World of WarCraft: Warlords of Draenor - Ein erster Blick in die Beta
Großes Potenzial, aber noch einige Baustellen.
Seit knapp zwei Wochen ist die Beta von Warlords of Draenor nun für die ersten Tester offen - Zeit, einen ersten Blick auf das Werk zu riskieren. Gleich vorweg: Noch lässt sich nicht allzu weit nach Draenor vorstoßen - nur der Startbereich rund um das dunkle Portal im Dschungel von Tanaan und die erste Zone, Frostfeuergrad, sind bespielbar. Zudem ist die Höchststufe für PvE momentan auf 92 begrenzt und ein spieletaugliches Balancing gibt es auch noch nicht wirklich. Einige 92iger mähen ohne größere Probleme Stufe-100-NPCs nieder, während sich andere an gleichstufigen Mobs schwertun.
Das mag sich zwar jetzt vielleicht so anhören, als ob es noch nichts zu sehen gäbe, doch dem ist nicht so. Viele Dinge sind zwar noch nicht vollständig freigeschaltet oder erreichbar, doch für einen ersten Einblick reicht es locker aus. Dieser erste Ausflug in die Beta dreht sich daher um die neuen Charaktermodelle, die überarbeiteten Fähigkeiten, die von Stufe 91 bis 100 hinzukommenden „verbesserten Fähigkeiten" (Perks), das Questsystem und die Garnison. Dabei geht es weniger um spezifische Details, wie beispielsweise Fähigkeiten, sondern eher um das generelle Spielgefühl. Vermisst man durch die Überarbeitung der Fähigkeiten etwas? Quält man sich bis zur Höchststufe wieder durch langweilige Quests etc.
Neue Charaktermodelle
Eine der größeren Neuerungen in WoD sind die überarbeiteten Charaktermodelle, die Blizzard schon seit Monaten immer wieder vorstellt. Wie die überarbeiteten Figuren aussehen, ist bereits allgemein bekannt. Die Frage lautet daher eher, bemerkt man das beim Spielen auch? Nach Tagen in der Beta komme ich zu dem Schluss, es kommt auf die Kameradistanz an und darauf, welcher Tätigkeit man nachgeht. Aus der Nähe und bei unspektakulären Tätigkeiten wie Reiten, Blümchen pflücken oder Relikte ausbuddeln ist es deutlich sichtbar, dass Körper und Gesichter der Charaktere nun nicht mehr so aussehen, als hätte man sie mit Muttis Bratpfanne in Form geklopft.
Auf der anderen Seite, was bringt mir das im Kampfgetümmel? Ein schöneres Gesicht ist so ziemlich das Letzte, um das ich mir sorgen mache, wenn der Boss gerade meinen Raid aufraucht. Hinzu kommt, dass man in der Regel mit einer sehr hohen bis maximalen Kameraentfernung spielt, und die meiste Zeit ohnehin nur auf Hinterkopf, Rücken und den Allerwertesten starrt. Hier fällt mir nur eines auf - endlich sind die Hörner meiner Katze nicht mehr um drei Ecken gebogen, sondern bilden einen schönen Radius. Als Fazit zu der enormen Arbeit, die sich das Team von Blizzard gemacht hat, lässt sich sagen: Die neuen Modelle stechen zwar nicht immer direkt ins Auge, aber nach etwas Spielzeit hat man sich so sehr daran gewöhnt, dass man reinen Gewissens behaupten würde, dass sie schon immer so aussahen.
Quests und Handlung
In Sachen Quests hat sich das Entwicklerteam das bisherige System geschnappt und es weiter verfeinert. So gibt es wie schon in Mists of Pandaria zahlreiche kleinere und größere Quest-Hubs quer über eine Zone verteilt, die man als Spieler im Verlauf der Handlung nach und nach abklappert. Dabei greift Blizzard großzügig auf Phasing zurück und schafft es tatsächlich, ein Gefühl zu vermitteln, als würde man die Zone nach und nach erobern und die Orc-Clans zusammenführen. Damit es nicht zu steril wirkt, begegnet man auch dem einen oder anderen Questgeber mitten in der Pampa, was häufig in netten Nebenquests und -Handlungen resultiert.
Was mit WoD neu hinzukommt, sind die Bonusquests und die Mini-Events in freier Wildbahn. Die Bonusquests werden gewöhnlich durch ein entsprechendes Symbol auf der Karte angezeigt und starten automatisch, sowie man sich dem Bereich nähert. In der Regel handelt es sich dabei um Nebenquests à la „sammle dies" oder „töte jenes", die schnell erledigt sind und mit ordentlich Gold und Erfahrung belohnt werden. Die Mini-Events werden bislang noch nicht auf der Karte angezeigt, sondern tauchen nur als zwei graue gekreuzte Schwerter auf der Minimap auf, wenn man sie - meistens per Zufall - in der Wildnis entdeckt. Auch hierbei handelt es sich um Nebenquests, die bislang in Kämpfen mit mehreren Angriffswellen oder kleinen liebevoll designten Bosskämpfen enden und mit raren Gegenständen belohnt werden.
