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Wie euch Immortals Fenyx Rising über die Wartezeit auf Zelda hinwegtrösten könnte

Wie erste Eindrücke täuschen können!

Sie ging nicht gut los, meine Anspiel-Session mit dem frisch umgetauften Gods & Monsters. Dass der neue Name mit Immortals Fenyx Rising ein wenig beliebig wirkt - geschenkt! Aber die visuelle und strukturelle Nähe zu Zelda Breath of the Wild, die auf den ersten Blick geradezu eklatant wirkt, fand ich schon gefährlich. Und dann quasseln auch noch Prometheus und Zeus als joviale Erzähler über die ersten, zugegebenermaßen pittoresken Szenen und brechen schon im dritten Satz die vierte Wand. Gottvater Zeus fragt, von der ausholenden Narration des Prometheus' genervt, nach seinem "Skip-Button". Dass ich ihm direkt beipflichtete, war kein gutes Zeichen.

Gleichzeitig wirkt Fenyx in ihrem Standardaussehen zwar ähnlich geschlechtslos wie Link und damit sehr inklusiv, aber auch recht austauschbar. Dass sie die kompletten zwei Stunden Anspielsitzung hindurch so wenig sagte, dass ich hätte schwören können, es handele sich um eine stumme Protagonistin, bereitete mir zusätzlich Sorgen. Link mag als stiller Protagonist funktionieren, der ist seit Dekaden eine Ikone, mit der alle etwas Eigenes verbinden. Eine neue Figur wirkt unter diesen Voraussetzungen jedoch wie ein kalter Fisch. Aber wisst ihr was? Fast alle meine Sorgen haben sich im Nachgang als unbegründet herausgestellt. Immortals Fenyx Rising hat mich für sich gewonnen und könnte zum Release am 3. Dezember eine Überraschung hinlegen, mit der niemand gerechnet hatte. Ein kuscheliger Zelda-Ersatz, wie man ihn gerne in der Festtagszeit angeht.

Denkt ihr auch, was ich denke?

Wie erste Eindrücke täuschen können

Bevor wir ans Spielerische gehen, also direkt die Entwarnung: Eure oder euer Fenyx kann männlich oder weiblich sein und vom Körpertyp bis zur Augenfarbe ganz so aussehen, wie ihr das wollt. Und nein, Fenyx ist auch nicht wirklich stumm. Sie tritt nur nicht in den Dialog mit den Göttern, die das Geschehen aus allwissender Beobachterperspektive in Richtung der Spieler kommentieren. Und selbst damit, dass die göttlichen Eminenzen mit dem Humorhammer durch die vierte Wand bollern, kann ich mich arrangieren, nachdem ich ein wenig drüber nachgedacht habe: Es sind griechische Götter. Dass sie ein wenig - pardon - arschig über allem stehen und zu gleichen Teilen Charaktere in der Geschichte und eine ihre übergeordnete Instanz sind, gehört gewissermaßen zur Berufsbeschreibung.

Am Ende wurden wir doch noch warm miteinander.

Das passt, zumal mir Scott Phillips, Game Director bei Ubisoft Quebec, im Interview noch verriet, dass die beiden unzuverlässige Erzähler seien: "Zeus beeinflusst manchmal die Geschichte und ändert Dinge." Das macht schon neugierig, welche Haken die Story und die übergeordnete Meta-Handlung so schlagen werden. Gut so, denn die eigentliche Geschichte vom rachsüchtigen Titanen Typhon, der in die Lande der Götter einfällt, ist so auf den ersten Eindruck doch eher vom Standardformat.

Dies würde man auf den ersten Blick wohl auch dem Spielablauf attestieren, wenngleich ich sagen muss, dass selbst die routiniert wirkenden Aspekte dieses Spiels auf die gute Art ausgereift daherkommen und Immortals auf den zweiten Blick eben doch einiges an verspieltem Charakter versprüht, der viel Freude macht. Von Beginn an könnt ihr ganz wie in Zelda - Breath of the Wild die komplette Insel um den Olymp herum mitsamt ihrer thematisch je nach Gottheit unterschiedlichen Gegenden frei erkunden. Alle paar Meter ist irgendwo eine Kiste oder eine Ressource versteckt oder ein kleines Rätsel wacht über ein paar Taler für Upgrades eurer Ausrüstung. Überall ist etwas zu tun, was angesichts der stark zerklüfteten und sich weit in die Vertikale streckenden und damit angemessen riesig wirkenden Weltenarchitektur wie die Einladung zu einem schönen Abenteuer wirkt.

