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Wild Hearts im Test - Monster Hunter hat ernsthafte Konkurrenz bekommen

Monsterjagd mit einem magischen Twist.

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Starkes Debüt für den Monster-Hunter-Konkurrenten von Omega Force. Magische Fähigkeiten heben das Spiel vom Vorbild ab.

Das Entwicklerstudio Omega Force ist eher für seine unzähligen Warriors-Spiele bekannt. Dynasty Warriors, Hyrule Warriors, Fire Emblem Warriors und wie sie alle heißen. Können die überhaupt was anderes? Ja! Wild Hearts beweist das auf eine eindrucksvolle Art. Und auch mehr als nur ein einfacher Monster-Hunter-Klon, in dem ihr auf die Jagd nach großen Monstern geht. Ehrlich gesagt: Es gibt schlechtere Vorbilder als Capcoms Monsterjagd-Reihe. Und Omega Force verpasst dem Ganzen seinen ganz eigenen Touch.

Wo fange ich nur am besten an? Vielleicht damit, was grundlegend gleich oder vergleichbar ist. Das ist etwa die Art, wie die Jagd gegen die großen Monster, die hier Kemono heißen, abläuft. Die besteht nämlich aus mehreren Phasen. Ihr drescht dabei immer munter auf die jeweilige Kreatur ein (oder schießt aus der Distanz, je nach Waffe). Irgendwann flieht euer Gegner. Einmal, zweimal. Bis ihr letztlich in der finalen Phase, quasi beim finalen Showdown angelangt. Eben wie in Monster Hunter. Haut das Monster, folgt ihm, gebt ihm den Rest. Wer gerade aus Monster Hunter kommt, fühlt sich direkt heimisch.

Die Macht der Magie aka Karakuri

Der Einstieg verläuft gefühlt etwas einfacher als in einem Monster Hunter. Entwickler Omega Force hat bei einer Präsentation vor der Review-Phase auch extra noch einmal betont, dass Wild Hearts für alle Arten von Spielerinnen und Spieler gedacht ist. Ihr habt definitiv ähnliche Möglichkeiten wie in einem Monster Hunter, könnt Dinge craften, unterschiedliche Arten von Waffen benutzen und solltet Dinge berücksichtigen. Letztlich führt euch Wild Hearts etwas besser an alles heran, auch, wenn ihr es nach wenigen Minuten direkt mit dem ersten großen Monster zu tun bekommt. Und die können schon ordentlich Schaden anrichten, wenn ihr nicht aufpasst. Frustpotential besteht, wenngleich Gegner zwei und drei, die immer noch zur Anfangsphase zählen, schon deutlich aggressiver sind.

Euer erster Gegner in Wild Hearts.
Der erste große Gegner erwartet euch bereits nach kurzer Zeit.

Die ganze Welt von Wild Hearts - buchstäblich und im übertragenen Sinne – eröffnet sich euch anschließend Schritt für Schritt. Es kommen immer neue Möglichkeiten und Optionen hinzu und die braucht ihr. Das gilt besonders für die Macht der Karakuri, quasi eine Art von Magie. Die hilft euch sowohl während als auch außerhalb des Kampfes weiter. Außerhalb, weil ihr damit an bestimmten Stellen in der Spielwelt, die auf den Namen Drachenschlunde hören, nützliche Dinge herbeizaubern könnt. Das sind zum Beispiel Lagerfeuer, an denen ihr andere Spielerinnen und Spieler zu euch holen könnt, Zelte für die Schnellreise und zum Wechsel der Tageszeit, eine Schmiede zum Herstellen von Waffen und Rüstung und mehr. Das hilft euch letztlich auch dabei, die Wege zu verkürzen, indem ihr die einzelnen Regionen nach und nach mit neuen Camps und Seilrutschen ausstaffiert und so zugleich Reisezeiten deutlich verringert. Die Vorbereitung ist ein wichtiger Bestandteil der Spielerfahrung. Stürzt euch nicht direkt in den nächsten Kampf, schafft euch zuerst bessere Bedingungen, indem ihr euch die Umgebung anschaut, Drachenschlunde verbessert (ermöglicht die Platzierung von mehr Karakuri) oder Heilbrunnen herbeibeschwört.