Alles in allem schleicht sich bei den bisherigen Quests nicht das aus MoP bekannte Gefühl ein, sich von Questhub zu Questhub zu quälen, um nach und nach jeden vorkommenden Mob in der Zone einmal in den Boden zu treten. Viel mehr wird man von der Handlung von Ort zu Ort getragen und wundert sich am Schluss, dass man die Zone schon durch hat. Sicher, wer bei den Quests nur auf „Annehmen" klickt und sie allesamt so schnell wie möglich hinter sich bringt, wird auch in WoD zu dem Schluss kommen, dass sich nicht großartig etwas geändert hat. Abgesehen von ein paar tollen Ausnahmen, lassen sich die meisten Quests auf das übliche „suchen", „sammeln" und „töten" reduzieren. Wer sich allerdings etwas Zeit nimmt, um die Quest-Texte zu lesen oder die Emotes und Geschichten der NPCs zu verfolgen, wird überrascht sein, wie gut die Stimmung und Handlung von WoD rübergebracht wird. Bleibt nur zu hoffen, dass das Team das bisher Gezeigte auch in den nächsten Zonen in diesem Maße weiter verfolgt.
Überarbeitete Fähigkeiten
Erstmalig hat sich das Entwicklerteam bei einem neuen Add-on für Warlords of Warcraft dazu entschieden, die Fähigkeitenpalette von Charakteren nicht zu erweitern, sondern die Effekte von vorhandenen Fähigkeiten zusammenzuführen bzw. sie aus dem Spiel zu entfernen und anderweitig zu kompensieren. Wirft man einen spontanen Blick ins Zauberbuch, stellt man zwar kaum einen Unterschied fest, den bemerkt man jedoch sofort, nachdem man alle für die jeweilige Talentspezialisierung wichtigen Zauber in die Zauberleisten gezogen hat.
Verwendet man zudem noch ein oder zwei Makros, ist die Zauberleiste nun kaum noch voll zu bekommen - dafür bleibt ein „leeres Gefühl" zurück und wird man ständig von Selbstzweifeln geplagt, ob man nicht doch irgendeinen Zauber im Zauberbuch vergessen hat. Vor allem Hybridklassen, die ihre Zauberleisten bislang mit einer großen Anzahl an Fähigkeiten aus allen Talentspezialisierungen füllten, werden staunen, wie übersichtlich und aufgeräumt das Interface mit drei Zauberleisten weniger wirkt. Inwieweit mein Druide seinen verlorenen Fähigkeiten nach trauert, wird sich wohl erst in den Raids zeigen, wenn es darum geht, spezielle Aufgaben effektiv zu erledigen. Bislang vermisse ich noch nichts.
Verbesserte Fähigkeiten
Da es mit WoD kaum neuen Fähigkeiten für die Klassen geben wird, das Entwicklerteam den Spielern beim Stufenaufstieg aber dennoch etwas „Neues" bieten will, wurden die „Verbesserten Fähigkeiten" eingeführt (auch als „Bonus Perks", „Draenor Perks" oder „Level Perks" bekannt). Diese Verbesserungen gibt es für jeweils neun bestimmte Fähigkeiten einer jeden Klasse und Spezialisierung und wirken sich in der Regel auf die Höhe des Schadens oder der Heilung aus, erhöhen die Reichweite oder verstärken deren Effekt in irgendeiner anderen Weise (beispielsweise erhöht „Verbesserter Pyroschlag" die kritische Trefferchance von Pyroschlag um 15%).
Welche verbesserte Fähigkeit man als Spieler beim Stufenaufstieg erhält, entscheidet der Zufall. Im Grunde spielt das auch keine große Rolle, denn auf der Maximalstufe stehen jeder Klasse all ihre verbesserten Fähigkeiten zur Verfügung. Etwas verwirrend ist die Benachrichtigung beim Stufenaufstieg, hier erhält man bislang nur die Meldung für die verbesserte Fähigkeit der aktuellen Talentspezialisierung. In Wirklichkeit bekommt man aber für jede mögliche Talentspezialisierung des Charakters eine zufällige verbesserte Fähigkeit, die jedoch logischerweise auch nur mit aktiver Talentspezialisierung verfügbar wird. Wechselt ihr beispielsweise beim Paladin von „Schutz" zu „Heilig", fallen Fähigkeiten wie „verbessertes Blocken" weg und werden durch „verbesserter Lichtblitz" ersetzt.
