Yakuza 3
Found Translation, Lost Mahjong
Man muss es SEGA lassen. Entgegen aller Wahrscheinlichkeiten und trotz der Erfahrung, dass die ersten beiden Yakuzas bestenfalls Insidertipps waren, erscheint Yakuza 3 nun doch im Westen. Zwar nur untertitelt, aber seien wir ehrlich: Bei einem Spiel, das sich so tief in das krude Wesen Japans stürzt, wollen wir es auch gar nicht anders haben. Dass diese Untertitel nur Englisch sind, muss man leider hinnehmen. Man war wohl realistisch genug, davon auszugehen, dass es als Außenseiter nicht genug Käufer anziehen würde, um die Zusatzkosten zu rechtfertigen. Was sehr schade ist, weil so natürlich noch ein paar Käufer mehr abspringen werden. Ein kleiner Teufelskreis. Am Ende geht das Dankeschön aber trotzdem an SEGA, denn nicht einmal mit dieser Übersetzung hätte ich gerechnet.
Für mich persönlich ist das Ganze ein Déjà-vu der besonderen Art, spielte und testete ich doch bereits die japanische Version von Yakuza 3 ausgiebig. Damals machte es mir die brillante FAQ von „ThePatrick“ möglich, der Story und dem Spiel bis ins letzte Detail zu folgen, und das auch ohne Japanischkenntnisse. Die Übersetzung der Untertitel lässt das Geschehnis natürlich viel flüssiger wirken und man kann einfach spielen, statt ständig zu blättern, worum es denn jetzt so genau geht. Dass heißt aber noch nicht, das sich dem Mitteleuropäer sofort erschließt, was hier passiert und wie das Spiel einzuordnen ist.
Yakuza ist kein GTA sondern ein Mix aus ein wenig Shenmue mit Virtua Fighter Light und einem Haufen kleiner, verstreuter Spielelemente, die alle ein Konglomerat ergeben, das sowohl das Herz des Japanophilen als auch des SEGA-Lovers aufleben lässt. Während ihr der Geschichte des ehemaligen Gangsters Kiryu und seinem Weg zurück in die Untiefen der fernöstlichen Unterwelt folgt, seht ihr eine Menge Sachen, die es so nur in Japan gibt, wandert durch in ihrem Flair sehr präzise eingefangene Straßen und erlebt kulturelle Verwirrungen der „Lost in Translation“-Art. Karaoke, Golf-Abschläge in der Innenstadt, Kartenspiele und viele kleine Ablenkungen mehr finden sich jenseits des mit geschätzten 25 Stunden sowieso schon nicht kurzen Weges. Das Überraschendste an all diesen Ablenkungen dürfte die Sorgfalt sein, mit der sich SEGA diesen widmete. Der Golfsimulator könnte fast als eigenständiges Spiel durchgehen. Selbst wenn ihr nur eine Runde spielt, um mit dem örtlichen Oyabun zu schnacken.
Der Aufbau der Missionsstruktur ist letzlich linear, aber es gibt so viel rundherum zu entdecken, dass es sich nie wirklich zu beengt anfühlt. So ergeben die Missionen ein eigentlich unmögliches und trotzdem wunderbar funktionierendes Gemisch aus Geschichtenerzählung (etwa 6 Stunden Cutscenes wollen gesehen werden), Minigames mit Bedeutung und natürlich einer Menge Prügeleinlagen. Yakuza 3 versteht es, diesen Mix immer wieder ein wenig neu zu rühren und vermeidet Langeweile. Zumindest größtenteils.
Dies Schwächen Yakuzas liegen nicht in seinem generellen Aufbau, der Teufel steckt im Detail. Manchen mögen einige der Adventure-Sequenzen als ein wenig zu langatmig mit zu langen und langsamen Wegen aufstoßen. Prügelprofis finden hier sicher viele Ecken im System, das ein gutes Stück hinter SEGAs Vollzeitprügler Virtua Fighter hinterherhinkt. Und technisch ist das Ganze zwar wirklich hübsch, aber State of the Art ist etwas anderes. Speziell die Gesichtstexturen bleiben hinter der in den letzten Monaten neu definierten Moderne zurück. Aber nichts davon berührt die vorhandenen Qualitäten so sehr, dass man echte Warnungen aussprechen müsste.
Was die Umsetzung angeht, kann ich natürlich nur vermuten – und ein wenig anhand der Erstübersetzung von ThePatrick vergleichen –, dass man sich sehr nah an das japanisch Gesprochene hielt und zum Glück nicht versuchte, den Sprachstil zu sehr zu verändern. Ein paar Minispiele blieben auf der Strecke. Mahjong und Shogi Schach sucht ihr vergeblich, aber das sind nur Randverluste. Die Hostessen sind verschwunden und auch das herrlich krude Spiel, in dem Kiryu während einer (jugendfreien) Erotikmassage seine Coolness wahren muss, fielen irgendeiner Schere zum Opfer. Besser so als gar kein übersetztes Yakuza 3, aber schade bleibt es trotzdem, auf einige besonders schräge Aspekte verzichten zu müssen.
(Wer noch mehr wissen möchte, den verweise ich hier noch mal auf den früheren Test der japanischen Version.)
Yakuza 3 ist vielleicht ein Außenseiter in der Schlacht der großen, aktuellen PS3-Titel, aber ganz übersehenen zu werden hat es auf keinen Fall verdient. Hier steckt nicht nur ein stattliches Maß an reinem Spielumfang drin, sondern auch mehr Abwechslung als in vielen anderen Titeln. Als Action-Adventure legt Yakuza einen Trip durch die japanischen Kulturwirrungen hin, wie es zuletzt Shenmue tat. SEGA liebt sein Herkunftsland und Yakuza 3 zeugt davon. Da sie auch gute Prügeleien, Minigames und Abenteuer in der Unterwelt lieben und mit Yakuza 3 erneut beweisen, dass sie auch in der Lage sind, diese umzusetzen, macht aus Yakuza 3 den Geheimtipp der Saison. Und verratet diesen Tipp ruhig möglichst allen anderen, denn dann können wir uns vielleicht sogar auf eine Übersetzung des in Japan aktuellen Yakuza 4 freuen.
Yakuza 3 ist ab dem 12. März exklusiv für die PS3 erhältlich.