World of Warcraft: The War Within Test – starker Auftakt zur Weltensaga
Das "Crescendo" von 20 Jahren WoW
Der Start von World of Warcraft: The War Within stand wohl unter einem guten Stern, denn es war der unproblematischste Start eines WoW Add-ons, den ich in 20 Jahren miterlebt habe. Keine zwei Stunden Warteschlange, keine Todes-Lags, keine Bottlenecks – ich war schon fast etwas enttäuscht. Das hat vermutlich mit dem Early Access zu tun, durch den der Spieleransturm zeitlich und Servermäßig weit genug verteilt wurde – ist aber nur meine Theorie.
Wie dem auch sei, mit der mittlerweile zehnten Erweiterung für WoW - und laut Chris Metzen auch anlässlich des 20-jährigen Jubiläums – haben sich die Entwickler mit dem Auftakt zur dreiteiligen Weltensaga nicht geringeres vorgenommen, als das größte und beste Epos des WoW-Universums auf die Beine zu stellen. Kein kleines Vorhaben, wenn man bedenkt, wo man herkommt, doch mit Dragonflight hat man bereits einen soliden Grundstein gelegt und genau auf diesen baut WoW: The War Within nun auf. Und um das Ergebnis schon einmal etwas vorwegzunehmen: das ist den Entwicklern ziemlich gut gelungen.
Bedauerlicherweise wurde mir von oberster Stelle untersagt, einen Roman aus dem Test zu machen (es ist nur eine Kurzgeschichte geworden), daher picke ich mir nachfolgend nur die meiner Meinung nach wichtigsten Punkte von World of Warcraft: The War Within heraus, obwohl es noch weitaus mehr Erwähnenswertes gäbe.
WoW: TWW Test Inhalt:
- Starkes World-Building und eine erstaunliche Welt im Inneren, die von Tolkien sein könnte
- Entspanntes Leveln, kürzere Levelphase und eine Flut an Nebenquests
- Einer für alle - alle für einen: Die Kriegsmeute ist mein persönliches Highlight
- Die neuen Tiefen (Delves) bringen endlich Endgame-Content für Solo-Spieler aber auch für Gruppen
- Neue Dungeons, die Skalierung der Schwierigkeitsgrade und neue M+ Affixe
- Charaktere und ihre überarbeiteten Talente und Heldentalente
- World of Warcraft: The War Within - Fazit
Starkes World-Building und eine erstaunliche Welt im Inneren, die von Tolkien sein könnte
Die Story in TWW macht genau dort weiter, wo der Cinematic Trailer (Die Vorbotin) und das Pre-Patch Event (Strahlende Echos) aufgehört haben. Ich will hier nichts spoilern, daher nur so viel: TWW legt ein deutlich schnelleres und actionreicheres Erzähltempo an den Tag, als die ruhige Entdecker-Stimmung von Dragonflight. Azeroth hat schließlich dicke Probleme an der Backe, doch glücklicherweise stehen alle bekannten Helden der Horde und Allianz auf der Matte und wollen helfen. Dalaran wird kurzerhand einmal mehr zum mobilen Camper umfunktioniert und nachdem alle Wandteppiche festgenagelt wurden, geht es mit Mann und Maus (und Krokodilen im Abwasserkanal) nach Khaz Algar, das man mit ein paar unerwarteten Umwegen auch schließlich erreicht.
Man landet in der ersten Zone, die „Insel von Dorn“, und steigt sofort in die Action ein. Das Himmelsreiten / Fliegen ist zunächst nicht verfügbar, es braucht aber nur ein paar Quests am Startpunkt, um es wieder freizuschalten (ca. 10 Min.). So früh stand der Himmel den Spielern noch nie in einem Add-on offen und das ist auch einer der Gründe, wieso das Leveln in TWW so fix und unkompliziert verläuft.
Die Hauptkampagne von The War Within fällt zwar kürzer aus als die von Dragonflight, dafür wird sie mithilfe von bekannten und neuen Hauptcharakteren stark erzählt und leitet fließend durch alle Zonen. Während man in Dragonflight noch vermehrt das Gefühlt hatte, das in jeder Zone eine ganz eigenständige Geschichte mit jeweils eigenen Charakteren erzählt wird und diese ein plötzliches Ende nimmt, sobald man die Zone verlässt, wirkt die TWW-Kampagne wie aus einem Guss und führt gezielt durch die vier neuen Zonen. Häufig stellt man erst beim Blick auf die Karte fest, dass man beim Questen eine neue Zone betreten hat - insbesondere bei den drei unterirdischen Arealen, die fließend ineinander übergehen.
