Watch Dogs: Legion - PC gegen Xbox: Konsolen-Raytracing im Vergleich mit Nvidias RTX
Einschnitte, Kompromisse und Optimierungen - aber es funktioniert.
Hardware-beschleunigtes Raytracing ist jetzt in Triple-A-Titeln auf dem PC fest etabliert und mit dem Übergang zur nächsten Generation von Xbox- und PlayStation-Hardware können Konsolen nun auch mitziehen. Watch Dogs: Legion ist der erste DXR-fähige Titel, den wir gesehen haben, der auch Raytracing auf Konsolen bietet - was die Frage aufwirft: Inwieweit können die neuen Geräte mit der vorhandenen PC-Hardware mithalten? Welche Art von Kompromissen sind erforderlich, um RT auf Konsolen zu bringen - und was passiert, wenn wir diese Einschnitte bei der PC-Version nachstellen? Sagen wir einfach, dass die Antworten aufschlussreich sind.
Hardware-RT in Watch Dogs Legion wird für Reflexionen verwendet und ersetzt das Standardsystem, das auf einer Kombination von Bildschirm-Raumreflexionen und Cube Maps basiert. Um das genauer zu erklären: Cube Maps sind im Wesentlichen statische "Sonden", die Umgebungsdetails erfassen und zu einer Textur, die um einen Würfel gewickelten ist, formen - und typischerweise werden Tausende von ihnen in einer beliebigen Szene erzeugt und bei Bedarf von der Spiel-Engine herangezogen. Reflexionen im Bildschirmbereich fangen das ein, was auf dem Bildschirm zu sehen ist, und bilden diese Informationen auf reflektierende Oberflächen wie Glaswänden und Pfützen ab. Diese Kombination ist oft überzeugend genug, aber selten zufriedenstellend, wenn es darum geht, bewegte Objekte zu reflektieren (wie z.B. Menschen, die in der Stadt herumlaufen) oder Details zu zeigen, die sich nicht auf dem Bildschirm befinden. Ray-Tracing ist teuer, löst aber all diese Probleme - und Marvel's Spider-Man: Miles Morales ist bis zu einem gewissen Grad die beste Konsolenwiedergabe davon, die wir bisher gesehen haben.
Watch Dogs: Legion bietet vielleicht nicht das volle RT-Spektakel von Insomniac, aber das Spiel hat seine eigenen Pluspunkte. Im Gegensatz zu Spider-Man gibt es Reflexionen innerhalb von Reflexionen. So gibt es beispielsweise Spiegelungen von Pfützen auf dem Boden, die in sich wiederum reflektierende Eigenschaften haben. Außerdem scheint die Geometrie in den Reflexionen den gleichen Detailgrad und Präzision wie in der tatsächlichen Hauptansicht zu haben - Miles Morales hat hingegen eine "RT City" von geringerer Präzision, die in den Reflexionen gespiegelt wird. Die Implementierung von Ubisofts Spiel weist jedoch auch viele Ähnlichkeiten zum PS5-Exklusivtitel auf. Die Xbox-Series S und X verwenden stochastische Reflexionen ähnlich der Technik von Insomniac, sodass sie technisch realistischere Oberflächenreflexionen erzeugen als andere einfachere Formen von Raytracing-Technik. Außerdem wurden die Raytracing-Reflexionen in Watch Dogs: Legion auch auf transparente Flächen im Spiel übertragen, sodass Materialien wie Glas sehr realistisch aussehen. Vereinfacht ausgedrückt, ist dies aus visueller Sicht eine große Verbesserung, insbesondere für eine Stadtlandschaft mit vielen reflektierenden Oberflächen.
Hardware-RT ist vom Rechenaufwand "teuer" und im Moment stehen den Konsolen keine KI-Upscaling-Technologien wie DLSS zur Verfügung, um den Leistungseinbruch abzuschwächen - dies stellt ein Problem dar. Selbst bei meinen optimierten Einstellungen schaffte die PC-Version von Watch Dogs: Legion bei Verwendung eines RTX 2060 Super nur knapp über 30fps mit Raytracing auf der niedrigsten Einstellung bei 1440p interner Auflösung. Die Series X rendert mit dynamischer Auflösungsskalierung zwischen 1440p und 2160p, die Series S mit 900p bis 1080p. Wie erreicht Ubisoft das also? Handelt es sich um eine voll ausgestattete RT-Implementierung, die mit einem PC vergleichbar ist? Nun, die Antwort ist nein - und das wissen wir nicht nur dank unserer Augen, sondern auch ausgehend von der PC-Version von Watch Dogs: Legion, die hilfreicherweise alle Einstellungsdaten für jede Wiedergabe des Spiels enthält.
Die Konsolen arbeiten viel hinter den Kulissen, um Elemente auszuschalten, wie es beim PC nicht der Fall ist, so zum Beispiel die Deaktivierung von Scheinwerferschatten auf Autos, die Verwendung von globaler Ausleuchtung mit nur halber Auflösung und die Reduzierung der Schattenqualität. Neben vielen anderen Kompromissen gibt es kein hochauflösendes Texturpaket (nicht einmal auf der Series X, die Series S schneidet noch schlechter ab). Das Raytracing verwendet für alle Systeme - sogar auf dem PC - einen Schachbrett-Rendering-Ansatz, sodass RT-Reflexionen mit halber Auflösung auf dem PC zu einer Viertelauflösung bei der Series X werden, berechnet mit 1080p, die auf der Series S auf 720p reduziert werden.
