Wie Mimimi nach Desperados 3 mit seiner Süßkartoffel neue Wege geht - und wie das DLR dabei hilft
Im Gespräch mit Johannes Roth über Selbstvertrieb, Förderung und das neue Projekt.
Frage: Wer kümmert sich eurer Ansicht nach um die Games-Förderung des Bundes? Welches Ministerium käme euch da als erstes in den Sinn? Dass sich das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit solchen Dingen befasst, okay, dass ist dank Internetausbau (noch immer Neuland...) und Co. mittlerweile kein großes Geheimnis mehr. Und allein dass BMVI weiß, warum Andreas Scheuer noch im Amt ist. Aber das nur am Rande... Wo war ich? Ach ja, Games-Förderung. Vor meinem Gespräch mit Johannes Roth, CEO und Gründer von Mimimi Games (Shadow Tactics, Desperados 3) war mir nicht bewusst, dass der Projektträger des deutschen Games-Förderprogramms das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) ist. Wäre jetzt nicht mein erster Tipp gewesen...
Inhalt:
- Unterstützung in Millionenhöhe
- Was nötig ist, um die Games-Förderung zu bekommen
- Regionale Förderungen als Einstiegshilfe
- Corona hat wenig Einfluss
- Der Traum vom Selbstvertrieb
- Aus Fehlern lernen und von früheren Erfahrungen profitieren
- Von der Kartoffel zur Süßkartoffel
- Ein vertrautes Genre mit Spielraum für Innovationen
Bevor ihr euch jetzt fragt, was Luft- und Raumfahrt mit Videospielen zu tun haben - außer dass es entsprechende Spiele gibt, die sich mit der Thematik befassen - und wie das funktionieren kann: das tut es. Und zwar sehr gut, wie Roth mir berichtet. "Es gab ja dieses kleine Förderungsprogramm von 2019/2020, das für uns nicht das relevante war", erzählt er. "Wir sind jetzt in dem richtigen, großen Programm drin, das im September 2020 losging und wir gehörten da mit zu den ersten Antragstellern. Dementsprechend gab es natürlich Fälle und Momente, in denen noch nicht alles klar oder eingespielt war, aber das ist völlig im Rahmen des Erwartbaren. Für uns hat es dann doch sehr gut geklappt und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des DLR sind sehr motiviert, gut dahinter, fachkundig und daran interessiert, coole Projekte umzusetzen."
"Ich habe auch schon Anrufe bekommen und wurde gefragt, 'hey, wie sieht denn das Setting vom nächsten Spiel aus, ich bin eigentlich Desperados-3-Fan...", sagt Roth und lacht. "Das sind eben auch Gamer, die da sitzen und das machen. Ich empfand das als sehr angenehm. Ein paar Sachen sind noch nicht ganz reibungsfrei, aber es gab in dem Sinne keine bösen Überraschungen oder so was."
Dabei kommt er auf den umstrittenen Kulturtest zu sprechen, der zum einen falsche Erwartungen weckte. Und zum anderen keine deutsche Idee ist, sondern eine Vorgabe der Europäischen Union: "Die Leute fragten, ob jetzt jedes Spiel die DDR behandeln muss oder so was, damit es eine Förderung kriegt. Was überhaupt nicht der Fall ist. [...] Er ist natürlich so gestaltet, dass du coole Spiele machen kannst. Es geht eher darum, dass nicht jedes Unternehmen weltweit sich die deutsche Förderung einsacken kann und die Effekte innerhalb Deutschlands und der EU stattfinden. Und das funktioniert, ich bin damit zufrieden."