Während man sich im Verlauf der Geschichte immer tiefer in das Innere von Azeroth vorwagt, eröffnet sich einem die wunderschöne Spielwelt immer mehr. Schon die Dracheninseln waren optisch sehr ansprechend, Khaz Algar legt aber noch eine Schippe drauf. Speziell, wenn man von den Schallenden Tiefen (Zone 2) nach Heilsturz (Zone 3) und Azj-Kahet (Zone 4) reist, könnte man meinen, die Beschreibungen aus einem J. R. R. Tolkien-Buch wurden zum Leben erweckt. Die Zonen wirken lebendig und so, als ob sich die Irdenen schon seit Jahrtausenden durch den Stein bohren oder die Arathi den Wall gegen die Neruber (und neuerdings die Leere) seit Ewigkeiten verteidigen.
Auch die wichtigen Hauptcharaktere wie Alleria Windläufer, Anduin Wrynn, Faerin Lothar (zukünftige Ms. Wrynn?!?), Magni Bronzebart, Xal’atath und die Neruber etc. und natürlich die Fraktionen, die sie vertreten, entwickeln sich im Verlauf der Geschichte stark weiter. Man nimmt sie deutlich mehr wahr und hat das Gefühl, dass ihre Entwicklungen in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen und wir (die Spieler und die Einwohner Azeroth) in der Weltensaga auf etwas Großes zusteuern. Auch einige Fragen werden aufgeworfen, wie etwa, was es mit dem geheimnisvollen Reich der Arathi auf sich hat, das sowohl Freund als auch Feind werden könnte.
Entspanntes Leveln, kürzere Levelphase und eine Flut an Nebenquests
Das Leveln in WoW: The War Within läuft sehr unbeschwert und entspannt ab, denn man muss keine „Player / Boorowed Power“ farmen und das Rennen nach epischer Ausrüstung ist auch verschoben, da in der ersten Woche nur normale und heroische Dungeons sowie die neuen Tiefen bis Stufe 3 zur Verfügung stehen. Mythische und Mythic Plus-Dungeons sowie Raids und weitere Tiefen-Stufen folgen erst in Woche 2 und 3 (siehe The War Within – Saison 1 und Schlachtzugszeitplan). Man kann also - ohne den bei einem Add-on-Start üblichen Druck - gemütlich seine Charaktere leveln, Khaz Algar entdecken, Berufe skillen und so weiter.
Wer es unbedingt darauf anlegt, kann in sechs bis zehn Stunden alle Hauptquests abgeschlossen und die neue Maximalstufe 80 erreicht haben. Wer dagegen die Sightseeing-Tour nimmt und gelegentliche unbekannte Ecken erkundet, Questtexte liest, gelegentliche Nebenquests mitnimmt und sich von jedem Blümchen und jeder Schatzkiste ablenken lässt, wird locker das drei- bis Fünffache an Zeit für Stufe 80 benötigen, wenn nicht mehr. Die Quests der Hauptkampagne allein reichen übrigens nur bis etwa Stufe 78, man sollte also die eine oder andere Nebenquest und Instanz mitnehmen. Alternativ: Nach Abschluss der Hauptkampagne werden die Worldquests zugänglich, die werfen ebenfalls ordentlich EP ab.
Das Leveln und die Hauptkampagne fallen in The War Within deshalb kürzer aus, um Spieler zufriedenzustellen, die das Ganze eher als eine lästige Angelegenheit ansehen, weil für sie das wirkliche Spiel erst auf Maximalstufe anfängt - das kann man also entweder gut oder schlecht finden. Gerade Lore-Fans befürchten bei einer kürzeren Kampagne Abstriche beim World Building, doch keine Sorge: zum einen wird die Hauptkampagne wirklich gut und zielführend ohne große Ablenkungen erzählt und zum anderen gibt es ja noch die Nebenquests - und meine Güte, die nehmen einfach kein Ende.
