Wolfenstein
Nazis im Anmarsch
Wem das reicht, darf sich freuen. Doch funktioniert das Rezept auch für die große Masse an Action-Freunden oder krankt Wolfenstein vielleicht an den gleichen Symptomen wie der jüngste Indiana Jones-Film? Hängt die Messlatte für ordinäre Ego-Shooter – und nichts anderes ist Wolfenstein – inzwischen zu hoch? Vielleicht ein bisschen. Doch Spaß macht das Nazi-Tontaubenschießen abseits dieser Gedanken definitiv wieder.
Ich zücke meine Partikelkanone und drücke ab. Krankenbahren fliegen durch die Gänge. Der Strahl verwandelt die Angreifer in Skelette, kurz danach zerfallen sie zu Staub. Hammer! Die Waffen fügen sich gut ins Superhelden-Gesamtbild. Nur dieses eine Vieh springt noch herum. Wobei springen ganz offensichtlich nicht das passende Wort ist. Es teleportiert!
War das Ding früher ein Mensch? Welche Experimente haben die Nazis schon durchgeführt, bevor ich aufgekreuzt bin? „Assassin“ taufen die Entwickler diese Monster, die oft in Rudeln auftauchen. Mit einer Klinge in jeder Klaue fügen sie dem Spieler im Nahkampf ernstzunehmende Wunden zu.
„Wir arbeiten eng mit der USK zusammen, um eine Altersfreigabe zu erhalten. Wir wollen das Spiel in Deutschland herausbringen“, betont Sokal hinsichtlich der enthaltenen Gewalt. „Deutschland ist ein äußerst wichtiger Markt für uns. Die deutschen Fans sind großartig.“ Standardfloskeln. Seit einigen Jahren bekommen internationale Entwickler diese Sätze offenbar von den deutschen Niederlassungen ihrer Herausgeber-Firmen eingetrichtert und wiederholen sie auf Stichwort bei jeder Gelegenheit.
Ob Wolfenstein letztlich überhaupt in Deutschland erscheint und wie viel dabei vom aktuellen Spiel übrig bleibt, weiß derzeit tatsächlich niemand. Interessant ist, dass Zensuren laut Sokal zumindest keine inneren Gewissenskonflikte bei den Entwicklern hervorrufen: „Das ist nicht so schlimm. Es ist mehr eine Frage der Koordination.“
Wie steht es mit Online-Schlachten? „Über den Mehrspieler-Modus möchten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen“, so Sokal. „Nur so viel: Er wird an den Vorgänger angelehnt sein und wir werden die Veil-Kräfte mit einbinden.“ Immerhin. Dennoch scheint Wolfenstein auf Einzelspieler getrimmt. Die Geschichte beginnt mit einer Zwischensequenz, die direkt nach den Ereignissen den Vorgängers einsetzt. B.J befindet sich auf dem Rückweg von seiner Mission auf Burg Wolfenstein. Auf dem Nazi-Kriegsschiff Tirpitz hat er zum ersten Mal Kontakt mit dem Veil.
Als Blazkowicz in die Halle kommt, erstattet ein Wissenschaftler dem Nazi-Offizier gerade Bericht. „Jedes Test-Subjekt, das durch das Wasser gegangen ist, kehrt zu uns zurück. Verändert ...“ Beide stehen auf einer Stahlgitter-Plattform vor einem großen Ring, dessen Mitte eine grün schimmernde Flüssigkeit verdeckt. Wüsste ich es nicht besser, würde ich schwören, es laufe gerade eine neue Folge von Stargate und das Sternentor wurde aktiviert. Ist der Ring hier die Verbindung in eine andere Dimension? Als der Wissenschaftler Blazkowicz sieht, packt ihn die Furcht. „Mein Gott, es ist der Spion!“, brüllt er seinem Gesprächspartner an. „Sie müssen mich beschützen!“ Der Nazi hat anderes im Sinn. Er packt den Wissenschaftler am Kittel. „Nein, Herr Doktor, Sie werden derjenige sein, der mich beschützt!“
Durch einen kräftigen Stoß verschwindet der Arzt in dem pulsierenden Ring. Danach wendet sich der Soldat höhnisch an Blazkowicz: „Jetzt wirst du herausfinden, wie mächtig die Nazi-Armee ist!“ Das stimmt. Allerdings anders, als er sich das vorstellt. Aus dem Ring schält sich ein entstellter Berg aus Fleisch, Muskeln und Haut. Dreimal so groß wie ein Mensch und vermutlich zehn mal so stark. Das Gesicht eine hasserfüllte Fratze. War das eben noch der Doktor? Mit dem Handrücken fegt er den Offizier zur Seite und zerstört die Plattform. Der Schrei des Wesens donnert ohrenbetäubend – Euer Signal für die erste Runde mit einem Boss-Gegner! Es beginnt ein Kampf auf Leben und Tod ...
Wolfenstein. Der Name weckt Erinnerungen. Erstmals durfte ich selbst einen Level des kommenden Über-Shooters spielen. Am liebsten hätte ich nicht mehr aufgehört! Die Nazi-Schießbude erfüllt auf den ersten Blick alle Wünsche, die man an einen Oldschool-Ego-Shooter stellt. Inklusive dicker, fetter Waffen (wer versteht die Anspielung?). Allerdings auch nicht viel mehr. Durch die Veil-Kräfte, wie etwa die Zeitlupe, kommt zusätzlich noch etwas F.E.A.R.-Gefühl auf. Das war es dann auch.
Schade, dass Raven von id Software nur deren alte Technik-Routinen (id Tech 4) bekommen hat. Das sieht man der Umgebung, den Animationen und Figuren doch deutlich an. Kanten, Matsch-Texturen, Gesichtsmasken – Doom 3 lebt offenbar. Wolfenstein sieht beileibe nicht schlecht aus, aber eine neue Referenz, von der man auch in Jahren noch spricht, steht Euch, so wie es zum jetzigen Zeitpunkt scheint, nicht ins Haus. Da habe ich in Anbetracht des bekannten Namens mehr erwartet. Aber gut, nachdem der Duke nun offenbar endgültig die Atombombe abgegeben hat, bin ich froh, dass sich zumindest B.J. Blazkowicz als zuverlässiger erweist. B.J. lass mich deine Gewehrhand zum Sieg führen! Ja, ich freue mich drauf!
Wolfenstein erscheint voraussichtlich am 4. August 2009 für PC, PS3 und Xbox 360.