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X4: Foundations - Das ist kein Mond ...

… das ist ein Sandkasten. Ein riesiger Hochsicherheitssandkasten.

Wenn ich mir die ideale Weltraumsimulation vorstelle, ist das entstandene Ideenkonstrukt so etwas wie die Blaupause für ein X-Spiel. Ich will herumfliegen können, aus meinem Schiff aber auch aussteigen, handeln, kämpfen und sowohl kleine flinke Jäger als auch die richtig großen Brummer spielen. Aber: "Be careful what you wish for", sagt der Amerikaner und ich merke schnell, dass diese riesige Weltraumsimulation mit all ihren Möglichkeiten vielleicht doch nicht das ist, was ich wirklich will.

Nämlich dann, wenn ich von ihrer Komplexität erschlagen werde. Mit X4 ist gerade der neueste Teil der X-Serie erschienen, der vor allem im direkten Vergleich zu seinem Vorgänger einiges gutzumachen hat. Das schaffen die Entwickler auch. Ein Fan der Reihe werde ich wohl trotzdem nicht mehr.

Noch nicht einmal eine schöne Treppe in mein Raumschiff haben die Entwickler mir spendiert. Die Aluminumleiter steht vielleicht symbolisch für die größere Zugänglichkeit von X4.

Vor allem technisch gibt es Entwarnung: X4: Foundations ist nicht ansatzweise so fehlerhaft wie X Rebirth zum Start. Klar, die Engine leistet sich hier und da Aussetzer, es gibt Clipping-Fehler und Macken wie fehlende Einträge in der internen Spiel-Enzyklopädie. Letztere wirkt wie überhaupt die gesamte Menüführung ein bisschen wie eine spielgewordene Excel-Tabelle, aber das sind vielleicht Aspekte, die die Fans der X-Reihe nicht stören, sondern die sie im Gegenteil schätzen. Verweichlicht und zugänglich - so darf ein X nun mal auf keinen Fall sein. Schön aber: Die Menüs sind in sich schlüssig, der Nutzer kann zumindest erahnen, wo sich welche Einstellung und welche Information befindet. Ein deutliches Plus gegenüber den Vorgängern, wenn das Spiel auch immer noch weit davon entfernt ist, auch nur ansatzweise zugänglich zu sein.

Sieht eigentlich ganz nett aus - und funktioniert! X4 ist weit davon entfernt, die Bug-Katastrophe zu sein, die sein Vorgänger X Rebirth war.

Lobend erwähnen möchte ich dennoch die Steuerung. Im Gegensatz zu früheren Serienteilen fühlt ihr euch hier schon zu Beginn nicht, als müsstet ihr die dutzendfach belegten Tasten eines Flugsimulators auswendig lernen, euer Schiff folgt stattdessen schön flüssig eurem Mauszeiger und ist optional auch mit einem normalen Controller oder einem Joystick spielbar - wer sowas hat und gerne einsetzt, darf sich also freuen, gerade in den Kämpfen.

Die Dogfights sind zwar serientypisch nicht der spannendste Teil von X4, wohl aber eine unterhaltsame und willkommene Abwechslung zwischen den teils langatmigen Reisen durchs Weltall. X4: Foundations kehrt nach Rebirth auch insofern zurück zu den Wurzeln der Serie zurück, als dass ihr wieder alle Schiffe bauen und steuern könnt, vom kleinen Jäger über den Transporter bis zum Träger. Auch aussteigen könnt ihr, wahlweise auf Stationen oder auch direkt im All via Raumanzug. Das kann manchmal nötig sein, um etwas zu reparieren oder ein paar Kabel miteinander zu verbinden.

Grafisch ist X4 ein recht gemischtes Paket. Raumstationen wirken schnell mal langweilig und zeichnen sich durch sich wiederholende Texturen aus, im Weltall dagegen sieht alles deutlich beeindruckender aus. Mit einer halbwegs aktuellen Grafikkarte läuft das Spiel meistens flüssig und mit 60 Frames, bei älteren Modellen hilft es, einfach ein paar Details abzuschalten, die man ohnehin nur im direkten Vergleich bemerken würde.

Kämpfe: Fühlen sich zwar nicht spektakulär an, sind aber eine nette Abwechslung zum sonst doch recht Management-lastigen Gameplay.