Zugegeben, ich lasse mich ständig von den unzähligen Rare-Mobs, Events und Rätseln ablenken und schwirre wie ein fleißiges Loot-Bienchen von Blume zu Schatzkiste zu Blume zu Schatzkiste und vergesse dabei schon mal eine halbe Stunde, dass ich eigentlich eine Quest abgeben wollte. Trotzdem queste ich mir nun seit Early-Access-Start einen Wolf und ich bin mit den Nebenquests immer noch erst in Zone 3 unterwegs. Früher oder später stellt man sich unweigerlich die Frage, ob sie je ein Ende nehmen wollen. Man sollte sie aber trotzdem nach und nach erledigen, denn hierüber erfährt man sehr viel über Khaz Algar und seine Bewohner und bekommt viel Ruf für die neuen Fraktionen.
Man ist übrigens nicht dazu gezwungen, alle Quests mit dem Hauptcharakter zu erledigen, denn dank der neuen Kriegsmeute ist der Spielfortschritt jetzt accountübergreifend – Twinks können also direkt dort weitermachen, wo man mit dem Hauptcharakter aufgehört hat und umgekehrt. Trotzdem ist es ratsam, die Hauptkampagne erst einmal mit einem Charakter abzuschließen und Stufe 80 zu erreichen, denn dadurch lässt sich die Kampagne mit Twinks überspringen und man erhält Zugang zu den Weltquests. Außerdem bekommt man für jeden 80er einen +5 % EP-Buff, der das Leveln nochmals beschleunigt.
Apropos unbeschwertes Leveln: Große Probleme habe ich bislang bisher nicht festgestellt. Einzig, wenn man von Displacement-Fähigkeiten getroffen wird – beispielsweise von den verstrahlen Blumen, die einen wegstoßen – und in der Luft die Leertaste hämmert, kann es vorkommen, dass man von Server fliegt. Zudem ist das Auktionshaus wie bei jedem Add-on-Start übervoll und reagiert relativ träge, was sich aber bald von selbst geben dürfte. Gelegentlich stößt man auch mal auf kleinere Bugs – mal reagiert ein Questgeber nicht sofort, einmal war eine Quest auf Englisch statt auf Deutsch, mal steckt eine Blume / Schatz unerreichbar unter einem Felsen – aber nichts Weltbewegendes. Lags gab es bislang auch kaum; nur zwei / drei Mal waren Lags zu bemerken, wenn beim stündlich stattfindenden Community-Event „Theatertruppe“ besonders viele Spieler unterwegs waren.
Einer für alle - alle für einen: Die Kriegsmeute ist mein persönliches Highlight
Die Kriegsmeute (Warband) ist definitiv eine der größten und wichtigste Neuerung der letzten Jahre in WoW. Schon seit Ewigkeiten beschwert sich die Community (zurecht) darüber, dass man mit jedem Charakter jede Quest, jede Ruf-Fraktion, jeden Spielfortschritt etc. immer wieder aufs Neue erledigen muss und sich die eigenen Twinks wie fremde Charaktere anfühlen (Stichwort „ich muss mir selbst Post schicken“ etc.). Im Hinblick auf solche Komfortfeatures hinkte WoW seiner Konkurrenz über die Jahre immer weiter hinterher, doch mit der Kriegsmeute hat Blizzard endlich einen riesigen Schritt in die richtige Richtung gemacht und auf ein Accountweites System umgestellt.
Die „Kriegsmeute“ hört sich zunächst wie eine einzelne Funktion an, doch unter diesem Oberbegriff sind viele verschiedene Features gebündelt. Dazu gehört der neue Charakterauswahlbildschirm, die Kriegsbeute-Bank, Accountweite Erfolge, Kriegsbeute-Gegenstände, Übertragbare Währungen, eine nun Rüstungstypunabhängige Transmog-Sammlung, Accountweite Kartenaufdeckung und Flugpunkt-Freischaltung, Accountweiter Tiefen-Fortschritt und noch ein paar weitere Dinge. Hätte ich das nur alles schon vor 10 Jahren gehabt! Ich fühle mich fast so, als wenn ich beim WoW-Autohändler die Aufpreisliste in die Hand genommen und bei jeder Extrafunktion den Haken gesetzt habe!
