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WRC

Ich, mein Auto und die Strecke

Ein im Grunde nachvollziehbares Konzept, das aber noch nicht wirklich stringent umgesetzt wurde. Mal genügt ein kleiner Schlenker für die Auto-Korrektur, mal habt ihr etwas mehr Platz und könnt so zumindest vernünftig um eine Kurve driften. Apropos Driften: Das Fahrverhalten wirkte schon recht kompetent.

Dank zuschaltbarer Fahrhilfen dürften selbst absolute Anfänger ihren Spaß haben. Komplett ohne ist das Spiel ein absolutes Biest, das euch an manchen Stellen die Zornesröte ins Gesicht treibt. Besonders haarig präsentierten sich die extrem engen Fahrrinnen in Schweden. Wer hier ins Schleudern kommt, landet ganz schnell quer auf der Straße und kann sich nur per Teleport wieder ins Rennen befördern.

Ein vernünftiges Controller-Feedback fehlte leider komplett. Es rumpelt zwar etwas, wenn ihr einen Unfall baut, vom Untergrund bekommt man aktuell aber praktisch nichts mit. Auch hier versprachen die Italiener Besserung. Echte Fans sollten aber sowieso auf ein Lenkrad zurückgreifen. Zusammen mit Force-Feedback kann eine Rallye-Strecke auf diese Weise zwar in Arbeit ausarten, doch das Fahrgefühl ist, gerade in der Kombination mit einem Play-Seat, gleich mal eine ganze Ecke besser.

Die Inhalte sind zwar inzwischen alle drin, der Feinschliff und die Fehlersuche beginnen aber erst jetzt. Die finale Qualität hängt nun davon ab, wie lange sich Black Bean für diesen wichtigen Abschnitt Zeit nimmt. Schon jetzt begeisterte aber die Liebe zum Detail. So könnt ihr einstellen, wann und wie euer Beifahrer Kurven anzeigt. Ihr könnt als Profi Stunden in die Vorbereitung des Autos versenken oder als Anfänger ein vorgefertigtes Rennsetup verwenden. Auch hier versucht Black Bean, beiden Lagern Tribut zu zollen und damit eine möglichst breite Zielgruppe zu erreichen.

Es wird sogar einen Multiplayer-Modus geben. Neben simplen Hot-Seat-Rennen und einer Online-Liga unterstützt WRC auch 16 Spieler-Simultan-Rennen ohne Kollisionsabfrage. Ihr bekommt praktisch live einen Ghost auf eure Strecke projiziert. Meiner Meinung nach eine gelungene Alternative. Schließlich werdet ihr durch die sichtbare Konkurrenz angespornt, gleichzeitig auf den engen Kursen nicht behindert. Keine Ahnung, warum noch keiner auf diese Ghost-Variante gekommen ist.

Die Colin McRae-Reihe bewegt sich mit DiRT immer weiter von ihrem Ursprung weg. Unter all dem X-Games-Renn-Klamauk geht die Essenz des Rallye-Sports verloren. Der Kampf des Einzelnen gegen die Strecke, die Uhr und seine eigenen Fehler. Stattdessen wird in sinnentleerten Motocross-Rennen viel Blech aus dem Weg geräumt. Umso erfreulicher ist es, dass WRC sich auf keine Experimente einlässt. Das Spiel ist eine originalgetreue Umsetzung des Rallye-Zirkus mit all seinen Strecken, Fahrzeugen und Fahrern. Ein gewaltiges Spiel, das aber trotz Fahrhilfen nichts mit einem Arcade-Titel gemeinsam hat.

Ihr müsst euch auf das Konzept einlassen und Rallye atmen, um den kompletten Spielspaß auszuloten. Es ist ein mutiger Schritt, der den Titel weit in die Nische abtauchen lässt. Ein Spiel von Fans für Fans. Gleichzeitig gibt es noch eine Menge Baustellen. Egal ob Grafik, Fehlerbeseitigung, Fahrbahn-Feedback oder Ladezeiten, Milestone muss die vorhandenen Probleme sorgfältig aus der Welt schaffen, um einen wirklich erstklassigen Titel zu produzieren. Nur wenn ihnen dies gelingt, könnte das Experiment „Große Lizenz, kleiner Publisher" aufgehen. Und da ich Underdogs immer die Daumen drücke: Go, Go, Milestone.

WRC erscheint im Herbst 2010 für Xbox 360, PC und PS3.

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