Unterstützung in Millionenhöhe
Für sein brandneues Projekt, das auf Desperados 3 folgt, erhält Mimimi Games vom Bund eine Förderung in Höhe von 2.025.942 Euro. Eine Summe, deren Höhe sich laut Roth nach dem Gesamtbudget des Projekts richtet. Antragsteller rechnen dieses vor dem Förderantrag aus, geben es an und dann legt eine Förderquote fest, wie hoch die Förderung ausfällt. Die Förderquote des Bundes ist von 25 bis maximal 50 Prozent gestaffelt. Bis zu einem Budget von 2 Millionen Euro liegt die Förderquote bei maximal 50 Prozent, dann reduziert sich diese Summe degressiv bis zu einem Budget von 8 Millionen Euro auf 25 Prozent - niedriger als das geht's nicht mehr.
Wie viel die erhaltene Summe vom Gesamtbudget des neuen Mimimi-Projekts ausmacht? Roth lacht: "Tja, das ist die gute Frage... Das ist nämlich ganz spannend, wenn du dir das ausrechnest. Wir haben jetzt glaube ich eine Förderquote von um die 30 Prozent. Ein Shadow Tactics war zum Beispiel im Vergleich zu Desperados 3 noch deutlich günstiger. Da waren wir viel kleiner, sind dann von 10 auf 15 Leute gewachsen und hatten noch ganz andere Gehälter. Mit Desperados 3 wurde das dann deutlich besser, wir sind auf 20 bis 25 Leute gewachsen und jetzt expandieren wir für die Süßkartoffel [diesen Codenamen trägt das neue Mimimi-Projekt] gerade auf 30 bis 40 Leute. Allein daran kannst du dir das ein wenig hochrechnen."
Der Unterschied zur vorherigen Arbeit mit Publishern ist, dass Mimimi sich künftig um die Kosten für manche Aspekte der Entwicklung selbst kümmert, zum Beispiel die Qualitätssicherung und Lokalisierung. Dass Mimimi nicht mit einem Publisher zusammenarbeitet - stattdessen gibt's die Games-Förderung und mit Kowloon Nights einen Investor -, bedeutet indes nicht, dass das neue Projekt weniger Aufwand erfordert als die Vorgängertitel: "Es ist auf jeden Fall unser größtes, teuerstes Projekt - mit gutem Abstand", verrät Roth. "Klar, wir schauen uns die Verkaufszahlen von Shadow Tactics und Desperaods 3 an und was dabei herumkommt, deshalb glauben wir, dass es eine gute Idee ist, dies alles so zu machen. Aber es ist schon ein sehr großes Projekt für uns und auch innerhalb der deutschen Gamesbranche ist es eine sehr, sehr relevante Summe."
Wobei Mimimi nicht von Anfang an geplant hatte, beim neuen Projekt auf Selfpublishing zu setzen. Ohne die Games-Förderung wäre dieser Schritt letzten Endes nicht möglich gewesen. Der Starttermin der Förderung fiel günstig mit Mimimis Wunsch, die Rechte an der Marke zu behalten, zusammen und dann führte bei diesem "glücklichen Zufall" eins zum anderen.
Was nötig ist, um die Games-Förderung zu bekommen
Bevor es zu einer Förderung kommt, kann sich laut Roth jeder zuerst einmal auf der Webseite des BMVI einlesen und FAQs anschauen. Zudem gibt es eine Hotline beim DLR, das sich um die Antragsdurchführung kümmert, und Webinare erklären weitere Dinge. Auf einer Plattform namens easy-Online trägt der Antragsteller dann seine ersten Zahlen ein, beschreibt sein geplantes Projekt und Vorhaben, den Umfang und Meilensteine. Und natürlich ist eine plausible Erklärung dafür nötig, dass sich dieses Projekt umsetzen lässt.