Der wohl wichtigste Komfortfaktor der Kriegsbeute ist die Kriegsbeute-Bank. Das sind neue Bankfächer, die man einmalig pro Account (nicht Charakter) bei einem Bank-Angestellten erwirbt. Bis zu fünf Reiter mit jeweils 98 Plätze sind möglich, wobei der Preis für jeden Reiter immer weiter steigt (Tab 1 = 1.000 Gold, Tab 2 = 25.000 Gold, Tab 3 = 100.000 Gold, Tab 4 = 500.000 Gold und Tab 2.500.000 Gold). Der Vorteil: Jeder Charakter des Accounts hat Zugriff auf die Kriegsbeute-Bank. Damit sind die Zeiten, in denen man Items per Post an den Twink schickt, endlich vorbei. Mit einem Klick kann man sämtliche Kriegsbeute-Gegenstände aus dem Charakter-Inventar einlagern und mit anderen Charakteren verwenden.
Das funktioniert auch mit Handwerksmaterialien für Berufe. Sprich: auf der Kriegsmeuten-Bank gelagerte Rohstoffe werden automatisch beim Herstellen verwendet. Einzig bei Handwerksaufträgen, bei denen man selbst die Rohstoffe stellt, klappt das (noch) nicht. Über die Kriegsbeute-Bank-Einstellungen lässt sich auch definieren, in welchen Reiter welche Art von Gegenständen eingelagert werden sollen. Über eine kurze Questreihe kann man zusätzlich einen Zauber mit zwei Stunden Abklingzeit erlernen, mit dem man sofort und von überall Zugriff auf seine Kriegsbeute-Bank bekommt.
Wer gerne twinkt, wird sich auch über die Kriegsbeute-Gegenstände freuen. Hierbei handelt es sich um Items, die nicht mehr Charakter-, sondern Accountgebunden sind und sich bequem an Zweitcharaktere weitergeben lassen. Bekommt man als Magier etwa einen Stab, den man aber wegen eines bereits besseren Items nicht anlegen will, kann man ihn einfach an seinen Priester, Hexenmeister, Druiden etc. weiterreichen. Man kann auch Loot, den man wegen der Rüstungs-/ Waffenklasse nicht tragen kann, an Twinks verteilen. Diese Funktion befindet sich noch im Aufbau, funktioniert aber bereits bei zahlreichen Items (insbesondere Catch-Up-Gear bei Events). In Zukunft sollen Kriegsbeute-Gegenstände auch in Raids, Dungeons, Tiefen und so weiter droppen.
In diesem Zusammenhang sollte man auch gleich noch die nun Rüstungstypunabhängige Transmog-Sammlung erwähnen. Transmoger konnten bislang nur die Items in der Sammlung freischalten, die ihr Charakter auch tragen konnte. Hat man als beispielsweise im Geschmolzenen Kern das T1-Set wegen Style-Need gefarmt, musst das jede Klasse für sich machen. Gedroppte Rüstungsteile von anderen Klassen waren nutzlos. Das hat sich jetzt geändert, nun landen alle Transmogvorlagen von allen aufgelesenen Items in der Sammlung, egal welcher Klasse oder Rüstungsart sie angehören. Ein „Big W“ für alle Stylisten in WoW.
Die neuen Tiefen (Delves) bringen endlich Endgame-Content für Solo-Spieler aber auch Gruppen
Wenn es darum geht, Instanzen lieber in Gruppen oder Solo zu absolvieren, ist mir ersteres zwar lieber, aber nicht jeder denkt so. Gruppen haben zudem auch immer das organisatorische Problem. Genau dafür haben die Entwickler nun die „Tiefen“ eingeführt. Es ist eine ganz neue Art von „Mini-Dungeons“, die in der Regel nur zehn bis 15 Minuten in Anspruch nehmen und entweder Solo oder in einer Gruppe mit bis zu 4 weiteren Spielern absolviert werden können. Sie sind so etwas wie eine Mischung aus Szenarien, Dungeons und Torghast. Ja, Torghast. Bevor ihr jetzt aber kreischend in Panik ausbrecht, lest erst weiter.
Insgesamt gibt es zum Start von TWW 13 Tiefen und jede davon hat ein eigenes Setting mit zugehöriger Geschichte und entsprechenden Aufgaben, die man erledigen muss. Für jede Tiefe gibt es verschiedene Aufgaben, die für Abwechslung sorgen sollen. In der Regel kommt auch noch eine individuelle Dungeon-Mechanik hinzu, die man beachten muss. Beispielsweise muss man Kerzen oder Totems tragen, um Gegner sehen zu können oder gegen giftige Dämpfe immun zu sein, Luftblasen sammeln, um unter Wasser atmen zu können, Wurfhaken für die schnellere / leichtere Fortbewegung nutzen und so weiter.