Das Gleiten mit den Ikarusschwingen ist nicht nur auf Reisen praktisch, sondern auch im Kampf.

Zelda's Creed: Assassins of the Wild - und andere Gedanken, die einem kommen

Das beginnt damit, dass auch Fenyx überall hochklettern kann. Ganz wie Link - oder wie Bayek und Kassandra aus den letzten beiden Assassin's Creeds, hier allerdings mit Ausdauer-Leiste, die das alles ein wenig spannender macht. Es stößt der Erkundung auf schöne Weise die Tür auf und stellt nicht weniger gekonnt als in Breath of the Wild die Frage, was wohl hinter der nächsten Felswand steckt. Die Welt wirkt einfach noch größer. Glücklicherweise ist Fenyx unfassbar mobil. Mit Daedalus' Schwingen gleitet sie große Distanzen und schwebt sicher und elegant Aufwinde hinauf. Und wenn man doch mal Boden unter den Füßen hat, beschwört man sein treues Ross oder zämt einfach ein Wildpferd oder einen Hirsch, um schneller voranzukommen.

Schön abenteuerlich war auch, dass die Lösung des zentralen Problems der einen Region, die ich erkunden durfte, direkt in die Welt eingearbeitet wurde. Ich spielte nämlich in Hephaistos Schmiedelanden, in die ein gewaltiger Ofen für dessen kreative Werkeleiene eingearbeitet ist. Zunächst galt es, dessen Lüftung zu reparieren, indem man eine kristallene Blockade löste, die die Schächte verstopfte und ihre Bewacher ordentlich verhaute. Danach stand ein vertrautes, aber gut gemachtes Schieberätsel mit Kisten und Lichtschranken an, bevor wir uns an die Entfachung des Feuers machen konnten, wo dann ein größerer Kampf gegen einen mechanischen Gegner anstand.

Wo muss die Kiste hin? Fast überall finden sich neue Rätsel und Aufgaben, die man gerne absolviert.

Wäre das hier die Vollversion gewesen, hätte ich noch das gewaltige Aquädukt an der Küste wieder in Gang setzen müssen, um die Quest zu beenden. Die Demoversion sah das nicht vor, ich machte mich dennoch dorthin auf, um die gewaltigen Mühlräder ebenfalls von Typhons kristallenem Unrat zu säubern. Die Klettertour die riesige Anlage hinauf, die von Minotauren und Harpyien gut bewacht war, war ein Highlight meiner Sitzung mit Immortals. Von hier oben entdeckte ich bereits viele weitere kleinere Puzzle-Tempel und aussichtsreiche Verstecke, die ich gerne noch gesehen hätte, aber die Zeit wurde leider zu knapp.

Das Kampfsystem, die Progression und Fenyx' kleine Gesten, die den Unterschied machen

Richtig überzeugt hat mich auch das Kampfsystem: Auch hier macht sich Fenyx hohe Mobilität bemerkbar. Es ist ein schneller Kampf mit Gegneraufschaltung und leichter und schwerer Attacke und mit abbrechbaren Angriffen (einfach während des Moves ausweichen), dessen Kombinationen und Special-Moves viel Kraft und Direktheit versprühten. Und das, obwohl ich das Spiel nur im Stream erlebte. Das Schwert erledigt die schnellen Angriffe, der Boden die Distanz - seine Pfeile darf man auch fernsteuern -, der Hammer die wuchtigeren Schwinger. Diverse Skills lassen zum Beispiel Speere aus dem Boden schießen oder euren feurigen Vogelbegleiter wie einen Pfeil auf Gegner herabschießen. Das funktioniert trotz eines dichten Effektgewitters erstaunlich übersichtlich und befriedigend. Laut Phillips sollen die Gegner eines Areals mit fortschreiten der Geschichte auch neue Angriffe hinzulernen, damit der Spieler immer gefordert ist. Ich habe mich gerne in diese Schlachten gestürzt. Vielleicht auch, weil meine Feinde in genau so schön funkelnden Rauchwolken vergehen wie in Zelda.

Fühlt sich gut an: Der Kampf gegen Immortals Sagengestalten.

