusive eines kompletten Albums hat Eidos Montreal extra fürs Spiel erschaffen.
Ich liebe es jetzt schon. Habt ihr erst einmal das Kampfsystem verinnerlicht, macht es viel Spaß, sich so durch die Gegnergruppen zu kämpfen. Ein weiterer toller Aspekt, den ich bereits vereinzelt andeutete, sind die Interaktionen zwischen den Guardians. Davon gab es in Kapitel fünf eine Menge, ob auf der Milano oder unterwegs. Fandet ihr dieses Hin und Her zwischen den Charakteren in den Filmen schon ansprechend, werdet ihr es hier lieben. Keiner schreckt davor zurück, seine Meinung zu sagen, es gibt Reibereien, Differenzen und zahlreiche witzige Momente. Wenn sich das so in der Fülle und Qualität durch das ganze Spiel zieht, hat Eidos Montreal auf jeden Fall seine Hausaufgaben gemacht und es dürfte euch eine unterhaltsame Reise erwarten.
Ein Kapitel Guardians of the Galaxy hat gereicht, um mich anzufixen. Hatte ich anfangs aufgrund der Ausgangslage noch ein paar Problemchen, mich im Kampf zurechtzufinden, klappte das nach kurzer Zeit prima und ich setzte nicht allein meine Spezialfähigkeiten klug ein, sondern auch die meines Teams um mich herum. Dass ich hier nur Star-Lord spielen kann, stört mich weniger, als ich es mir vorher ausmalte. Trotz allem kommt durch die zahlreichen Interaktionen mit dem Team im Gameplay, in Dialogen, in Cutscenes und durch die Einbindung in die Kämpfe nie das Gefühl auf, als wärt ihr ein Einzelkämpfer. Zusammen mit dem Humor, den 80er Jahre Vibes im Hintergrund und allem sorgt das bereits in Kapitel fünf für ein Erlebnis, das sich durchdacht und stimmig anfühlt. Große Kritikpunkte konnte ich beim Anspielen nicht ausmachen. Vereinzelt fand ich die Bewegungen und Gestik in Gesprächen etwas zu Videospiel-like und statisch - da könnte ein wenig mehr Bewegung drin sein -, aber ein großer Downer ist das nicht. Ich freu' mich drauf!
Marvel's Guardians of the Galaxy erscheint am 26. Oktober 2021 für PlayStation 5, Xbox Series X/S, PlayStation 4, Xbox One und PC sowie als Cloud-Version für Nintendo Switch.