Stellt man kein vollständiges 5er-Team für eine Tiefe auf, wird man automatisch von einem NPC begleitet (in Season 1 ist das Brann Bronzebart), der wahlweise die Rolle eines Heilers oder Schadensausteilers einnehmen kann. Dieser Begleiter ist eine starke Stütze im Kampf und hat mir schon mehrmals den schuppigen Hintern gerettet. Er verfügt nicht nur über eigene Fähigkeiten, die sich im kleinen Umfang anpassen und durch in Tiefen gefundene Items verbessern lassen, sondern auch über nützliche Talente außerhalb des Kampfes. Er kann etwa ein Lagerfeuer zum Regenerieren aufstellen, Rohstoffe wie Erze / Blumen / Leder abbauen (auch wenn man selbst den Beruf nicht hat), Schätze und versteckte Objekte aufdecken und so weiter. Der Begleiter gewinnt bei der Erkundung der Tiefen auch Erfahrung und steigt Stufen auf, wodurch er stärker wird und neue Fähigkeiten erlernen kann.
Hat man sich seinen Begleiter zu Beginn zurechtgebastelt, macht man sich daran, die Gegner zu erledigen, die jeweiligen Aufgaben zu erfüllen und Rätsel zu lösen, die des Weges kommen. Das können vielerlei Dinge sein: Gegner töten, Questgegenstände sammeln, Verbündete heilen oder befreien und so weiter. Unterwegs entdeckt man versteckte Kisten, Urnen, Mini-Games, kleine Rätsel und andere Dinge, die Buffs, Erfahrung und Ausrüstung für den Begleiter oder nützliche Dinge beinhalten. Zudem kann man mitunter die Gegebenheiten des Dungeons für sich nutzen. In den Erdwühlerminen kann man sich etwa so positionieren, dass die Gegner von den vorbeifahrenden Loren überfahren werden, was ihnen Schaden zufügt, sie zurückstößt und betäubt.
Am Ende jeder Tiefe wartet stets ein stärkerer Endgegner und sobald man ihn erledigt hat, kann man sich über die Goldhaufen und Lootkisten im Schatzraum hermachen. In Selbigen lagert alles Mögliche: Gold, Tränke, Wappen, Untermünzen (damit kann man Mounts, Pets und Cosmetic kaufen) und auch Ausrüstung. Wer einen „restaurierten Kastenschlüssel“ mitbringt, kann sogar Items abräumen, die der von M+-Dungeons gleichkommt.
Ähnlich wie M+-Dungeons oder Torghast gibt es jede Tiefe in 11 verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Am Anfang stehen nur Stufe 1 bis 3 zur Verfügung, durch die man derzeit aber einfach „durch ROFLt“. Sobald Season 1 beginnt, stehen aber mit Stufe 4 bis 11 schwierigere Versionen zur Verfügung und wie schon in Torghast muss man eine Stufe erfolgreich abschließen, um die nächsthöhere freizuschalten. Es versteht sich von selbst, dass mit steigender Tiefen-Stufe die Gegner immer schwieriger und die Qualität der Beute immer besser wird.
Wie viele hatte auch ich bei der Ankündigung der Tiefen zunächst einen leichten Anflug von Torghast-PTSD und befürchtete nutzlosen Endlos-Grind. Glücklicherweise sind Tiefen kein Torghast 2.0! Ja, es gibt ein paar Gemeinsamkeiten wie Schwierigkeits-Stufen, der verbesserbare NPC (in Torghast waren es Fähigkeiten) sowie kosmetische Belohnungen und Erfolge, doch sie sind eben auch mehr. Sie lassen sich Solo und deutlich schneller als M+ Dungeons abspulen, bieten einige Abwechslung und – das ist das Wichtigste – sie haben einen dauerhaften Nutzen, denn hier gibt es hochwertige Ausrüstung wie in M+ Dungeons. Obendrein zählen Tiefen auch für die Belohnungen der großen Schatzkammer, auch wenn man mehr Tiefen abschließen, um die Belohnungsslots freizuschalten (3 / 6 / 9 Tiefen für die drei Slots).
