Wie The Last of Us Folge 2 mogelt — und warum ich sie dafür liebe
Der Blick zurück.
Spoiler zu den Ereignissen von Folge 2 von The Last of Us auf HBO
Ich kann nicht so genau sagen, woran es liegt, aber wirklich schön anzusehen finde ich die Verfilmung von The Last of Us bisher nicht. Alles sieht authentisch aus und ist nah am Spiel. Aber die groß angelegten Außenszenen wirken nicht vollends echt, das Clicker- und Runner-Make-up ist handwerklich in Ordnung, trägt aber zu viel auf, wo der Pilz an seinen Opfern gern mal ein Loch ließ. Und in Sachen Kameraführung und Schnitt sind Glanzpunkte, wie der mit der Großmutter im Hintergrund in Folge eins, eher selten.
Es ist optisch und in der Machart nicht wahnsinnig dynamisch, mehr solides bis gutes Handwerk, als dass große Kunstfertigkeit zur Schau gestellt würde. Aber vielleicht spricht da auch nur meine Vertrautheit mit von Efeu überrankten Fassaden und verrostenden Autogerippen? So oder so, würde ich dieser Serie aus ihrem Look ohnehin keinen Strick drehen wollen, denn da, wo es noch etwas mehr darauf ankommt, liefert sie erstaunlich gut ab.
Dass der Cast nicht von schlechten Eltern sein würde, war von vorneherein klar. Aber dass Pascal, Ramsey und Torv sich Joel, Ellie und Tess so vollends zu eigen machen würden, dass man über die Unterschiede zu ihren virtuellen Vorbildern schon zum Start der zweiten Folge so gar nicht mehr nachdenkt, das ist ein starkes Stück. Aber es sind ausgerechnet die Abweichungen vom Ursprungsmaterial, die dafür sorgen, dass ich die Serie bis hierhin als Erfolg bezeichnen würde. Erneut greift eine Episode The Last of Us gewaltig in der Zeit zurück, um uns ein wenig mehr zu zeigen als das Spiel. Wieder geht es in die Zeit kurz vor dem Eskalieren der Pandemie, jetzt nach Jakarta, Indonesien.
Von den Unruhen dort hatten Joel, Tommy und Sarah in Folge eins im Radio gehört. Und wo eine geringere Serie diese Rückschau nutzen würde, um die Hintergründe ein wenig mehr zu erklären (und dabei eine gute Portion Spannung und Verzweiflung opfern würde), wird hier einmal mehr eine übel angespannte Atmosphäre aufgebaut, als eine Wissenschaftlerin das erste Mal mit dem Zombie-Pilz konfrontiert wird. Und ich liebe das. Auch wenn es natürlich gemogelt ist.
Für mich waren die Momente vor dem Ausbruch, als alles noch auf der Kippe steht und die Akteure allesamt ahnungslos sind, schon immer das Beste an Zombie-Stoffen und vergleichbaren Untergangsszenarien. Normalerweise hat ein Film oder eine Show so etwas nur einmal, ganz zu Beginn. HBO pfeift nun auf diese Regel, schummelt ein bisschen und holt sich schon in der zweiten Episode gleich noch einen von der Sorte. Ein geradezu genialer Einfall, hier auch wundervoll beklemmend umgesetzt —, obwohl ich nicht glaube, dass eine Wissenschaftlerin mit den wenigen Infos, die ihr hier zur Verfügung stehen, direkt so drastische Maßnahmen empfehlen würde . Warum nicht zuvor mit internationalen Kollegen beratschlagen? Ich hoffe jedenfalls, auch die übrigen Folgen gehen auf vergleichbare Weise los.
Ansonsten war der Plot nah genug am Verlauf des Playstation-Klassikers: Nach der Offenbarung, dass Ellie offenbar immun gegen den Cordyceps-Pilz ist, ist nun erstmal gewaltig Misstrauen angesagt und dass zwei hartgesottene Schmuggler sich in dieser Situation alle Mittel offen lassen, war hier überzeugend gemacht. Mit Tess als beschwichtigendem Part einem mittlerweile schwer abgestumpften Joel gegenüber. Zunächst geht es durchs Hotel und als auf dessen Dach klar wird, dass der kurze Weg zum Treffpunkt mit den Fireflies im State House durch Infizierte versperrt ist, wird ein weiterer Unterschied zum Spiel aufgeschlüsselt:
Der Cordyceps Pilz verläuft zum Teil in der Erde und über dieses Wurzelnetzwerk kommunizieren „angedockte“ Infizierte miteinander. Und wer das für weithergeholten Unfug hält, der soll bitte mal „Myzel-Netzwerk“ googeln und gruselt sich in Folge drei dann vielleicht wieder ein bisschen mehr. So oder so: Die Infizierten haben jetzt also Champignon-Whatsapp und informieren sich über mögliche neue Wirte. Keine schlechte Änderung, eigentlich. Als es dann durchs Museum geht, machen Fernsehgucker erste Bekanntschaft mit den Clickern. Eine ziemlich spannende Szene für jeden normalen Zuschauer. Versierten Gamern und Munitionssparern wird hier sicher die Hutschnur gehen, so viele Kugeln wie Joel und Tess auf nur zwei der Monster verschwenden.
Aber vielleicht mussten sie das auch, denn anders wäre vielleicht nicht klar geworden, warum diese Biester nun gefährlicher sein sollten, als die ungleich schnelleren, weil frischer infizierten Runner. Mit den üblichen Mitteln des Zombiefilms entstehen hier aber tatsächlich Szenen, in denen man nervös auf der Sofakante herumrutscht. Zugleich habe ich hier das erste Mal das vermisst, was das Spiel eben von „üblichen“ Zombiewerken absetzt: Nämlich, dass es eben nicht ein ballernder Gewaltmarsch ist, sondern ein immer mit einem Auge auf Ressourcen und Möglichkeiten geführter Schleicheinsatz, der Improvisationstalent verlangt. Diese Seite ging den finalen Szenen der zweiten Folge dann doch ein wenig ab und ich bin nicht sicher, ob eine Serie dieses Gefühl einfangen kann.
Am Schluss folgt dann das, was wir alle längst vermutet haben. Mit Tess geht es zu Ende und wie der Abschied hier gehandhabt wurde, das fand ich tatsächlich besser als im Spiel, weil der Schubser, den Tess Joel gibt, Ellie zu retten, ein noch etwas festerer war als im Spiel. Torv spielt hier ganz groß auf und ich finde es schade — wie schon damals bei der ursprünglichen Tess —, dass sie nun nicht mehr dabeisein wird. Die Szene ihres Opfers mit dem „Kuss“, war auf eine gute Horrorfilm-Art absolut widerwärtig (auch wenn ich, wie gesagt, mit dem Make-up der Infizierten und der Bisse hier und da so meine Probleme hatte, aber was weiß denn ich, wie Pilze aussehen müssen, die auf Menschen wachsen).
Bis hierhin also weiterhin gut gemacht! Ich mag, wie HBO Naughty Dogs Videospielwelt um Facetten anreichert, die zuvor nicht da waren. Ein Blick hinter die Geschehnisse, der nicht so viele Antworten liefert, dass man das Interesse verlieren würde. Im Gegenteil, so man rührt jeder Folge wieder ein bisschen “Welt-am-Abgrund-Gefühl” ein, das einen interessanten Kontrast zu dem liefert, was Joel und Ellie auf der anderen Seite durchmachen. Cool.