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Wolfenstein: The Old Blood - Test

Burgbesichtigung mit Rudi Jäger und Helga von Schabbs.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Etwas weniger Story, aber spielerisch auf dem gleichen Niveau wie The New Order. Besonders zu dem Preis könnt ihr nichts falsch machen.

Wenn ich schriebe, dass Wolfenstein: The Old Blood mehr vom Gleichen bietet, hätte das für viele von euch vermutlich einen leicht negativen Touch. Sollte es aber nicht. Denn in puncto Gameplay bewegt man sich auf dem gleichen hohen Niveau wie im letzten Jahr The New Order, mit dem die Serie unter der Regie von Bethesda und Entwickler MachineGames ein furioses Comeback feierte.

Die Entwickler haben mehrere kleine Easter Eggs versteckt.

Ich spreche aber aus gutem Grund nur vom Gameplay. Nicht, dass die Geschichte von The Old Blood schlecht wäre, aber sie erreicht nicht ganz die Höhen - für Shooter-Verhältnisse - eines The New Order. Soll heißen: Während es letztes Jahr noch so einige Zwischensequenzen gab, die auch das Menschliche beziehungsweise eine menschliche Seite von Agent Blazkowicz zeigten, repräsentiert er in dieser Vorgeschichte, die letztendlich direkt zum Prolog von The New Order führt, wieder diese muskelbepackte Ein-Mann-Armee, die eben einfach so alles niedermäht, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Es ist nun mal sein Job. Ein paar Anflüge von Charakterentwicklung gibt es zwar, aber nicht annähernd so sehr wie im Hauptspiel.

So ziemlich alles erlebt ihr direkt aus dem Blickwinkel von Blazkowicz und auch The Old Blood hat seine ganz eigenen und tollen Momente. Etwa wenn ihr zum ersten Mal die riesige, majestätische Burg Wolfenstein in den verschneiten Bergen erblickt. Eine weitere Szene erinnert an die Zugfahrt aus The New Order, wenn ihr Auge in Auge mit eurem größten Widersacher konfrontiert werdet. Solche doch eher ruhigen Momente wechseln sich immer wieder mit bleihaltigen Materialschlachten ab, in denen ihr die Nicht-Nazi-sondern-Regime-Soldaten reihenweise im Dutzend um die Ecke bringt, unter anderem auf einer Seilbahn. Überhaupt kehrt The Old Blood sowohl im Hinblick auf die Story als auch auf euer Arsenal und die Feinde mehr zu den Wurzeln zurück, immerhin spielt es gut 20 Jahre vor den späteren Ereignissen, weswegen etwa die Technik noch nicht so weit entwickelt ist.

Burg Wolfenstein in ihrer ganzen Pracht.

All das tut ihr jedenfalls, um den Standort von General Totenkopf zu erfahren. Dieser ist einer klitzekleinen Akte von Helga von Schabbs zu entnehmen, die sich wiederum auf das Okkulte spezialisiert hat. Sie ist neben Rudi Jäger der zweite Hauptwidersacher des Spiels. Ihre Namen und die Darstellung ihrer Charaktere versprühen zwar absoluten B-Movie-Charme, aber es passt perfekt zum Spiel und diesem Universum. Eure Aufgabe klingt also eigentlich ganz einfach: Die Akte klauen oder zumindest einen kurzen Blick darauf werfen. Also macht sich Blazkowicz mit getarnter Identität auf den Weg zur Burg Wolfenstein - dass das benachbarte Paderborn zu Füßen der Burg in einer Bergregion liegt, ist aber vermutlich nur für deutsche Spieler ein wenig gewöhnungsbedürftig. Schon relativ bald fliegt jedoch eure Tarnung auf und ihr müsst euch den Weg aus der Burg freischießen, um euch erneut auf die Suche nach dieser kostbaren Akte zu machen, die einen Wendepunkt im Krieg darstellen kann. In der Burg selbst haltet ihr euch rund die Hälfte der Spielzeit auf.

Spielerisch lässt man euch dabei weiterhin die Wahl, ob ihr möglichst leise vorgehen wollt oder ob ihr euch stattdessen doch lieber mit gezückten Sturmgewehren in den offenen Kampf stürzt. Wie schon im Hauptspiel ist Letzteres jedoch nur auf den untersten Schwierigkeitsstufen empfehlenswert, ansonsten segnet ihr vermutlich schneller das Zeitliche, als ihr "Blazkowicz" sagen könnt. Erneut gibt es etwa mehrere Stellen, an denen ihr einen oder zwei Kommandanten leise ausschalten könnt, damit diese keine Verstärkung rufen. Wie gesagt, ihr könnt, aber ihr müsst nicht. Es liegt alleine bei euch und wenn eure Schleich-Skills in solchen Momenten versagen, heißt es nicht gleich „Game Over". Es wird nur ein wenig schwieriger.

