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Xbox Scorpio - Das war die Technik, zeigt mir die Studios!

Chips kann jeder. Aber auf ihnen muss mehr als Halo laufen.

Ich denke nicht, dass wir ernsthaft darüber diskutieren müssen, wer zum Ende des Jahres 2017 hin die technisch höchstentwickelte Konsole anbieten wird. Sofern Microsoft nicht seinen Produktionsplan verwerfen muss und die Scorpio erst 2018 kommt oder Sony spontan eine PS4 Pro 2 vorstellt - was sicher alle freuen würde, die gerade für 400 Euro geupgradet haben -, ist die neue Xbox zum Weihnachtsgeschäft die Konsole, die technisch alles andere versenkt, was nicht ein sehr viel teurerer PC ist. Auch ist der zumindest theoretisch mögliche Sprung bei dem, wie die Spiele aussehen können, selbst gegenüber der wirklich nicht zu verachtenden PS4 Pro so groß, dass vielleicht nicht grade ein neues Zeitalter anbricht, aber es ein echtes Verkaufsargument sein könnte.


Mehr zu der Xbox Scorpio


Dass die Xbox endlich wieder ihren rechtmäßigen Platz als das technisches Powerhouse der Generation zurückholt, freut mich natürlich - auch wenn sich hier scheinbar das Gerücht breit machte, ich wäre ein PlayStation-Fanboy. Das, was aktuell von der Scorpio bekannt ist, klingt fantastisch und lässt sogar bei mir etwas von dem "Neue-Konsole"-Hunger zurückkommen, der mir bei der Pro noch fehlte. Sicher, gutes Gerät, sinnvolles Upgrade, alles schön. Aber jetzt kommt die deutlich leistungsfähigste Konsole mit dem besten Pad der Welt. Großartig.

Jetzt hoffen wir mal, dass Microsoft nicht das Interesse verliert.

Das ist natürlich hart und klingt erst mal komisch. Wie können sie das Interesse verlieren, es ist doch die neue Xbox, ihr Flaggschiff. Aber ist es das wirklich? Für Sony - für Nintendo sowieso - ist Gaming inzwischen ein so fester und wichtiger Teil der DNS der Konzerne, dass es keine Zweifel geben kann: die oberen Führungsetagen müssen Gaming ernst nehmen. Wie gesagt, für Nintendo ist es eh das Ein und Alles, aber auch bei Sony macht die PlayStation einen so relevanten Teil aus, der auch das Gesicht des Konzerns nach außen definiert. Er kann gar nicht anders, als richtig Gas zu geben.

Richard Leadbetter präsentiert einen Überblick über die finalen Spezifikationen von Project Scorpio.Auf YouTube ansehen

Microsoft dagegen? Schaut ihr euch den Geschäftsbericht 2016 an, dann werden dort die für den Konzern relevanten Felder aufgelistet und ja, dabei geht es nicht um Dramaturgie - je wichtiger etwas ist, desto weiter oben steht es. Gaming ist der vorletzte Platz, dahinter kommt nur etwas namens Bing, das ich erst mal googlen musste, um zu wissen, was es ist. Das Wort "gaming" taucht im Bericht 33 Mal auf - wenn auch nicht unbedingt immer im Zusammenhang mit der Xbox -, "Xbox" immerhin 45 Mal - wenn auch öfter im Kontext mit "services" -, das Wort "cloud" 135 Mal, so gut wie nie im Kontext mit Spielen. Xbox fällt unter Devices und "more personal computing", wobei Letzteres auch Windows enthält, ein sehr wichtiges Produkt der Firma, wie der eine oder andere vielleicht weiß. Die Xbox ist ausgehend davon nicht ganz unwichtig, aber sie ist eben auch nicht die Priorität Nummero Uno, weit weg davon.

Microsoft ist hier...

In einer solchen Situation könnte ich mir vorstellen, dass es für den Verantwortlichen - Phil Spencer - nicht ganz leicht ist, folgenden Satz zu sagen: "Wir haben diese neue Plattform. Sie ist die Beste am Markt. Wir brauchen jetzt mindestens vier neue Studios, die wir aufbauen oder einkaufen. Sie werden Spiele machen, die über das etablierte Portfolio von Gears, Halo und Forza hinausgehen. Das kostet Summe X oder mehr. Niemand kann garantieren, dass das ein Erfolg werden wird." Ein Satz - okay, mehrere Sätze -, auf die jemand anders antworten könnte: "Ist ja alles nett, aber wir machen im Cloud-Computing und Business-Processes Summe Y, mit Deiner Summe X könnten wir ausgehend von einer recht sicheren Analyse diesen Bereich, unser KERN-Geschäft, stärken." Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass der aktuelle CEO von Microsoft mit "Mobile first, cloud first" antrat. Dieser Fokus hat sich bewegt, aber das heißt nicht, dass die Xbox auf dieser Ebene genug Einfluss gewonnen haben muss, um so viel Mut zu neuen Studios und Marken und vor allem Investitionsrisiken abzurufen.

Das ist natürlich reine Spekulation. Aber es ist keine Spekulation, dass Microsoft nicht die Entwickler zurückgewinnen muss, schlicht weil sie sie entweder nie verloren haben - Multiplattform-Entwicklungen - oder sie nie hatten, womit wir beim Kern der Frage wären: Was zeigt uns Microsoft an Exklusivtiteln auf der E3? Ein neues Halo? Ein neues Forza? Das nächste Gears? Kann sein und hat wohl auch keiner was dagegen. Gute Marken, gute Studios, gute Spiele. Aber auch Marken, die sich als das Gesicht der exklusiven Xbox etwas überlebt haben, zumindest insoweit, als dass es darum geht, neue Spieler an Bord zu holen.

...Sony hier. Was denkt ihr zieht eine breitere Gruppe an Spielern an und bietet mehr Abwechslung?

Sony hat mit The Last of Us, Until Dawn, Driveclub - mittlerweile weit besser als sein Ruf -, Horizon, Uncharted, Last Guardian und Ratchet schon eine monströse Bandbreite, wenn man nur diese paar Titel nimmt. An jedem Teil des Spektrums wird irgendwo ein Gamer abgeholt, der an dem anderen Ende der Skala kein Interesse hat. Bei Microsoft? Entweder seid ihr für die Rennspiele da - schon lange kein so entscheidendes Genre mehr, wie es das mal war - oder ihr mögt SciFi-Shooter. Das reicht nicht mehr. Nicht, um den Platzhirsch herauszufordern. Dazu kommt noch, dass derzeit Japan gerade seine neue Renaissance feiert und das praktisch exklusiv auf der PS4. Noch ein Feld, dass die eine Konsole abdeckt und die andere nicht.

Ich hoffe inständig, dass uns Microsoft auf der E3 diese neuen Studios zeigt, die Spiele, die sie in absehbarer Zeit schaffen werden und dass es nicht schon wieder SciFi-Shooter sind. Ich mag meine Xbox wirklich, ich liebe schon jetzt die kleine Technik-Wunderkiste, die die One S ist. Wenn jetzt noch das technische Meisterstück des Jahres 17 in Verbindung mit dem besten Controller aller Zeiten - Elite - zusammenkommt, dann ist das ein konsolentechnischer High-End-Nerdgasm, wie es ihm seit dem Dreamcast nicht mehr gab. Und selbst Segas letzter Versuch, an der PlayStation zu rütteln, hatte mehr exklusive Spiele-Bandbreite, als es die Xbox aktuell bieten kann.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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