Das landet dann als Entwurf beim DLR, das einen unverbindlichen Blick darauf wirft und erstes Feedback abgibt. Antragsteller erfahren so, "ob sie einen groben Schnitzer gemacht haben oder so", erzählt Roth. "Sobald das passiert ist und du sozusagen einen iterierten Entwurf hast, gibst du alles neu final ein, schickt es ab und ab dann dauert es grob drei Monate, bis die Freigabe kommen kann." Wenngleich er anmerkt, dass es bei Mimimi zügiger vonstatten ging, aber mit um die drei Monaten sei zu rechnen. In der Zwischenzeit sei es möglich, dass Nachbesserungen erforderlich seien oder dass sich einzelne Posten doch nicht finanzieren lassen. "Die prüfen das dann und das dauert auch, weil es schon komplex ist. Und dann iteriert du wieder drüber und irgendwann ist es dann hoffentlich fertig und du kriegt grünes Licht."
Was den plausiblen Machbarkeitsnachweis anbelangt, war es für Mimimi aufgrund der Referenzen durch Shadow Tactics, Desperados 3 und die vorherigen Titel natürlich einfacher. Am Ende möchte keiner, dass der Bund Steuergelder an Leute ausbezahlt, die nicht das leisten, was sie versprochen haben. Für neu gegründete Studios ist das schwierig, wenngleich die Voraussetzungen für Roth bei den Summen, um die es bei der Games-Förderung zum Teil geht, nachvollziehbar sind. Zumal es hierbei um einen Zuschuss geht, der nicht zurückgezahlt wird.
"Es gibt aber aktuell nach meinem Kenntnisstand durchaus Wege, mit denen auch Firmen, die die Referenzprojekte noch nicht haben, trotzdem einen Antrag stellen können", merkt er an. "Die müssen dann eben noch ein wenig mehr erklären und nachweisen. Es geht immer um diese Plausibilität. Ist es plausibel, dass für diesen Betrag, der da angefordert wird, dieses Team, das ihn einreicht, dieses Spiel machen kann? Ich wüsste jetzt nicht, wie man das anders machen soll. Und wie gesagt, bei den Beträgen..."
Regionale Förderungen als Einstiegshilfe
Anders sehe es bei den regionalen Förderprogrammen aus, die niedrigere Einstiegshürden haben. Als Beispiel nennt er den FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern). Dort geht es aber um ganz andere Summen als bei den großen Töpfen der Games-Förderung: "Da kriegst du eben nur 20.000 Euro, aber damit kannst du vielleicht auch schon was zu zweit oder zu dritt anfangen", erzählt Roth. "Da schauen die natürlich ganz anders drauf, da gibt's auch einen Vergabeausschuss, der dann sagt: 'Hey, hier ist jemand talentiert, passt'. Natürlich wollen die sehen, ob es plausibel ist, aber da gibt's diese Formulierung mit dem Referenzprojekt vielleicht nicht."
"Die regionalen Förderungen sind natürlich etwas einsteigerfreundlicher für ganz frische Start-ups", findet er. "Klar ist es schlecht, wenn du jetzt in einer Region lebst, in der es kein regionales Förderprogramm gibt oder nur eines, das sehr begrenzt ist. Das ist einfach schade. Deshalb wurde ja das bundesweite Programm aufgebaut. Es gibt auch einen Mindestbetrag, den ich leider nicht spontan weiß, für vom Bund geförderte Projekte, einfach weil das sehr viel Overhead erzeugt. Bei gewissen Beträgen würde sich das dann nicht lohnen. Im Idealfall kann man mit einer regionalen Förderung anfangen, sie vielleicht sogar kumulieren und so den Einstieg finden."
Was die Zusammenarbeit mit dem DLR betrifft, zeigt sich Roth bisher zufrieden: "Ich kann mich bisher nicht beschweren. Ich bin da immer recht ehrlich und habe noch einmal vor Weihnachten angerufen, um mich nochmals zu bedanken, weil wir da einfach sehr gut unterstützt wurden und alle weiteren Gespräche immer sehr angenehm waren. Sie haben sich gut eingegroovt und du merkst, dass sie sich dort weiterentwickeln. Die Leute stellen sich wahrscheinlich vor, dass es krass bürokratisch ist... es gibt Regel A, Regel B und dazwischen existiert nichts. Es ist halt ein neues Förderprogramm und das wird sich immer wieder ein wenig anpassen. Das muss jetzt gelebt werden, vorher war das nur eine Idee. Und ich bin da echt positiv überrascht."
