Wie Kult-Publisher MicroProse an alte Erfolge anknüpfen möchte
Im Gespräch mit CEO David Lagettie.
MicroProse ist zurück! Die Älteren unter euch kennen den von Sid Meier und Bill Stealey gegründeten Entwickler und Publisher, der früher den Grundstein für viele legendäre Spielereihen wie Pirates, Master of Orion, Civilization und XCOM legte, sich durch viele Simulationen einen Namen machte. Nach den anfänglichen Erfolgen in den 80ern und 90ern ging es Ende der 90er und Anfang der 2000er mit dem Unternehmen bergab und der Name verschwand vorerst in den Videospiel-Geschichtsbüchern.
Bis jetzt. Das Unternehmen ist zurück und möchte natürlich an alte Erfolge anknüpfen. Zugleich geht damit für David Lagettie, CEO von MicroProse, ein Wunsch in Erfüllung. "Für die Öffentlichkeit fühlt sich das so an, als käme es aus dem Nichts", erzählt er mir. "Für mich ist es der Höhepunkt einer 20-jährigen Reise. Seit meiner Kindheit, die ich im ländlichen Australien verbrachte, bin ich ein eingefleischter MicroProse-Fan. Ihre Spiele boten mir vor allem mit den historischen Kämpfen eine Möglichkeit, in lebendige, detaillierte Welten einzutauchen."
"Das beeinflusste zugleich meine berufliche Zukunft und ich wurde zu einem Pionier für militärische Trainingssimulationen, verknüpfte Spiele mit Simulatoren", erklärt Lagettie. "In dieser Zeit hoffte ich immer auf eine Rückkehr von MicroProse. Und während meine Firmen immer mehr Erfolg erzielten, erschien MicroProse nicht mehr auf der Bildfläche. Und da stellte ich mir die Frage: 'Wenn einer MicroProse wiederbelebt, warum dann nicht ich?'"
"Es war ein langer Prozess", resümiert er. "Er war voller Hürden und Probleme, die es zu überwinden und zu lösen galt. Aber letzten Endes sind wir jetzt hier - MicroProse ist zurück! Und könnte es einen besseren Zeitpunkt dafür geben als jetzt?"
Dabei tritt das neue MicroProse ein großes Erbe an. Wer an das frühere MicroProse denkt, verbindet damit eine bestimmte Erwartungshaltung. Wie geht Lagettie damit um? "Da hast du absolut Recht, ich bin sehr darum bemüht den Namen MicroProse nicht zu beschmutzen", entgegnet er. "Keiner nimmt das hier ernster als ich. Es klingt wie ein Klischee, aber die Qualität steht für uns im Fokus, egal ob bei intern entwickelten Spielen oder bei Projekten von externen Partnern."
"Wenn es darauf ankommt, interessieren sich Spieler mehr für die Spiele als für einen Namen", findet er. "Trotz allem sind Markennamen nützlich, sie deuten ein gewisses Maß an Qualität und Unterstützung an, die das Spielerlebnis verbessern. Das ist unsere Vision und ein Erbe, dem wir treu bleiben möchten."
Die Frage ist: wie behauptet sich MicroProse auf dem heutigen Markt, auf dem es viel Konkurrenz gibt? "Um ehrlich zu sein finde ich den Begriff 'Wettbewerb' nicht mehr so relevant, wie er es einst war", sagt Lagettie dazu. "Der Markt ist so breit gefächert und zugänglich, dass es kein Nullsummenspiel ist. Wir betrachten andere Publisher als potenzielle Quellen für Verbesserung, gemeinsames Lernen und Cross-Promotion-Optionen. Wir sprechen aktuell mit vielen Publishern, um Erfahrungen auszutauschen, über die beste Vorgehensweise zu reden und über eine etwaige Zusammenarbeit nachzudenken."
Im Kern steht MicroProse für Simulationen und Strategiespiele, zu diesen Genres gehören die ersten angekündigten Projekte. Zuletzt kündigte das Unternehmen darüber hinaus zwei Shooter an und ist Ausflügen in andere Genres definitiv nicht abgeneigt: "MicroProse beschäftigte sich häufig mit anderen Genres wie Rollen- und Sportspielen, wenn es qualitativ gute Produkte waren", erzählt er. "Und das ändert sich in dieser neuen Generation nicht. Unsere ersten Projekte tendieren zwar stark in Richtung militärische Simulation und Strategie, was indes keine bewusste Einschränkung darstellt. Diese Spiele waren zu dem Zeitpunkt einfach die besten der Besten."
Bei diesen drei ersten Titeln handelt es sich um Task Force Admiral, Sea Power und Second Front. Wie repräsentieren sie das, wofür das neue MicroProse steht? "Lass mich zuerst sagen, dass das alles unglaublich ambitionierte Produkte sind, bei denen die Entwickler viel Sorgfalt und Liebe zum Detail walten lassen", versichert Lagettie. "Jedes Spiel bringt was Neues in das Genre ein und das ohne Kompromisse bei Qualität und Spielbarkeit."
