J! - Yakuza 3
Not that lost in Translation
Beginnen wir damit, ein paar Missverständnisse auszuräumen. Vor gar nicht mal so langer Zeit gab es von mir eine Vorschau zu Yakuza 3. Diese hat aber im Grunde nichts mit Yakuza 3 zu tun, vielmehr handelte es sich dabei um Yakuza Kenzan! - mit vollständigen japanischem Namen Ryu Ga Gotoku Kenzan! -, das zwar das dritte Spiel der Yakuza-Serie darstellt, aber eigentlich nur ein Mittelalter-Spinoff war. Das echte dritte Yakuza – Ryu Ga Gotoku 3 – erschien erst kürzlich in Japan und Südkorea und erzählt eine andere Geschichte. Eine ganz andere.
Ein paar weit grundsätzlichere Missverständnisse über die Serie an sich sollten auch aus dem Weg geschafft werden. Hierzulande und auch in den USA kam Yakuza nie über den Status des Geheimtipps hinaus, möglicherweise nicht zuletzt deshalb, weil es eben kein GTA-Klon mit Fernostgangstern ist oder sein will. Die Yakuza-Spiele, der aktuelle Teil macht da keine Ausnahme, sind alles andere als Sandkasten-Games.
Ihr folgt einer klaren Storylinie, angesiedelt in der Jetzt-Zeit, die ein paar Pausen zum Umherwandern einlegt und Euch ein wenig Zeit mit Nebenmissionen totschlagen lässt. Aber was Ihr eben nicht habt, ist eine in sich geschlossene Welt, in der Ihr jeden Fleck erkunden, jeden auf der Straße niederwalzen oder zum Anführer der Yakuza mithilfe von Missionen in verschiedenen Fraktionen aufsteigen könnt. Ihr schlüpft nicht einmal in die Rolle eines harten Super-Gangsters, der den ganzen Tag nichts anders tut, als ein Verbrechen an das andere für Respekt und Geld zu reihen.
Im Gegenteil. Ich muss zu meiner untilgbaren Schande gestehen, dass ich die beiden Vorgänger nicht spielte, aber ich bekam genug mit, um zu wissen, dass der Hauptcharakter Kiryu Serienkennern bereits bestens bekannt sein dürfte. Nach all den Abenteuern in Japans Unterwelt sucht der harte Mann mit dem markanten Rückentattoo ein wenig nach höheren Werten im Leben und wurde an einem kleinen Strand in Okinawa fündig. Hier widmet er sich einer kleinen Gruppe von Waisenkindern und versucht sie auf einen bessern Weg zu führen, als er selbst einschlug.
Das ist natürlich nur einer der zahlreichen Plots, der eigentlich Große lässt Euch wieder in die finstere Welt der krummen Geschäfte, dunklen Machenschaften und Yakuzas eintauchen. Aber wie gesagt, Kiryu will nicht der Boss von Okinawas Unterwelt werden, sondern einfach nur das Richtige tun und Unheil von dem kleinen Refugium am Strand abhalten.
In der Geschichte selbst und all den kleinen Erzählungen drumherum liegt die große Stärke Yakuzas 3. Es kümmert sich weniger um Eure Freiheit, alles zu tun und zu lassen, und nimmt sich anstelle dessen alle Zeit der Welt, um seinen Figuren Form und Farbe zu geben. Sie werden auf dem Screen lebendig durch ihre Erzählungen, Stimmen, Gestiken und Mimiken, und selbst als Mitteleuropäer ohne Sprachkenntnisse fühlt Ihr die Detailliebe, mit der sich Yakuza 3 seinen Handelnden widmet.
Wen Ihr dem Plot unbedingt etwas vorwerfen wollt, könntet Ihr sein sehr behäbiges Tempo anvisieren. Gerade zu Anfang verbringt Ihr relativ wenig Zeit mit „echten“ Bösewichtern und ihren Machenschaften. Vielmehr kümmert Ihr Euch darum, welches der Kinder vielleicht das Geld eines anderen stahl, wie Ihr es auf den rechten Weg zurückführt oder warum eines Ärger in der Schule hat. Diese Passagen verlaufen wie die meisten Japano-Adventures, indem Ihr einfach lange und ausgiebig mit allen möglichen Ansprechpartnern palavert. Etwas wird sich schon ergeben.
Der langsame Start der Geschichte ist für Japan nicht untypisch, aber es macht Freude, zur Abwechslung mal eine Geschichte erzählt zu bekommen, die sich nicht nur als Kitt zwischen den Actionszenen begreift. Sondern richtig aufgebaut wird, ihre Figuren entwickelt und Euch dann motiviert und involviert durch das große Drama führt. Denn zum Schluss geht es ganz gut ab, so viel sei verraten, und Ihr müsst nicht fürchten, nur als Babysitter am Strand zu hocken.
Kiryus Weg bietet ihm oft, reichlich und gern Gelegenheit, seine Fäuste – Schusswaffen sind hier kein großes Thema – sprechen zu lassen. Immer wieder stellen sich Euch auf den Straßen von Okinawas Örtlichkeiten unvorsichtige Schläger in den Weg, die Ihr in bester Final Fight-Manier niederprügelt. Selten sind es weniger als drei gleichzeitig und das Kampfsystem zeigt sich dem weitestgehend gewachsen. Eine Unmenge an Kombos lassen sich nutzen, Griffe, Würfe und Verteidigung wurden nicht vergessen und schon bald müsst Ihr auch alle Register ziehen. Spätestens die Endbosse stellen Euch mit übergroßen Lebensbalken auf eine harte Probe.