Way of the Samurai 4 - Test
Progressiv und gestrig zugleich treten Acquires Samurais letzten Endes auf der Stelle.
Im Grunde ist es immer wieder dasselbe Spiel. Wenn ein neues Way of the Samurai vor der Tür steht, habe ich gewaltig Lust darauf. So auch dieses Jahr: 19. Jahrhundert, feudales Japan, freie Spielgestaltung in einer offenen Welt, drei Parteien, zehn Enden. Auch die groben Eckdaten des vierten Teils von Acquires Paradiesvogel, der sich mit erstaunlicher Regelmäßigkeit in den Westen verfliegt, wirken wieder enorm anziehend. Und dann fängt man an zu spielen und entdeckt ein ambitioniertes, in der Umsetzung vieler Faktoren aber alles andere als überzeugendes Spiel.
Das beginnt schon mit dem Szenario, von dem die Entwickler mittlerweile selbst anscheinend genug haben. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass mittlerweile fast die komplette Riege maßgeblicher Charaktere aussieht, als wären ausschließlich mittelmäßig talentierte Soul-Calibur-Cosplayern zum Casting eingeladen worden. Natürlich war Way of the Samurai nie wirklich auf Authentizität bedacht, mit dem Einfall der britischen Krone in Amihama gingen den Designern aber endgültig die Pferde durch. Wenn sich Kommandantin Melinda Megamelons und Graf Jet Jenkins vor diesem Hintergrund die Ehre geben, klinke ich mich schon ein bisschen aus.
Als Nächstes gibt einem die Technik schwer zu schlucken, denn wie der Grafik es gelingt, flimmrig und unscharf zugleich zu wirken, das ist nicht gerade auf die gute Art bemerkenswert. Auch die Charaktermodelle und -Animationen tun wenig dazu, den Eindruck, man habe ein verspätetes PS2-Spiel vor sich, zu entkräften. Zeitgemäß ist das starke und durchaus störende Bild-Tearing nicht. Wenigstens dieses horizontale Zerteilen ganzer Bildserien in Way of the Samurai 4 erinnert regelmäßig an die High-End-Spiele, die die alternde Konsolenhardware in den letzten zwei Jahren zu hart malträtierten - nur eben ohne deren normalerweise tolle Optik.
Nicht nur im Szenario, sondern leider auch in der handwerklichen Umsetzung wähnt man sich also in einer längst vergangenen Zeit. Wenn wenigstens das Kampfsystem stimmen würde, die wichtigste Interaktionsmöglichkeit des titelspendenden Samurai mit seiner beachtlich reaktiven Umwelt, könnte man über Technik und fragwürdige optische Design-Entscheidungen noch gut hinweg sehen. Way of the Samurai 4 versagt hier definitiv nicht komplett, liefert sogar etwas an Tiefe, mit seinen Blocks-zerbröselnden Moves, zahlreichen unterschiedlichen Waffen und getrennten Energieleisten für Vitalität - spendet regenerative Kräfte - und Gesundheit. Es fehlt ihm leider nur an der Geschmeidigkeit und Dynamik anderer nahkampfbasierter Spiele. Hier ziehen die Katanas abgehackt und hüftsteif ihre Bahnen, während ihr auch in Gruppenkämpfen immer nur einen Feind anvisieren könnt.
Eigentlich schade, denn wie Acquire dem Spieler hier freie Hand gibt, welcher der Fraktionen, von den xenophoben Heimatlandverteidigern bis hin zu den britischen Neuankömmlingen, er sich zugetan fühlt, um in der Folge die Handlung zu beeinflussen, das ist durchaus progressiv. Vor allem, weil man einfach sogar Teile des Lebens und Wirkens in und um Amihama einfach an sich vorbeiziehen lassen kann oder mit bestimmten Handlungen sogar die Welt für einen nachfolgenden Durchlauf verändert. Fast jeder NPC lässt sich töten - sogar jene, die euch normalerweise eine Quest gegeben hätten.
Die Breite der Aktionsmöglichkeiten gefällt definitiv. Eine eigene Kampfschule zu unterhalten und mit ergebenen Schülern zu bestücken, erzeugt seinen ganz eigenen Reiz, das Spiel bekommt es mit seinem Laissez-faire-Charakter sogar hin, dass man phasenweise einfach treiben lässt. Hier ein wenig geangelt, da ein paar Diebesmissionen, dort ein Ausflug in eine Höhle, "aus der noch nie jemand zurück gekommen ist" - und dann auf die Suche nach einem Nachfolger für den Schmied, dessen Knochen die harte Arbeit nicht mehr mitmachen und der ansonsten seinen Laden schließen müsste.
Lustig ist auch die Art, zumindest theoretisch, wie Acquire online angebundene Spieler miteinander vernetzt. Way of the Samurai 4 erlaubt euch nämlich, eine Momentaufnahme eures Charakters hochzuladen, die dann die Welt anderer Online-Spieler unsicher macht und auf ein Duell aus ist. Als Belohnung winkt die Bewaffnung des besiegten Klons. Eine weitere nette Idee, wie asymmetrische Mehrspieler-Ideen Einzelspieler-Abenteuer aufwerten können, auch wenn es hier nicht allzu häufig vorkommt. Nein, der Breite an Features und Betätigungsfelder geht in diesem Spiel nicht so schnell die Luft aus.
Wie sehr das auch für eure Begeisterung für diesen beachtlich liberalen pseudo-historischen Japan-Sandkasten gilt, hängt ganz davon ab, wie groß eure Kompromissbereitschaft in Sachen Kampfdynamik und Technik ist, denn hier verlangt Acquire nicht gerade wenig Entgegenkommen von eurer Seite. Und dann ist da immer noch die albern inszenierte Geschichte, die mit ihren klischeebeladenen Figuren und Wendungen hart mit dem Rest des Spiels um eure Aufmerksamkeit zu kämpfen hat. In jedem Fall findet man auch im vierten Teil der Serie ein strukturell wirklich cleveres Spiel, wenn man sich denn darauf einlässt, den Weg des Samurai zu beschreiten.