Ansonsten verhält es sich mit dem Level-Design ähnlich wie im Hauptspiel. Der Weg zum Ziel ist zwar grundsätzlich recht linear, aber zwischendurch habt ihr mitunter viel Bewegungsraum. Das merkt ihr vor allem in den größeren Gefechten in den meist offeneren Abschnitten. Hier gibt es zahlreiche verschiedene Wege, Abkürzungen, Treppen nach unten und nach oben, die dafür sorgen, dass ihr stets aufmerksam bleiben müsst, denn aus jeder Richtung könnte sich der nächste Feind an euch heranpirschen und euch in den Rücken fallen. Obendrein sind die Level einmal mehr mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet worden - wie auch der Rest von The Old Blood. Es gibt zahlreiche Details zu entdecken, Propagandaposter werben für den Feind und sogar das ein oder andere Easter Egg zu anderen Bethesda-Spielen wartet auf euch.

The Old Blood legt wieder mehr Wert auf das Okkulte.

Jedes einzelne Kapitel hat solch ein Massengefecht zu bieten, in dem ihr es mit einer großen Zahl an Feinden zu tun bekommt. Meistert ihr diesen Bereich in der Kampagne, schaltet ihr die gleiche Stelle als Level für den Herausforderungsmodus frei. Darin geht es einzig darum, die gleiche Situation noch mal zu erleben und Punkte zu sammeln, etwa für Kombos, Messerwürfe, Kopfschüsse und ähnliche Dinge. Erzielt ihr genügend Punkte, werdet ihr wiederum mit Medaillen belohnt und könnt euch in der Bestenliste verewigen, wobei die größten Auszeichnungen erst auf den höchsten Schwierigkeitsstufen freigeschaltet werden, was das Ganze alles andere als einfach macht.

Wie zu erwarten streuen die Entwickler hier und da ein paar Neuerungen in das ansonsten relativ bekannte Schema ein, etwa besagten Herausforderungsmodus. Davon abgesehen bekommt ihr auch einige neue Spielzeuge und Waffen, etwa die Kampfpistole, die explosive Geschosse verschießt und sich besonders bei größeren Feindgruppen als nützlich erweist. Die Munition dafür ist allerdings eher rar gesät. Gleich zu Anfang werdet ihr mit einem neuen Feindtyp konfrontiert, der mit einem in der Nähe befindlichen Stromgenerator verbunden ist. Ohne Schusswaffe müsst ihr erst mal diesen Generator kurzzeitig deaktivieren, um dem Feind dann im Nahkampf den Rest zu geben.

Ebenfalls direkt zu Beginn findet ihr ein Rohr, das Blazkowicz im Verlauf seines kleinen Abenteuers noch treue Dienste erweist. Ihr stemmt damit Türen und Luken auf, nutzt es gleichermaßen als Nahkampfwaffe und klettert an bestimmten Stellen Wände nach oben. Abseits dessen beschäftigt euch das Spiel wieder mit den üblichen Sammelobjekten, obendrein hat man nun jedem einzelnen Kapitel einen Albtraum-Level spendiert. Dazu müsst ihr bestimmte Schlafplätze finden und absolviert dann einen Level im klassischen Wolfenstein-Design. Eine nette Abwechslung.

Hier hat jedes Kapitel seinen eigenen Classic-Level zu bieten.

Die Spielzeit hängt maßgeblich vom gewählten Schwierigkeitsgrad ab. Auf den untersten Stufen bekommt ihr keinerlei Probleme und könnt vielleicht fünf, sechs Stunden damit Spaß haben. Je höher die Schwierigkeit, desto vorsichtiger müsst ihr agieren. Ihr braucht mehr Planung und mehr Zeit. Gleichermaßen können das Suchen der Sammelobjekte, die Albtraum-Level und der Herausforderungsmodus einiges zur Spielzeit beitragen.

Aber selbst wenn es am Ende nur fünf oder sechs Stunden sein sollten, für seinen niedrigen Preis bietet The Old Blood wirklich sehr gute Unterhaltung. In puncto Story geht man zwar einen Schritt zurück, spielerisch überzeugt das Standalone-Prequel aber wie das Hauptspiel auf ganzer Linie. Es stimmt schon, dass insgesamt nicht allzu viel Neues geboten wird, mit dem sich The Old Blood spürbar von The New Order abheben würde, aber solche Dinge könnte man wohl eher von einer richtigen Fortsetzung erwarten. Insofern solltet ihr einfach mit den richtigen Erwartungen an The Old Blood herangehen: Ihr bekommt zwar etwas weniger Handlung präsentiert, könnt aber wieder zahlreichen Nazi-Schrägstrich-Regime-Schergen eine Bleibehandlung verabreichen. Und manchmal reicht das absolut aus, um einfach ein paar Stunden sehr viel und sehr unbeschwerten Spaß zu haben.

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