Warum ihr unbedingt einen Blick auf CRAWL werfen solltet
… wenn ihr auf lokalen Multiplayer steht.
Ich weiß, ich weiß, Fallout 4 und so. Geht mir nicht anders. Trotzdem ist das hier definitiv das Auge wert, das ihr zwischendurch darauf werft. Am besten beginnt ihr mit dem Trailer ein Stück weiter unten, denn der verrät euch ab Sekunde 15 binnen eines Wimpernschlags, ob ihr dieses Spiel in eurem Leben braucht oder nicht:
Viel besser als der vom Lovecraft-Wahnsinn besessene Erzähler kann man es nicht zusammenfassen. Ich versuch' es trotzdem mal: CRAWL, das ist ein blutig motivierendes Partyspiel, ein Drei-gegen-Einen Dungeoncrawler und ein Hack-and-Slash im lebhaft animierten Pixel-Gewand eines vergilbten Midway-Automaten, den es nie gegeben hat. Ein Anti-Gauntlet mit viel Schadenfreude, irrsinnig schneller Action und einer niemals enden wollenden Fülle an freischaltbaren Waffen, Zaubergegenständen und Monster-Mutationen.
Schon der vierspaltige Startbildschirm, der zum "Insert Coin" auffordert, wirkt ungemein verlockend, versprüht er doch den unmittelbar einnehmenden Spaß eines gut gemachten Arcade-Schranks. Und genau so ist es auch, nur dass sich CRAWL trotz des täuschenden Retro-Looks nicht an die Limitierungen der Hardware von damals hält. Schon nach wenigen Schritten wird deutlich, derartige Animationen hätte es in diesem charakterstarken Detailgrad damals nie gegeben. Das analoge Zielen von Ausweichrolle, Schüssen und Schlägen kannte man in den frühen Neunzigern noch weniger und die Fülle an Dingen, die gleichzeitig auf dem Schirm passieren und die man tun kann, ebenso wenig.
Wie der Trailer bereits ganz richtig beschreibt, kann immer nur einer der Spieler menschliche Form annehmen, sich in einer Serie von Dungeon-Etagen bis zu Level 10 hochschlachten, um dann das Portal zum Endboss zu aktivieren. Davon gibt es aktuell zwei und wenn ihr nicht mindestens einen von beiden erlegt, wird er aus seinem Gefängnis entfesselt und unterjocht die ganze Welt. Alles easy und entspannt also. Euch dicht auf den Fersen sind die bis zu drei Geister eurer ehemaligen Mitstreiter, die ebenfalls gerne Leib und Leben zurückhätten und sich deshalb mit euch darum zoffen, sich dem Biest am Ende der Katakomben zu stellen. Wer euch killt, bekommt seinen Körper zurück und nimmt euren Platz ein.
Folglich sind die einzigen Gegner, denen ihr auf dem Weg zum Obermotz im Dungeon begegnet, von euren "Freunden" - mit dicken Gänsefüßchen - gesteuert. Je nachdem welcher infernalen Gottheit zu huldigen man sich zu Beginn entscheidet, ist es ein anderes Trio an Monstern, das euch zur Verfügung steht. Die Biester können sich nur dort - und nur einmal - materialisieren, wo ein Pentagramm auf dem Boden eingezeichnet ist. Welches der drei Tierchen ihr zu Felde führt, wird ausgewürfelt. Befinden sich Monster mit dem aktuellen "Helden" (auch hier ordentlich pummelige Anführungszeichen, denn auch er wird im Laufe einer Partie mehrfach als rachsüchtiger Geist seine eigene Niedertrachtsschwelle sondieren) im Raum, schließen sich die Ausgänge, und er muss sich seiner Häscher erst entledigen, bevor es weitergeht
Das geschieht mit einer je nach Waffe unterschiedlichen, herrlich animierten und sich spitze anfühlenden Ein-Button-Kombo und einer Ausweichrolle. Später kehrt ihr regelmäßig in Item-Shops ein, in denen ihr mit Tränken eure drei Charakterwerte Stärke, Gesundheit und Tempo steigert und magische Gegenstände einkauft, die etwa die Ausweichrolle durch Area-of-Effect-Zauber oder eher handfeste Dinge wie einen Schild eintauscht. Es ist wirklich erstaunlich, wie viele Gegenstands- und Aktionskombinationen möglich sind und in jedem Spieldurchgang meint man, noch etwas Neues zu entdecken. Das gilt auch für die Geistform, in der man sich im Laufe einer der etwa halbstündigen Partien immer wiederfindet: Jedesmal wenn ein Lebendiger im Level aufsteigt, sammeln die Geister Zornpunkte, mit denen man zwischen den Etagen seine drei Monsterformen upgraden darf.
Weil es dem Zufall überlassen ist, welche der durchweg sehr einfallsreich designten Kreaturen sich auf einem Pentagram materialisiert, entsteht ein interessanter Poker, ob man lieber den fleischfressenden Pilzmann zu seiner genialen Maximalform hochzüchtet, oder seine Punkte lieber gleichmäßig verteilt. Es macht eine Menge Freude, nach und nach die Figuren kennenzulernen und sich mit den anderen darum zu zanken, wer dem Helden nun den tödlichen Stich versetzt und dadurch seinen Platz einnimmt (und ja, das "Monster", das im Titelbildchen zu sehen ist, ist Gabe Newell).
Das ist - wie so viele Spiele dieser Machart - nicht immer fair, wenn man mal wieder die ganze Arbeit macht, und einem dann der Kill stiebitzt wird. Doch gerade darin liegen der Reiz und das berauschende Panikpotenzial von CRAWL. Mit all seinen Eventualitäten und dem schnellen Spielablauf holt es alle auf denselben Level, was sich durch das komplette Design zieht. Es ist zum Beispiel auch recht unwahrscheinlich, alle Items so gut kennenzulernen, dass man sich einen konstanten Vorteil herausarbeitet, der über gute Reflexe und die exakte Beherrschung des Controllers hinausginge. In CRAWL kann sich jeder sofort hineinstürzen und, nach einer Phase der Verwirrung, weil so viel auf dem Schirm los ist, schnell eigene Erfolge feiern. Noch ist das Spiel im Early Access, aber schon jetzt stecken hierin für einen mageren Zehner viele überraschende Stunden lokalen Mehrspielerspaßes.
Schade, dass das australische Entwicklerduo von Powerhoof immer noch ein bisschen ballerinamäßig um das Thema Online-Modus herumtänzelt. Der wäre auf lange Sicht wirklich nötig, um aus CRAWL das Massenphänomen zu machen, das es sein könnte. Aber auch so schon ist es ein Titel, den Freunde von Couch-Multiplayer-Erlebnissen am besten immer parat haben, für den Fall, dass spontan verspielter Besuch ansteht. "Ach komm schon, Alex, ist es wirklich so gut?" Nein, es ist eigentlich sogar besser.