Corona hat wenig Einfluss
Für Mimimi Games ist es ein großer Schritt, wenngleich der dank Corona in einer schwierigen Zeit stattfindet. Macht das die Angelegenheit komplexer? "Wir machen den Schritt ja zum ersten Mal, daher fehlen mir die Vergleichsdaten", sagt Roth und lacht. "Ich sehe jetzt erst einmal nicht den starken Impact." Schwieriger seien fehlende Events und dass keine Treffen mit den Leuten stattfinden, mit denen das Studio Verträge unterzeichnet, zum Beispiel mit den Investoren von Kowloon Nights, die Roth "noch nie im echten Leben treffen" konnte. "Das ist für uns sehr neu und eigentlich ist es ja klar, dass du dir intern als Regel setzt, nur Verträge mit Leuten zu unterschreiben, die du auch mal gesehen hat. Das ist ungewohnt, aber darunter leiden tut das alles nicht. Bisher."
Apropos Corona, wie geht es Mimimi inmitten der Pandemie? Roth lacht: "Ja, es muss... Ich weise andere immer gerne darauf hin, dass wir uns ein bisschen 'Glück im Unglück'-mäßig fühlen. Wir haben aktuell einen stabilen Job, auf der Ebene gibt's keine Sorgen, wofür wir natürlich dankbar sind. Zugleich merken wir, dass das einigen nicht gut tut, so viel im Home Office zu sein und sich nicht mehr zu sehen", fährt er fort. "Die soziale, psychische Komponente, die fehlenden Events. Wir haben jetzt mit Desperados 3 zum ersten Mal ganz viele internationale Nominierungen bekommen, bei The Game Awards oder den DICE Awards. Normalerweise wärst du da hingeflogen wäre und hättest ein paar neue Leute kennengelernt. Das ist nicht so angenehm für uns, aber wie gesagt, das ist Jammern auf hohem Niveau."
"Unsere Existenz ist nicht bedroht, dafür sind wir sehr dankbar. Aber es ist auch nicht so, als würden wir davon profitieren, dass hier eine Pandemie wütet. Wir haben keine Social-Online-Games, die davon profitieren. Und was ganz spannend ist: wir haben viele Mails von Leuten bekommen, die schrieben, sie hätten Desperados 3 im Lockdown gespielt und sind dadurch so ein wenig durch diese Phase durchgekommen. Das macht uns an der Stelle natürlich stolz, weil wir zwar keine Leute impfen, aber wir helfen ein paar von ihnen mit Unterhaltung, durch die schwierige Zeit zu kommen, was sehr cool ist."
Der Traum vom Selbstvertrieb
Der Schritt hin zum Selfpublishing folgt auf eine Zusammenarbeit mit den Publishern Daedalic (Shadow Tactics) und THQ Nordic (Desperados 3). Die Erfahrungen der Zusammenarbeit mit beiden Unternehmen beschreibt Roth als "insgesamt sehr gut" und zeigt sich im Großen und Ganzen zufrieden damit: "Wir wurden immer bezahlt, hatten sehr viel kreative Freiheit und sind ja durch dieses traditionelle Publishing-Modell überhaupt erst an den Punkt gekommen, diesen Schritt jetzt gehen zu können. Was ebenso ein Zeichen dafür ist, dass wir sinnvoll beteiligt waren... Wir haben einfach immer sehr faire Deals bekommen und konnten die Spiele machen, die wir machen wollten. Und bei Desperados 3 kannst du ja nachschauen, wann es hätte rauskommen sollen und wann es dann erschien. Es gab sehr schwierige Phasen und wir sind sehr dankbar, dass THQ das dann mitgetragen hat."
