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Xbox-Exklusive auf Windows: Haben wir schon wieder 2007?

Diesmal ist so einiges anders.

Mit der Ankündigung, dass Remedys Quantum Break nicht nur für Xbox, sondern zeitgleich für PC erscheint, hat man es geahnt. Mit Forza und der passenden Ankündigung wurde es nun endgültig: Microsoft hat nicht zwei Plattformen, sie haben ein System, und das heißt aktuell Windows 10. Wer jetzt sagt, dass Microsoft damit die Xbox als Konsole aufgegeben hätte... nun, das kommt wohl darauf an, wie man eine Spielkonsole definieren möchte. Will man sie als geschlossenes System betrachten, das für sich steht und nur über Third-Partys mit dem Rest der Welt verbunden ist, dann ja. Die Zeiten von Mega Drive und sogar PS3 sind vorbei. Es gibt keine Hardware-Exoten mehr, nicht mal die Wii U ist wirklich einer. Alles basiert auf massenhaft verfügbaren, überall einsatzfähigen Komponenten, es gibt keine mystischen RISC- oder Cell-Chips mehr, alles ist gut dokumentierte, bekannte Technik. Es ist also kein Wunder, dass nun einer den Schritt geht und die Software vereinheitlicht. Hätten Sony oder Nintendo das weltweit am meisten verbreitete Betriebssystem, liefen ihre Konsolen schon längst darauf. Wäre Windows nicht ein sperriges Etwas, das immer einen gewissen Ballast mit sich herumschleppte, wäre die Xbox 360 wahrscheinlich schon auf dieser Plattform gelaufen.

Für Microsoft mag es also Sinn ergeben, seine wichtigste Softwareplattform mit ihrer - zumindest im eigenen Hause produzierten - wichtigsten Hardware-Plattform zu verbinden. Die Xbox One war genau dafür entworfen, jetzt wird es umgesetzt. Die wichtige Frage für uns als Gamer, vielleicht als Xbox-Fanboys - soll es ja sogar in diesem Lande geben - ist, was nun mit der wichtigsten Software, den Exklusivtiteln, passiert. Die Antwort darauf wurde gegeben. Es wird keine Xbox-Exklusivtitel mehr geben, jedenfalls halte ich das derzeit für sehr unwahrscheinlich. Es wird aber sehr wohl Microsoft-Exklusivtitel geben. Für zwei Plattformen, den PC und die Konsole, die ja nun endgültig zum PC wurde. Gears of War, Forza, Fable und am Ende wohl auch Halo - PC-ler und Xbox-Besitzer werden sich auf diese Titel freuen dürfen, da sie Microsoft- und Windows-exklusiv sein werden. Das ist ein Gedanke, mit dem sich die Xbox-ler anfreunden müssen. Oder doch nicht...?

Xbox-exklusiv und doch auf Windows? Alter Hut.

2007 kam Games for Windows Live in Fahrt. Oder so gut es jemals in Fahrt kommen sollte, was nie wirklich als Service herausragend war. Halo 2, Viva Pinata und Shadowrun sollten ein starker Startschuss sein, um die großen Xbox-Titel auch auf dem PC zu haben, auch Gears of War sollte bis Weihnachten 2007 auf den PC laufen. Das Ganze endete so schnell, wie es kam, es blieben die einzigen MS-eigenen Xbox-Exklusivtitel, die diesen Weg gingen. Also, ist das Ende Xbox-exklusiven Entwicklungen doch noch nicht da, diese Titel jetzt nur eine kurze Neuauflage des 2007er Games-for-Windows-Debakels? Möglich. Aber nicht annähernd so wahrscheinlich wie damals. Die Xbox One ist nicht im Ansatz so erfolgreich, wie es die 360 war, selbst in den USA, wo sie noch vergleichsweise gut dasteht. Die Erweiterung einer Entwicklung auf den großen PC-Mark macht den Titel automatisch erfolgreicher und die Investition lohnender. Gleichzeitig ist die Akzeptanz von Controllern und „konsolenartigen" Spielen auf dem PC dramatisch gestiegen. Vor allem aber hat sich die Vorstellung, was Spiele sind, wie sie ausgeliefert und konsumiert werden, in den letzten zehn Jahren drastisch geändert.