Nicht minder wichtig ist die Verwendung der Karakuri in den Kämpfen. Hier zaubert ihr innerhalb von Sekundenbruchteilen nützliche Gegenstände herbei, die euch im Kampf nützlich sind. Dabei gilt: Nicht alles davon ist zwingend universell gut einsetzbar. Manche Sachen, zum Beispiel die Repetierarmbrust, die regelmäßig feuert, Schaden anrichtet und Aufmerksamkeit auf sich zieht, eignet sich zum Beispiel eher für den Kampf gegen fliegende Kemono. Ihr könnt mehrere Kisten aufeinanderstapeln, hochklettern und zu einem Sprung ansetzen, der euren Schaden erhöht. Die Sprungfeder lässt euch ebenso stärkere Sprungattacken ausführen, dient aber gleichermaßen dazu, schnell gegnerischen Angriffen aus dem Weg zu gehen.

Das Dorf Minato in Wild Hearts.
Ausgangspunkt ist auch in Wild Hearts ein Dorf.

Ein anderes gutes Beispiel – neben vielen anderen – ist der Stampfer. Effektiv ist das ein großer Hammer, der sich aus dem Stapeln von drei Sprungfedern übereinander ergibt. Sein Schlag kann bei einem Treffer viel Betäubungsschaden verursachen, ihr braucht aber gutes Gespür fürs richtige Timing. Der Hammer benötigt nämlich wenige Sekunden zum Ausholen und Zuschlagen. Ihr solltet also sicherstellen, dies im richtigen Moment herbeizuzaubern, ansonsten ist das Kemono wieder aus dem Zielbereich verschwunden und der Schlag geht ins Leere.

Zu einfach wird es dadurch nicht

Es gibt sowohl offensive als auch defensive Karakuri und das alles klingt ziemlich mächtig. Aber mal abgesehen davon, dass es bei vielem davon auf das richtige Timing ankommt, gibt es mit den Karakuri-Fäden noch eine einschränkende Ressource. Ihr gewinnt diese aus Objekten in der Umgebung. Alternativ gibt euch euer kleiner Begleiter Tsukumo, den ihr früh im Spiel aufsammelt, einen kleinen Nachschub im Kampf, wenn ihr um euch herum keine mehr findet und sie euch ausgehen. So verhindert man, dass ihr einfach das komplette Jagdrevier mit Zeug zuspawnt.

Eine Abkürzung in Wild Hearts.
Die Seilrutsche sorgt für Abkürzungen in der Spielwelt.

Versteht mich nicht falsch: Ihr könnt Karakuri regelmäßig einsetzen. Die Beschränkung sorgt aber schon dafür, dass ihr euch Gedanken darüber macht, wann und wie ihr das am besten tut. Kombiniert man alles im Kampf miteinander, wirken die Kämpfe dynamischer und schneller als in einem Monster Hunter. Euer Charakter ist agiler, flexibler, hat mehr Möglichkeiten. Ihr könnt in einen regelrechten Flow kommen, wenn ihr verschiedene Angriffsmanöver und Karakuri miteinander kombiniert, über das Kampfgebiet hechtet, springt und tödlich zuschlagt. Das geht aber nicht nach kurzer Zeit locker von der Hand, es braucht Einarbeitungszeit, um alles zu meistern.

Damit zu experimentieren und auszutüfteln, wie ihr gegen die Kemono am besten ankommt, macht mit am meisten Spaß. Letztlich geht es natürlich nicht nur darum, den besten offensiven Weg zu finden. Ihr müsst ebenso den gefährlichen Attacken eurer Gegner ausweichen. Sie haben jeweils mehrere und die können noch einmal gefährlicher und tödlicher werden, wenn sie in einen aggressiven Zustand verfallen. Umso befriedigender ist das Gefühl, wenn eure Taktik am Ende Früchte trägt, ihr dem am Boden liegenden Kreatur den Todesstoß verpasst und euch nach einem harten Kampf noch einmal vor ihr verbeugt. Da atmet man nach einem 45 Minuten andauernden Duell vor dem Bildschirm auch selbst durch und gönnt sich eine kleine Pause.