Das Selfpublishing resultiert aus dem Traum, einfach alle Aspekte der Entwicklung eines Spiels auf eigene Faust zu lösen und die alleinige Entscheidungshoheit zu haben. Diese liegt bei der Zusammenarbeit mit einem Publisher bei diesem, denn in vielen Fällen finanziert und vermarktet er das Spiel. Und wenn das Entwicklerstudio dann andere Ideen oder Gedanken hat, die beim Partner auf wenig Gegenliebe stoßen, werden diese nicht ausprobiert.
"Es kann natürlich sein, dass die Ideen am Ende viel schlechter sind und überhaupt nicht funktioniert hätten, aber du weißt es eben nicht", sagt er. Das Motivierende am Selbstvertrieb ist für Roth, einmal alles nach den eigenen Vorstellungen zu machen und, "salopp gesagt, auch an einigen Stellen sicherlich ordentlich auf die Fresse zu fliegen", ergänzt er und lacht. "Wir werden einige Fehler machen, aber ich weiß, dass wir sehr gut darin sind, daraus zu lernen. Und das finde ich super motivierend."
Als Entwicklerstudio freut sich Mimimi natürlich ebenso darüber, dass die entwickelte Marke dann ihnen gehört und für das Unternehmen einen langfristigen Wert hat. "Wir haben irgendwann festgestellt: 'Hey, wenn wir an so einem Spiel grob drei Jahre oder so arbeiten, wie viele solcher großen Spiele können wir dann überhaupt in unserer energiereichen Lebenszeit machen, die uns so auf dem Planeten zur Verfügung gestellt wird?'", fragt Roth. Und dass die eigene Kreation dann einem selbst gehört, ist das Sahnehäubchen obendrauf: "Und das ging mit Selfpublishing deutlich besser als in traditionellen Deals."
Für Roth gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie es im Selfpublishing läuft. Eine davon ist, dass alles viel stressiger wird. Die Schuld für Fehler oder ähnliches lässt sich nicht mehr auf Publisher schieben, da Mimimi die alleinige Verantwortung trägt. Auf der anderen Seite sei weniger Frustration möglich, weil das Studio Sachen direkt so umsetzen kann, wie das Team es für am besten hält. "Vielleicht ist sie auch höher, weil du merkst, 'ups, das stimmt ja doch nicht, was wir uns da gedacht haben. Hätten wir mal lieber auf die anderen gehört'", sagt er.
Aus Fehlern lernen und von früheren Erfahrungen profitieren
Was nicht zwingend dramatisch sei, denn aus Fehlern lasse sich lernen. Zugleich schließt er für die Zukunft eine Rückkehr zum traditionellen Modell nicht aus, wenn der jetzige Schritt nicht den erhofften Erfolg bringt: "Selbst dann, wenn es kolossal scheitern würde, glaube ich wirklich, dass wir ein sehr viel besserer Entwickler sind, auch in der Zusammenarbeit mit einem klassischen Publisher, weil wir dann alles einmal gemacht haben und uns da die Hörner gestoßen haben", erläutert er. "Mein Bauchgefühl sagt mir aber gerade, dass wir ein paar Sachen sehr gut hinkriegen werden und dass es ein sehr cooles Projekt wird. Und ich glaub natürlich auch daran, dass es läuft, sonst würden wir ja das Risiko nicht eingehen, das jetzt viel höher ist."
Auf jeden Fall profitiert das deutsche Studio von seinen bisherigen Erfahrungen. Roth habt dabei die gute Zusammenarbeit mit Daedalic und THQ Nordic hervor, die immer transparent gegenüber Mimimi waren und mit dem Studio über alle Aktionen und Deals sprachen. "Das heißt, die Entscheidung lag bei ihnen, aber wir haben es mitbekommen, wir durften reinschauen", erzählt er. "Bei den Verkaufszahlen können wir natürlich irgendwie nachvollziehen, auf welcher Plattform was wie läuft." Das Studio hatte ein Auge auf Marketing- und PR-Aktionen, versuchte die Community kennezulernen. "Selbst wenn der Publisher uns nichts geschickt hätte, hätten wir gesehen, was davon wie funktioniert und Theorien dazu entwickelt."