So wie Filme und Serien sich vom physischen Objekt immer mehr zu Content auf Diensten wie Netflix hin entwickeln, jederzeit verfüg- und abrufbar, so bewegen sich auch Spiele immer mehr in diese Richtung. Aktuell sind sie noch an eine Plattform gebunden, die entsprechende Konsole oder den PC. Die Plattform ist der physische Bezug, viel wichtiger jedoch ist ihre Bindung an einen Dienst. An Steam, mal an PSN, mal an Xbox Live oder eben Games for Windows Live. 2006 war Xbox Live noch frisch, Games for Windows Live existierte irgendwie vor sich hin und tut das immer noch. Microsoft hat als Konzern einen Hang dazu, den Anschein zu erwecken, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Und so scheint es zehn Jahre gedauert zu haben, bis Windows und Xbox mal miteinander redeten und der eine fragte, warum man eigentlich zwei Dienste für zwei Plattformen hat, die längst nicht so unterschiedlich sind. Ich denke, dass wir über kurz oder gar nicht mal so lang die Verschmelzung von Xbox und Games for Windows Live zu einem einheitlichen Dienst sehen werden. Der dann vielleicht Microsoft Games oder Windows Live oder etwas in der Art heißt.

Forza auf PC? Gerne doch! Schöne Spiele kann man noch schöner machen. Auch wenn das 'kostenlos' einem aktuell zu denken gibt. Große Marken gehen Free-2-Play? Endete selten gut. Eigentlich jemals?

Die Vorteile? Für Microsoft würde es bedeuten, dass sie von Windows auf dem PC vielleicht endlich mal etwas mehr haben, als nur die Basis für Steam zu sein. Dazu setzt es ihr Bestreben fort, alle Accounts eines Microsoft-Nutzers unter dem Microsoft-Konto zu einen, was effektiv schon längst der Fall ist und nur keinem auffällt, weil die Web-Oberfläche eine Mischung aus 2007 und einer ganz speziellen UI-Hölle ist. Ihre Spielentwicklung wäre vom Erfolg her nicht mehr allein an eine derzeit schwächelnde Plattform gebunden. Der Vorteil für euch? Keiner direkt. Erst wenn diese Spiele entweder als reiner Service existieren und nicht als plattformgebundener Kauf, ergibt es Sinn. Sony hat sein Cross-Buy für PS4 und Vita, Microsoft könnte einen Schritt weitergehen. Kauft Forza 7, egal wofür, und spielt es, egal worauf. Auf der Xbox mit schwächerer Grafik, aber auf der Couch im Wohnzimmer, wenn Freunde da sind, oder mit mehr Details auf dem hochgezüchteten PC mit gecurvten 34 Zoll am Schreibtisch. Es ist der gleiche Login, das gleiche Spiel, der gleiche Spielstand, es ist ein Service. Das Spiel läuft exklusiv. Auf Microsoft.

Die Plattform dürfte noch ein Weilchen erhalten bleiben, auch wenn sie sich innerhalb einer Generation schon weiterentwickeln könnte - so Phil Spencers Andeutungen -, was sie noch mehr in Richtung PC bewegt. Schließlich kann man auf dem eigenen Plastik die Konkurrenz aussperren. Das ist der einzige Grund, warum Amazons Geräte existieren. Wenn Microsoft es zuließe, wäre Steam sicher auf einer Xbox lauffähig, inklusive vieler, wenn nicht aller Spiele, die Controller-Support haben. Natürlich nicht mit höchsten Grafikeinstellungen, aber trotzdem. Auf dem Weg der Plattform kann sich ein kleines Biotop bilden. Apple hat ein großes Biotop, Sony ein kleines auf der PS4 und Microsoft beginnt, seines zaghaft nach außen zu öffnen, ohne gleich ganz den Teich hinter sich lassen zu wollen. Nein, das Plastik wird noch ein wenig bleiben. Aber so wie Google es schon längst praktiziert, wird der Dienst am Ende alles sein, und wenn er nicht erfolgreich ist, dann nützt die beste Konsole nichts. Dann wird es das Ziel sein, den Dienst auf allem laufen zu lassen, wo es nur überhaupt geht.

Der größte Schritt, in vielleicht weniger Jahren, als man jetzt denken mag, dürfte ein rein emotionaler sein. Microsoft hat ein paar sehr hochwertige und erfolgreiche Serien: Forza, Gears und ein paar gute Studios noch dazu. Nichts davon werden sie aufgeben. Dass diese Dinge dann nicht mehr nur unter dem Banner Xbox laufen, mag den einen oder anderen Fan des Labels innerlich aufwühlen, aber es heißt eigentlich nur, dass die Spiele, die ja nach wie vor da sind, mit mehr Aussicht auf Erfolg produziert werden können. Das wiederum rechtfertigt höhere Budgets und auch wenn die nicht immer bedeuten, dass bessere Spiele entstehen, sind es doch meist hübschere. Das wäre schon nicht schlecht. Vor allem aber können viel mehr Spieler sie erleben. Und das ist immer gut.

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