Bessere Ausrüstung und gemeinsam jagen

Wie bereits erwähnt, gibt es auch Crafting-Möglichkeiten. Ihr könnt euch neue Waffen herstellen, vorhandene verbessern und mit den neuen Materialien, die ihr in den einzelnen Regionen erhaltet, bastelt ihr zugleich neue Rüstungen. Ein bei der Jagd nicht zu verachtendes Hilfsmittel ist das Essen. Es beschert euch temporäre Boni auf Gesundheit, Angriffe und andere Dinge. Es ist ein Aspekt, den Omega Force ebenfalls betont hat: Wenn ihr Probleme mit einem Kemono habt, probiert unterschiedliche Dinge aus. Und studiert die Notizen, die ihr von dem Monster habt. Sie verraten euch mehr über seine Stärken und Schwächen, somit stellt ihr euch besser darauf ein.

Ein Jagdturm in Wild Hearts.
Der Jagdturm hilft euch beim Aufspüren von Kemono.

Ihr habt trotz allem noch Probleme? Dafür ist der Koop-Modus da. Und dank Crossplay solltet ihr dafür auch ausreichend Mitstreiterinnen und Mitstreiter finden. Ihr könnt maximal zu dritt auf die Monsterjagd gehen und euch somit gegenseitig ergänzen. Was selbstverständlich keine Pflicht ist, jeder kann nach seiner eigenen Taktik vorgehen. Sich gegenseitig zu unterstützen, etwa durch Heilung oder wenn einer im Fernkampf bleibt, ist aber definitiv sinnvoll. Ihr könnt dabei gezielt für den Kampf gegen ein spezifisches Monster nach Hilfe suchen oder an speziellen Toren (sowie an selbst errichteten Lagerfeuern) Unterstützung herbeirufen und gemeinsam umherstreifen. Wild Hearts legt euch da keine Steine in den Weg.

Um noch einmal auf die Waffen zurückzukommen: Die acht Stück, die hier vorhanden sind, bieten im Grunde das, was ihr von ihnen erwartet: Nahkampf- und Fernkampfwaffen. In ihrer Gesamtheit lassen sie aber Tiefe und Flexibilität des Waffensystems in Monster Hunter vermissen, die Spielstile der Waffen sind sich größtenteils zu ähnlich. Wenngleich es Ausnahmen gibt. Mithilfe des Klingen-Wagasa wehrt ihr etwa Kemono-Angriffe ab, wodurch ihr wiederum selbst Energie sammelt und sie in mächtige Angriffe umwandeln könnt. Beim Karakuri-Stab habt ihr ganze fünf verschiedene Formen, die Anwendung erfordert aber einiges an Geschick und die Attacken sind langsam.

Was nicht gerade förderlich ist, denn eine einmal begonnene Attacke oder ein Komboangriff lassen sich nicht abbrechen, bis er ausgeführt ist. Dieses Bisschen mehr an Flexibilität würde ich mir in den Kämpfen noch wünschen. Womöglich ist das Waffensystem der Kompromiss, den man einging, um Wild Hearts für möglichst viele Spielerinnen und Spieler zu öffnen. Aber auch, wenn es Wünsche offen lässt, machen die Kämpfe dennoch großen Spaß.

Inmitten von Blumen in Wild Hearts.
Ein Schiffswrack in Wild Hearts.
An der Küste einer Insel in Wild Hearts.
Ein Blick auf ein Gebirge in Wild Hearts.
Eine Wiese voller Blumen in Wild Hearts.
Ein Waldgebiet in Wild Hearts.
Ein paar Landschaftsaufnahmen aus der Welt von Wild Hearts.

Eine Story gibt’s natürlich ebenfalls, wenngleich die sich ebenso wenig spektakulär präsentiert wie im Vorbild Monster Hunter. Muss sie das denn sein? Da gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen. Ihr findet jedenfalls hier und da Dokumente, die euch mehr über die Welt verraten, und auch die wichtigeren Charaktere werden näher beleuchtet. Insgesamt ist das aber nichts, was wir nicht schon gesehen hätten. Ist ganz okay, um alles zusammenzuhalten und euch einen Grund zum Kämpfen zu liefern. Der Fokus liegt ganz klar auf der Jagd, Omega Force wollte vermutlich zu viel Geplapper dazwischen vermeiden. Mit 21 einzigartigen Monstern hat Wild Hearts aber deutlich weniger Gegner zu bieten als etwa ein Monster Hunter Rise - weniger als die Hälfte dessen. Inwieweit das der Langlebigkeit des Spiels schadet - mehr Content kommt kostenlos nach dem Release -, bleibt abzuwarten. Trotz allem könnt ihr aber locker um die 50 Stunden und mehr aus Wild Hearts herausholen, was nicht wenig ist.