Neue Dungeons und die Skalierung der Schwierigkeitsgrade
Neben den Tiefen gibt es zum Start von WoW: The War Within auch wieder acht neue Dungeons in den bekannten Schwierigkeitsstufen Normal, Heroisch, Mythisch und Mythisch+ (vier davon sind in der Season 1-Rotation). Jeder Dungeon hat sein eigenes Setting passend zur Zone und Geschichte in der er sich befindet und in der Regel auch eine ganz eigene Mechanik, die es zu beachten gilt. Im Kobold-verseuchten „Dunkelflammenspalt“ sollte man beispielsweise immer in der Nähe der Lichtquelle bleiben, da im Dunklen die Leere lauert, und in „Die Morgenbringer“ gilt es das neue Flaggluftschiff der Arathi zu verteidigen, wobei das eigene Flugreittier im Kampf zum Einsatz kommt. Insgesamt sind alle Dungeons recht abwechslungsreich und sollten sich gut ins M+-System einfügen.
Dass die Entwickler die Zeit der Spieler in TWW mehr schätzen wollen, merkt man den Dungeons ganz speziell an, denn die fallen deutlich kürzer aus als in Dragonflight. Die Hälfte der TWW-Dungeons hat nur noch drei Bosse, die andere Hälfte vier; und der Weg dazwischen ist merklich kürzer geworden, sodass Dungeons insgesamt nicht mehr so viel Zeit fressen. Das dürfte vor allem M+-Spieler freuen und ist im Hinblick aufs Ausrüstungsfarmen und die große Schatzkammer ein großer Pluspunkt.
Auch an die Skalierung der Dungeon-Schwierigkeitsstufen haben die Entwickler stark Hand angelegt. Während normale Dungeons unverändert bleiben, entsprechen heroische Dungeons in TWW nun in etwa dem früheren mythischen Schwierigkeitsgrad. Mythische Dungeons gleichen dafür dem Schwierigkeitsgrad von M+ 10-Dungeons und M+ Stufe 0-Dungeons entsprechen jetzt einem M+ Dungeon der früheren Stufe 11. Diese Änderungen gefallen nicht jedem, ich finde sie aber gut, denn so werden heroische und mythische Dungeons nicht nach ein, zwei Wochen obsolet. Man wird dort jetzt deutlich mehr Zeit verbringen (müssen), ehe die Ausrüstung für M+-Dungeons Ready ist. Hinzu kommt, dass man mehr Zeit hat, sich mit den Instanzen und ihren Bewohnern vertraut zu machen, denn es gibt in heroischen und mythischen Dungeons ja keine lästigen Timer und keine Affixe. Übrigens werden Mythische Dungeons nun täglich zurückgesetzt und nicht mehr wöchentlich (= mehr Ausrüstung).
Appropos M+-Affixe. Auch hier wurde ordentlich geschraubt und nachdem die ersten Versuche neuer Affixe auf heftige Kritik gestoßen sind, wurden am Ende - mit Ausnahme von „Verstärkt“ und „Tyrannisch“ - alle alten Affixe rausgeworfen. Stattdessen läuft es nun so: Ab M+ 2 sind wöchentlich wechselnd „Xal’ataths Handel: Aszendenz“ oder „Xal'ataths Handel: Raserei“ aktiv. Das sind sogenannte „Kiss/Curse-Affixe“, die entweder die Spieler oder die Gegner buffen – je nachdem, ob man sie richtig oder falsch spielt. Ab der M+ Stufe 4 kommen im wöchentlichen Rhythmus die unveränderten Affixe „Verstärkt“ oder „Tyrannisch“ hinzu. Ab M+ 7 wird „Tücke des Herausforderers“ aktiv, wodurch bei jedem Spieler-Tod 15 Sekunden (statt 5 Sek.) vom Dungeon-Timer abgezogen werden. Ab M+ 10 sind „Verstärkt“ und „Tyrannisch“ beide zugleich aktiv und auf Stufe 12 ersetzt „Xal'ataths List“ das Stufe 2-Affix und bufft Schaden und Lebenspunkte aller Gegner im Dungeon um weitere 20 %.
Das sind ziemlich umfassende Änderungen, die sich in der Praxis (auf dem PTR) aber deutlich angenehmer spielen als solch verhasste Affixe wie „Anstachelnd“, „Blutig“, „Wütend“ oder „Platzend“, die stets als Behinderung statt erhöhter Schwierigkeit wahrgenommen wurden. Es ist aber auch Tatsache, dass hohe Keys in TWW deutlich fordernder sind. 20+-Keys werden nicht mehr so schnell in Reichweite sein.
