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XBLA: Tempest & Sensible World of Soccer

Nach langer Wartezeit

Heute, so dachte ich wenigstens, wäre der Tag gekommen, um endlich den Müll rauszutragen. Seit Jahren steht hier ein Atari Jaguar rum, der wohl größte Fehlschlag einer einst großen Firma. Club Drive, Highlander CD oder dieses furchtbare Prügelspiel mit dem Typen im Schottenrock, fast keine andere Konsole zog soviel Müll an, ohne dafür ein echtes Gegengewicht an Hits zu bieten. Zumindest solange wir das CD-i nicht als Konsole zählen.

Aus einem einzigen Grund konnte ich die schwarze Raubkatze aber nicht auf die Straße setzen: Tempest 2000. Die ultimative Version eines der besten Shoot´em´Ups überhaupt. Nah am Original, aber mit kleinen Schritten aufgepeppt. Dies wäre bestimmt die Version, die auf XBLA ihre Wiederauferstehung feiern würde. Ich war mir sicher. Wie man sich doch irren kann. Die Katze bleibt im Haus. Leider.

Tempest

  • Entwickler: Atari
  • Kostenfaktor: 400 Punkte (4,80 Euro)
  • Spielerzahl: 1
  • USK: Keine Alterseinschränkung
  • Downloadgröße: 27 MB

Anfang der 80er hatte Atari eine kleine Engine für Vektorgrafik entwickelt und wollte damit Space Invaders 3D basteln. Das klappte auf dem Color-Quadra-Display nicht so recht und so entstand etwas, in dem Ihr von oben je nach Level mal in einen Tunnel, mal auf eine gewundene Ebene schaut. Euer Schiff kann sich nur am oberen Rand nach links oder rechts bewegen. Schießen tut es in die vor ihm liegende Vektorebene hinein, aus der die Aliens zu Euch aufsteigen und dabei unter Feuer nehmen.

So wandert Ihr entlang des Abgrundes und versucht die heran strömende Horde in Zaum zu halten, was sich sehr schnell sehr schwer gestaltet. Die XBLA–Version bleibt insoweit dem Original treu, nur leider war dieses mit einem Drehregler ausgestattet, der eine schnelle und vor allem präzise Kontrolle erlaubte. Und hier beginnen die Probleme. Das Handling mit dem Stick ist eine Katastrophe, die Stickwege sind zu lang. Mit dem Digitalkreuz geht es besser, mit der Genauigkeit Tempest 2000s oder dem Original kann es auch nicht konkurrieren.

Damit werdet Ihr in den späteren Stages mehr Leben aufrauchen, als es eigentlich sein dürfte und die auf Wunsch wählbare bunte Enhanced-Version rettet auch nicht viel. Im Gegenteil. Sie ist hübsch bunt und gestochen scharf in HD, nur dummerweise lebt das Spiel von Tempo und Präzision. Letzteres wird nicht besser, wenn knallige Explosionen und Effekte gelegentlich das Spiel in einen unübersichtlichen Farbenrausch verwandeln.

Diesen Vorwurf kann man sicher auch Space Giraffe machen, doch bot das eine Weiterentwicklung der simplen Idee und einen Sinn in dem Farbenregen. Ich liebe Tempest und deshalb rate ich allen anderen Süchtlingen unter Euch mittels der sehr kurz geratenen Demo zu testen, ob Ihr mit der fragwürdigen Steuerung leben könnt. Wenn ja, bekommt Ihr einen genialen Klassiker für 400 Punkte. Viel Geld für ein Spiel, das der Hersteller selbst gratis im Internet anbietet...

Wertung: 2/5

Sensible World of Soccer

  • Entwickler: Codemasters
  • Kostenfaktor: 800 Punkte (9,60 Euro)
  • Spielerzahl: 1-2 offline, 1-2 online
  • USK: Keine Alterseinschränkung
  • Downloadgröße: 68 MB

Normalerweise kümmert sich die BBC um Dinge wie Kriege, Katastrophen oder einen Skandal im Königshaus. Letzte Woche aber machte im Fußball-verrückten England eine Meldung über ein kleines XBLA-Spielchen die großen Schlagzeilen: Sensible Soccer kam, sah und ging wieder. Der Online-Modus funktionierte nicht.

Und was eigentlich nach ersten Meldungen innerhalb von Stunden gepatcht werden sollte, endete für etwas mehr als zwei Tage Tage damit, dass Microsoft das Spiel vom Marktplatz nahm. Die Stimmungslage der Fans war eindeutig: Die Foren erinnerten an eine richtig üble Südkurve nach einem ganz böse vergurkten Spiel. Aber eine gute Sache hatte das Debakel auch: Die schiere Zahl der erbosten Reaktionen zeigte gut, wie erstaunlich lebendig die Fangemeinde dieses Klassikers nach all den Jahren noch ist. Zu recht, wie ich meine.

Sollte jetzt einer von Euch etwas in der Richtung von Fifa 08 oder PES erwarten, muss er mit einem mittelschweren Optikschock rechnen. Selbst Mitte der 90er, als das Amiga und MS-DOS Original erschien, galt die schnell in alle Richtungen scrollende 2D-Draufsicht nicht gerade als zeitgemäß. Und, Halleluja, sie blieb unangetastet.

Genau wie der vor gnadenloser Action nur so strotzende Spielablauf. Sensible Soccer entfernt sich so weit von der realistischen Spielsimulation, wie es geht, ohne ins Aus zu geraten. Und deshalb macht es so viel Spaß. Innerhalb von Sekunden überqueren Eure putzigen Kopffüssler das gesamte Spielfeld, drei Pässe innerhalb von einer Sekunde und zwei Torschüsse in der nächsten. Die Kontrolle hat bei der Konvertierung nicht gelitten und mit dem Digitalkreuz seid Ihr auf dem Platz fast so sicher unterwegs wie seinerzeit mit dem Competition Pro.

Um den Bolzplatz herum wird Euch ein Soccer-Manager-Light geboten, in dem Ihr Euch Euer Traumteam bastelt und durch diverse Ligen eine ganze Saison kicken lasst. Alle Werte der Spieler hat Ihr schnell im Blick, zahlreiche wichtige Ligen von überall auf der Welt erwarten Euch und dank des umfangreichen Editors lässt sich alles in Eurer Truppe wunschgemäß anpassen. Auch die Spielernamen. Legt Euch schon mal ein USB-Keyboard bereit.

Damit Ihr nicht nur gegen die KI toben müsst, werden natürlich sowohl On- wie Offline Zweispielermodi angeboten und hier wird dann mit einem Freund am zweiten Pad wieder alles wie früher. Selbst der dezent aufgehübschte neue Grafikmodus – optional, echte Fans wählen den 96er Originalmodus – lassen schnell die letzten 10 Jahre dazwischen vergessen.

Sensible World of Soccer zeigt eindrucksvoll, dass Grafik letztendlich ein Bonus ist. Dem schnellen und ungemein spaßigen Spielablauf konnte die letzte Dekade nichts anhaben und er wird Euch für nach einer kurzen Eingewöhnung gefangen nehmen.

Wertung: 5/5

Randnotiz der Woche: Dave Theurer hatte die Idee für Tempest in einem Traum: Monster kletterten aus einem Loch auf ihn zu und wollten ihn fressen... Hier wachte er auf und schrieb einen zeitlosen Klassiker. So bescherte ein Albtraum ihm seinen ersten Porsche.

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