Einsteigerhilfe für sofortige Stufe 90 Charaktere
Ein weiterer positiver Punkt bei den Fähigkeiten und Talenten ist die Hilfe für die WoW-Einsteiger, die per Charakteraufwertung direkt auf 90 hochgestuft werden. Während sich Veteranen schnell mit ihren überarbeiteten Fähigkeiten und Talenten zurechtfinden und sie wie gewohnt aus dem Zauberbuch in die Zauberleisten ziehen werden, stehen vor allem Neulinge vor dem Problem, dass sie - trotz des nun ausgedünnten Zauberbuchs - von sehr vielen Zaubern erschlagen werden. Hinzu kommt, dass der übliche Lernprozess, den man als Anfänger im Verlauf des Aufstiegsprozesses zum Maximallevel durchläuft, durch den sofortigen Level 90 Charakter wegfällt.
Dieses Problem war dem Entwicklerteam offensichtlich bewusst, was dazu führte, dass die ersten Quests in Draenor nicht nur in die Handlung des Add-ons einführen, sondern obendrauf wie ein Tutorial funktionieren. Wer mit WoD in WoW einsteigt, fängt mit einer leeren Zauberleiste an, die sich jedoch beim Erledigen der Quests nach und nach mit den verschiedenen Arten von Zaubern füllt (Angriffs-, Verteidigungs-, Kontrollzauber etc.). Später kommen auch noch die Talente der verschiedenen Stufen hinzu, bis man schließlich nach etwa 45 Minuten Spielzeit alle Fähigkeiten und Talente freigeschaltet hat. Das kommt natürlich nicht dem erheblich längerem Lernprozess von 90 Stufen gleich, sondern ist eher ein Crash-Kurs - immerhin stehen dann ja noch zehn Stufen an, in denen die Möglichkeiten der Fähigkeiten und Talente ausprobiert werden können.
Garnison
Nach etwa einer Stunde Spielzeit - also rech zeitnah - landet man im Frostfeuergrat und beginnt mit dem Aufbau seiner eigenen Garnison. Das gilt allerdings nicht für alle Betatester, denn die Garnison hat noch mit einigen Problemen zu kämpfen, die bei vereinzelten Spielern auftreten. Das geht über fehlende NPCs bis hin zu defektem Phasing. In der Tat endete der erste Aufbauversuch meiner Garnison damit, dass mein Charakter nach einem Verbindungsabbruch vorm dunklen Portal stand, und immer wieder dorthin zurück teleportiert wurde, wenn er seine Nase auch nur ein kleines Stück davon wegbewegte. Nachdem dieses Problem aber beseitigt war, benötigte es nur drei Quests, ehe ich mich Eigentümer einer Garnison nennen durfte.
Die Garnison in WoD soll den Mittelpunkt jedes Spielers bilden, von dem aus Berufe gepflegt und neue Quests und Abenteuer in Angriff genommen werden. Bis auf einen großen Zaun, einen Flugmeister und dem Rathaus ähnelt die anfängliche Garnison aber einem Zeltlager als einer Festung. Der Auf- und Ausbau der Garnison ist nämlich ein wichtiger Bestandteil. Somit scheuche ich zunächst Peons an die Arbeit und organisiere Baumaterial und Baupläne, damit das Lager überhaupt den Betrieb aufnimmt. Ist das erledigt, liefern viele Folge- und Zonenquests die notwendigen „Garnisonsressourcen", mit denen es dann ins Rathaus zum Architektentisch geht. Selbiger ist die zentrale Anlaufstelle, um Gebäude wie eine Kaserne, eine Werkstatt, Ställe etc. zu errichten.
Das Bauschema der Garnison ist sehr leicht zu verstehen. Aus einer Auswahlliste mit mehreren Gebäuden unterschiedlicher Größenklassen (groß, mittel, klein) können an extra dafür vorgesehenen Stellen auf dem Entwurfsplan (und letztendlich in der Garnison) per Klicken und Ziehen Gebäude errichtet werden. Jedes Gebäude verschlingt dabei eine gewisse Anzahl an Garnisonsressourcen und gewährt nach Fertigstellung verschiedene Boni, die sich entweder auf die Garnison, die Garnisons-Missionen oder den eigenen Charakter auswirken. Beispielsweise reduzieren die Ställe die Chance, von einem Schlag benommen zu werden, wenn man auf einem Reittier sitzt, das Sägewerk bringt zusätzliche Garnisonsressourcen ein und die Gebäude der Kategorie „Klein"- die sich allesamt an die Berufe richten - werfen zusätzliche Handwerksmaterialien für den jeweiligen Beruf ab und erledigen Handwerksanfragen (beispielsweise das Anfertigen eines alchemistischen Handwerkstoffes).
