World of WarCraft: Cataclysm
Schwund vs. Einfallsreichtum
Wird man mitten in der Woche für einen Tag gen Irvine, L.A., in die Heiligen Hallen von Blizzard bugsiert, mit dem Versprechen, „tiefere Einblicke in Cataclysm als jeder andere zuvor zu ergattern“ und sich erstmals und ohne große Einschränkung die nahende World-of-WarCraft-Erweiterung einzuverleiben, erwartet man Großes. Man wähnt sich knietief in den neuen Zonen, stellt sich vor, wie man mit gezücktem Streitkolben bisher ungesehenen, bösartig anmutenden Monstern gegenüber steht, vertraut darauf, ein, zwei Fußlängen in die Schlachtzugs-Areale zu setzen und hofft, alles, aber auch wirklich alles bis ins letzte Detail über die angekündigten Inhalte zu erfahren.
Womit man allerdings nicht rechnet, ist in den ersten fünfzehn Minuten der Präsentation erzählt zu bekommen, dass einer der interessantesten Aspekte beim Release doch nicht zugegen sein wird. Weil besagtes Feature, wie Lead System Designer Greg Street während der Vorstellung und Lead Game Designer Tom Chilton später ausführlich im Interview erörtert, zu umständlich sei. Zu unausgereift. Nicht genügend Spieltiefe offeriere für den Grad an Komplexität. Schlicht etwas darstelle, was die Spieler kurzzeitig mit ihrer vollen Aufmerksamkeit beehren und danach als erledigt ansehen.
Lassen wir also die Katze aus dem Sack und sagen Lebewohl zum „Pfad der Titanen“. Jenem auf Glyphen basierten Modell, das in Verbindung mit dem neuen, sekundären Beruf Archäologie dafür Sorge tragen sollte, dass Spieler abseits der Talentbäume mehr Individualisierung für ihre Klassen erfahren. Und dessen Konzept, zumindest in einigen Ansätzen, nun in die Überarbeitung des mit Wrath of the Lich King integrierten Glyphen-Systems fließt.
Denn selbiges entpuppte sich, wie Greg Street aka Ghostcrawler weiter angibt, nicht genau als das, was die Blizzard'schen Entwickler mit dem Eintreffen des Lichkönigs und seinen Schergen ins Auge fassten. „Als wir uns zusammensetzen, um den Pfad der Titanen etwas verständlicher zu gestalten, realisierten wir, dass wir uns im Grunde nur dem Glyphen-Bereich widmeten. Einem System, das unserer Meinung nach gerade einmal 50 bis 75 Prozent seines Potentials ausschöpft. Und das, anders als in unseren Vorstellungen, darin gipfelte, dass die Spieler ein Set an Glyphen kaufen und damit hauptsächlich den Schaden respektive die Wirkung ihrer Hauptfertigkeit mehren.“
Und so sei der Zeitpunkt für die kreativen Köpfe wie geschaffen, den vorerst „halbgaren“ Bestandteil aus dem Repertoire von Cataclysm zu streichen – der vielleicht in ferner Zukunft noch einmal auf den Plan tritt - und stattdessen das bestehende Feature interessanter zu stricken. Mit einem deutlich detaillierten Aufbau, mehr Variationsmöglichkeiten für jede Klassen-Spezialisierung und auch mehr Einnahmepotential für die, laut Street, nicht genug verdienenden Inschriftenkundigen.
Die erste Neuerung betrifft die Vielfalt an Glyphen. Wo zurzeit mit großen („erheblichen“) und kleinen („geringen“) Glyphen der Wirkungsgrad der Fertigkeiten und Angriffe verfeinert wird, hantiert man zukünftig mit einer dritten Kategorie – den „mittleren“ Glyphen. Die exakte Bezeichnung und deutsche Übersetzung ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht gegeben, die ungefähre Art ihres Einsatzes indes schon. „Spaßige Veränderung“ vorhandener Fertigkeiten, was so viel bedeuten könnte wie andersfarbige Attacken oder neue Begleiter-Grafiken. Darüber hinaus vergrößert sich das zugehörige Fenster auf der rechten Seite um eine komplette Auflistung aller erhältlichen Glyphen der Klasse, die ein einziges Mal erworben und dann wie eine Fertigkeit erlernt werden müssen. Inschriftenkundige dürfen sich aufgrund dieser Modifizierung auf eine Ausweitung ihrer Rezepte freuen und erhalten etwa weitere Jahrmarkts-Karten, Schmuckstücke sowie verbrauchbare Gegenstände, die zum Verlernen beziehungsweise Wechsel der Glyphen gedacht sind.
Das mag an sich alles recht viel versprechend klingen, tröstet jedoch nur wenig darüber hinweg, dass durch den Wegfall des Pfad der Titanen zudem der neue sekundäre Beruf, die Archäologie, ein Stück weit an Reiz verliert. Anstelle der einzigartigen Glyphen, die sowohl in der weiten Welt als auch in den Instanzen geschlummert hätten, sucht man nun in Azeroth verstreute Ruinen und Ausgrabungsstätten nach mystischen Fragmenten ab. „Anders als beim Bergbau, bei dem man Erzvorkommen aktiv mindert, achtet man bei Archäologie auf seine Minikarte und erhält Nachrichten, die Aufschluss darüber geben, wie nah man einem Fragment ist.“, erläutert Greg.
Ist ein solches gefunden, füllt sich eine vergleichbar dem Erfahrungsbalken gehaltene Leiste, die schlussendlich in einem von zig raren (blauen) Gegenständen resultiert. Etwa eine Axt, ein Schwert, oder, was eindeutig seltener der Fall sein soll, ein außergewöhnliches Haustier. „Es gibt Items zum Ausrüsten, einige Spielzeuge und es sind sogar ein paar nützliche Sachen dabei. Aber viele dieser Gegenstände sind einfach zum Sammeln gedacht. Wir denken, das Feature wird insbesondere Casualspieler ansprechen sowie jene, die das Komplettieren von Erfolgen lieben. Und wie wir wissen, möchten manche Spieler gerne mehr über die Geschichte und die Hintergründe in Azeroth erfahren. Die Artefakte offenbaren ihnen Geheimnisse, berichten von Geschehnissen.“ Die Sammel-Mania beginnt voraussichtlich ab Level 20, beschränkt sich pro Gebiet auf eine entsprechende Anzahl an Ruinen und hält in den Cataclysm-Instanzen eine kleine Überraschung parat: Hier und da stoßt ihr auf Runen, die es zu entziffern gilt und euch sowie den restlichen Spielern des Trupps einen praktischen Buff gewähren.