Way of the Samurai 3
Der Bushido des Pokemon
Es ist ziemlich genau 20 Jahre her, dass die mittlerweile verschiedenen MicroProse-Jungs – unter ihnen mit einem in diesem Falle kleineren Beitrag Sid Meier – mit Sword of the Samurai ein beinahe perfektes Action-Strategie-Crossover ablieferten. Der nicht übertrieben populäre Titel lies euch vom einfachen Samurai bis zum Shogun aufsteigen. Eine geschickte Mischung aus Action-Questen und mehr oder weniger harter Strategie sorgte für einen abwechslungsreichen Spielablauf, der Wiederspielwert war unglaublich und das Design fing die Atmosphäre Shoguns perfekt ein. Warum kriegen die Japaner sowas eigentlich immer noch nicht gebacken?
Meine Vorfreude auf den dritten Teil der Way-of-the-Samurai–Serie war recht groß. Schließlich soll man hier vom einfachen Samurai bis zum Shogun aufsteigen. Minispielchen inklusive, völlige Freiheit garantiert, dynamische Welt versprochen. Nur kommt alles immer ein wenig anders, als man meinte, und die völlige Freiheit stellt sich relativ schnell als Farce heraus.
Zu einer solchen gehören mindestens ein paar Areale, die größer sind als ein einzelner Raum in so manchem modernen 3D-Titel. Über eine Karte wird eine Reihe dieser verbunden und schon entsteht eine in sich geschlossene Welt, die man nicht mit Klaustrophobie besuchen sollte. Der Himmel über Japan könnte einem sehr schnell auf den Kopf fallen.
Zum Ausgleich muss man anmerken, dass die winzigen Fleckchen recht dicht besiedelt sind. Und ihr dürft sie alle töten. Außer Kinder. Aber sonst könnt ihr sogar mitten im Gespräch selbiges abbrechen und zum Schwert greifen. Einmal enthauptet, kehren sie auch nicht wieder magisch unter die Lebenden zurück, sondern bleiben tot.
Das hat jedoch weniger Auswirkungen als man jetzt meinen könnte. Questgeber tauchen in Form einer anderen Figur wieder auf und reagieren auch nicht groß darauf, dass die Leiche des Vorgängers noch nicht ganz kalt ist. Aber man darf an ihrer Stelle auch nicht zu wählerisch sein, wenn man einige dieser Questen hier an den Mann bringen möchte. Man muss zum Beispiel die Unterwäsche einer alten Frau suchen. Wirklich. Da fühlt man sich gleich wie Nobunaga persönlich.
Andere Aufgaben kollidieren teilweise massiv mit dem Spielsystem des Waffen-Ziehens. An einer Stelle musste ich einen Räuber in einer Stadt töten und bekam diese Mission auch ziemlich direkt von den offiziellen Stellen des Ortes zugeteilt. Folgte ich dem Mann aber mit gezogener Klinge, wurden die Wachen des Ortes unruhig, während unbewaffnete Bürger panisch wie Hühner umherrannten. Nichts davon machte Sinn oder die Aufgabe leichter.
Trotz solcher Schwächen muss man aber auch sagen, dass die Gedanken, die hinter all dem stecken, großartig sind und in den Momenten, in denen sie dann mal wirklich funktionieren, sich auch so spielen. 15 verschiedene Enden lassen euch die Wirkung der Aktionen teilweise besser spüren als die Umsetzung in der Welt selbst. Mitunter reagieren die Gesprächspartner auch angemessen, wenn man mal ein Schwert nur als Drohgebärde zieht. Und die Welt mag viel zu klein sein, aber sie fühlt sich definitiv sehr japanisch an. Ein wenig kitschig vielleicht, aber es ist guter Kitsch wie Shogun und nicht schlechter wie spätere Tenchu.
Nur am Look hätte man definitiv ein wenig feilen sollen, um das Feeling für das mittelalterliche Land besser zu transportieren. In weiten Passagen wirkt das Ganze schwer wie ein minimal polierter PS2-Titel. Matschige Texturen, nicht gerade hübsche Charaktere und ein generell grau-trüber Look erleichtern nicht den Zugang. SEGAs Spin-off der Yakuza-Reihe zeigte da ganz andere Qualitäten. Und die waren auch schon nicht ohne Fehl und Tadel.
Diese Nachlässigkeit beschränkt sich glücklicherweise auf das Äußerliche, denn steuern lässt sich Way of the Samurai wirklich ganz ok. Das mag auch daran liegen, dass die Wurzeln des Kampfsystems nicht beim legendären Bushido Blade, sondern bei simplen Zwei-Knopf-Brawlern liegen. Die Komplexität zieht der Schwertkampf nicht aus der Geschicklichkeit, sondern aus den ganz grob geschätzt zwei Millionen verschiedenen zu aufindbaren oder schmiedbaren Waffen mit unterschiedlichen Werten in Angriff und Verteidigung. Es ist letztlich eine Frage, wer die bessere Klinge hat und nicht, wer besser kämpft. The Bushido of Pokemon, wenn ihr so wollt.
Die einzige Ausnahme ist, das direkte Parieren an Stelle des Blockens zu nutzen, aber das Timing fällt hier ziemlich inkonsistent aus. In der Regel war es leichter, eine bessere Waffe zu finden als eine zu meistern. Wer nicht töten möchte, darf auch die stumpfe Seite der Klinge nutzen und einen Feind, von dem man noch etwas möchte – oder eigentlich nie selber ein Problem mit hatte – bewusstlos schlagen.
Ein netter Touch. Genau wie die Möglichkeit, sich mit einer leicht unterwürfigen Entschuldigung aus dem Kampf zurückzuziehen. Eine Chance zum Frieden, die ich in oben genannter Mission mehrfach erfolgreich nutzen konnte. Puristen und Pad-Künstler dürfen sich zu Recht an der Einfachheit des Ganzen stören, mir persönlich lag das System jedoch recht gut. Es spielt sich flüssig und reduziert die Käuferschicht eines Nischenproduktes nicht noch weiter.
Und um nichts anderes handelt es sich bei Way of the Samurai 3. Die Masse der Spieler darf einen Bogen darum machen oder über die mäßige Technik, die Unstimmigkeiten in den Questen und der Welt sowie deren fast schon beklemmende Begrenztheit herziehen. Und es würde einem schwerfallen, großartig gegen diese Argumente anzukämpfen. Wer jedoch damit leben kann, findet hier ein Produkt mit einem eigenwilligen Charme. Es zieht ihn aus den immer noch vorhandenen Freiheiten, zu tun und zu lassen, was man möchte, zu töten, wen man möchte und zu erleben, wie sich die Geschichte öfters neu entfalten kann.
Das sorgte zusammen mit dem scheinbar grundsätzlichen Charme, den das Mittelalter Japans auf mich auszustrahlen scheint, dafür, dass ich am Ende etwas länger bei den Samurai verweilte als ich es nach einem Blick auf die unübersehbaren Schwächen erwartet hätte. Wer bereit ist, eine ganze Reihe von Zugeständnissen zu machen, dem kann es ähnlich ergehen.
In Japan und den USA gibt es Way of the Samurai 3 bereits, bei uns steht ein halb-offizieller Halb-Import herum. Ich weiß nicht so genau, was das ist, aber meiner stammte aus einer Videothek und hatte eine USK-Einstufung. Offiziell erscheint Way of the Samurai hierzulande über Koch Media am 24. Februar 2010. Zumidest sagt das Amazon. Ach ja: Es wird dann nicht nur für PS3, sondern auch auf Xbox 360 erhältlich sein.