Wildstar: Neue Klassen, altbackene Tutorials
Mit Robotern, Raketenwerfern oder Heilstrahlern ab nach Nexus und in die geschlossene Beta!
Vor Kurzem hat Carbine offiziell vorgestellt, was Art Director Matt Mocarski als das "am schlechtesten gehütete Geheimnis des Studios" bezeichnet: die beiden neuen Klassen Techpionier (Engineer) und Sanitäter (Medic). Was uns Journalisten während eines Presse-Events in London neben den beiden neuen Recken gezeigt wurde, waren die Tutorials der beiden Fraktionen. Diese finden auf den sogenannten Arkships statt, mit denen die Glücksritter der verfeindeten Parteien auf den wilden Planeten Nexus gelangen.
"In dieser Welt gibt es kein Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit - beide Seiten sind im Kälteschlaf unterwegs, was natürlich sehr lange dauert. Eine Rückkehr zur Heimat ist also nicht mehr möglich", erklärt Mocarski. Das Artdesign habe man ganz bewusst im typischen Disney- und Pixarstil gehalten. Spaß und Fantasie stünden im Vordergrund, nicht Realismus, so der Art Director. Dafür können sich die Designer dank eigens entwickelter Tools nach Herzenslust austoben.
Aller Anfang ist Standard
Für welche Seite und welches Tutorial ihr euch auch entscheidet - in beiden Fällen durchlauft ihr den üblichen Parcours aus NPCs und schwachbrüstigen Feinden, spielt Postbote, sucht Datensätze, erhaltet eure erste Pfad-Quest und erfahrt nebenbei mehr über den Plot, die wichtigsten Hauptfiguren und eure Rolle in der Welt. Wirklich mit Ruhm bekleckert sich Carbine während dieses Abschnitts aber nicht. Zig NPCs mit Ausrufezeichen über dem Kopf abzuklappern, ihre zufälligen Standardsätze auswendig zu lernen, Questtexte zu überfliegen, dem Missions-Tracker am unteren Bildrand zu folgen und eine Handvoll Monster zu plätten, halte ich nicht gerade für das Ei des Kolumbus. Es gibt schließlich diverse MMOs da draußen, die den Einstieg abwechslungsreicher gestalten und nicht dem WoW-Schema-F folgen.
Interessanterweise sind die Questtexte selten länger als 140 Zeichen, wobei Spieler auf der Suche nach mehr Lesestoff im Journal fündig werden. Sehr nett ist die Tatsache, dass man die meisten Quests auch per Funkgerät einlösen kann und sich Laufwege spart. Sicher, das Tutorial und die Einstiegsmissionen sind noch längst nicht alles fertig, doch ein wenig mehr Innovationswillen hätte ich den Machern hier schon zugetraut - schließlich bringt Wildstar ja auch dieses interessante Pfade-Feature neben den regulären Klassen mit (siehe letzte Vorschau). Dass sie also auch ausgetretene Wege verlassen können, haben Carbine bereits eindrücklich bewiesen.
Die Entwickler weisen explizit darauf hin, dass der Titel seit dem Beginn der geschlossenen Beta im März 2012 stark überarbeitet wurde - nicht zuletzt aufgrund des Feedbacks der Community. Vor allem das Frontend wirkt aufgeräumter, soll aber noch lange nicht final sein. Die Kämpfe sind einen Tick dynamischer geworden: Die so genannten 'Telegraphs', also die leuchtenden Bodenmarkierungen für eigene und feindliche Angriffe, haben komplexere Formen spendiert bekommen und beinhalten nun einen Timer, der den Zeitpunkt der jeweiligen Attacke subtil anzeigt. Die Cooldowns sind zudem kürzer geworden und die Bewegungen der Figuren wirken fließender.
Noch immer ist Wildstar ein sehr bewegungsintensives Spiel - wer überleben will, muss konstant auf Zack sein, Angriffen mit Hechtsprüngen ausweichen, sich selbst richtig positionieren und den Feind flankieren. Doppelsprünge sind nicht nur ein nettes Feature. Gerade im Kampf sorgt man damit schnell für die nötige Distanz, um aus der Gefahrenzone zu kommen und seine Schilde zu erholen. Ein ganz anderes Biest also als die sonst üblichen MMO-Kampfsysteme. Allerdings eines, an das man sich erst gewöhnen muss.
Die Klassiker der Klassenwahl
Der Sanitäter hält im Großen und Ganzen, was der Name verspricht. Nun kann man zwar auch mit dem Psi-begabten Esper die Rolle des Heilers erfüllen und dabei sogar aus größerer Entfernung die Kollegen unterstützen, der Schwerpunkt liegt hier aber eher auf der Heilung einzelner Teamkameraden, während der Sanitäter mit seinen Buff- und Heilfeldern größere Gruppen abdeckt. Er trägt zudem eine mittlere Panzerung, sodass er auch auf kurze Distanz einstecken kann. Ebenfalls recht praktisch sind die Drohnen, die man Freund und Feind anhängen kann und die entsprechend für Buffs und Debuffs sorgen.
Bewaffnet sind die Sanitäter mit 'Resonatoren', quasi überdimensionierten Strahlenkanonen, die ein bisschen an ein Design aus 'Tron Legacy' erinnern. Ihr Vorteil ist die breite Streuung, wodurch man nur aufs Getümmel halten muss, um Freunde zu heilen und Feinde zu verletzen. Der Nachteil ist, dass diese Waffen Schaden über Zeit anrichten - wehe also, wenn man Aggro zieht. Außerdem laden sie recht gemächlich. Bevor man sich also in den Kampf stürzt, holt man vielleicht besser die zweite neue Klasse an seine Seite: den Techpionier.
Dieser patente Recke zieht mit einer schweren Kanone ins Gefecht, die ein breites Feld vor ihm in Schutt und Asche sprengt, aber eher behäbig schießt. Er ist dank schwerer Rüstung ein Tank, der mit seinem Raketenwerfer eher auf mittlere Distanz effektiv kämpft. Dank seiner Bots kann er auch mit größeren Feindesgruppen fertig werden. Die praktischen Helferlein locken Gegner an, beharken Widersacher aus der Distanz oder heilen ihr Herrchen. Falls alle Stricke reißen, beschwört ihr mal eben einen ExoPanzer, der euch für kurze Zeit zu einer echten Mördermaschine im Nahkampf mutieren lässt.
Das Rollenangebot in Wildstar sollte MMO-Liebhabern einige interessante Builds bieten. Ob man jedoch verlässliche Raids zusammenstellen kann, muss ich erst noch in der Praxis testen. Die neuen Klassen füllen auf dem Papier jedenfalls zwei verbliebene Nischen auf mittlerer Gefechtsdistanz. Bis auf das extrem dynamische Kampfsystem und die vier Pfade fühlt sich Carbines MMO insgesamt recht konventionell an. Fraglos solide und optisch interessant - dank seines außergewöhnlichen und wunderschönen Artdesigns - aber längst nicht jener große Wurf, den manche vielleicht erwarten. So zumindest mein aktueller Eindruck. Aber das letzte Wort ist natürlich nicht gesprochen. Ich werde mir in den nächsten Wochen den aktuellen Stand der geschlossenen Beta genauer ansehen und euch ausführlich berichten.