Alle drei Titel sind Strategiespiele, wenngleich sie sich untereinander spürbar unterscheiden. In Task Force Admiral kontrolliert ihr eine US-Flugzeugträgergruppe im Pazifikkrieg und bekämpft die japanische Marine aus der Luft und mit Unterstützung von Kreuzern und Zerstörern. Sea Power klingt auf den ersten Blick ähnlich, spielt aber im Kalten Krieg und lässt hier die NATO gegen den Warschauer Pakt antreten, wobei eher Langstreckenwaffen zum Einsatz kommen.
Second Front sei indes "ein anderes Biest", das zugänglich sei und zugleich viel Tiefgang biete. Hier ist erneut der Zweite Weltkrieg der Schauplatz und Lagettie verspricht die Spieltiefe eines Tabletop-Spiels, haufenweise Szenarien sowie einen Karteneditor. "Wie du siehst, haben all diese Spiele Dinge miteinander gemeinsam, die zu MicroProse passen: Spieltiefe, Ambitionen, Qualität und Wiederspielbarkeit sind die Grundpfeiler unseres Unternehmens."
Wie Lagettie und sein Team solche Spiele aufspüren? "Das Scouting nach Qualitätsprodukten macht einen großen Teil unserer Identität aus und wir haben ein umfassendes Netzwerk an Kontakten, durch die wir auf dem Laufenden bleiben und mit dem wir in der Lage sind, die richtigen Leute zur richtigen Zeit anzusprechen", erläutert er.
Und was die Geschichte des Unternehmens betrifft, stellt sich die Frage nach den Markenrechten. Bei einigen Spielen wie Civilization oder XCOM ist klar, wo diese liegen, bei anderen - ich hätte zum Beispiel nichts gegen eine Fortsetzung oder eine Neuauflage von Star Trek: Birth of the Federation einzuwenden - weiß das auf die Schnelle mit großer Wahrscheinlichkeit keiner. "Zu sagen, dass wir keine der früheren Spiele und Marken besitzen, ist nicht korrekt", verrät er. "Es stimmt aber, dass viele der alten Favoriten verstreut sind. Ohne zu viel zu verraten, würde ich sagen, dass wir versuchen eine gute Balance zu finden. Auf der einen Seite werfen wir einen Blick auf die Vergangenheit, auf der anderen Seite vertreiben wir neue Marken."
"Vor kurzem haben wir angekündigt, dass wir an The Mighty Eighth arbeiten, einem spirituellen Nachfolger eines Spiels, an das viele MicroProse-Fans schöne Erinnerungne haben", merkt er an. "Und vielleicht sind bald einige Rangers erneut im Einsatz..."
Inmitten der schieren Masse an Spielen, die es heutzutage gibt, die richtigen Projekte zu finden, ist nicht einfach. MicroProse suche dabei vor allem nach drei Eigenschaften: Qualität, Spaß und Wiederspielbarkeit. "Für uns ist es wichtig, ein Vertrauensverhältnis zu den Spielern aufzubauen", betont Lagettie. "Es gibt eine Menge unfertige Produkte, die Geld und Zeit der Spieler verschlingen, am Ende aber nie ihre Versprechen erfüllen. Unsere Philosophie ist das exakte Gegenteil davon."
Er möchte das neue MicroProse dahin zurückbringen, wofür das alte MicroProse zu seiner Zeit stand: "Wir möchten, dass Spieler auf jeden Fall ein qualitativ gutes Produkt ohne Kompromisse erhalten, wenn sie MicroProse-Titel kaufen. Und wenn wir diese Qualitäten in einem Projekt wiedererkennen, weckt das unser Interesse."
Aktuell befasst sich das Unternehmen allein mit dem PC als Plattformen, Pläne für die Konsolen gibt es kurzfristig nicht. Es sei aber eine Option, die in Zukunft für ausgewählte Titel infrage käme. Zugleich möchte MicroProse an die internen Entwicklungen früherer Tage anknüpfen und nicht allein als Publisher agieren. "Ja, definitiv, wir tun das bereits", sagt er. "The Mighty Eighth entsteht intern und bald hörst du von weiteren Projekten."
Unterstützung erhält MicroProse dabei von Bill "Wild Bill" Stealy, der das Unternehmens damals im Jahr 1982 mit Sid Meier gründete. "Wild Bill ist unser Starberater und ein enger Freund von mir", erzählt Lagettie. "Er hat einen enormen Erfahrungsschatz und versprüht noch immer die gleiche Leidenschaft wie zu Anfangszeiten, er ist die Seele von MicroProse. Wir sprechen hier über den Mann, der das Unternehmenslogo in seinem Schlafzimmer gestaltete! Und er ist durch und durch ein Spieler. Er spielt all die Titel, an denen wir arbeiten, und hilft uns mit seinem Feedback dabei, das Spielerlebnis zu verbessern."
Für die zweite Hälfte des damaligen Gründungsduos gilt das nicht: "Was Sid Meier betrifft, haben wir keinen direkten Kontakt mit ihm", fügt er hinzu. "Aber einige andere der früheren MicroProse-Mitarbeiter engagieren sich wieder."