Wie Destiny 2 auch bisherige Verweigerer ins Boot holen könnte
Spekulieren wir mal über das Schicksal.
Es ist nicht allzu weit hergeholt, zu behaupten, Destiny sei zu seinem Erscheinen nicht das gewesen, was sich der eine oder andere im Vorfeld vorgestellt hatte. Dabei ist das vermutlich nicht einmal Activisions oder Bungies Schuld oder Absicht gewesen. Die Verantwortlichen spielten von Anfang an mit offenen Karten, dass es sich bei Bungies erstem Nicht-Halo, seit dieses Studio auch in aller Breite ein Begriff ist, um einen Loot-Shooter handeln würde. Die leben nun mal mehr von Wiederholungen und Grind, anstatt der Galaxien umfangenden Epik der Master-Chief-Weltraumoper.
Aber das war es nun mal, wofür Bungie bekannt war - und ein bisschen auch, was erste Trailer, ein elegischer Gus Fring und desktophintergrundwürdige Panoramen vermuten ließen. So sehr tatsächliche Gameplayschnipsel auch vermittelten, hier exakt das Borderlands auf der finster-fantastischen Seite des Sci-Fi-Genres und mit endlich mal brauchbarem Waffenfeedback zu bekommen, das Destiny dann wurde - überrascht und ein bisschen ernüchtert war ich 2014 trotzdem. Die Folge: Wohl nicht nur ich hatte nach etwa 20 Stunden genug davon, von allen denkbaren Orten unseres nicht gerade kleinen Sonnensystems immer und immer wieder durch dieselben Landstriche gejagt zu werden. Ich liebte Bewegung, Handhabung und den eigentlichen Fluss der Kämpfe, aber es kam mir immer hohl und ein seelenlos vor.
Nun gut, ein bisschen hat sich Destiny in den vergangenen Jahren ja schon gemausert. Taken King sei's gedankt. Die Ansätze für mehr Charakter und mehr Geschichte wurden offenbar. Für den zweiten Teil lässt der angekündigte Plattenputz, dem die alten Spielercharaktere zum Opfer fallen werden, schon tief blicken. Wie es scheint, wird der Aufbau und Ablauf des Nachfolgers von Grund auf umgeworfen. Und so sehr ich auch mit jedem mitfühle, der seinen lieb gewordenen Avatar verliert: Das ist das deutlichste Signal, dass Bungie und Activision diesmal auch Spieler wie mich mit ins Boot holen wollen.
Ein Wunsch hat sich direkt mit der immer noch ziemlich nebulösen Ankündigung über zwei CG-Trailer ohne jegliches Gameplay hinweg erfüllt: Die Meister des Konsolen-Shooters machen vom zweiten Destiny auch eine PC-Version. Mal abgesehen davon, dass "Destiny" die Sorte Titel ist, die man einfach nicht durch eine Zahl dahinter verlängern sollte ("alles hat ein Schicksal, nur Bungie hat zwei", oder wie?), bringt diese Ankündigung meine Fantasie und Vorfreude deutlich mehr in Wallung als ich bei dem Nachfolger eines Spiels, bei dem ich nie verstand, wie man sich dem hunderte Stunden hingeben konnte, je für möglich gehalten hätte.
Es scheint vielleicht arg reaktionär, wenn ich jetzt sage, dass mein optimales Destiny immer noch so aussieht, wie die Vorstellung, die ich mir fälschlicherweise vom ersten Teil machte. Ein Spiel, das sich nicht zu schade ist, in unermesslich großen Begriffen wie Schicksal zu denken, braucht größere, weniger segmentierte Welten, weniger generische Kavernen. Ich will mehr von dem, was an seinen Horizonten so melancholisch-schön und doch auf ewig unerreichbar lockte, ich will einen besseren Grund als nur neues Loot, um später (viel später und nicht direkt wieder und wieder) in diese Bereiche zurückzukehren. Zu viel Vertrautheit schadet bekanntlich nur und in einem Spiel, das sich - willentlich oder nicht - über den Drang zu Entdeckung und Abenteuer verkaufte, war das für mich und viele andere ein kritischer Treffer an der Langzeitmotivation.
Hand in Hand mit diesem Wunsch, der hoffentlich keiner bleiben muss, geht mein Begehren für mehr "Show, don't tell". Man merkt, dass Destiny viel weltenbildnerische Macht innewohnt. Aber sie lebte zu oft an eben jenen unerreichbaren Horizonten, in Textwüsten und auf ausgelagerten Webseiten. Man fühlte sich, als sei man "zu spät zur Party", das Spannendste bereits passiert und obwohl das in diesem Business sicher nicht alleine Destinys Problem ist, hoffte man immer, dass irgendwann aus gelesener und insinuierter Geschichte endlich eine ge- und erlebte würde. Wie gesagt, die ersten Schritte waren mit Taken King getan, aber der Rahmen blieb unverändert definiert und ließ nicht zu, dass sich das Spiel als Ganzes maßgeblich über die Grind-Tretmühle hinausstreckte.
Womit wir bei meinem letzten Punkt wären, der sich allein durch obige Änderungen aber wohl abmildern lassen dürfte. Dennoch dürfte Bungie gerne darüber nachdenken, ob der Grind nach neuen Leveln allein ein erfüllendes Spielziel ist, oder ob allzu selbstbezogene Progressionssysteme nicht doch irgendwann beginnen, sich nach Arbeit anzufühlen. Es war leicht, sich stundenlang in diesem beachtlich vor sich hinfließenden Shooter zu verlieren, aber sobald mich irgendwas auch nur für einen Moment aus diesem beneidenswerten Feedback-Loop aus Rennen, Springen, Schießen kegelte, verlor dieses Spiel unverzüglich jede Gravitation auf mich. Dass mich das vor gut zwei Jahren, als ich meine letzten Runden in Destiny drehte, ziemlich traurig machte, spricht Bände darüber, wie sehr ich dieses Spiel doch lieben wollte.
Und ja, vielleicht klappt es ja dieses Mal. Obwohl ich im Grunde noch nichts über Destiny 2 weiß und Spekulation alles ist, was mir bleibt, bin ich guter Dinge, dass es dieses Mal klappen könnte. Für den Moment hat die Destiny meine Fantasie wieder gefangen genommen. Wenn Bungie jetzt tatsächlich die Wände einreißt, die mich bisher davon abhielten, in die Panoramen dieses Universums hinein zu schreiten, werde auch ich mich über Monate, vielleicht Jahre, in ihm verlieren. Das erste Schicksal war nichts für mich. Muss es eben das zweite richten.
Ist eigentlich nicht zu viel verlangt. Oder?
Entwickler/Publisher: Bungie / Activision - Erscheint für: PlayStation 4, PC, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: 9. September 2017 - Angespielt auf Plattform: -