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Wonderbook: Das Buch der Zaubersprüche – Test

Ein Anfang, der die Möglichkeiten andeutet. Aber von Rowling hätte man mehr erwartet.

Man muss es Sony lassen, von Zeit zu Zeit probieren sie einfach mal wirklich neue Sachen und manchmal bleibt auch was hängen. Ob Wonderbook einer dieser Fälle ist, kann nur die Zukunft zeigen. Der Auftakt das "Buch der Zaubersprüche" zeigt nämlich in erster Linie, dass das Konzept technisch funktionieren kann und dass da wirklich ein Funke Magie drinstecken könnte. Vielleicht.

Erst mal sieht das Buch, das ihr in der großen Packung findet, gar nicht so wundersam aus. Mehr wie ein Baby-Bilderbuch für Dadaismus-orientierte Eltern, die ihre Kleinen früh zur Kunst bringen wollen. Aber keine Sorge, ihr sollt das 12 Seiten dünne Werk nicht lesen, das ist die Aufgabe der PS3 und der Kamera, die ihr dafür unbedingt braucht. Weiterhin ist ein Move-Zauberstab unerlässlich, dafür können Pad und Navigation Controller in der Schublade bleiben.

Ein Buch aufzuschlagen, will gelernt sein.

Jetzt kommt der härteste Teil. Das Spiel will das Buch und euch inklusive Gesicht sehen und muss das Buch nah genug in seinem Blickfeld haben. Das ist nicht ganz einfach. Direkt vor dem TV mit anderthalb Metern Abstand auf dem Boden, die Kamera einen halben Meter erhöht, ging es gerade so. Sehr unbequem und eigentlich auch viel zu nah am Bildschirm. Im Sitzen auf der Couch wurde es dann bequemer, aber das Buch war entweder in meiner Reichweite oder der der PS3, beides zusammen klappte auf die drei oder dreieinhalb Meter trotz Weitwinkel-Einstellung der Kamera nicht so ganz. Mit einer improvisierten Buchstütze, die das Buch dann in Richtung Kamera - also weg von mir - zeigen ließ, wurden Mensch und Technik sich endlich einig. Gibt es eigentlich mal irgendein Produkt dieser Art, dass ich auspacken und nutzen kann, ohne dass ich die erste Trophäe eigentlich für die Meisterleistung der Inbetriebnahme verdient hätte?

So sieht es aus auf dem Bildschirm (wenn ihr dieses Mädchen seid): Ihr einkopiert und mit einem Zauberstab statt der Move.

Was dann passiert, ist für die einen eine sehr schlichte Demonstration der Möglichkeiten von Augmented Reality, für die anderen eine fast zauberhafte Weiterentwicklung des traditionellen Kinderbuches. Ihr seht auf dem Screen vor euch das Buch, aber statt des Move haltet ihr auf dem Bildschirm einen Zauberstab in der Hand und das Buch ist nicht länger der farblich unattraktive Papphaufen, sondern ein leuchtendes, farbenfrohes, "magisches" Buch. Bis ihr den Blick nach unten auf den Tisch senkt, dann seht ihr wieder den Papphaufen. Vielleicht sind Brillen für diese Art Effekt auf Dauer wirklich unerlässlich, um nicht nur in den Moment hineinzufinden, sondern auf drin zu bleiben.

Achtet ihr aber einfach auf den Screen, dann taucht ihr in das achte irgendwie ja aber nicht so richtig offizielle Harry-Potter-Buch von J.K. Rowling ein, das sie (mit)schrieb. Wie viel genau davon? Wer weiß das schon zu sagen? Im Vergleich zu den anderen Büchern jedoch ist das "Buch der Zaubersprüche" keine echte Geschichte im eigentlichen Sinne, sondern mehr das, was sein Titel verspricht. Eine Miranda Goshawk schrieb eine Art Einsteiger-Leitfaden mit Trainingsmöglichkeiten für junge Hogwarts-Schüler. Ihr lernt Seite für Seite, die ihr umblättert, mehr und mehr Zaubersprüche kennen, setzt sie in Minispielen mit simplen Gesten ein und erlebt in den letzten beiden Kapiteln sogar so etwas wie eine kleine Hogwarts-Geschichte, die über das Buch hinausgeht.

Zaubern ist einfach. Vielleicht ein wenig zu einfach.

