X Rebirth 3.20 - Sind das nicht langsam genug Updates?
Houston, wir haben noch immer Probleme.
Wenn man Egosoft eines nicht vorwerfen kann, dann, dass man sich nicht um sein Spiel kümmern würde. Das verdeutlicht alleine schon ein Blick auf die Details der ganzen Patches, die seit dem Verkaufsstart für X Rebirth veröffentlicht wurden. Allerdings hatte es das Spiel auch bitter nötig, was die Patch Notes ebenfalls recht deutlich aussagen. Nun, mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung und unserem Test der Weltraumsimulation, funktioniert vieles besser, meiner Meinung nach grundlegende Probleme des Spiels konnte man mit den ganzen Patches aber wiederum nicht aus der Welt schaffen.
Ich habe damals Privateer regelrecht verschlungen. Oder später auch Freelancer. Aber X Rebirth gelingt es in keiner Sekunde, mich in irgendeiner Weise zu fesseln. Es ist ein zähes Spiel, zu zäh für meinen Geschmack. Dermaßen viele Aspekte ziehen sich einfach hin, Dinge wie Warenannahme oder der Verkauf von Gütern dauern eine gefühlte Ewigkeit. Auf dem Weg zur Erfüllung von Missionen rase ich über diverse Weltraumautobahnen und nutze Sprungtore, nur um einen Passagier irgendwo im Nirgendwo abzuliefern. Währenddessen bemühe ich mich, nicht am Steuerknüppel einzuschlafen. Ich habe mich so oft in X Rebirth gelangweilt, dass ich mich zuweilen zwingen musste, es überhaupt weiterzuspielen. Müsste ich es nicht testen, ich hätte meine Zeit mit sinnvolleren, spannenderen Dingen verbringen können.
X Rebirth will in meinen Augen schlicht zu viel erreichen. An Ambitionen ist grundsätzlich nichts falsch, man schaue sich nur mal Chris Roberts' Pläne für Star Citizen an, aber dort ist eben auch das nötige Geld in Hülle und Fülle vorhanden, um wirklich bis ins kleinste Detail an diesen Dingen zu feilen. Bei X Rebirth habe ich hingegen das Gefühl, dass man möglichst viel in das Spiel stecken wollte, aber eben das Wenigste davon gekonnt oder wirklich durchdacht umgesetzt hat. Ich habe absolut kein Problem damit, viel Zeit in ein Spiel zu stecken, allerdings sollte es mir im Gegenzug auch etwas bieten, statt mich überwiegend mit Leerlauf zur Verzweiflung zu bringen.
So viele grundlegende Elemente des Spiels sind schlicht unnötig oder halbgar umgesetzt. Die Menüs sind nach wie vor eine halbe Katastrophe, trotz eines neuen Schnellmenüs, das sich per Knopfdruck aufrufen lässt und manches erleichtert. Es ändert aber letzten Endes eben nichts daran, dass viele Menüpunkte an sich einfach unübersichtlich und unkomfortabel sind. Das schließt auch Kleinigkeiten mit ein. Warum kann ich zum Beispiel eine bestimmte Menge an Waren, die ich kaufen oder verkaufen will, nicht mit den Zifferntasten eingeben? Nein, ich muss vielmehr umständlich mit dem Mauszeiger an einem Schieberegler herumfuchteln, bis ich in etwa die gewünschte Menge habe, um sie dann noch nachträglich zu justieren.
Die Karten der Systeme und Zonen sind immer noch ein unübersichtlicher Witz, der neue Autopilot ist hingegen durchaus gut gemeint und funktioniert im Prinzip, aber wenn das Schiff dann letztlich mal einer Station oder dem gewählten Andockpunkt zu nahe kommt, fängt er plötzlich an durchzudrehen. Dann rotiert und dreht sich das Schiff in alle möglichen Richtungen, anstatt zum Beispiel eine simple kleine Kurve zu fliegen und vor dem gewünschten Ziel zu parken.
Auch das Herumlaufen in den Stationen ist weiterhin von Ödnis geprägt. Vieles sieht schlicht gleich aus, wie aus einem Zufallsgenerator entsprungen, und dann gibt es auch meist noch mehrere Andockpunkte an einer Station. Ich will nicht ausschließen, dass mir ein solches System grundsätzlich gefallen könnte, aber auch hier stört die staubtrockene Präsentation, zusätzlich will man euch noch zum Öffnen von Kisten und Spinden verleiten, nur um ein paar Rohstoffe zu sammeln. Mittlerweile lassen sich Käufe immerhin auch tätigen, ohne irgendwo zu landen, aber für die Annahme von Missionen muss ich immer noch umständlich zu einzelnen Bereichen der Station fliegen, wo diese angeboten werden. Um es kurz zu machen: X Rebirth ist insgesamt einfach unnötig zeitaufwändig. Die guten, alten statischen Bildschirme à la Privateer oder Freelancer wären mir tausendmal lieber als das, was das Spiel hier auffährt. Die beschränkten sich wenigstens darauf, das Wesentliche schnell zugänglich darzustellen.
