Was Star Traders: Frontiers mit einer Zwiebel gemeinsam hat
Nein, es bringt euch nicht zum Weinen.
Die Entwicklung eines Spiels ist mit einer Zwiebel vergleichbar. Diese Analogie passt für Andrew Trese, Mitgründer von Trese Brothers Games, gut zum Rollenspiel Star Traders: Frontiers. Ein Spiel, in dem ihr euer eigenes Raumschiff kommandiert und eure Crew wohlbehütet durch ein feindseliges Universum führt. "Star Traders RPG lehrte uns, ein Spiel im Stil einer Zwiebel zu entwickeln", erzählt er mir. "Wir lernten, ein tiefgreifendes Spielerlebnis zu erschaffen, indem wir viele einzelne Ebenen erstellen und diese dann auf so viele Arten wie möglich miteinander verbinden. Das Resultat ist eine Welt, die mehr auf den Spieler reagiert. Und es führt zu einem Spielablauf, bei dem die Spieler ständig Dinge lernen, während sie das Spiel meistern."
Die beiden Trese-Brüder Andrew und Cory realisieren mit der Reihe ihre Kindheitserlebnisse, die sie beim Lesen von Sci-Fi-Abenteuern und beim Entwurf eigener Tabletops-RPGs hatten, auf eine neue Art und Weise. Vieles aus Star Traders: Frontiers basiere zum Beispiel auf einem von ihnen erstellten RPG namens Stars Edge. Insgesamt umfassen die Star-Traders-Geschichte und das -Universum mittlerweile fünf verschiedene Spiele. Jedes davon zeigt die Galaxie aus einer unterschiedlichen Zeitperiode oder einem anderen Blickwinkel, ob als Captain eures eigenen Raumschiffs, als Oberhaupt einer Reihe von Kolonien oder als Anführer einer Elite-Mech-Einsatztruppe.
Wichtig sei dabei, immer auf das Feedback der Spieler zu hören. "Das Feedback der Nutzer brachte uns dorthin, wo wir heute stehen", sagt er. "Es ist im Grunde das Lebenselixier dessen, was wir tun. Es treibt uns dazu an, uns zu verbessern, Updates zu veröffentlichen und davon zu träumen, noch bessere Spiele zu machen. Wir sagen immer - ohne zu übertreiben -, dass wir allein aufgrund unserer Community und ihres Feedbacks noch Spiele entwickeln."
Das Konzept für Star Traders: Frontiers entstand in einer Zeit, in der es noch möglich war, nicht mehr als ein Design via Kickstarter zu finanzieren. Die Macher hatten damals nichts Spielbares vorzuweisen, brachten allein ihre Ideen und die Community mit. "Wir hatten eine Idee, ein paar aufregende Designs und Artworks sowie die Community von Star Traders: RPG", führt er aus. "Am Ende waren Cory und ich überrascht, wie viele Kernkonzepte aus dem Design unverändert in der Alpha landeten. Natürlich war es abzusehen, dass sich einige Dinge ändern würden, sobald ein paar Hundert Spieler sich mit der Alpha beschäftigen. Viele Systeme waren einfach zu kompliziert."
Ein Beispiel: Ursprünglich war geplant, dass der Captain für jedes Besatzungsmitglied einzeln festlegt, ob es auf seinem Posten bleibt und an den Schiffssystemen arbeitet oder ob es patrouilliert und bereit zur Verteidigung des Schiffes ist. Am Ende sei ihnen das zu verwirrend gewesen und es habe zu viel Mikromanagement erfordert. "Es dauerte rund zwei Wochen, dieses System durch eine Automatik zu ersetzen", merkt er an.
Die Tatsache, dass das Spiel eine Vielzahl an Optionen in diversen Bereichen bietet, machte die Entwicklung nicht einfacher. Ihr habt zum Beispiel die Wahl, euch als Pirat, Schmuggler oder Kopfgeldjäger zu betätigen - und noch einiges mehr. "Wir haben uns darauf konzentriert, eine Menge ikonischer Berufe anzubieten", erläutert Trese. "Es sind Jobs und Berufe, die in den größten Sci-Fi-Werken vorkommen. Von Dune über Firefly bis hin zu Star Wars. Die Spieler kennen sie, lieben sie und möchten in diese Fußstapfen treten. Innerhalb des Spiels sorgten wir dafür, dass die Jobs ihren eigenen Spielstil haben, damit die Spieler diesem Pfad bis zum Ende folgen. Natürlich ist es möglich, mehrere miteinander zu mischen, aber die Giganten, die Legenden sind dabei."
