Xenotilt im Test: So muss das aussehen, wenn man beim Flippern auf Realismus pfeift!
„Wie viele Effekte könnt ihr gleichzeitig anzeigen?“ „Ja.“
Alter Schwede! Was hier an FpS (Farben pro Sekunde) aufs Bild geknallt wird, sucht im Bereich der Flipper seinesgleichen. Wo anderen Simulationen des Silberkugel-Schnipsens das akkurate Nachstellen der Wirklichkeit am Herzen liegt, greift Xenotilt mit beiden Händen in die Effektekiste, greift kräftig zu und verteilt den gesamten Inhalt dann wie auf einer Konfettiparty im gesamten Raum.
Denn wann immer man ein Ziel trifft… und in Anbetracht des mit Targets, Rampen, Bumpern und sonstigen Objekten vollgestopften Tischs ist es fast unmöglich, das nicht zu tun. Wann immer die Kugel also irgendwo dagegen stößt, regnet es eimerweise Farben, Punkte oder Explosionen.
Sogar der Farbton der Umgebung ändert sich durch bestimmte Auslöser. Der Ball wird quer über den Tisch teleportiert, die Köpfe der zentralen Ziele schreien unter Schmerzen auf, sie starten Raketen und andere Geschosse, die man daraufhin sogar abschießen kann – entweder mit der Kugel selbst oder durch Maschinengewehre sowie Laser, die man aktiviert, indem man die Kugel auf einem Hebel festhält und den Tisch tiltet.
Zugegeben: Der Übersicht tut das nicht immer gut. Tatsächlich habe ich das Wackeln des Bildes abgeschaltet und ein paar weitere Abstimmungen vorgenommen, um den Ball halbwegs zuverlässig im Blick zu behalten. Auch die Darstellung des dicken „Kondensstreifens“ hinter der Kugel ist im Grunde unverzichtbar, wenn man rechtzeitig sehen will, wann ein Flipperhebel zum Kick ansetzen muss.
Spätestens beim frenetischen Multiball ist es nicht gerade hilfreich, wenn man gar nicht sieht, was die oberen Kugeln gerade tun. Der Tisch ist nämlich so hoch, wie es sonst drei wirklichkeitsgetreue Tische wären, wobei es auf jeder Ebene mindestens zwei, meist vier Hebel gibt, was beim Multiball natürlich eine zusätzliche Herausforderung darstellt. Oft reagiert man daher eher als zu taktieren.
Trotzdem ist es ein Fest! Zumal der Soundtrack in schwungvoller Retromanier den Takt vorgibt, während die Ansagerin frappierend und mit Sicherheit nicht rein zufällig an den grandiosen The Machine: Bride of Pin-Bot erinnert. Dabei kann ich normalerweise mit unrealistischen Flippern gar nichts anfangen. Fragt nicht, wie ich am Anfang auf den Vorgänger Demon’s Tilt reagiert habe. Williams wollte ich sowie Bally, Gottlieb, Stern und sonst nichts. Doch irgendwas hat mich irgendwann dann doch so fasziniert, dass ich immer häufiger mal den virtuellen Nachbauten echter Flipper fremdgegangen bin.
Und spätestens bei Xenotilt hat es dann Klick gemacht, als es noch im Early Access war. Dabei ist der vor einigen Tagen als Version 1.0 veröffentlichte Nachfolger noch schneller; noch unrealistischer, wenn man so will. Er lässt kaum Pausen, um mal durchzuatmen. Nur fehlen mir die auch gar nicht. Sicher: Durch die verhaltene Übersicht steht das Reaktionsspiel stärker im Vordergrund als die Herausforderung an Präzision und Timing. Letzteres ist aber dennoch gefragt und auch die grundlegenden, nicht gerade komplexen Abläufe sollte man verinnerlichen.
Immerhin muss man die zentralen Ziele – verschiedene an Science-Fiction sowie den Horror angelehnte Kreaturen bilden den Mittelpunkt auf allen drei „Etagen“ – zerstören und gleichzeitig Multiplikator und Punkteserien nach oben treiben beziehungsweise den Kombozähler am Laufen halten. Die Kreaturen verändern sich sogar, nachdem sie oft genug getroffen wurden, sodass man sie erneut anschießen muss. Man sackt einen gigantischen Ultra Jackpot ein, aktiviert mehrstufige Perks und schaltet Charaktere frei, mit denen Geschütze automatisch feuern oder bestimmte Aufgaben erleichtert werden und so weiter.
Im EX-Modus wird man außerdem auf drei externe Spielfelder transportiert, wo man unterschiedliche Minispiele bestehen muss. Das ungewöhnlichste davon dürfte ein Billardtisch sein, auf dem man zur Abwechslung eine erfrischend ruhige Kugel schiebt. Außerdem gibt es einen Modus, in dem ständig die Zeit abläuft, sodass man schon deshalb den Ball am Rollen halten sollte, und eine Hardcore-Variante mit nur einem Ball sowie verkürzten Hebeln.
Ganz ehrlich: Mit Pinball FX könnt ihr mich inzwischen jagen. Zen baut ordentliche Flipper und versteht sich vor allem auf das Simulieren der Physik. Die selbst designten Tische des Studios gehören für mich allerdings zum Langweiligsten, das es in diesem Bereich gibt – was unter anderem daran liegt, dass Zen sie mit einfach gemachten Videospiel-Effekten verziert, anstatt eine coole audiovisuelle Show zu choreografieren, wie es nicht nur die Hersteller der echten Tische, sondern auch die Designer der Pro-Pinball-Serie getan haben.
Im Gegensatz dazu versucht Xenotilt erst gar nicht, irgendwie real zu sein, sondern umarmt mit ganzer Kraft die überbordende Bandbreite eines virtuellen Spektakels und, was ganz wichtig ist, lässt die Kugel auf stets interessanten, immer aufregenden Wegen rollen, anstatt sie durch relativ dröge, immer gleiche Rampen zu schieben.
Das Einzige, was mir mitunter fehlt, sind so richtig elegante Kombos über mehrere Rampen. Um das zu erleben, ist das hier nicht der richtige Tisch. Dafür geht die Physik in Ordnung und nicht zuletzt läuft das Ganze sogar hervorragend auf einem Steam Deck. Dass ihr dort noch mal Abstriche bei der Übersicht machen müsst, auch weil sich der Tate-Modus dort natürlich nicht anbietet, versteht sich von selbst. Ich kicke diese Silberkugel aber auch unterwegs sehr gerne umher.
Xenotilt im Test – Fazit
Bevor ich es vergesse: Das Ganze kostet gerade mal 15 Euro. Entwickelt wurde Xenotilt im Wesentlichen nämlich von einer einzigen Person, Adam Ferrando, und sein Trick ist, dass man anders als bei regulären Flippern nicht das Gefühlt hat, bestraft zu werden, wenn man ein anvisiertes Ziel verfehlt. Stattdessen schmeißt einem sein virtueller Automat an allen Ecken und Enden knallbunte Belohnungen um die Ohren, ohne aber die Herausforderungen an Reaktionsschnelligkeit und gutes Timing zu vergessen. Geschenkt, dass die Übersicht dabei etwas zu kurz kommt. Selbst schuld, wer sich das entgehen lässt!
Xenotilt | |
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