X Rebirth: Home of Light: Complete Edition - Test
Niemals aufgeben, niemals kapitulieren.
Mich graust es noch immer, wenn ich an die Release-Version von X Rebirth zurückdenke. So unfertig, so überladen, so spaßbefreit habe ich davor nur selten ein Spiel zur Veröffentlichung erlebt. Eigentlich ein Kandidat, den man direkt in die Tonne treten sollte. Aber Egosoft hat nicht einfach die Segel gestrichen, sondern den Spielern versprochen, die vielen, vielen Probleme zu beheben, die das Spiel plagten.
Dass das keine leeren Versprechungen waren, bewies man unter anderem mit Version 3.20, als wir das Spiel zuletzt unter die Lupe nahmen. Vom anfänglichen Desaster hat man sich vor mehr als einem Jahr schon ein gutes Stück entfernt und mittlerweile sind rund zweieinhalb Jahre seit der Veröffentlichung vergangen. Version 4.0 ist schon eine Weile da, mit ihr kam die Erweiterung Home of Light und nun steht das Ganze als neues Komplettpaket im Laden.
Eines hat sich seit dem damaligen Release aber leider nicht geändert: Legt ihr Wert auf eine gute Geschichte, ist X Rebirth auch im Jahr 2016 nichts für euch. Die Story fühlt sich nach wie vor träge und langweilig an, es kommt keine Begeisterung, keine Motivation auf und ihr stellt euch die Frage, ob die Entwickler manchen Einsatz wirklich ernst meinen oder selbst Spaß daran haben. Die Schicksale der Charaktere sind mir ebenso egal wie die Motive der einzelnen Fraktionen, was nun alles andere als für die Qualität spricht. Wenn es darum geht, den Spieler einzufangen und in die Geschichte zu vertiefen, versagt das Spiel schlichtweg - mal abgesehen davon, dass es hier und da immer noch vereinzelte Plothänger gibt, die mal auftreten können, mal nicht.
Nein, für die Story solltet ihr euch X Rebirth wahrlich nicht kaufen. Ansonsten sind aber die Kernmechaniken da, die man von der X-Reihe gewohnt ist: Erkundung, Handel, Kampf und was immer ihr euch so vorstellen könnt. Es ist ein Spiel für diejenigen, denen mehr der Sinn nach etwas mit einem offenen Ende steht. Wenn ihr euch zum Beispiel ein eigenes Handelsimperium aufbauen wollt, ist das möglich.
Glücklicherweise müsst ihr euch dafür mittlerweile nicht mehr durch die Story quälen, sondern wählt eine von verschiedenen Startvoraussetzungen, die euch mit einem Schiff, einer variierenden Menge an Credits und Ausstattung in den Weltraum werfen (unter anderem direkt in die neue Region von Home of Light) und dann könnt ihr eurem eigenen Riecher folgen, euch mit Handel beschäftigen, Missionen absolvieren, Pirat werden, Rohstoffe suchen und so weiter. Das Gute an X Rebirth ist, dass es wirklich verdammt viel zu entdecken gibt. So viele Systeme laden euch dazu ein, Handel zu treiben (was mittlerweile besser funktioniert), Piraten zu jagen oder eine Station zu errichten, Stück für Stück eure Macht auszubauen. Liebt ihr diese Art und Freiheit, dürfte euch das Spiel noch am ehesten Spaß machen.
Noch immer setzt man bei der Reise durch die Galaxie primär auf das nervige Highway-System, das die einzelnen Zonen und Sektoren miteinander verbindet. Jedes einzelne Mal wieder die Weltraumautobahnen verwenden zu müssen, ist nervig. Zum Glück könnt ihr euch durch eine neue Mission in Update 4.0 aber einen Sprungantrieb beschaffen, der es euch ermöglicht, zu Sprungtoren oder -bojen in einer Zone zu springen. Davon abgesehen bewegt sich euer Schiff nun längst nicht mehr so träge und langsam durchs All wie früher. Ihr bekommt endlich mal ein Gefühl dafür, wirklich am Steuer eines schnellen Raumschiffs zu sitzen und nicht hinter dem Lenker eines zum Raumschiff umfunktionierten Traktors. Leider könnt ihr aber nach wie vor nur ein einzelnes Schiff fliegen und keine anderen mit unterschiedlichen Werten oder Fähigkeiten kaufen.
Ebenso ist es nicht möglich, mehr als nur eine Waffe gleichzeitig zu verwenden. Wie ich doch die guten, alten Freelancer-Zeiten vermisse, als ich noch mehrere Kanonen auf einmal nutzen und zusätzlich dazu noch Geschütztürme installieren konnte. So wird der Angriff auf manche Gegner mitunter schon mal zum Geduldsspiel, wenn ihr unterschiedliche Waffen durchschaltet, um schnell die Schilde zu senken, bevor ihr die nächste Waffe auswählt, um der Hülle maximalen Schaden zuzufügen. Warum einfach, wenn es auch umständlich geht.
Davon abgesehen würden dem Spiel ein paar echte Nebenmissionen mit eigener Geschichte nicht schaden. Vielleicht zwei, drei Einsätze, die aufeinander aufbauen, eine spannende, interessante Erzählung vorzuweisen haben, wie es in Rollenspielen gang und gäbe ist. Aber das Einzige, was ihr absolvieren könnt, sind Missionen vom schwarzen Brett, also Eskorten, Angriffe auf Piraten, Patrouillen und solcher Standardkram, der automatisch generiert und irgendwann zur langweiligen Routine wird. Hier solltet ihr also nicht allzu viel erwarten. Aber wenn ihr gerade solche Missionen als Motivation benötigt, wird es schon kritisch.
Damals wie heute hat X Rebirth viel ungenutztes Potenzial vorzuweisen. Es ehrt Egosoft, dass sie nach dem katastrophalen Start noch so viel Liebe, Geld und Arbeit in das Spiel gesteckt haben. Das Resultat ist, dass X Rebirth zweieinhalb Jahre nach dem Launch ein deutlich besseres Spiel ist. Aber dennoch: Nach zwei großen Erweiterungen und Version 4.0 habe ich immer noch das Gefühl, dass es nicht wirklich fertig ist. Man mag die gröbsten Schwierigkeiten zwar ausgemerzt haben, aber viele grundlegende Designprobleme bleiben vorhanden. Auf die Kampagne habe ich nach kurzer Zeit schon keine Lust mehr, Bugs sind nach wie vor ein Thema, ich frage mich weiterhin, wer diese grässlichen Menüs zu verantworten hat, warum die Optimierung an manchen Orten noch immer alles andere als perfekt ist und vieles mehr. Wenn ihr diese Art von Freiheit liebt, die X Rebirth bietet, euch wirklich in das Spiel reinfuchsen wollt und über so manchen Fehler hinwegsehen könnt, findet ihr dort sicherlich so etwas wie Spielspaß. Für alle anderen gibt es mittlerweile bessere Alternativen und wir machen hiermit jetzt endlich einen Haken hinter X Rebirth.