Zusätzlich finden auch Einsparungen statt, die auf dem PC erst bei niedrigeren RT-Einstellungen vorkommen - wie z.B. fehlende Reflexionen bei dynamischen Partikeln oder projizierten Decals. Unterdessen sind die Reflektions-Fallbacks auf im Bildschirmbereich von geringerer Qualität. Die größte Anpassung, die über die interne Auflösung hinausgeht, sind Einschnitte bei rauen Materialien. Im Grunde genommen erhalten bei Series S und X die raueren, im Spiel gezeigten Flächen- wie stumpfere Metalle, Marmor, polierte Fliesen und dergleichen - keine RT-Reflexionen und müssen so eher auf cube maps zurückgreifen. In diesem Fall ist die Konsolen-Darstellung niedriger als die mittlere (d.h. niedrigste) RT-Voreinstellung des PCs. Es handelt sich um eine wirklich intelligente Optimierung: je weniger reflektierende Oberflächen, desto weniger Arbeit muss die GPU leisten und desto leistungsfähiger wird das RT-System.
Dank etwas Modding-Magie, können wir all diese zusätzlichen Kompromisse wieder in das PC-Spiel importieren - mit Ausnahme der dynamischen Auflösungsskalierung. Es gibt auch geringfügige Unterschiede in der Filterqualität der RT-Reflexionen, sodass der PC in Bezug auf Lebendigkeit die Nase vorn hat. Insgesamt ist es jedoch sehr, sehr nah dran. Vor diesem Hintergrund dachte ich, es wäre interessant, genau zu sehen, welcher Grafikprozessor benötigt wird, um eine vergleichbare Leistung wie die der Xbox Series X zu erzielen. Dazu suchte ich einen Bereich des Spiels, in dem ich sah, dass die Xbox Series X eine zählbare Auflösung unter 4K hat, was bedeutet, dass der Xbox-Grafikprozessor ausgelastet ist. Beim Hochladen genau derselben Szene auf die RTX 2060 Super mit nativem 4K erreicht der Grafikprozessor 32 Bilder pro Sekunde, sodass er mit einer höheren Auflösung als die Microsoft-Konsole mit über 30 Bildern pro Sekunde läuft. Wenn man sich dann in der Spielwelt bewegt, kann man sehen, wie gut der RTX 2060 Super bei nativem 4K über 30 Bilder pro Sekunde hinauskommt, obwohl ich davon ausgehe, dass eine dynamische Auflösungsskalierung erforderlich wäre, um feste Bildrate von 30fps für den gesamten Inhalt zu erhalten.
Ich konnte mehrere Schlussfolgerungen aus diesem Test ziehen. Möglicherweise sehen wir einen anderen Level des Scalings bei den Konsolen-GPUs von AMD mit aktiviertem RT. Schließlich soll das Nicht-RT Gears 5 auf einer RTX 2080 mit der Series X vergleichbar sein, doch hier in Watch Dogs: Legion mit aktivem RT scheint eine RTX 2060 Super leistungsfähiger zu sein. Das bedeutet, dass Konsolen im Vergleich zu PC-Grafikhardware der Mittelklasse möglicherweise geringere Auflösungs-, Abstands- oder Oberflächeneinstellungen in Kauf nehmen müssen. Was Ubisoft betrifft, die gern alle Konsolen-Kompromisse eingehen und sie auf den PC zurückportieren, würde ich sagen, dass dies durchaus eine lohnende Option sein kann, je nachdem, wie das Spiel auf AMD RDNA 2-Karten läuft.
Mit Nvidia-Technologie gibt es keine wirkliche Notwendigkeit, die RT-Einstellungen auf einen niedrigeren Wert als Mittel zu reduzieren - schaltet das DLSS ein, und ihr bekommt die Leistung zurück, die durch das RT verbraucht wird. Abgesehen davon fand ich den Test jedoch sehr aufschlussreich, und ich würde mich freuen, wenn PC-Versionen direkt Konsolenkonfigurationen als Option anbieten würden - das wäre großartig für unsere Analysen, aber was noch wichtiger ist, es wäre von großem Nutzen für Spieler, die einfach nur ein konsolenähnliches Spielerlebnis haben wollen, ohne sich allzu viele Gedanken über grafische Einstellungen machen zu müssen. Schließlich liefern Konsolen in der Regel in diesem Punkt die beste Preis-Leistung, und diese Optimierungen lassen sich in der Regel auch gut auf den PC übertragen.
Natürlich ist es wichtig, nicht zu viel in diesen sehr frühen Test hinein zu interpretieren. Schließlich handelt es sich hier nur um ein Spiel - und noch dazu um einen Starttitel, der wahrscheinlich in einem verkürzten Entwicklungszeitraum mit nicht endgültigen Tools und Konsolen-APIs beendet werden musste. Wir werden zu Watch Dogs: Legion zurückkehren, um einen Blick auf die PlayStation 5 zu werfen, aber wir können schon jetzt ein paar Spoiler anbieten, die auf den Konfigurationsdateien im Spiel basieren. Sie deuten darauf hin, dass "Prospero" (der Entwicklungs-Codename für die PS5) im Vergleich zu "Anaconda" (Xbox Series X) in allen Bereichen identische Einstellungen aufweist und wenn das der Fall ist, kann es sein, dass nur die Leistung oder die Qualität der dynamischen Auflösungsskalierung die beiden Maschinen voneinander trennt. Wir werden sobald wie möglich darüber berichten.
Wenn ihr mehr zu dem Spiel wissen möchtet: Hier ist der Test zu Watch Dogs: Legion