White Knight Chronicles
Jetzt mit Mini-MMO
Kinder, wie die Zeit vergeht. Fast 16 Monate sind ins Land gezogen, seit ich das erste Mal einen Blick auf Level 5s PS3-exklusives Rollenspielepos White Knight Chronicles warf und seitdem hat sich bei dem Spiel so einiges getan. Zum Beispiel ist es fertig und bewertet. Aber natürlich nur in Japan.
Das dort Auflagenstärkste Magazin Famitsu bedachte das Spiel mit für dessen Verhältnisse eher lauwarmen 29 von 40 Punkten und monierte dabei insbesondere und, so weit man freiwilligen Übersetzern trauen kann, fast ausschließlich den Multiplayerpart. Einen Part, dessen Existenz bei unserem ersten Ausflug vor so langer Zeit noch nicht einmal zu erahnen war. Hat sich die Saga um den weißen Ritter jetzt also in ein MMO verwandelt? Mitnichten, vielmehr findet Ihr auf der – Hobbyimporteure, betrachtet Euch als gewarnt – durch und durch japanischen Blu-Ray praktisch zwei verschiedene Spiele.
Das erste ist in etwa das, was nach den Berichten vor anderthalb Jahren zu erwarten war. Ein recht handelsüblicher Plot führt Euch als junger Krieger auf die noble Queste zur Befreiung einer entführten Prinzessin. Das ist schließlich das Mindeste, was er tun kann, nachdem er sie während eines dramatischen Angriffs auf die heimatliche Burg aus den Augen verlor. Es sei zu seiner Entschuldigung angeführt, dass er ein wenig abgelenkt war, während er sich in einen sieben Meter hohen und extrem japano-kitschigen weißen Ritter verwandelte. Und alles nur, weil er diese seltsame Rüstung testen musste.
Der Fluch der Ablenkung stellt sich schnell als ein echter Segen in jedem Kampf heraus und auch als eines der Highlights des Spiels. Größe ist wichtig, auch im Fantasy-Genre. Orks gegen Zwerge sind nicht schlecht, aber richtig krachen tat der Herr der Ringe auch erst beim Auftritt von Trollen und Olifanten.
Natürlich dürft Ihr nicht einfach und jederzeit in die Figur des Riesenritters schlüpfen, sondern baut während eines Kampfes Energie für diese Transformation auf. Habt Ihr dann lange genug gegen eine Übermacht bestanden, dürft Ihr Euch die Verwandlung zunutze machen und das Kräfteverhältnis zu Euren Gunsten verschieben. Oder überhaupt erst mal eine Chance gegen Eure persönliche Erz-Nemesis, einen riesenhaften schwarzen Ritter, sehen.
Ähnliche Features kennt man in Variationen zur Genüge aus diversen Rollenspielen japanischer Bauart, aber es macht trotzdem immer wieder Spaß, und hier baut das Kampfsystem im fortschreitenden Verlauf des Spiels immer weiter darauf auf. Riesenhafte Feinde stapfen zwischen ihrem normal großen Gefolge auf Euch zu und ohne die Spezialfertigkeiten des Ritters habt Ihr einen schweren Stand. Aber keinen unmöglichen, wie der Entwickler betonte. Unter Einsatz aller Taktiken und Varianten sollte es Euch möglich sein, auch als Zwerg einen Riesen zu fällen.
Und in einem Dungeon seid Ihr aufgrund der Platzverhältnisse sowieso gezwungen klein zu bleiben und konzentriert Euch auf den zweiten wichtigen Kampfaspekt, namentlich die weitestgehend frei gestaltbaren Kombo-Angriffe. Eine riesige Zahl aus Schlägen und Hieben lässt sich zu neuen Angriffen kombinieren und später, teilweise in Verbindung mit eher lästigen Quick-Button-Events, im Kampf anbringen. Machtvolle Schlagfolgen können so aus recht unscheinbaren Angriffen entstehen und die Möglichkeit, eigenen Kampfstile praktisch von Grund auf zu entwickeln, klingt durchaus viel versprechend. Auf den ersten, durch die japanische Sprache allerdings mächtig verklärten, Blick macht dieses System sogar einen recht leicht zu handhabenden Eindruck.
An den Kampf und Kombo-Strategien solltet Ihr allerdings bevorzugt vor einem Gefecht feilen. White Knight Chronicles Schlachten verzichten auf bequeme Runden und schicken Euch in Echtzeitgemetzel, in denen Ihr mit einem für jeden Eurer Charaktere vorher zusammengestellten Set von sieben Kombos und Zaubern auskommen müsst.
Der größte taktische Anspruch dürfte damit also neben der Kombobastelei die geschickte Zusammenstellung eines Sets für bestimmte Kämpfe sein, während Eure Geschicklichkeit beim Abpassen des richtigen Moments zum Angriff gefordert wird. Verpasst Ihr diesen, wird der Schlag geblockt oder sogar geschickt gekontert. Das Steigerungssystem zeigt sich von der flexiblen Seite, indem es Euch die beim Levelaufstieg ergatterten Punkte völlig frei für neue Fertigkeiten verteilen lässt. Vergleiche lassen sich mit Final Fantasy XII ziehen, nur dass es hier jetzt in einem eher schlichten Menü steckt und Euch im Gegenzug wohl ein paar Freiheiten mehr lässt. Wobei ich mich in diesem Punkt nicht ganz festlegen möchte. Japanisch, Menüs, Ihr versteht.