Analog dazu ist es möglich, euer Schiff mit mehr als 300 Upgrades an eure Vorstellungen anzupassen. Kein Kinderspiel in puncto Balancing. "Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass es ein ständiger Balanceakt ist", sagt er. Weitere Updates kamen und kommen nach dem Launch hinzu und die Entwickler arbeiten an der Optimierung der einzelnen Komponenten, wobei das Feedback der Community erneut eine Rolle spielt.
Dass das Spiel verschiedene Optionen im Hinblick auf den Spielablauf hat, zum Beispiel Permadeath oder dass es ein Spielerlebnis im Stil eines Roguelikes ist, ist eine direkte Folge des Early Access'. "Es half uns dabei, unsere eigenen Erwartungen zurückzuschrauben", erzählt Trese. "Zum Early-Access-Start hatten wir nicht mehr als einen Standard-Schwierigkeitsgrad und alles spielte sich wie ein Roguelike ohne die Möglichkeit, Speicherpunkte zu nutzen. Die Community machte uns deutlich klar, dass wir einen anpassbaren Schwierigkeitsgrad und Checkpoints brauchten. Beides kam während der Early-Access-Phase hinzu und war ein Segen für das Spiel. Ohne sie wäre es vielen Spielern nicht möglich, das Spiel so zu spielen, wie sie es gerne hätten und an all dem Spaß zu haben, was es zu bieten hat."
Als hilfreich erweist sich dabei die prozedurale Generierung, sofern Entwickler richtig damit umzugehen wissen, was nicht immer der Fall sei. "Es ist toll für diese Art von Spiel, du erhältst sofort den Content, den du für eine unbegrenzte Wiederspielbarkeit brauchst", erklärt er. "Wenn du nicht bedacht damit umgehst, fühlt es sich langweilig, leblos und unzusammenhängend an. Einige größere Spiele haben jüngst diesen Fehler gemacht. Wir arbeiteten hart daran, die prozedurale Generierung mit narrativen Inhalten zu verknüpfen. Und wir bemühten uns um die Erschaffung von tiefgreifenden Regelsets, die nicht allein eine Menge Inhalt erstellen, sondern vielmehr durchdachte Inhalte. Mit Dingen, die in Bewegung sind. Mit Zielen, besonderen Merkmalen und der Möglichkeit, das Universum zu verändern."
Die Schwierigkeit bei der Entwicklung als Zwei-Mann-Team sei, zu entscheiden, was sie von sich aus in Angriff nehmen und wofür sie externe Experten heranziehen. Mit jedem Spiel habe sich dieser Prozess verbessert. Sie raten davon ab, sich um alles im Alleingang zu kümmern. "Wir überwanden eine Menge der Herausforderungen bei Star Traders: Frontiers, indem wir Hilfe suchten, als es nötig war", verrät er. "Wenn was nicht zu unseren Kernkompetenzen zählte, versuchten wir es nicht auf eigene Faust."
Problematisch sei dabei nicht die Ideenfindung, sondern vielmehr der Auswahlprozess. "Ein kreatives Hirn denkt sich so viele coole Ideen für ein Spiel aus, so viele Systeme und Dinge, die sich ergänzen ließen", sagt Trese. "Der entscheidende Faktor ist, das Wichtigste davon auszuwählen. Du legst die Kernelemente des Spiels fest und dann kümmerst du dich darum, dass du alles um diese herum aufbaust."
"Wir beginnen immer mit einem minimalistischen Grundgerüst, mit dem sich das Spiel spielen lässt", ergänzt er. "Das sind häufig ein paar Bildschirme mit einem Haufen schlecht beschrifteter Buttons und Zahlen. Es braucht viel Fantasie, um darin ein Spiel zu sehen. Es ermöglicht uns aber, die Kernelemente zu testen und sicherzustellen, dass es Spaß macht, bevor wir uns um das Äußere kümmern. Als unser Kickstarter-Alpha-Team das Spiel erstmals spielte, befand sich circa ein Viertel der Bildschirme in diesem 'First Cut'-Zustand. Sie glaubten an uns und blieben uns treu, während wir es entwickelten und optimierten. Damals hatten wir viel zu erklären, welcher Button was tut und was die ganzen Zahlen bedeuteten. Die Gestaltung eines guten Interfaces braucht einfach Zeit. Unserer Ansicht nach ist es wichtiger, zuerst auszuprobieren, wie viel Spaß das alles macht!"