Charaktere und ihre überarbeiteten Talente und Heldentalente
Die 13 Klassen mit ihren insgesamt 39 Spezialisierungen sind und bleiben eine der größten Baustellen in WoW. Wie üblich zum Start eines Add-ons sind die Zahlen nicht besonders aussagekräftig, denn es wird locker noch die ersten drei Wochen dauern, bis Blizzard die Ausreißer und Underperformer auf dem DMG-Meter mit Patches halbwegs eingefangen hat. Das war schon immer so und wird auch in TWW nicht anders sein.
Wie dem auch sei, die Klassen dürften mit TWW wohl einen großen Teil der Belegschaft beschäftigt haben, denn zum einen wurden einige Klassen / Spezialisierungen wie Mönche, Schamanen, Magier, Jäger etc. überarbeitet, zum anderen sind die neuen Helden-Talente für alle hinzugekommen. Die Revamps sind in den meisten Fällen gut gelungen, wie etwa beim Braumeister-Mönch, für den man nun keine vier Hände und zwei Tastaturen mehr braucht, um dem Button-Bloat Herr zu werden. Andere überarbeitete Klassen wie Jäger gehen gemixt hervor. Sie wurden zwar überarbeitet, spielen sich – im Fall von „Tierherrschaft“ und „Treffsicherheit“ – aber genauso wie vor der Überarbeitung, während „Überleben“ sich etwas verändert hat. Es kommt halt auch immer darauf an, welche Ziele die Entwickler verfolgt haben. Es gibt auch ein paar Verlierer: Schattenpriester und Schutz-Palas weinen derzeit noch, sind also potenzielle Empfänger von baldigen Buffs.
Wesentlich wichtiger und interessanter als die Überarbeitungen sind aber die neuen Heldentalente. Für jede Spezialisierung einer jeder Klasse stehen zwei verschiedene Helden-Talentbäume mit je zehn Talenten zur Auswahl. In vielen Fällen erübrigt sich die Wahl allerdings, da in der Praxis nur ein Talentbaum wirklich für die jeweilige Spezialisierung tauglich ist. Ein anschauliches Beispiel ist der Verstärkung-Rufer, der sich zwar zwischen den zwei Helden-Talentbäumen „Chronowächter“ und „Schuppenkommandant“ entscheiden kann, in der Praxis aber immer ersteres nimmt, da Chronowächter eindeutig auf den Verstärker und seine Fähigkeiten maßgeschneidert wurde. Schuppenkommandant würde zwar auch funktionieren, ist aber offensichtlich für Verheerung-Rufer designt und deshalb deren erste Wahl.
Das ist natürlich nicht bei allen Klassen der Fall, aber selbst dort, wo man sich zwischen zwei geeigneten Helden-Talentbäumen entscheiden könnte, wird in 99 % aller Fälle der Baum gewählt, der laut Guide den meisten DPS verspricht. Dämonenjäger haben beispielsweise zwei gute Optionen und greifen daher in M+ Dungeons lieber zum „Teufelsgezeichnete“-Helden-Talentbaum und in Raids zum „Häscher der Aldrachi“-Helden-Talentbaum – eben weil der jeweilige Baum in der Situation mehr DPS raushaut.
Wie sehr sich die Helden-Talente auf eine Spezialisierung auswirken, unterscheidet sich ebenfalls stark von Klasse zu Klassen und Talentbaum zu Talentbaum. Der Großteil der Helden-Talente ist von passiver Natur und verbessert oder verändert bereits vorhandene Talente und Fähigkeiten, um sie stärker und / oder flexibler zu machen. Es gibt auch zahlreiche Klassen-Spezialisierungen, deren Helden-Talentbäume nur aus passiven Talenten bestehen - wie etwa besagter Verstärkung-Rufer und Verheerung-Rufer - was aber nichts Schlechtes sein muss.
Um beim Rufer als Beispiel zu bleiben: Üblicherweise trifft „Desintegration“ nur ein Ziel, doch durch das Heldentalent „Massendesintegration“ kann es nun nach einem ermächtigten Zauber bis zu drei Ziele treffen. Das sieht nur ziemlich cool aus und haut massiven Schaden raus, sondern zwingt den Spieler auch dazu, auf den Einsatz seiner Fähigkeiten und Umgebung zu achten, um maximal davon zu profitieren. Noch ein Beispiel: Der normalerweise in einer geraden Linie ausgeführte „Tiefe Atem“ wird durch das Heldentalent „Geschmeidigkeit“ steuerbar, wodurch jetzt nicht mehr alle Gegner zwingend in einer Reihe stehen müssen. Beides passive Talente, die aber durchaus viel Spaß machen und sich auf die Spielweise auswirken.