Was das Risiko in dieser risikobehafteten Branche insgesamt natürlich ein wenig reduziert. Hinzu kommt, dass Mimimi seit Jahren etabliert ist und nicht alles neu aufbaut. Und das neue Projekt ist in einem Genre angesiedelt, in dem das Team mit seinen letzten beiden Titeln wunderbare Arbeiten abgeliefert hat. Aber warum eigentlich Süßkartoffel? Mit diesem Codenamen betitelt das Studio bisher sein neues Projekt. Das reicht laut Roth zu den Anfangstagen von Desperados 3 zurück, das damals den Arbeitstitel "Projekt Kartoffel" trug.
Von der Kartoffel zur Süßkartoffel
"Das Wort habe ich einfach ausgewählt, als ich irgendwann mal im ICE saß und was zu dem Projekt schreiben musste", erinnert er sich. "Und natürlich durfte zu dem Zeitpunkt nicht leaken, dass ein neues Desperados kommt. Also dachte ich mir, okay, wir brauchen einen Arbeitstitel. Bei Mimimi kann so eine Diskussion über einen Arbeitstitel auch mal recht intensiv und hitzig werden, Namensdiskussionen sind immer schwierig. Darum habe ich einfach festgelegt, dass das Ding 'Kartoffel' heißt."
Und beim aktuellen Titel wurde daraus dann die Süßkartoffel. Für das Nachfolgeprojekt der Süßkartoffel hat er ebenfalls schon einen Arbeitstitel: Projekt Mangold. "Das hat auch einen Hintergrund, aber den erkläre ich, wenn dann mal die Süßkartoffel weiter gereift ist", merkt er an.
An seiner Süßkartoffel arbeitet Mimimi seit dem 1. Dezember 2020, seit dem Start der Förderung durch den Bund. Es sei noch recht früh, aber gleichzeitig sei schon "viel passiert", versichert er. Die ersten Ideen für das neue Projekt reichen, soweit sich Roth erinnern kann, bis Ende 2019 zurück. Es war klar, dass das Team ein weiteres Echtzeit-Taktikspiel machen wollte. Somit blieb zuerst einmal die Frage nach dem Setting und daraus resultierten dann weitere Ideen und Gedanken, die sich verfestigten und konkreter wurden.
"Aber das dauert dann schon und wir sind sehr schlecht darin, in der Produktion eines Spiels so was zu machen", gibt er zu. "Unser voller Fokus lag auf Desperados 3, bis das rauskam. Und dann haben wir ja den DLC gemacht, also war das gar nicht so einfach." Roth ist aber überzeugt davon, dass es dem jeweiligen Spiel, in dem Fall dann Desperados 3, gut tut, wenn nicht frühzeitig die besten Leute für den neuen Pitch abgezogen werden. Dem Spiel helfe es mehr, wenn alle Leute bis zum Ende ganz bei der Sache sind, bis der letzte Feinschliff abgeschlossen und das Spiel veröffentlicht ist.
"Wir sind immer recht spät dran, was natürlich - aus ökonomischer Sicht - nicht so ideal ist, weil du willst ja nach Möglichkeit gut verzahnen, wie der Übergang vom Goldmaster zum nächsten Projekt verläuft", ergänzt er. "Da gab's so ein wenig eine Übergangsphase mit Reasearch and Development, neuen Pitches und solchen Sachen."