Ich werde hier nichts weiter spoilern, denn der Inhalt der Lektüre ist auch virtuell relativ mager. Fünf Kapitel sind es, jeweils in zwei Hälften unterteilt. Da zwölf Seiten in dem physischen Buch sehr wenig wären, wird es nach jedem der zehn Abschnitte zugeklappt und erneut durchgeblättert. Technisch sieht die PlayStation das Symbol auf der Seite, weiß, in welchem Kapitel ihr seid und gibt den entsprechenden Inhalt wieder. Keine große Magie auf dieser Seite des Screens.

Zu den besten Momenten gehören die kleinen Geschichten hinter jedem der Zauber.

Aber auch auf der anderen Seite kann es nach dem ersten kleinen Wunder sehr banal werden. Das liegt gar nicht mal so sehr an den Sprüchen, sondern daran, dass ihr nicht umhinkommt, wahrzunehmen, wie schlicht das hier alles abläuft. Wie auch immer das Buch gerade einen Spruch nennt, am Ende ist es eine schnelle Handgelenklockerung oder ein Zeigen und Den-Trigger-gedrückt-halten. Solange die ebenfalls sehr simple Geste für das Starten des Zaubers geklappt hat, sind es danach eigentlich nur noch zwei Bewegungen. Nicht viel für eine Laufzeit von fünf oder sechs Stunden.

Noch dazu ist es zu keinem Zeitpunkt so, dass ihr euch aussuchen könntet, was ihr wo zaubert, selbst in dem limitierten Rahmen der wenigen Sprüche. In den "Übungen" zu jedem Spruch ist das irgendwo klar, es soll ja um einen bestimmten Spruch gehen. Aber am Ende jedes Kapitels steht eine Prüfung an, in der ihr alle Sprüche nutzen müsst. Das wäre fast spannend, wenn das Buch einem nicht sofort verraten würde, was genau ihr wann tun müsst. Eigeninitiative ist hier nicht unbedingt erwünscht. Das gilt auch für das letzte, inhaltlich spannendere Kapitel. Die Story mag hier endlich einen Hauch des Levels erreichen, den man von einer Potter-Rowling-Geschichte erwartet, der Anspruch des spielerischen Teils bleibt jedoch sehr gesetzt.

Wenig, was ein Potteraner hier lernen könnte.

Überhaupt holt das Buch der Zaubersprüche denkbar wenig aus dem Stoff heraus. Es gibt kaum Verweise zu bekannten Figuren oder Geschichten und selbst Hinweise, die das Buch von sich aus andeutet, bleiben ungenutzt. Die Anmerkung, dass ein unbekannter Vorbesitzer wichtige Notizen in dem Buch hinterließ, ist ein Wink mit dem Zaunpfahl für jeden, der "Die Kammer des Schreckens" sah oder las. Nur macht das Buch hier nichts daraus. Es hätte eine eigene Geschichte sein können, eine versteckte Nebenhandlung, auf die nur findig suchende Spieler kommen, irgendwas in der Richtung. Stattdessen wird es einfach links liegen gelassen.

Point and Click ist ein wichtiger Teil der Hogwartschen Magie.

Trotz alledem, es gibt immer wieder schöne Momente, und wenn ihr mit dem außerhalb des Bildschirms unsichtbaren Zauberstab einen Patronus beschwört und euer Gesicht in die Spielwelt eingebunden erblickt, kommt ihr um ein klein wenig Staunen und auch Freude nicht herum.

Letztlich muss man Wonderbook, vor allem aber das Buch der Zaubersprüche als das nehmen, was es sein möchte, und das ist die elektronische Weiterentwicklung eines Kinderbuches. Für das Alter ab 6 (was der USK-Freigabe entspricht), dann hoch bis 12 oder 14 ist es durchaus ein nettes, kleines Erlebnis, mit dem sich auch sorgende Eltern problemlos anfreunden dürften. Genommen als ein solches Kinder-/Jugend-Buch ist Wonderbook ein interessantes Experiment, das erste Erfolge feiern kann, aber letztlich technisch mit den wenig unterschiedlichen, schlicht gestrickten Zaubern mutlos und inhaltlich, gerade angesichts des sonst so reichhaltigen Potter-Universums, farblos bleibt. Aber zumindest bin ich sehr gespannt, was an weiteren Büchern folgen wird, denn Potenzial scheint das Ganze nicht zu knapp zu haben.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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