X Rebirth ist ein Spiel, das schlicht und ergreifend sehr stark polarisiert. Ich habe mir in den letzten Tagen zusätzlich wirklich viele Meinungen dazu durchgelesen, von Fans der Serie (einer davon hatte laut Steam sogar über 1.000 Stunden Spielzeit) wie auch von scheinbar spontanen Käufern. Und ja, ihr könnt mit diesem Spiel durchaus euren Spaß haben - trotz all der Macken. Ihr müsst nur bereit sein, euch wirklich reinzufuchsen. Ihr müsst viel, viel Zeit mitbringen und über die Dinge hinwegsehen können, die ich bislang aufgezählt habe. Wenn ihr nur gelegentlich mal eine Stunde mit X Rebirth verbringen wollt, vergesst es. Das lohnt sich weder für die ebenfalls sehr zähe Story noch für das freie Spiel. Mit einem der Patches hat man immerhin noch unterschiedliche Startvoraussetzungen hinzugefügt, mit denen ihr gleich als Händler (inklusive Frachtschiff) oder Pirat durchstarten könnt, wenn ihr nicht gänzlich bei Null anfangen wollt.
Besonders die Mods machen auch den ein oder anderen Aspekt des Spiels besser, reduzieren etwa die Andockgeschwindigkeit der Frachter und dergleichen. Aber dass die Entwickler selbst nicht daran denken, hier etwas zu ändern, sagt leider ebenfalls einiges aus. Ja, die KI wurde verbessert, die Kontrolle der Flottenverbände ebenso, die Scanner arbeiten genauer, vieles ist durchaus angenehmer als zum Launch oder funktioniert nun endlich, aber dennoch fühlt sich X Rebirth heute noch an wie eine Baustelle - eine Baustelle, an der man sicher auch noch eine Weile weiter arbeiten wird. Nur ganz fertig wird sie vermutlich nie.
Zuweilen habe ich etwa immer noch massive Performanceprobleme in bestimmten System oder wenn ich wieder von einer Station abhebe. Was eigentlich schade ist, denn im Grunde ist das riesige Universum doch einer der besten Aspekte des Spiels. Es gibt so vieles zu entdecken und zu erkunden, womit ihr euch wirklich Stunde um Stunde beschäftigen könntet. Und dann sieht das mitunter auch noch richtig gut aus.
Was ich auch nie verstehen werde: wie man ein Spiel dieser Art nur auf ein einziges Spielerschiff beschränken kann. Was für ein tolles Gefühl war das, als ich mir damals in Privateer das bestmögliche Schiff leisten konnte oder in Freelancer endlich genug Geld für ein durchschlagskräftiges Schiff zusammengekratzt hatte. Das fehlt hier leider völlig. Und obendrein habt ihr noch eine nervige Kopilotin neben euch sitzen, die ihr nach mehreren Stunden vermutlich am liebsten durch die Luftschleuse in den Weltraum befördern wollt. Oder euch selbst.
Es gibt Spiele, die sind zwar komplex, aber dennoch verständlich und vernünftig zu handhaben. Und es gibt komplexe Spiele, die jedoch einfach nur kompliziert sind und es dem Spieler nicht leicht machen. X Rebirth zählt auch heute noch eher zu den Letzteren. Das Spiel hat grundlegende Probleme, die sich nicht oder nur sehr schwierig mit Patches ausmerzen lassen. X Rebirth wirkt auf mich schlicht zu überambitioniert. Möglichst viele Features zu haben, bringt am Ende leider auch nichts, wenn nichts davon wirklich perfekt funktioniert.
Bedenkenlos empfehlen kann ich das Spiel so niemandem, nicht mal den beinharten Fans der Serie. Aber gleichzeitig muss man den Entwicklern zugestehen, dass sie es mittlerweile so weit verbessert und gefixt haben, dass ihr nicht mehr zwingend von einem Kauf absehen solltet. Wenn ihr viel Zeit mitbringt, ganze Flotten und Wirtschaftsimperien aufbauen, euch um deren Verwaltung kümmern, das riesige Universum erkunden und im freien Spiel quasi eure eigene Geschichte schreiben wollt, kann X Rebirth trotz der diversen nach wie vor vorhandenen Macken genau euer Ding sein. Zählt ihr eher zu den Gelegenheitsspielern mit wenig Zeit zum Spielen, wollt euch nicht über Dinge wie umständliche Menüs ärgern oder eine gute Geschichte erleben, dann sucht lieber woanders. Hier werdet ihr nicht glücklich.