Da die Garnison nur eine begrenzte Anzahl an Bauslots zur Verfügung stellt, sollte man sich genauestens überlegen, welche Gebäude man wirklich benötigt. Hat man sich für eines entschieden, vergehen derzeit wenige Sekunden Bauzeit, ehe das Gebäude für die endgültige Nutzung vor Ort fertiggestellt werden muss. Die kurze Bauzeit ist jedoch nur in der Beta angedacht - in der finalen Version von WoD werden es wohl 60 Minuten. Leider lassen sich momentan weder Gebäude aufwerten, noch kann man die Garnison sehr weit ausbauen - schon beim zweiten Gebäude ist Schluss. Der Bau lässt sich zwar am Zeichenbrett starten, doch selbst nach Tagen machen die Handwerker keinen Fortschritt - wahrscheinlich ist der Flughafen BER schneller fertig als mein Alchemielabor.
Garnisonsanhänger & -Missionen
Ein weiterer essenzieller Punkt der Garnison sind die Missionen, auf die ihr eure Anhänger schicken könnt. Dabei kann es sich um das Sammeln von Ressourcen/Handwerksmaterialien, das Herstellen von Gegenständen, das Erbeuten von Garnisonsverbesserungen oder Items für den eigenen Charakter handeln. Natürlich gilt es zunächst erst einmal, treue Anhänger für sich zu gewinnen. Das läuft in der Regel über Quests und Instanzbelohnungen. Mitunter suchen euch aber auch neue Anhänger von selbst in eurer Garnison auf oder werden durch das Aufwerten von Garnisons-Gebäuden angelockt.
Sowie sich ein Anhänger der eigenen Truppe anschließt, kann er fortan auf Missionen geschickt werden. Dafür ist jedes Mal ein kleiner Betrag an Garnisonsressourcen fällig. Das läuft - ähnlich wie beim Gebäudebau - über einen Befehlstisch im Rathaus der Garnison, der sich schon fast blind bedienen lässt. Man entscheidet sich für eine Mission, anschließend für den oder die Anhänger und startet den Einsatz. Für den Anfang steht nur ein Anhänger zur Verfügung, später kommen aber Dutzende Begleiter und Missionen hinzu, die eure Gefolgsleute dann mitunter auch in Gruppen erledigen müssen.
Daher wird es im späteren Spielverlauf auch immer wichtiger, die richtigen Anhänger für eine Mission auszuwählen. Dinge wie die Fähigkeiten und Stufe des Untertans, die Stufe seiner Ausrüstung, die Stufe und Eigenschaften der Mission und die Teamzusammenstellung entscheiden darüber, ob der Untergebene nach der benötigten Missionszeit erfolgreich oder mit leeren Händen zurückkehrt. Die ersten niedrig-stufigen Einsätze sind in einer halben Stunde erledigt, die Schwierigeren können aber auch mal 24 Stunden andauern - und wer will da schon von einem Misserfolg hören?
Obwohl sich Draenor derzeit nur auf einen kleinen Teil beschränkt, und noch viel Arbeit auf das Entwicklerteam wartet, um für eine Beta nicht unübliche Bugs zu beseitigen, macht das, was man bislang in dieser frühen Phase zu sehen bekommt, Lust auf mehr. Die Änderungen und Vereinfachungen der Klassen und ihren Fähigkeiten stürzen die Charaktere nicht wie befürchtet ins Chaos und benötigen höchstens eine kurze Anpassungsphase - werden aber wohl nicht bei jedem für Zufriedenheit sorgen.
Dafür scheint dem Entwicklerteam die Implementierung der Geschichte und die Vermittlung der Stimmung mehr am Herzen zu liegen, als es bei MoP oder Cata der Fall war. Die Quest-Texte und die Aktionen der NPCs vermitteln die Problematik der Clans recht gut, Berühmtheiten wie Gul'dan, Thrall, Saurfang oder Durotan geben sich die Klinke in die Hand und die eindringliche Landschaftsgestaltung trägt ihren Teil zum Spielgefühl bei. Sollte es dem Team gelingen, den bisherigen Weg weiterzugehen, hat WoD durchaus das Potenzial, WotLK oder BC als beliebteste Add-ons vom Sockel stoßen.
Leider geben wichtige Elemente wie die Garnison derzeit noch nicht allzu viel Sehenswertes her und auch die Instanzen oder PvP-Schlachten sind mangels fehlenden Balancings noch nicht ganz ausgereift. Der nächste Beta-Build wird hoffentlich einen tieferen Einblick gewähren, über den wir euch natürlich auf dem Laufenden halten.