In Sachen Rollenspiel-Elemente bleibt es relativ geradeaus: Fenyx selbst steigert man nicht im Level, dafür aber verbessert man ihre Ausrüstung, findet allüberall neue, die auch visuell repräsentiert ist und lernt neue Skills hinzu, die dabei helfen, im Kampf die Oberhand zu behalten. Eines meiner Schwerter füllte meine Ausdauer wieder auf, womit ich die Menge an Spezialangriffen maximieren konnte, bevor ich mich wieder sammeln musste. Ein nettes System, das eher an großen Perks interessiert ist als an kleinen Prozentunterschieden. Mir gefällt's.

Und irgendwann hatte mich dann auch Fenyx selbst gekriegt, denn mit der Zeit fielen mir immer wieder liebevolle kleine Eigenheiten auf, die sie mir sympathisch machten: Die Art etwa, wie sie in Heldenpose aus einem Rätseldungeon herausgesprungen kommt. Oder wie sie mal ungeduldig mit dem Stiefel wippt, mal vorfreudig mit den Handflächen auf den Deckel trommelnd eine Schatztruhe öffnet. Ich denke, ich werde viel Freude dabei haben, sie näher kennenzulernen.

Trefft alle Ziele, bevor der Hebel wieder in seine Ausgangsposition zurückkehrt!

Immortals: der Zelda-Ersatz zu Weihnachten?

Bleibt noch die Frage nach den unweigerlichen Vergleichen: Neben dem besten Zelda aller Zeiten gut dazustehen, ist ... na ja, schwierig, oder etwa nicht? Scott Phillips sieht das erstaunlich gelassen: "Es ist großartig mit so einer Ikone von einem Spiel verglichen zu werden. Das ist gut. Wir gehen Fenyx aber als unser eigenes Spiel an. Natürlich haben wir auch unsere Inspirationen. Assassin's Creed Odyssey wäre eine offensichtliche, aber auch Mario Odyssey oder Ratchet und Clank. Es gibt viele andere Dinge, die uns inspirieren - Videospiele, Filme, Musik - alles wirkt sich irgendwo aus, wenn man an so einem Spiel arbeitet. Wir machen unser eigenes Ding und es ist ein iterativer Prozess, zu etwas Einzigartigem zu gelangen, wie uns das gelungen ist."

Ich zieh' mich schon mal warm an.

Letzten Endes ist die Nähe zum großen Nintendo-Abenteuer wohl egal. Die Art von malerischem Zelda-Shader, kleidet auch diese liebliche Fantasy-Version der griechischen Sagenwelt ganz ausgezeichnet. Und wenn sie am Ende auch noch dabei hilft, das Spiel auf die in diesem Jahr nach einem neuen Link-Abenteuer darbende Switch zu bringen, umso besser.


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Wie ich schon sagte: Immortals hat nach unglücklichem Start viel Boden bei mir gut gemacht und mich mittlerweile voll und ganz auf seiner Seite. Ich würde definitiv Zweifel anmerken, ob diese Welt ebenso physikalisch ansprechend durchsimuliert ist, dass wir in drei, vier Jahren immer noch menschliche Katapultaktionen oder improvisierte Flugmaschinen sehen, wie das bei Breath of the Wild der Fall war und ist. So konnte ich zwar einen Baum abschlagen und per Telekinese zum Beschweren einer Bodenplatte nutzen. Und auch ein Zyklop riss eine Eiche aus, um sie nach mir zu werfen. Als der Stamm aber auf einem Feuer landete, fing er nicht an zu brennen. Nur so als Beispiel.

Aber - und auch das wurde klar - in seinem Kampf, seinem Weltendesign und in seinen Puzzles weiß Ubisoft Quebec ganz genau, was es tut. Phillips und Kollegen schufen ein hübsches, offenherziges und spielerisch befriedigendes Abenteuer, bei dem die nächste Entdeckung immer nur einen Doppelsprung und zwei Flügelschläge entfernt scheint. Ist schon schwierig, das hier aus der Hand zu legen.

Hier erinnerte sich jemand sichtlich noch sehr gut daran, wie es war, zu Weihnachten ein neues Zelda in die Konsole zu stecken. Das hier sollte man dringend im Auge behalten!


  • Entwickler / Publisher: Ubiosoft Quebec / Ubisoft
  • Plattformen: PS4, PS5, Nintendo Switch, PC, Xbox One, Series X und S und Google Stadia
  • Release-Datum: 3. Dezember
  • Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
  • Preis: ca. 60 Euro

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