Es müssen nicht immer neue Fähigkeiten sein, sonst braucht man bald wieder eine zweite Tastatur. Die Talente müssen nur einfach Spaß machen und sich auch beim Spieler (DPS-Meter) bemerkbar machen und genau das tun die Heldentalente. Natürlich gibt es aber auch ein paar aktive Helden-Fähigkeiten, die die Rotation einer Klasse / Spezialisierung beeinflussen können. Beispielsweise „Welken“ und „Böswilligkeit“ bei Hexenmeistern, „Erhabende Leitung“ bei Mönchen oder „Führung des Lichts“ Palandinen.
Was mir bei den Helden-Talentbäumen etwas Sorge bereitet ist, wie es mit ihnen in Zukunft weitergehen. Wir hatten die Situation ja bereits in der Vergangenheit, dass mit jeder Erweiterung neue Talente hinzugekommen sind, bis es am Ende einfach zu viele waren. Ich hoffe, die Entwickler belassen die Anzahl der Heldentalente zumindest für die drei Teile der Weltensaga so, wie sie ist, und arbeitet lieber daran, diejenigen, die nicht gewählt werden, interessanter / besser zu machen. Davon abgesehen sind die Helden-Talente eine durchaus tolle Ergänzung für die Klassen.
World of Warcraft: The War Within - Fazit
Mit World of Warcraft: The War Within geht Blizzard den mit Dragonflight eingeschlagenen Weg konsequent weiter und verbessert viele der bewährten Systeme, wie etwa das überarbeitete Berufe-System, die Arbeitsaufträge oder das Drachenreiten (jetzt Himmelsreiten). Es gibt aber auch viele wichtige Neuerungen wie das beschleunigte Leveln, Crossrealm-Gilden und Raidgruppen oder die Kriegsmeute, die eine Vielzahl von Komfortfunktionen mitbringt, die sich die Community schon seeehr lange wünscht.
Die Story von The War Within nimmt einen vom ersten Moment an mit und entfaltet sich im Verlauf zielgerichtet auf die wichtigen Ereignisse und Charaktere. Dadurch ist die Kampagne zwar etwas kürzer, aber auch leichter verständlich, schließlich gibt es nicht zig offene Baustellen. Für das tiefergehende World-Building sorgen indes eine nicht enden wollenden Flut an Nebenquests und Nebenschauplätzen, die die vier neuen und wunderschönen Zonen sowie ihre Bewohner beleuchten. Unbestritten hat sich das Arts-Team wieder ordentlich reingehängt. Die neuen Zonen sehen wunderschön, detailverliebt und lebendig aus und es gibt an jeder Ecke etwas zu entdecken. Props gehen auch ans Sound-Team raus, denn die Musik und neuen Soundeffekte (z.B. beim Verzaubern) tragen hervorragend zur Stimmung bei.
Die neuen Heldentalente integrieren sich in den meisten Fällen exzellent in die Klassenfantasie und Kampf-Rotationen, auch wenn die Wahl des Heldentalent-Baums oft nur eine logische Entscheidung zulässt. Im Endgame hat sich auch viel getan: Für PvP-Spieler gibt es unter anderem die lange erwarteten Solo Rated Battlegrounds und M+ Spieler dürfen sich über die nun deutlich kürzeren Dungeons sowie die überarbeiteten Affixe freuen. Zudem sind die neu eingeführten Tiefen eine starke Ergänzung zu den Raids und Dungeons sowie eine echte Alternative für alle Nicht-Raider und diejenigen, die den stressigen M+ nichts abgewinnen können.
Kurzum: World of Warcraft: The War Within hat einen starken Start für die Weltensaga hingelegt. Wenn die Entwickler so weiter machen, könnte das dreiteilige Epos tatsächlich das von Chris Metzen erwähnte „Crescendo von 20 Jahren WoW“ werden. Falls ihr also in letzter Zeit mit dem Gedanken gespielt habt, WoW auszuprobieren oder wieder zurückzukehren, wüsste ich keinen besseren Zeitpunkt, als jetzt zum Start von TWW. Und jetzt entschuldigt mich, es warten noch jede Menge Nebenquests auf mich.
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