Die beiden Brüder betrachten Star Traders als ihr bislang bestes Spiel. Spieler und Presse nahmen es gut auf, was sich in den Verkaufszahlen widerspiegelt - diese liegen über denen der vorherigen Titel des Studios. "Wir wissen, dass eine Menge neue Entwickler davon träumen, mit ihrem ersten Spiel einen großen Hit zu landen", erzählt Trese. "Das ist möglich, wir verabschiedeten uns aber schnell von diesem Gedanken. Für uns ist das Wichtigste, mit jedem Versuch ein besseres Spiel zu machen. Wir glauben an konstante Verbesserung, das gilt für regelmäßige Updates für unsere vorhandenen Titel und bei der Entwicklung neuer Spiele. Wir steigen auf der Leiter zum Erfolg langsam empor und erzielen mit jedem Schritt kleine Erfolge, anstatt davon zu träumen, direkt an die Spitze hochzuschießen."
Beiden sei eine enge Bindung zur Community wichtig. Er lese jeden Beitrag auf Steam und habe tausende Antworten an Spieler verfasst. Es gehe darum, einen guten Mittelweg zu finden. Und dafür ist die Community wichtig. "Eine Sache sticht dabei für mich hervor", sagt er. "Wir lernen immer und immer aufs Neue, wann wir nicht locker lassen und wann die Community Recht hat. Wir haben eine Vision für das Spiel und versuchen daraus das Beste zu machen. Würden wir jeden Vorschlag aus der Community aufgreifen, wäre das Spiel eine Katastrophe. Ignorieren wir jeden Vorschlag aus der Community, wäre es ebenso eine Katastrophe."
"Diesen Mittelweg zu finden, erforderte viel Flexibilität von Cory und mir", fügt er hinzu. "Es ist nötig, ehrlich und offen darüber zu sprechen, wie du aus dem Spiel das Beste machst. Und es braucht die Bereitschaft, Ideen zu ändern, die wir mögen. Am Ende suchen wir nach dem schmalen Grat, der es uns ermöglicht, unsere Vorstellung des Spiels zu erhalten. Es ist eine tägliche Herausforderung!"
Nach der Veröffentlichung eines Spiels legen die Macher großen Wert darauf, es langfristig zu unterstützen. Diese Pläne umfassen Verbesserungen, Erweiterungen und neue Inhalte über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren hinweg. Es helfe dabei, neue Spieler anzulocken und vorhandene dazu zu ermutigen, zurückzukehren und neue Dinge auszuprobieren. Bei Star Traders: Frontiers sehen die Pläne vor, dass das Spiel am Ende seiner Reise circa doppelt so umfangreich ist wie zu Beginn.
Auf kostenpflichtige DLCs bauen die Entwickler nicht. Ein Ansatz, den auch größere Studios mittlerweile adaptiert haben, zum Beispiel DICE mit Battlefield 5. "Wir waren nie ein Teil dieser DLC-Ära", erzählt Trese. "Wir veröffentlichten nie einen DLC auf Steam, aber Hunderte Updates und Inhaltserweiterungen für unsere Spiele. Kein Spieler erzählt dir, dass ihm DLCs gefallen. Mir ist es am liebsten, wenn ich für ein Produkt bezahle und dann nicht erneut zur Kasse gebeten werde. Entwicklerstudios kommen heutzutage mit ein paar echt lächerlichen Dingen davon. Aber es hat den Anschein, dass sich das ändert."
"Uns als Indie-Studio half es dabei, einen Ruf und eine Community aufzubauen", erläutert er. "Wir baten Spieler nie darum, nochmal für ein Spiel zu zahlen, nachdem wir es veröffentlicht hatten - du hast Zugriff auf über 100 Updates. Wir wissen, dass sie es zu schätzen wissen, es zeigt sich in den Reviews. Sie sagen es ständig. Das ist für uns eine Ehrensache und wir sind überzeugt, damit das Richtige zu tun."
Zuletzt erschien eine Umsetzung des Spiels für iOS und Android. Zugleich würde es Trese gerne auf der Switch sehen. Ob eine entsprechende Umsetzung kommt? "Wer weiß!", sagt er dazu. Pläne für die Zeit nach Star Traders haben beide bereits. Auf jeden Fall möchten sie das Star-Traders-Universum mit einem sechsten Spiel erweitern. "Zunächst ergänzen wir unseren Katalog durch ein neues Cyberpunk-Spiel", verrät Trese. "Damit knüpfen wir an das an, womit unser ursprüngliches Cyber-Knights-RPG im New Boston des Jahres 2217 endete."