Ein vertrautes Genre mit Spielraum für Innovationen
Die Wahl des für Mimimi vertrauten Genres hatte laut Roth indes nichts damit zu tun, beim Schritt zum Selfpublishing auf Nummer sicher zu gehen. Das ergab sich recht spät und spontan, Roth nennt es ein glückliches Zusammenspiel aus Investor, Förderung und Timing. Davor stand längere Zeit fest, dass das Studio dem Genre noch ein drittes Mal treu bleibt: "Sagen wir, Shadow Tactics war ja vom Pitch her einfach 'Commandos mit Ninjas'", erzählt Roth. "Wir nahmen das Beste aus diesen alten Spielen und machten eine moderne Version daraus, ohne dass es zu casual wird. Bei Desperados gab es dann natürlich die Originalmarke, der du ja treu bleiben musst. Das war nicht der Raum für krasse Innovationen. Wir haben mit Isabelle diese Voodoo-Magie eingefügt, was uns, wie ich finde, insgesamt sehr gut gelungen ist, aber trotzdem war es noch ein klassisches Echtzeit-Taktikspiel."
Durch die Eigenverantwortung bei der Süßkartoffel öffnen sich dahingehend mehr Türen für Innovationen im Genre, mit denen Mimimi dem Titel seinen eigenen Stempel aufdrücken möchte. Um es mit den Worten von Roth zu sagen: keiner soll dabei sagen können, dass es ein Commandos mit Ninjas oder was ähnliches ist. "Wir wissen jetzt, was wie funktioniert, wir haben es zweimal gemacht und wir bilden uns ein, dass wir wissen, was wir wie verändern können, damit es zu unserem eigenen Ding wird", ist er überzeugt. "Die Süßkartoffel soll Mimimis Take von diesem Genre sein und unser Ding werden. In dem Genre gibt es einfach noch so viele Möglichkeiten, was du machen kannst, das ist überhaupt nicht ausgereizt. Ich glaube, dass das sehr cool wird und dass da für alle Fans des Genres noch spannende Sachen kommen, über die sie sich freuen werden."
Ob von diesen Ideen alles funktioniert? Es ist noch zu früh, um das zu sagen, aktuell steckt das Team mitten in der Pre-Production. Und dann ist ja immer die Frage, ob die Ideen, die auf dem Papier gut klingen, im Spiel dann Spaß machen. In der aktuellen Phase bemüht sich Mimimi darum, exakt das herauszufinden. "Es kommt ja vor, dass die coolsten Ideen, die am coolsten klingen, innerhalb des Spiels dann am wenigsten funktionieren und einfach keinen Spaß machen", sagt er. "Aber die Idee, die Geschichte dazu ist doch so cool, warum geht das denn nicht? Das dann zu durchblicken, ist schwierig, deswegen braucht es die Pre-Production."
Ob das neue Projekt in Sachen Umfang ähnlich ausfällt wie Shadow Tactics oder Desperados 3, lässt sich derzeit ebenso wenig abschätzen. Hier geht der Blick auch auf die beiden genannten Titel, bei denen das Studio schaut, wie viel sie kosteten und wie gut das beim jeweiligen Umfang ankam. "Aber ich glaube, wir haben da - zusammen mit der Community - ein ganz gutes Gefühl, was da gerechtfertigt ist oder worauf es ankommt", ist er überzeugt.
Die Förderung für das neue Mimimi-Projekt läuft indes bis zum Jahr 2023. Ob das Spiel dann in diesem Jahr auf den Markt kommt, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit sagen: "Ich würde da jetzt grundsätzlich noch nicht darauf antworten, weil es einfach so früh ist und wir bei Desperados 3 ja die Erfahrung mit den Verschiebungen gemacht haben", sagt Roth. "Und das möchten wir einfach den Spielern nach Möglichkeit nicht noch einmal antun. Das ist einfach nicht cool, für keinen. Das macht ja keinem Spaß, weder den Leuten, die es vertreiben, noch der Presse, noch den Spielern und Entwicklern, die die Enttäuschungen mitkriegen." Oder anders gesagt: Die Süßkartoffel kommt, wenn sie fertig ist. Und wenn Desperados 3 ein Indikator dafür ist, was uns hier erwartet, könnte das ein echter Leckerbissen werden.