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WRC - FIA World Rally Championship

A bit Räikkönen.

Ebenso schmerzlich vermisst wird der Shakedown, bei dem die Fahrer ihre Setups ausprobieren und die Fahrzeuge auf die unterschiedlichen Gegebenheiten der Strecke anpassen. Stattdessen verstellt ihr die Balken für Anpressdruck, Bremsbalance, Traktionsausgleich oder Federung, müsst eure Einstellung aber anschließend mühsam bereits im Wettkampf ausprobieren. Wer von der Materie keine Ahnung hat, lädt hingegen eines der Standardsetups, mit denen man auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad bei fehlerfreier Fahrt bereits die nötigen Zeiten zum Sieg erzielt. Eure eigenen Kreationen lassen sich selbstverständlich auch abspeichern, Replays wiederum noch immer nicht.

Nach einigen Spielstunden besitzt ihr die nötige Erfahrung, um zu wissen, wann Matsch und Asphalt sich abwechseln, auf welcher Strecke der Untergrund nass ist, wo ihr die Kurven nicht schneiden dürft und wo Felsen oder Bäume das Driften erschweren. Mit anderen Worten: Der Beifahrer wird nutzlos und kann deaktiviert werden, zumal er selbst bei leichten Berührungen fast an einem Herzinfarkt erliegt und bei dominierender Fahrt noch immer so tut, als würdet ihr jetzt gerade erst richtig angasen. Gleichzeitig beschwert er sich bei langsamer Fahrt, etwa mit beschädigtem Vehikel, über euren Fahrstil, wohlwissend über den Schaden.

Im Rallye-Sport lernt kein Fahrer die Strecken auswendig, was auch ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Stattdessen kommt es auf das direkte Reagieren nach Ansage des Beifahrers, auf das Anpassen an die gegebenen Umstände an. Wechselhafte Wetterbedingungen gehören dazu, doch auch diese sucht man in Milestones Spiel vergeblich. Wenn eine Strecke nass ist, dann ist sie es immer. Kein einsetzender Regen, keine verschlechterte Sicht und damit auch keine unvorhersehbare Komponente, auf die ihr euch einstellen müsst. Auch die immer mal wieder sichtbaren Pfützen am Boden scheinen euren Reifen nichts auszumachen. Auf andere, durch Probleme geplagte langsamere Kontrahenten trefft ihr ebenfalls nicht.

Mit all diesen unauthentischen Problemen kann man leben, auch weil WRC eine kleine Nische anspricht, eben die wahren Rallye-Fans, die alleine mit ihrem Fahrzeug gegen die Uhr kämpfen. Diese sind es dann wohl auch, die dem Spiel die altertümliche Grafik verzeihen. Die Autos sehen nicht im Ansatz so hübsch wie in einem DiRT 2 aus, auch die Lens-Flare-Effekte hat man so schon vor ein paar Jahren besser gesehen. Aufpoppende Texturen sind mir hingegen keine aufgefallen, lediglich der Hintergrund wirkt ein wenig unscharf, dafür passt die Weitsicht. Alles wirkt ein wenig statisch.

WRC - Trailer

Wenn – wenn! – man beim Fahren dann doch mal kurz ein paar Sekunden auf den Streckenrand wirft, entdeckt man kleinere Sehenswürdigkeiten, die der Atmosphäre beitragen und auch in der Realität die Fahrer anlächeln. Interessant ist dagegen der Mehrspieler-Bereich. Offline gibt's keinen Splitscreen, nur abwechselnd im Hot-Seat mit bis zu vier Freunden, online geht es hingegen mit bis zu 15 weiteren Spielern zur Sache – gleichzeitig. Der Clou: Alle Fahrer sind als Geist mit deaktivierter Kollisionsabfrage unterwegs. Sieht anfangs komisch aus, ist aber tatsächlich eine hervorragende Idee.

WRC – FIA World Rally Championship kann man somit durchaus als das hässliche Entlein unter den aktuellen Rennspielen bezeichnen. Es sieht nicht sonderlich toll aus, besitzt aber viele gute innere Werte, wie etwa das realistische Fahrverhalten. Gleichzeitig ist es aber auch ein unauthentisches hässliches Entlein, da trotz aller 13 WM-Läufe die Wertungsetappen nur stark gekürzt ins Spiel implementiert wurden, sodass man diese nach nur wenigen Stunden fast schon in- und auswendig kennt.

Wechselhafte Witterungsbedingungen sind dann fast schon Pflicht, auch wegen des hohen realistischen Anspruchs. Letztlich waren meine Erwartungen hoch, vielleicht zu hoch. Doch im Jahr 2010 darf man diese durchaus haben. Aber, und das ist der springende Punkt, es ist „Endlich wieder Rallye!", ganz ohne X-Games-Klamauk. „Endlich wieder Rallye!" mit viel Potential nach oben.

WRC – FIA World Rally Championship ist bereits für Xbox 360, PS3 und PC erhältlich. DLC gibt's auch schon: Eine handvoll Gruppe-B-Fahrzeuge für ganze 400 Punkte...

7 / 10

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Jens Sobotta Avatar
Jens Sobotta: Jens, angehender Germanist und seit 2002 notorischer Spiele-Kritiker und Kritisierer, liebt das NTSC-J-Format und Autos, die ganz, ganz oft im Kreis fahren.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

WRC

PS3, Xbox 360, PSP, PC

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