Wie steht es um die Technik?

Optisch ist Wild Hearts recht hübsch geworden. Ihr durchquert Regionen, die die jeweiligen Jahreszeiten widerspiegeln und erkundet die wunderschönen Landschaften. Ihr könnt selbst Abkürzungen schaffen, Geheimnisse entdecken und die Kemono aus den jeweiligen Bereichen besiegen. Zentraler Ausgangspunkt ist, wie auch in Monster Hunter, ein Dorf: Minato erreicht ihr nach wenigen Spielstunden. Anschließend brecht ihr von dort auf zu neuen Abenteuern und Missionen auf, redet mit Leuten, stellt dort Dinge her, verschafft euch im Badehaus Boni. Letzteres könnt ihr, wie auch die Karakuri-Fähigkeiten oder Tsukumo-Begleiter, mit der Zeit verbessern, um nützliche Hilfen für die Jagd zu erhalten.

Was aktuell noch stört, sind vereinzelte Performance-Probleme. Nichts, was ein Game-Breaker in irgendeiner Art wäre, aber ganz rund fühlt es sich noch nicht an. Auf jeden Fall muss Omega Force da noch einmal Hand anlegen. Ansonsten habt ihr auf dem PC die üblichen detaillierten Einstellungen in Bezug auf die Grafik, auf den Konsolen gibt es einen Performance-Modus (1080p, 60 fps) und einen Qualitäts-Modus (4K, 30 fps). Was ihr davon bevorzugt (höhere Auflösung vs. höhere Framerate), liegt am Ende bei euch.

Wild Hearts - Fazit

Wie sagt man so schön? Konkurrenz belebt das Geschäft. Ob sich Monster Hunter in Zukunft ein paar Dinge von Wild Hearts abguckt? Wer weiß. Einen mehr als kompetenten Konkurrenten hat Omega Force mit Wild Hearts definitiv auf die Beine gestellt. Man merkt dem Spiel zu jeder Zeit an, wovon es inspiriert ist, aber das ist nichts Schlechtes. Gleichzeitig bemüht man sich, Unterschiede zu schaffen (Karakuri), an anderer Stelle wie dem Waffensystem lässt Wild Hearts aber etwas an Tiefe vermissen. Wild Hearts geht somit einerseits eigene Wege, andererseits hält man sehr am großen Vorbild fest. Flasche Entscheidung oder absolut richtig? Schwierig zu sagen. Vermutlich ist es der richtige Weg, auf Nummer sicher zu gehen und ein bewährtes Konzept zu verwenden, wenn man versuchen möchte, eine neue Marke zu etablieren. Insofern ist Wild Hearts am Ende eine äußerst gelungene Hommage an Monster Hunter. Hinzu kommt der eigene, magische Twist, durch den es sich abseits der Basics spürbar davon abhebt. Stellt euch doch einfach folgende Frage: Ihr möchtet mehr Monster jagen, habt ihr alles in Monster Hunter schon ausgereizt? Dann versucht es mit Wild Hearts. Es lohnt sich, einen Blick über die vertrauten Gefilde hinauszuwerfen. Gleichzeitig könnt ihr Wild Hearts eine Chance kommen, wenn ihr nicht in Monster Hunter hineinfindet.

Wild Hearts Wertung: 8 / 10

Wild Hearts - Pro und Contra

Pro:

  • Relativ leichter Einstieg
  • Karakuri-Fähigkeiten bereichern die Monsterjagd
  • Zahlreiche verschiedene Möglichkeiten im Kampf
  • Schön designte Spielwelt
  • Kostenlose Inhaltsupdates nach dem Launch

Contra:

  • Vereinzelt Performance-Probleme
  • In seinen Basics noch zu nah an Monster Hunter dran
  • Waffensystem könnte flexibler sein
  • Deutlich weniger einzigartige Monster im Vergleich zu Monster Hunter Rise

Entwickler: Omega Force - Publisher: Electronic Arts - Plattformen: PC, Xbox Series X/S (beide getestet), PlayStation 5 - Release: 16.02.2022 (PC), 17.02.2022 (Konsolen) - Genre: Action-RPG, Action-Adventure - Preis (UVP): 69,99€ (PC), 79,99€ (Konsolen)

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