Am Anfang dürft ihr zwischen drei verschiedenen Startbedingungen wählen, je nachdem habt ihr zu Beginn ein anderes Schiff, später könnt ihr aber von jedem dieser Startpunkte aus alles freischalten. Eine Story-Kampagne im eigentlichen Sinne gibt es nicht, lediglich eine kurze Questreihe, an deren Ende der Spieler eine schöne Basis bekommt und ein paar zufallsgenerierte Missionen. X4: Foundations ist ganz und gar darauf ausgelegt, von seinen Fans als riesiger, spielbarer Sandkasten wahrgenommen zu werden. Gut für die Fans, blöd für mich, denn X4: Foundations ist der vielleicht unzugänglichste Sandkasten, in dem ich jemals spielen durfte. Ein Sandkasten, um den jemand Stacheldraht gewickelt und ihn mit Tretminen abgesichert hat, hinter einer riesigen Mauer aus Steuerungsoptionen und ziellosem Herumirren im Weltall.

Das Spiel bietet zwar ein paar Tutorial-Elemente an, die zu spielen ist aber reine Arbeit und nicht in irgendeiner Form in das Spiel verwoben. Stattdessen startet ihr die einfach aus einem Menü heraus, folgt den Anweisungen und habt dann eure liebe Mühe, euch das Gezeigte zu merken. 20 bis 30 Stunden Eingewöhnungszeit - das ist bei X4: Foundations keine Übertreibung, sondern Realität. Häufig habe ich mir beim Spielen alte Zeiten zurückgewünscht, in denen ich kein Internet hatte, das mich hätte ablenken können und schon gar keine anderen Spiele, sondern in denen ich einfach mal ganze Wochenenden damit verballert habe, mich in ein einziges, überkomplexes Spiel hineinzufuchsen. Es ist dieser Geist, den ihr braucht, um X4 für euch zu entdecken und ich will ehrlich sein: Ich habe diesen Geist nicht.

Das Schicksal hat mich zu dieser Raumstation geführt. Was ich hier jedoch soll, weiß ich noch nicht so recht.

Ich hätte mich wirklich gerne in diesem Universum verloren, aber ich schaffe es einfach nicht. Von Beginn an wirft das Spiel mehr Fragen auf als es beantwortet. Immer wenn ich irgendeine Mechanik begriffen hatte, froh war, endlich durch mein erstes Sprungtor zu fliegen beispielsweise, ja immer dann wirft das Spiel gefühlt zehn neue Fragen auf. Ich weiß die kleinen Belohnungen zu schätzen, die mir das Spiel gönnt - beispielsweise, wenn man endlich gelernt hat, manuell zu landen. Aber ich bin dann doch wieder genervt, weil ich die nächste Mechanik nicht verstehe und insgesamt dauert es mir einfach zu lange, bis mal sowas wie Spielfluss aufkommt.

Natürlich sind die Möglichkeiten, die auch X4 wieder bietet, unfassbar vielfältig: Unzählige verschiedene Schiffe könnt ihr kaufen, bauen und fliegen, eine ganze Flotte managen, einen Wirtschaftskreislauf unterhalten, handeln, auf Raumstationen herumlaufen. Das ist Wahnsinn und eigentlich ein feuchter Sandbox-Weltraum-Traum. Aber wenn ich nach Stunden der Einarbeitung mal einen dieser Teilaspekte verstanden hatte, wurde ich zurück auf null geworfen, weil ich vor dem nächsten wieder stand wie der sprichwörtliche Ochse vor dem Berg. Die Motivation, auf eines der steril präsentierten Tutorials zurückzugreifen war nie besonders hoch, denn X4 zu spielen, fühlt sich einfach an, wie ein sehr komplexes Instrument zu lernen. Und so scheiterte ich. Wieder und wieder. Immer wenn ich geglaubt habe, verstanden zu haben, wie etwas funktioniert oder zusammenhängt, hat mich X4 eines Besseren belehrt.

Irgendwas wichtiges ist hier gerade passiert. Nur was?

Es liegt in jedem Fall Schönheit darin, die viele Leute auch zu schätzen wissen. Es ist eine riesige, komplexe Weltraumsimulation, die will, dass ihr in ihr lebt. Die Entwickler verlangen von euch praktisch, dass ihr das nächste halbe Jahr nichts anderes mehr spielt als X4, dass ihr euch jeden Abend davor klemmt und versucht, herauszufinden, wie dieses Spiel funktioniert, nicht abgeschreckt davon, dass es auch mal viele Stunden dauern kann, bis ihr zu einem Ergebnis kommt. Ich kann das nicht, ich will in den kommenden Monaten auch noch andere Spiele sehen. Aber ihr könnt - und wenn ihr Fans der X-Serie seid, muss ich euch das eigentlich ohnehin gar nicht sagen.


Entwickler/Publisher: Egosoft/Egosoft - Erscheint für: PC - Preis: 49,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Nein


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Markus Grundmann Avatar
Markus Grundmann: Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
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X4: Foundations

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